Inspiriert von Ischs Film-Thread und ermutigt durch das neu installierte Subforum, habe ich mir vorgenommen, eine Clint Eastwood-Retrospektive in Angriff zu nehmen – unter Ausschluss seiner Nur-Regie-Arbeiten. Ich will mich auf die Kino-Filme mit Eastwood in der Hauptrolle „beschränken“, beginnend mit FÜR EINE HANDVOLL DOLLAR (1964) und – vorerst - endend mit BACK IN THE GAME (2012). Macht insgesamt ein halbes Jahrhundert Filmgeschichte und 47 Werke.
Mit Ausnahme von HEXEN VON HEUTE habe ich sämtliche Filme schon mindestens einmal gesehen, nicht wenige – wie ZWEI GLORREICHE HALUNKEN – bereits unzählige Male. Bei einigen würde ich auf das Wiedersehen ja gerne verzichten (WESTWÄRTS ZIEHT DER WIND, die beiden SAN FERNANDO-Klamotten oder ROOKIE – die mal pasos in Eastwoods Oeuvre sozusagen), aber im Sinne des Experiments lasse ich mich dennoch auf sie ein. Andererseits freue ich mich aber auch auf Filme, die ich, aus welchen Gründen auch immer, seit Längerem nicht wiedergesehen habe: COOGANS BLUFF etwa, oder auch BLOOD WORK. Hier wie dort: positive wie negative Überraschungen (d.h. Neubewertungen) sind wohl nicht ganz auszuschließen.
Ich denke, eine chronologische Herangehensweise wird das Beste sein, um Eastwoods Entwicklung besser beurteilen zu können. Drei Abweichungen vom Chronologie-Pfad will ich mir dennoch erlauben: En bloc betrachten möchte ich einerseits die 5 DIRTY HARRY-Filme, sodann die von Eastwood selbst inszenierten Western und schließlich die beiden Redneck-Komödien (dass die Dollar-Trilogie produktionshistorisch von HEXEN HEUTE unterbrochen wurde, übergehe ich mal großzügig).
Kommentieren möchte die Filme aus der Sicht des „Normalzuschauers“ (eines dem Schauspieler und Regisseur Eastwood grundsätzlich sehr wohlgesonnenen allerdings), ohne Ausflüge in tiefschürfende Analysen, möglichst darauf bedacht, Spontaneindrücke festzuhalten. Ich werde mir - mit einer Ausnahme** - alle Filme in den Synchronfassungen anschauen. Einige off topic-Äußerungen zu den Synchros werde ich mir daher nicht verkneifen können. (Zu Eastwoods Synchronsprechern geht es hier entlang: Clint Eastwood).
Unnötig zu erwähnen, dass Gastkommentare sehr erwünscht sind.
1973: EIN FREMDER OHNE NAMEN (HIGH PLAINS DRIFTER)* 1975: DER TEXANER (THE OUTLAW JOSEY WALES)* 1985: PALE RIDER – DER NAMENLOSE REITER (PALE RIDER)* 1992: ERBARMUNGSLOS (UNFORGIVEN)*
1974: DIE LETZTEN BEISSEN DIE HUNDE (THUNDERBOLT AND LIGHTFOOT) 1975: IM AUFTRAG DES DRACHEN (THE EIGER SANCTION)* 1977: DER MANN, DER NIEMALS AUFGIBT (THE GAUNTLET)*
1978: DER MANN AUS SAN FERNANDO (EVERY WHICH WAY BUT LOOSE) 1980: MIT VOLLGAS NACH SAN FERNANDO (ANY WHICH WAY YOU CAN)
1979: FLUCHT VON ALCATRAZ (ESCAPE FROM ALCATRAZ)
1980: BRONCO BILLY* 1982: HONKYTONK MAN*
1982: FIREFOX* 1984: CITY HEAT – DER BULLE UND DER SCHNÜFFLER (CITY HEAT)
1984: DER WOLF HETZT DIE MEUTE (TIGHTROPE) 1986: HEARTBREAK RIDGE*
1989: PINK CADILLAC 1990: ROOKIE – DER ANFÄNGER (THE ROOKIE)* 1990: WEISSER JÄGER, SCHWARZES HERZ (WHITE HUNTER BLACK HEART)*
1993: IN THE LINE OF FIRE – DIE ZWEITE CHANCE (IN THE LINE OF FIRE) 1993: PERFECT WORLD (A PERFECT WORLD)* 1995: DIE BRÜCKEN AM FLUSS (THE BRIDGES OF MADISON COUNTY)* 1997: ABSOLUTE POWER* 1999: EIN WAHRES VERBRECHEN (TRUE CRIME)* 2000: SPACE COWBOYS*
2002: BLOOD WORK* 2004: MILLION DOLLAR BABY* 2008: GRAN TORINO* 2012: BACK IN THE GAME (TROUBLE WITH THE CURVE)*
*Filme, bei denen Eastwood auch Regie geführt hat **lediglich zu HEXEN VON HEUTE liegt mir die deutsche Synchronfassung nicht vor, mein diesbezüglicher Kommentar wird folglich - youtube sei Dank - THE WITCHES zur Grundlage haben (und hier auch nur die Eastwood-Episode).
Coole Sache. Die meisten Filmtitel sagen mir leider nichts und daher kann ich nicht behaupten, dass sie mich interessieren. Ich schätze aber Eastwood als Mensch sehr. Jemand, der sich nicht in bestimmte Ecken drücken lässt. Vor allem teilen wir eine Leidenschaft für Piano Blues, um den er sich mit einer Dokumentation verdient gemacht hat. In näherer Zukunft möchte ich aber gerne mal "Tausend Meilen Staub" sehen. Die ist ja generell vielgelobt. Und Western liebe ich eh.
Ich darf da ganz ähnlich sagen, dass ich nahezu gar keinen Film mit Eastwood kenne.
Lange Zeit war er mir eigentlich nur als stilisierte Figur durch irgendwelche Parodien oder sonstige popkulturelle Referenzen bekannt. Davon ausgehend schlug ich einmal vor langer Zeit als neuen Sprecher Frank Engelhardt vor, der verblüffenderweise sogar einigen Zuspruch fand. Verblüffenderweise, weil er zwar diesem Image gerecht wurde, aber weder dem Original ähnlich klingt, noch Klaus Kindler, Rolf Schult oder gar GGH :)
Zu TAUSEND MEILEN STAUB habe ich nie einen Zugang finden können, obwohl Eastwood als Westerner Empfehlung genug sein müsste. Aber von allen Western-Subgenres gefällt mir das des Viehtreiber-plots am allerwenigsten - auch bei den abendfüllenden Kinofilmen könnte ich mich für diese Art von Western nie begeistern. Mit Hilfe eines Eastwood-Fan-Forums habe ich mir aber eine Liste mit den "besten Eastwood"-Episoden zusammengestellt, die ich mir - außer Konkurrenz - auch anschauen werde. Auch von Jayden und den anderen Beiträgerns des Nachbarthreads zu der Serie nehme ich gerne "best of"-Eastwood-Empfehlungen entgegen.
Zitat von Isch im Beitrag #2Ich schätze aber Eastwood als Mensch sehr.
Vergiss es, Isch - über den "serial womanizer" Eastwood werde ich nichts schreiben (nicht in diesem Forum zumindest).
Hmm, bin zwar alles andere als ein Meister im Zeitmanagement (wie macht Griz das nur?), aber ein Zeitplan wäre in der Tat sehr empfehlenswert im Sinne von zeitnahen Gastkommentaren. Nun gut: ich habe mal die obige Film-Liste provisorisch in Blöcke eingeteilt. Die Dollar-Trilogie will ich bis Ende dieser Woche schauen, in den darauffolgenden zwei Wochen kommen die Übergangsfilme bis zum ersten Teil des DIRTY HARRY-Zyklus dran. Danach gebe ich nochmal eine Wasserstandsmeldung.
Bevor es mit den einzelnen Filmen losgeht, noch schnell etwas Zahlenspielerei. Erst die Fakten, dann die Fiktionen sozusagen.
Tobias hat etwas weiter oben (sinngemäß) von Eastwoods Ikonenhaftigkeit in der Populärkultur gesprochen. Dieses Stichwort nehme ich gerne auf. Spätestens seit HIGH FIDELITY weiß man wohl, dass Hitlisten, Rangfolgen, Beliebtheitsskalen ein integraler Bestandteil der Popkultur sind – im Gegensatz zur sog. Hochkultur etwa, der alles Quantitative ein Gräuel ist.
In Sachen Eastwood greife ich mal zwei solcher Listen auf. Einmal die Auflistung der imdb-User, generiert zu einer Beliebtheitsrangliste der Eastwood-„Features“ (hier: Eastwoods beliebteste Filme), sodann (nachfolgend) die Kino-Umsätze von Eastwoods Filmen – auf den US-Markt beschränkt und inflationsbereinigt, um sie vergleichbarer zu machen:
01. EVERY WHICH WAY BUT LOOSE (1978) $302.192.700 02. ANY WHICH WAY YOU CAN (1980) $218.105.900 03. IN THE LINE OF FIRE (1993) $205.123.900 04. UNFORGIVEN (1992) $202.441.200
05. MAGNUM FORCE (1973) $186.482.700 06. DIRTY HARRY (1971) $180.970.200 07. THE ENFORCER (1976) $180.168.400 08. THE GOOD, THE BAD AND THE UGLY (1967) $173.608.300 09. SUDDEN IMPACT (1983) $172.710.200 10. GRAN TORINO (2008) $171.196.500
11. ESCAPE FROM ALCATRAZ (1979) $142.191.200 12. SPACE COWBOYS (2000) $139.262.400 13. THE BRIDGES OF MADISON COUNTY (1995) $136.457.000 14. FIREFOX (1982) $131.863.500 15. MILLION DOLLAR BABY (2004) $130.154.700 16. THE OUTLAW JOSEY WALES (1976) $123.915.500 17. TIGHTROPE (1984) $118.926.100 18. FOR A FEW DOLLARS MORE (1967) $103.750.000 19. A FISTFUL OF DOLLARS (1967) $100.291.700
20. THE GAUNTLET (1977) $98.314.600 21. PALE RIDER (1985) $96.819.100 22. THUNDERBOLT AND LIGHTFOOT (1974) $96.315.500 23. HEARTBREAK RIDGE (1986) $93.347.200 24. CITY HEAT (1984) $92.410.100 25. ABSOLUTE POWER (1997) $90.537.500 26. PAINT YOUR WAGON (1969) $84.753.500 27. THE DEAD POOL (1985) $76.544.400 28. BRONCO BILLY (1980) $74.871.700 29. HIGH PLAINS DRIFTER (1973) $73.621.500 30. HANG 'EM HIGH (1968) $69.694.700 31. A PERFECT WORLD (1993) $62.351.400 32. THE EIGER SANCTION (1975) $57.492.700 33. PLAY MISTY FOR ME (1971) $53.321.200
34. THE ROOKIE (1990) $42.506.000 35. WHERE EAGLES DARE (1969) $41.500.000 36. TROUBLE WITH THE CURVE (2012) $38.153.500 37. BLOOD WORK (2002) $37.478.700 38. JOE KIDD (1972) $30.905.300 39. KELLY'S HEROES (1970) $27.845.200 40. TRUE CRIME (1999) $27.203.400 41. TWO MULES FOR SISTER SARA (1970) $27.041.900 42. PINK CADILLAC (1989) $25.388.100 43. COOGAN'S BLUFF (1968) $19.704.600
44. HONKY TONK MAN (1982) $12.661.700 45. THE BEGUILED (1971) $5.533.300 46. WHITE HUNTER, BLACK HEART (1990) $4.550.500
Eastwood hat seit Gründung der eigenen Produktionsfirma im Jahr 1968, die seitdem nahezu alle seine Filme als Schauspieler und Regisseur hergestellt hat, sich den Ruf eines außerordentlich effizient und ökonomisch arbeitenden Filmemachers erworben. Eines Filmemachers, der nie den Drehzeitplan überzieht, der den Marketing seiner Filme von der Ideenentwicklung bis zum Entwurf der Postermotive persönlich überwacht und der test screenings und millionenschwere Werbekampagnen generell ablehnt.
Auch hat Eastwood unter amortisationsgesichtspunkten – von sehr wenigen Ausnahmen abgesehen - so gut wie keine Flops produziert; dafür aber eine stattliche Anzahl außerordentlicher Hits, die ihren Erfolg in der Regel einer Mund-zu-Mund-Propaganda ebenso verdanken wie Eastwoods publikumswirksamem und kreativen Umgang mit der eigenen Starpersona bzw. mit ihren beiden Stützpfeilern: den des „Mannes ohne Namen“ und des „Cops“ - diese erst etablilierend und bekräftigend, in der Folge aber auch immer wieder sezierend, kommentierend und erweiterend.
Eastwoods beliebteste Filme gemäß Notenspiegel der imdb.com-User
01. ZWEI GLORREICHE HALUNKEN (1966) 8,9 02. ERBARMUNGSLOS (1992) 8,3 03. FÜR EIN PAAR DOLLAR MEHR (1965) 8,3 04. GRAN TORINO (2008) 8,2 05. MILLION DOLLAR BABY (2004) 8,1 06. FÜR EINE HANDVOLL DOLLAR (1964) 8,1
07. DER TEXANER (1976) 7,9 08. DIRTY HARRY (1971) 7,8 09. STOSSTRUPP GOLD (1970) 7,7 10. AGENTEN STERBEN EINSAM (1968) 7,7 11. FLUCHT VON ALCATRAZ (1979) 7,6 12. EIN FREMDER OHNE NAMEN (1973) 7,6 13. DIE BRÜCKEN AM FLUSS (1995) 7,5 14. PERFECT WORLD (1993) 7,5 15. PALE RIDER - DER NAMENLOSE REITER (1985) 7,3 16. IN THE LINE OF FIRE - DIE ZWEITE CHANCE (1993) 7,2 17. DIRTY HARRY II - CALAHAN (1973) 7,2 18. BETROGEN (1971) 7,2 19. DIE LETZTEN BEISSEN DIE HUNDE (1974) 7,1 20. SADISTICO (1971) 7 21. HÄNGT IHN HÖHER (1968) 7 22. EIN FRESSEN FÜR DIE GEIER (1970) 7
23. BACK IN THE GAME (2012) 6,8 24. HEARTBREAK RIDGE (1986) 6,8 25. DIRTY HARRY III - DER UNERBITTLICHE (1976) 6,8 26. WESTWÄRTS ZIEHT DER WIND (1969) 6,7 27. ABSOLUTE POWER (1997) 6,7 28. DIRTY HARRY KOMMT ZURÜCK (1983) 6,6 29. WEISSER JÄGER, SCHWARZES HERZ (1990) 6,6 30. HONKYTONK MAN (1982) 6,6 31. EIN WAHRES VERBRECHEN (1999) 6,5 32. SINOLA (1972) 6,5 33. COOGANS GROSSER BLUFF (1968) 6,5 34. SPACE COWBOYS (2000) 6,4 35. BLOOD WORK (2002) 6,4 36. DER MANN, DER NIEMALS AUFGIBT (1977) 6,4 37. DAS TODESSPIEL (1988) 6,3 38. IM AUFTRAG DES DRACHEN (1975) 6,3 39. DER WOLF HETZT DIE MEUTE (1984) 6,3 40. DER MANN AUS SAN FERNANDO (1978) 6,2 41. HEXEN VON HEUTE (1967) 6,2 42. MIT VOLLGAS NACH SAN FERNANDO (1980) 6 43. BRONCO BILLY (1980) 6
Das ist eine gute Idee gewesen, die Einspielergebnisse inflationsbereinigt anzuzeigen. Diverse PR-Abteilungen kämen ja nie auf den Gedanken, sonst wären manche Werbemaßnahmen deutlich verzerrt.
Clint Eastwood - ein Schauspieler, den ich nicht pauschal mag. Viele seiner Filme sind von so typisch amerikanischem Law-and-Order-Zuschnitt, daß sie mich einfach nicht ansprechen. Wenn auch immer wieder mal Überraschungen dabei sind. Für mich war er stets ein bisschen so etwas wie der einzig legitime Nachfolger des Duke, zumindest was ein gewisses Kassen- und Ikonenpotential betrifft.
Western mag ich nur wenige, hier wirkte Eastwood immerhin in einigen sehr guten mit, die auch mir sehr zusagen. Mit den "Dirty Harry"-Filmen konnte ich wenig anfangen. Eastwood als Schauspieler - hier waren für mich die "Dollar"-Trilogie, "Hängt ihn höher" und "Agenten sterben einsam" immer die Favoriten. Schauspielerisch sagte mir auch "Flucht von Alcatraz" sehr zu, den Film selbst finde ich aber teilweise erschreckend klischeehaft und reaktionär.
Für mich war auch die Bindung Eastwood/Kindler nie von so besonderer Bedeutung. Eastwood finde ich als Privatperson sehr interessant und in keine Schublade passend. Als Schauspieler wirkte er in Filmen mit, die mir großteils wenig zusagen und ein US-amerikanisches Selbstverständnis zeigen, das ich nicht mag. Für meinen Geschmack hat er viel zu wenig "kleine" Filme gemacht, aber warum hätte er auch sollen?
Den Vergleich mit John Wayne finde ich sehr interessant. Kann mir dazu aber nicht wirklich eine Meinung bilden, denn im Gegenzug zu Eastwoods Filme, haben mich Waynes Filme bisher deutlich häufiger angesprochen - soll heißen ich hab einige gesehen. Demgegenüber muss man Eastwood allerdings zugute halten, dass er vom Weltbild her nicht wie Wayne im 19. Jahrhundert geblieben ist, sondern schon im 21. Jahrhundert war, bevor dieses begann. Was Patriotismus angeht, bin ich relativ schmerzfrei, besonders, wenn er in meinen Augen gerchtfertigt ist. Einer der Filme, die diese Grenze überschritten war "Air Force One", der allerdings erstaunlicherweise ausgerechnet von einem deutschen (!) Regisseur ist (Wolfgang Petersen).
In jedem Fall muss man John Connor bescheinigen eine spannende Wahl getroffen zu haben, im Hinblick darauf, dass es, wie man sieht, schon jetzt genug Diskussionbedarf gibt - bevor seine Retrospektive überhaupt erst angefangen hat. Vielleicht schaue ich mir doch mal den ein oder anderen an. Zumindest seine Filme aus den letzten zehn Jahren interessieren mich.
FÜR EINE HANDVOLL DOLLAR (PER UN PUGNO DI DOLLARI [Italien/Spanien/Deutschland 1964]) Poster_Casaro-001.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) Geschaut habe ich die Rekonstruktion der ersten Synchronfassung von 1965 mit einer Laufzeit von 100:17 Minuten. (Zur Forumsdiskussion über die Synchronfassungen geht es hier entlang: Für eine Handvoll Dollar / Für ein paar Dollar mehr)
Der erste Dollar-Film gehört nicht unbedingt zu jenen Eastwood-Filmen, die ich verhältnismäßig oft schaue, zumindest nicht in voller Lauflänge. Puristen mögen hier fassungslos mit dem Kopf schütteln, aber ich spule ihn meistens vor zu den Stellen, die mir am besten gefallen bzw. ich lasse den Film laufen und gehe dabei irgendwelchen Nebenbeschäftigung nach und schaue erst dann wieder wie gebannt auf, wenn meine Lieblingspassagen kommen. Als routinisierte Faustregel habe ich mir im Laufe der Zeit angewöhnt, zu jenen Stellen vorzuspulen bzw. dort aufzuhorchen, die jeweils mit Variationen des musikalischen Hauptmotivs Per un pugno di dollari untermalt sind. Also, bis zum ersten Duell, wo ‚Joe‘ die vier Männer Baxters ausschaltet, dann wieder erst einklinken beim Gefangenenaustausch mit Marisol, und schließlich erst wieder einsteigen beim finalen Showdown mit Ramon und seiner Bande.
Unter diesen Umständen habe ich eigentlich keine besondere Präferenz für die rekonstruierte Fassung. Im Rahmen meines Experiments habe ich mir jedoch diese Fassung in voller Länge angeschaut. Ich muss allerdings sagen, ich finde sie in der Form unnötig brutal. Besonders die Massaker an den mexikanischen Soldaten und den Baxters vor dem Finale sind mir schlicht zu plakativ – es sei denn, man goutiert diese Szenen als Todesballett.
Apropos Ballett: Die gelegentliche (und üblicherweise eher despektierliche) Bezeichnung von Western als Pferde-Oper macht wohl nirgends so viel Sinn wie bei den Leone/Morricone-Kollaborationen – es ist so gesehen gewiss keine Übertreibung und auch nicht besonders originell, Morricone als Mitautoren dieser Werke zu betrachten.
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Dann gehört aber m.E. auch Eastwood zu den Mitautoren des Films. Das soll nun nicht bedeuten, dass ich in Bezug auf die leidige und letztlich unentscheidbare Streitfrage, wer denn eigentlich für die Gestaltung der Figur hauptsächlich verantwortlich ist, Eastwoods Partei ergreifen würde. Es gibt in diversen Interviewäußerungen von Leone und Eastwood sich widersprechende Responsibilitätsansprüche – vom stylischen Erscheinungsbild samt Poncho, flachkrempigem Lederhut, Zigarillo und Drei-Tage-Bart, den trockenen Witz bis hin zum restringiertem Schauspielstil, der mit wenig Text auskommt und das, was er mitteilen will, mit sparsamer Mimik und Gestik tut. Man hat Eastwood in diesem Zusammenhang übrigens nicht ganz abwegig den größten Deadpan-Artisten seit Buster Keaton genannt, was aber auch wiederum nicht ganz treffend ist, da Eastwoods Mienenspiel eher schelmisch als emotionslos ist. Irgendjemand hat diesen ersten Dollar-Film auch als ein Schelmenstück beschrieben, das trifft die Haltung von Eastwoods Fremden ziemlich genau, finde ich.
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Wenn man außerdem bedenkt, dass dies Eastwoods erste Hauptrolle war (erst recht, wenn man ihn mit seinem Rowdy Yates vergleicht), kommt man nicht umhin sich zu wundern, wie souverän und cool er agiert. Insbesondere seinen katzenhaften Gang finde ich sehr eindrucksvoll. Ich würde sagen, Eastwood gehört zu den 5 oder 6 Schauspielern, die einen sehr charakteristischen und coolen Gang haben (neben Henry Fonda, Lancaster, Connery, Bronson …). Die eigentliche Trumpfkarte des Films ist für mich Eastwood, jedenfalls ist er für mich der Hauptgrund, den Film öfter zu schauen.
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Denn vor allem verglichen mit ZWEI GLORREICHE HALUNKEN zeigt Leones Inszenierung deutliche Schwächen. Zugegeben: das ist Jammern auf hohem Niveau, aber im Vergleich mit HALUNKEN fällt doch sehr auf, dass dem Film zum einen die Konsequenz in der Tonlage abgeht, die den dritten Teil so auszeichnet: ist HANDVOLL zu Beginn noch ein leichtfüßiges und befreiend parodistisches Spiel mit den Konventionen des Hollywood-Western, wird er zunehmend humorloser und sadistischer, wird im Handlungsablauf die ironische Haltung und die Doppelbödigkeit des Erzählgestus mehr und mehr über Bord geworfen.
Noch schwerwiegender finde ich, dass der Film besonders in der Exposition eine Art überdeutlichen Informationsoverkill betreibt. Wird bei HALUNKEN Vieles eher nur angedeutet, man als Zuschauer spannungsfördernd dazu angehalten, über die Hauptcharaktere und ihre Motive Hypothesen aufzustellen und diese immer wieder zu revidieren, im Gegenzug aber regelmäßig mit hübschen Pointen und Überraschungen belohnt, ist HANDVOLL geradezu geschwätzig, erklärt immer alles mit dem Holzhammer.
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Ein Beispiel: Als der Fremde in das Dörfchen reitet, wird er von dem „verrückten Glöckner“, der ihn noch gar nicht kennt, nicht nur für den Zuschauer vorgestellt, sondern auch mit den nötigsten Informationen über die Lage im Dorf aufgeklärt:„Zu wem willst du? Zu Rocco (Rojo)? Nein, zu Rojo nicht, aber zu Baxter wahrscheinlich, oder vielleicht auch nicht zu Baxter. Na, jedenfalls willst du reich werden, da bist du bei uns ganz richtig, mein Freund. Das heißt, wenn du schlau bist. Hier ist das nämlich so, weißt du: man ist entweder reich oder tot, was anderes gibt’s hier nicht. Sag mal, was willst du kaufen? Schnaps oder Waffen? Nein, du willst überhaupt nichts kaufen – du willst dich verkaufen: für eine Handvoll Gold! Bei dem Geschäft kannst du reich werden…, wenn du nicht vorher stirbst.“ Schnaps- und Waffenschmuggel sind nämlich die beiden Betätigungsfelder der beiden rivalisierenden Clans – den Baxters und den Rojos –, die über das Dörfchen herrschen, wie ihn der Wirt Silvanito ebenso wortreich in Kenntnis setzt. Des Fremden Kommentar dazu gibt denn auch ziemlich genau seine Marschrichtung und den folgenden Handlungsverlauf vor: „Die Baxters auf der einen Seite, die Rojos auf der andern. Dann wird mein Platz in der Mitte sein.“
Telling statt showing – von diesem Makel ist der zweite Teil der Dollar-Trilogie allerdings auch noch nicht gänzlich frei. Dazu später mehr: FÜR EIN PAAR DOLLAR MEHR
Zitat von fortinbras im Beitrag #12Das ist eine gute Idee gewesen, die Einspielergebnisse inflationsbereinigt anzuzeigen. Diverse PR-Abteilungen kämen ja nie auf den Gedanken, sonst wären manche Werbemaßnahmen deutlich verzerrt.
Den Erfolg eines Films am Einspielergebnis festzumachen, ist eine Unsitte, die inflationsbedingt natürlich alle 2 oder 3 Jahre einen neuen 'erfolgreichsten Film aller Zeiten' hervorbringt. Richtig wäre, den Erfolg an den Besucherzahlen festzumachen, dann sähen die 'Hitlisten' nämlich ganz anders aus. Filme wie 'Avatar', die ihr hohes Einspielergebnis vor allem den heftigen 3-D-Aufschlägen verdanken, lägen dann weit abgeschlagen unter ferner liefen, während Klassiker älteren Datums wie 'Vom Winde verweht' oder 'Ben Hur' die vorderen Plätze belegen würden.
Zu Clint Eastwood:
Mal abgesehen von den 3 Dollar-Filmen, die als italienische Filme eine Sonderstellung einnehmen, muß man seine anderen Filme unbedingt unterscheiden in die, wo er nur mitspielt, und die, wo er selbst Regie führt. Clint Eastwood ist nämlich kein Schauspieler, der halt wie viele andere auch ab und zu auch mal Regie führt, sondern als Regisseur für mich deutlich beeindruckender denn als Schauspieler.
Das ist mir erstmals damals bei DER MANN, DER NIEMALS AUFGIBT so richtig aufgefallen: Das ist doch kein normaler US-Film, der hat doch schon das gewisse Etwas, das ihn von vergleichbaren US-Filmen abhebt. Und als dann kurz darauf BRONCO BILLY kam, war ich völlig sprachlos. Und später dann HONKYTONK MAN (den mag ich ganz besonders!) und auch der sehr schöne PERFECT WORLD (trotz Kevin Costner, den ich nicht so gern sehe) - das sind doch ganz große Meisterwerke mit einer unverkennbaren eigenen Handschrift, die sich neben den Filmen der besten Regisseure mühelos behaupten können. Von Filmen der Möchtegern-Genies wie Spielberg, Cameron oder Tarantino ganz zu schweigen.
Also als Tipp für alle, die Clint Eastwood vor allem als Schauspieler kennen: Seht euch seine Regie-Arbeiten an, und ihr werdet erstaunt und (von 1 oder 2 Ausnahmen mal abgesehen) begeistert sein und Clint Eastwood als großartigen Regisseur wahrnehmen.