Zitat von Silenzio im Beitrag #20Ich weiß auch nicht, was du damit meinst, dass Willis mit dem Genre danach stark verbunden blieb. Es ging in erster Linie speziell um "Stirb langsam". Es ist und bleibt ein krasser Bruch zum O-Ton und eine massive Veränderung der Rolle im Original. Wenn du so sehr auf die Veränderung der Rolle bei Rickman/Mackensy pochst, wundert mich echt, dass es bei Willis keinerlei Problem darstellt.
Lehmann dürfte auch vorher schon stark mit dem Action-Genre verbunden gewesen sein (siehe seine Besetzung in der "Klapperschlange"), weshalb er als Rollencast vertretbar war; zuvor hatte Willis bekanntlich Nitschke, der stimmlich in diese Richtung ging/geht und daher zeitweise auch auf ähnliche Rollen besetzt wurde.
Das ist ja genau der Punkt, den auch Silenzio schon angerissen hatte. Lehmann war aufgrund seiner toughen Stimme in den 80ern schon stark mit dem Action-Genre verbunden, Bruce Willis war es zum damaligen Zeitpunkt aber gerade nicht. Den kannte man höchstens aus Komödien oder der leichtfüßigen Screwballartigen Serie "Das Model und der Schnüffler". Und wenn man sich seinen John McClane mal genauer ansieht, so verkörpert er - zumindest im ersten (und zu Teilen noch im zweiten) "Stirb langsam" - einen ganz anderen, einen neuen, Heldentypus. Nach den Muskelbergen Stallone, Schwarzenegger und Co., die unverwundbar schienen (und in "Predator" beispielsweise noch nicht einmal "Zeit zum Bluten" hatten), war McClane im Endeffekt ein Antiheld. Der verletzliche, beinahe schmächtige, Typ von der Straße. Ein 08/15-Cop mit privaten Problemen, der die Situation eigentlich nicht im Griff hat und sie auch nie wollte (falscher Ort, falsche Zeit), der verletzlich ist (man beachte, wie lädiert er am Ende des Films ist und wie sehr die Wunden ihn in seinem Handeln beeinträchtigt haben), der die flotten Sprüche/One-Liner nur einsetzt, um seine eigene Unsicherheit und seine Zweifel zu überspielen. Um den großen Macker zu geben, der er nie war. Jemand, der am Ende über sich hinauswächst - anders als die damals typischen Helden, die jederzeit überlebensgroß waren. Das ist mit einer der Gründe, warum "Stirb langsam" als einer der Meilensteine des Actionkinos gilt, weil er das Genre verändert hat. Lehmann klang dagegen durchgehend ziemlich abgeklärt, der war stimmlich schon der harte Hund, den Willis aber erst später in seiner Karriere verkörperte. Ich will damit nicht sagen, dass die Besetzung damals schlecht war, aber sie macht aus der Rolle etwas gänzlich anderes, als im Original vorgegeben - und ich finde, daher kann man die Besetzung durchaus kritisch hinterfragen. Im Endeffekt handelt es sich um einen Rollencast, ja, aber interessanterweise gerade in einer Rolle, die das genaue Gegenteil war. So hat Lehmanns Besetzung Willis' Wandel als Actionstar im Deutschen quasi vorweggenommen.
Ich finde den Gedanken durchaus interessant, dlh. Würdest du also sagen, mit Danneberg oder Nitschke wäre die ursprüngliche Wirkung der Rolle im Original besser herübergekommen?
Ich schätze, mit Danneberg wäre die Schere zwischen Rolle und Wirkung im Deutschen noch größer geworden; u.a. dem Umstand geschuldet, dass er durch die Besetzung auf Stallone und Schwarzenegger ja wirklich auf diese alten Helden abonniert war. Dass er im dritten Teil (für mich) doch funktioniert hat, liegt wohl daran, dass die McClane-Rolle hier schon ganz anders angelegt war (eventuell, weil man ein bestehendes Drehbuch nachträglich umgeschrieben hat?) und eine starke "Leckt mich am Arsch, mir kann keiner was, ist mir egal"-Attitüde hatte (wenn ich so darüber nachdenke, hätte "Stirb langsam 3" als Fortsetzung aus charakterlicher Sicht viel besser zu "Last Boy Scout" gepasst). Was Nitschke angeht, so denke ich, dass er eine ähnliche Wirkung wie Lehmann gehabt hätte. Das ist jetzt sehr subjektiv, aber für mich hat er immer schon recht ähnliche Rollentypen wie Lehmann verkörpert (und nicht umsonst haben die beiden sich den ein oder anderen Darsteller - kurzzeitig - geteilt, siehe Tommy Lee Jones). Nitschke war vielleicht etwas facettenreicher. Ich hatte letztens auch schon überlegt, wie man die Rolle (im ersten "Stirb langsam") stärker nach Original hätte besetzen können. Da hätte es wohl jemanden gebraucht, der von Natur aus etwas weicher klingt. Ich war auf Wolfgang Müller gekommen, ein Forenkollege schlug Sigmar Solbach vor. Vielleicht wäre der damalige Marin Umbach keine schlechte Wahl gewesen? Die konkreteste Besetzung, die sich an Willis' Original orientiert, die wir mit Beispiel erleben konnten, dürfte wohl Arnim André im damaligen "Stirb langsam 2"-Trailer gewesen sein. Womit ich nicht sagen will, dass das die bestmögliche(n) Variante(n) waren bzw. gewesen wären.
@dlh: Auf eine ähnliche Weise wie von dir wurde ja auch im Making-of begründet, warum John McClane ein Gegenmodell zu den Action-Helden des damaligen Genrekinos war. Das erscheint mir auch plausibel, ich würde aber nicht sagen, dass Lehmanns Besetzung im Widerspruch dazu stünde. Sicher hat er eine toughere Stimme, aber die emotionalen oder verletzlichen Momente konnte er trotzdem überzeugend rüberbringen. Ich denke dabei etwa an die Szene, als ein Kollege von Holly namens Ellis sich Gruber gegenüber wichtig machen will und behauptet, ein alter Freund von McClane zu sein. McClane begreift, dass Ellis damit sein Todesurteil unterzeichnet hat und redet per Funkgerät verzweifelt erst auf ihn und dann auf Gruber ein, um den Mord zu verhindern. Auch als er am Anfang der Szene meint, der Terrorist habe kein Recht, ihn mit seinem Vornamen anzusprechen, klingt da durchaus unterschwellig ein Schock durch, weil er nun nicht mehr der "große Unbekannte" ist.
Zitat von berti im Beitrag #19 Im Original ist Gruber immer noch ein ebenso verschlagener wie gefährlicher Gegenspieler, Mackensy lässt ihn wie einen trotzigen Teenager wirken, der wichtigtuerisch auf böse macht, um überlegene Gegner einzuschüchtern. Brandt hatte in ähnliches Rollen wenigstens noch eine tiefe und etwas härtere Stimme, durch die zumindest die physische Bedrohlichkeit überzeugend wirkte.
Zitat von Koboldsky im Beitrag #7Habe mir gestern nach längerer Zeit mal wieder "Stirb langsam" angesehen, wo er Alan Rickman als Hans Gruber sprach. Bei der Erstsichtung hat mich die Besetzung komischerweise nicht gestört (und fand sie sogar recht gut), aber nachdem ich mir einige Passagen von Alan Rickman im O-Ton angehört habe, muss ich sagen, dass Mackensy im direkten Vergleich einfach total abstinkt.
Da ich, wie im "Euer persönlicher Allzeit-Weihnachtsfilm-Thread" halb angekündigt "Stirb langsam" gerade sehe, kam mir diese kontroverse Besetzung nochmal in den Sinn @berti / @Koboldsky: hättet ihr euch Christian Rode in der Rolle des Hans "Jack" Gruber vorstellen können? Ist immer wieder mein Rollenfavorit und wäre bei einer Arne Elsholtz-Bearbeitung des Films auch nicht vollkommen unwahrscheinlich gewesen. Eine frühere Idee wäre Joachim Pukaß gewesen, der dem O-Ton vielleicht sogar noch näher gekommen wäre als Rode, aber zu der Zeit nicht so ganz der typische Hauptrollensprecher gewesen ist.
Pukaß und Rode wären beide für mich 1988 wahrscheinlich schon hart an der Grenze von "zu alt" gewesen, aber ersteren könnte ich mir da noch eher vorstellen.
Rode wäre vielleicht in den 70ern eine exzellente Wahl gewesen, wenn die Rolle NICHT von Alan Rickman gespielt worden wäre (vielleicht perfekt in einer Hörspielfassung?). Für Rickmans Gesicht ist mir seine Stimme aber insgesamt zu "kantig"/scharf. Außerdem würde die Besetzung wieder Rodes "Bösewicht"-Klischee voll bedienen.
Ich hätte damals Riedel genommen. Markant männlich, diabolisch clever, sarkastisch süffisant. Und als "Heldenstimme" angenehm verführerisch, wie ja auch Rickman zumindest akustisch.
An Rode hatte ich vor vielen, vielen Jahren auch kurz gedacht. Wer weiß, ob es dazu gekommen wäre, wenn Arne Elsholtz den Film damals bearbeitet hätte? Später wurde ich skeptisch, ob die Stimme mit dem Gesicht harmoniert hätte. Zu diesem Thema hat Mücke (als Slartibartfast die Besetzung ins Spiel brachte) mal etwas geschrieben:Das Parfüm (2)
Zitat von Ozymandias im Beitrag #37Ich hätte damals Riedel genommen. Markant männlich, diabolisch clever, sarkastisch süffisant. Und als "Heldenstimme" angenehm verführerisch, wie ja auch Rickman zumindest akustisch.
Im Prinzip schon; aber wenn man daran denkt, wie schauspielerisch schwach er in der Neusynchro von "Robin Hood" (noch dazu unter eigener Regie) war ...
Die Idee mit Rode kam mir, da ich glaube dass er Rickmans stakkatohafte, forsche Sprechweise gut hätte übertragen können. Und Rodes Stimme strahlt ja auch diese kühne Überlegenheit aus, vom Typ her hätte das (trotz zugegebenem Klischee) gut gepasst. Dass er zu alt geklungen hätte, glaube ich eher nicht. Er klang ja selbst in seinen letzten Jahren nicht sonderlich anders als in den 1970ern und ihn und Rickman trennten auch "nur" 10 Jahre. Dass er mögl. nicht aufs Gesicht gepasst/drübergesprochen gewirkt hätte, kann ich jedoch nachvollziehen, das war bei ihm ja häufiger mal das Problem. Aber ich glaube wäre der Film bei der BSG und Elsholtz gelandet, hätte letzterer Rode sicherlich in Betracht gezogen. Bruce Wilis wäre dann wahrscheinlich entweder Thomas Petruo oder Ulrich Gressieker geworden.
Thomas Petruo hätte ich mir auf keinen Fall auf Willis vorstellen können, obwohl beide (petruo lange Zeit) hell und weiche eher helle Stimme gemeinsam war - bzw. Willis noch immer - ist. Hätte nicht Ronald Nitschke (der Willis anfangs ja standardmäßig sprach) für Elholtz ebenso in Betracht kommen können?
Und ja, Lutz Riedel wäre auch aus meiner Sicht ohne Zweifel eine interessante Option gewesen - zumal er mir ja auch in einem Synchronvergleich aus "Robin Hood-König der Diebe" sehr zugesagt hat! Er hätte ihn auch in Kino-Synchros (sagen wir mal, zumindest aus dem Zeitraum der beiden Filme mit dem früheren, bärtigen Rickman) hin und wieder seine Stimme leihen dürfen!
Riedel ist IMO schlicht kein Komödiant. Darum war er auch IMO entsetzlich in "Robin Hood". Völlig nebulöses Casting. Als Gruber hingegen hätte er seine klassischen Stärken einbringen können. Ganz anderes Game.
Zitat von Ludo im Beitrag #40Aber ich glaube wäre der Film bei der BSG und Elsholtz gelandet, hätte letzterer Rode sicherlich in Betracht gezogen. Bruce Wilis wäre dann wahrscheinlich entweder Thomas Petruo oder Ulrich Gressieker geworden.
Vielleicht sogar Thomas Danneberg, den Elsholtz bekanntlich sehr schätze und auf einige Schauspieler etablierte?
Zitat von Chow Yun-Fat im Beitrag #38Ich bin froh, dass es hier Mackensy war. Und ich bin ebenso froh, dass es später dann nicht mehr Mackensy war.
So sehe ich es auch. Und puh... nichts gegen Christian Rode, aber diese Besetzung stelle ich mir unglaublich langweilig vor. Und auch sehr klischeehaft.
Zitat von berti im Beitrag #43Vielleicht sogar Thomas Danneberg, den Elsholtz bekanntlich sehr schätze und auf einige Schauspieler etablierte?
Danneberg wäre sicher auch eine Option gewesen, wobei er dadurch wahrscheinlich noch einen maskulinen Actionstar im weiteren Verlauf in petto gehabt hätte.
Zitat von Silenzio im Beitrag #44Ich bin froh, dass es hier Mackensy war. Und ich bin ebenso froh, dass es später dann nicht mehr Mackensy war.
Zitat von Silenzio im Beitrag #44So sehe ich es auch. Und puh... nichts gegen Christian Rode, aber diese Besetzung stelle ich mir unglaublich langweilig vor. Und auch sehr klischeehaft.
Ich habe mir die Tage nochmal Gedanken darüber gemacht, aber ehrlich gesagt mir fallen da recht wenige ein, die adäquat auf die Rolle passen würden. Man muss halt auch immer mit einbeziehen, dass damals viel mehr in Mustern gedacht wurde und gewisse Sprecher, die vielleicht passen würden, deswegen unwahrscheinlich gewesen wären, da sie das zugehörige Klischee nicht bedienen. Wenn ich mir Rickman zB im Original anhöre, kommt mir irgendwie Michael Brennicke in den Sinn. Nur klingt der von Hause aus viel zu warm und ich finde er ist überhaupt keine „klassische Bösewichtstimme“ auf die ein Regisseur (in München wohlgemerkt, in Berlin wäre er 1988 illusorisch gewesen) kommen würde. Da ist Rode schon viel realistischer.
Bernd Rumpf war da ja noch eh kein Thema (und meines Wissens auch noch nicht aktiv) und wenn ich ehrlich bin, hat er erst so richtig auf Rickman gepasst, als beide schon über 50 waren. Wolfgang Condrus (den ich in Michael Collins als sehr irritierend empfinde) kann ich mir ebenso wenig vorstellen wie Lothar Blumhagen (den ich in Galaxy Quest mittlerweile tolerieren kann). Die klängen viel zu väterlich und würden aus der Rolle im Prinzip etwas völlig Anderes machen. Michael Telloke wäre in der Rolle bestimmt passend gewesen, nur lebte der zu der Zeit noch in der DDR.
Lutz Riedel hingegen ist eine schöne Idee, kann ich mir im Kopf sehr gut vorstellen. Guter Einfall.