"Sinola" habe ich vor relativ kurzer Zeit gesehen und das war eine reichlich ambivalente Angelegenheit. Ich bin jetzt nicht der große Westernfan, aber ein guter Film ist ein guter Film. Das ist "Sinola" ja nun nicht wirklich. Aber ich wurde das Gefühl nicht los, weswegen ich mich etwas um ein Vergnügen betrogen fühlte, dass man hier etwas Tolles in den Händen hatte, aber nichts daraus machte.
Der Film fängt gut an, aber verirrt sich dann sozusagen in seinen eigenen vier Wänden. Dass die Charaktere nicht psychologisch ausgelotet sind, das stört mich noch weniger. Eher ist es die Inkonsequenz, die sich durch alles zieht. Die Figuren bleiben schablonenhaft, was keinesfalls schlecht sein muss und vielen Genrefilmen das Überleben sichert. Aber warum muss man dann gelegentlich so pseudopsychologische oder symbolische Anwandlungen einbauen, nur um sie dann wieder fallen zu lassen? Da wird einem irgendwie der Mund wässrig gemacht, dass sich die Charaktere "offenbaren", aber dann kriegt man eine aufs Dach und erfährt nichts mehr dazu.
Immer, wenn der Film Härten entwickelt, wird er zeitgleich komisch - seltsamerweise auch umgekehrt. Teilweise artet das schon in Slapstick aus, da wirkt Eastwood auch deutlich cooler als sonst im Film, aber das hat einfach keinen Bezug zu irgendwas und erinnert eher an Terence Hill oder Guliano Gemma in einer Westernkomödie. Vom Slapstick geht's dann wieder ins Harte über und letztendlich schmeckt keines von beiden.
"Hängt ihn höher" wirkte auf mich wie der Zusammenschnitt einer kurzlebigen Serie, "Sinola" hingegen würde als Pilotfilm für eine solche perfekt durchgehen. Mit dem Wissen, dass es hier weiter geht, entstünde sogar etwas Spannung aus dem Ungleichgewicht des Filmes, so aber, für sich genommen, ist das einfach nicht ausgegoren.
Das ist auch kein Eastwood-Film für mich, weil die Rolle so beliebig ist, dass sie von Rock Hudson über Robert Duvall zu Dean Martin oder Jack Nicholson eigentlich jeder hätte spielen können.
Die Landschaftsaufnahmen sind tatsächlich sehr schön. Trotz der Längen des Mittelteiles bin ich aber nicht der Meinung einiger Kritiker, dass der Film die Landschaft so zelebriere, dass er auf die Handlung vergesse - DAS ist doch etwas überspitzt.
Das Finale mit dem Zug ist natürlich wirkungsvoll, aber wie John Connor richtig anmerkt, schlichtweg aufgesetzt. Schmunzeln musste ich hier dann doch über die Umsetzung, die bei aller Effektivität zwischendrin sehr auch sehr holprig ist und durchschaubar. Vor allem in der Auftaktszene, wenn man in einer Totalen sieht, wie der Zug in das Gebäude fährt. Er dampft so offensichtlich HINTER der Kulisse vorbei, dass auch die dazugemischten Geräusche das nicht kaschieren.
Persönlich hätte ich eine komödiantische Tendenz bevorzugt, das hätte Eastwood auch die Möglichkeit gegeben, seine viel zu wenig genutzte Begabung für Komik und Slapstick auszuspielen.
Danke schön. Aber immerhin ist es dir doch tatsächlich gelungen, mehr über diesen Film zu schreiben als ich.
So ist es - der Prolog, wenn man es hier so nennen darf, jedenfalls die erste halbe Stunde, macht Versprechungen, die dann leider nicht mal annähernd eingehalten werden. Agiert Eastwood zunächst mit seiner laid back-Haltung auf eine ökonomische Art schelmisch, hat seine Präsenz danach fast etwas Gezwungenes an sich. Dass der Film trotzdem nicht sooo langweilig ausgefallen ist, hat er wohl seiner bemerkenswerten Kürze (unter 90 Minuten) zu verdanken.
Mag sein, dass HÄNGT IHN HÖHER bei näherem Hinsehen recht konventionell ist, aber die Konzentration auf Eastwood als Star zahlt sich hier schon aus, finde ich - Eastwood-FAns kommt dieser Film jedenfalls mehr entgegen als SINOLA; was einmal mehr beweist, dass Starvehikel, wenn sie professionell und konsequent durchgezogen werden, befriedegendere Filmerlebnisse produzieren können als ihre Kritiker es zugeben wollen.
Hehe ja, das mit der Zugszene ist ein bisschen peinlich, wobei ich zugeben muss, dass das Getrickse mir zuvor eigentlich nicht aufgefallen war. Erst als ich davon ein Screenshot machen wollte, ist mir aufgefallen, dass ohne den Illusions-unterstützden Effekt der Tonspur das Ganze einem in seinem grotesken Dilettantismus regelrecht ins Auge springt (man sieht, wie im Hintergrund die Requisiten umfallen, die Hausfassade aber wie in Stein gemeißelt wacker steht). Ich würde mich nicht wundern, wenn Pfennigfuchser Eastwood für diese preiswerte Ausführung verantwortlich wäre. Jedenfalls hat er mal in einem Interview gesagt, dass ihm das ursprüngliche Finale zu lahm erschien und ihm buhstäblich in letzter Minute der Einfall mit dem Zug gekommen sei.