Zitat von TimGibt es denn nicht irgendwo eine Art Zentralarchiv für Synchrodaten???
Arne hat ja für seine Datenbank (über dem Forum gibt es den Link) die BSG-Listen bekommen und diese stetig ergänzt; online geht sie bis 1976, für spätere Filme kann man nach Bedarf sicher beim ihm anfragen. ansonsten gibt es das "Lexikon für Film- und Fernsehsynchronisation" von Thomas Bräutigam. Peter hat seine Liste von Filmen bereits genannt. Das sind wohl die besten Quellen für klassische Filme, wo auch Daten zu Studio, Buch und Regie gelistet werden.
Um auf die Kritik an dieser Fassung zurückzukommen: Guido M. Pruys hat sie in seinem Buch "Die Rhetorik der Filmsynchronisation" als einen "Tiefpunkt" dieser Epoche der Synchrongeschichte bezeichnet und dieses Urteil mit dem Austausch der Musik (einschließlich dadurch entstehender Schäden für die Atmosphäre) und der Besetzung einiger Nebenrollen (Susan Alexander und der Butler Raymond) begründet. Als ich dieses Urteil vor einigen Jahren las (und die OF noch nicht kannte), fand ich es etwas überzogen. In seinem "großen Filmfehler-Buch" hat Harry Bittkowski (S. 68-79) ausführlich zahlreiche Übersetzungsfehler aufgelistet; er ist unsicher, ob es sich dabei um schlichte Schlampigkeit (ausgerechnet bei diesem Film!) oder um bewusste Verfälschungen handelt. Sein Urteil ist jedoch eindeutig: "So unglücklich die Untertitel (einer Arte-Ausstrahlung 2001) teilweise formuliert wurden: Sie sind immer noch Gold im Vergleich zu der Synchronfassung. (...) ´Citizen Kane´ ist - leider - das beste schlechteste Beispiel dafür, wie die Dialogregie einer Filmfigur einen völlig anderen Charakter andichten kann. Eine lieblosere, stümperhaftere und dreistere Synchronisation eines amerikanischen Klassikers (...) werden Sie wohl kaum finden: Aussagen werden nicht nur schlecht, sondern oft sinnverändernd übersetzt. Entscheidende Sätze werden weggelassen, völlig aus der Luft gegriffene hinzugefügt".
Von ihm ebenfalls kritisiert wird der völlige aufgesetzt wirkende Gebrauch von englischen Ausdrücken wie "Well", "All right", "How do you do" und "Good bye!" mitten im deutschen Dialog, der mich auch früher schon irritiert hatte.
Zum Austausch der Musik: Komischerweise wurde sie sogar in Szenen ausgewechselt, bei denen man sie auch hätte beibehalten können (z. B. der Eröffnungsszene oder im Abspann). Aber das scheint ja bei der Beta (laut Stefan) gängige Praxis gewesen zu sein.
Zitat von bertiZum Austausch der Musik: Komischerweise wurde sie sogar in Szenen ausgewechselt, bei denen man sie auch hätte beibehalten können (z. B. der Eröffnungsszene oder im Abspann). Aber das scheint ja bei der Beta (laut Stefan) gängige Praxis gewesen zu sein.
Ich wollte nochmal auf die Eröffnungsszene zurückkommen: Im O-Ton flüstert Kane (mit geisterhaft hallendem Echo) "Rosebud" und die Kristallkugel zerspringt ohne Klirren, aber mit einem musikalischen Effekt unterlegt. In der DF auf der DVD flüstert Hans Nielsen ebenfalls "Rosebud", aber ohne Echo. Als die Kugel zerspringt, hört man statt der Musik ein Klirren. Ich meine aber, vor Jahren im TV (bei einer Ausstrahlung der Synchro) diese Szene im O-Ton, d. h. mit Welles´ Stimme und Musikeffekt, gehört zu haben. Kann das jemand bestätigen? Und wenn ja, wurde die gesamte Sequenz im O-Ton ausgestrahlt (da sie ansonsten keinen Text enthält, wäre das ja möglich gewesen)?
Das ZDF hat Anfangs- und Schlußszene tatsächlich aus dem Original eingefügt, allerdings rutschte dadurch alles einen halben Ton nach unten und das Bild wurde etwas verschwommen.
Zitat von Stefan der DEFA-FanDas ZDF hat Anfangs- und Schlußszene tatsächlich aus dem Original eingefügt, allerdings rutschte dadurch alles einen halben Ton nach unten und das Bild wurde etwas verschwommen.
Aber wenigstens hörte man hier die Originalmusik. Da war dann wohl ein Cineast in der Reaktion dafür zuständig! Wäre es eigentlich technisch (und rechtlich) möglich, an Stellen, bei denen im Original gar keine Musik zu hören ist (z. B. Kanes erster Besuch in der Redaktion) die Musik von der deutschen Audiospur zu entfernen? In Bezug auf den Gesamtfilm war es aber schon eine gute Entscheidung, dass Arte ihn seinerzeit im Original ausgestrahlt hat.
Aber technisch ist das Endergebnis nicht überzeugend. Ich habe mal versucht, die Originalmusik (von der Neueinspielung) in die deutsche Fassung einzubauen - habe es zwar bis zum Ende durchgezogen, dann diese Fassung aber weggeworfen, da es nicht funktionierte - außerdem ist die deutsche Synchro einfach zu schlecht.
Zitat von Stefan der DEFA-Fanaußerdem ist die deutsche Synchro einfach zu schlecht.
Was genau sind denn für dich neben der Musik noch die Minuspunkte dieser Synchro? Bittkowskis Kritik an der Dialogübersetzung fandest du ja an anderer Stelle kleinkariert. Die Besetzung der Rollen oder die Leistungen der Sprecher (Hans Nielsen und Klaus W. Krause hattest du ja als die einzigen Pluspunkte bezeichnet)?
In Antwort auf:habe es zwar bis zum Ende durchgezogen, dann diese Fassung aber weggeworfen, da es nicht funktionierte
Was genau funktionierte nicht? Rein technisch nicht (Dialogteile wurden von der Musik übverlagert) oder der Anschluss an die Synchro-Musik war dann zu fehlerhaft?
Zitat von Stefan der DEFA-Fanaußerdem ist die deutsche Synchro einfach zu schlecht.
Was genau sind denn für dich neben der Musik noch die Minuspunkte dieser Synchro? Bittkowskis Kritik an der Dialogübersetzung fandest du ja an anderer Stelle kleinkariert. Die Besetzung der Rollen oder die Leistungen der Sprecher (Hans Nielsen und Klaus W. Krause hattest du ja als die einzigen Pluspunkte bezeichnet)?
Zum einen: außer den genannten Sprechern herrscht ein grausliges Schmierentheater, von denen Pasetti und der namentlich nicht bekannte Sprecher von Everett Sloane (Bernstein) am heftigsten neben der Spur liegen; zum anderen: dass bestimmte Klangeffekte in der deutschen Fassung verloren gehen, ist normal, aber Welles hat (durch zeitweise Nachsynchronisation!) so stark mit bestimmten Effekten wie mehrfacher Hall gearbeitet, dass der Verlust untragbar ist (denn er ist prägend für die Atmosphäre einzelner Szenen wie die Kameraarbeit). Über die Musik will ich hier kein weiteres Wort verlieren.
Zitat von smeagol
In Antwort auf:habe es zwar bis zum Ende durchgezogen, dann diese Fassung aber weggeworfen, da es nicht funktionierte
Was genau funktionierte nicht? Rein technisch nicht (Dialogteile wurden von der Musik übverlagert) oder der Anschluss an die Synchro-Musik war dann zu fehlerhaft?
Vor allem ersteres - die dramaturgisch aussagekräftigsten Passagen liegen ja ausgerechnet unter den Dialogen (das Mutter-Thema) und das war schon ein hoffnungsloses Unterfangen; außerdem ist die Angleichung der wesentlich besseren Klangqualität an den Lichtton der Sprachaufnahmen eine heikle Sache.
Zum Beispiel, allerdings sind die Halleffekte in Xanadu (sowohl beim Puzzle-Spiel als auch beim Interview des Dieners) mindestens genauso wichtig und markant.
Zitat von Stefan der DEFA-FanZum Beispiel, allerdings sind die Halleffekte in Xanadu (sowohl beim Puzzle-Spiel als auch beim Interview des Dieners) mindestens genauso wichtig und markant.
Hat jemand Vorschläge, wann und mit welcher Besetzung man den Film stattdessen hätte synchronisieren sollen? Guido M. Pruys bedauert in seinem Buch ja, dass dieser Film keine Zweitsynchro bekommen hat.
Wäre die Synchro später entstanden, hätte man eventuell die Originalmusik einbauen können (wie etwa bei "Casablanca"), allerdings wäre es dann wohl zwangsläufig eine Fassung mit synthetischer Atmosphäre geworden. Über die Besetzung hab ich mir schon öfter Gedanken gemacht, mir ist aber leider nicht viel eingefallen. Die einzige Rolle, bei der ich eine klare Wunschbesetzung wüsste, wäre Bernstein (Everett Sloane) gewesen: Siegmar Schneider. Er klang noch in den 70ern alterslos genug für den jungen Sloane und hätte seine Stimme für den gealterten verstellen können (so wie in "Adel verpflichtet"). Bei Orson Welles hatte ich kurz an Claus Biederstaedt gedacht, aber ich bin mir nicht sicher, ob seine Stimme auch für den gealterten Kane passend gewesen wäre.
Zitat von bertiDie einzige Rolle, bei der ich eine klare Wunschbesetzung wüßte, wäre Bernstein (Everett Sloane) gewesen: Siegmar Schneider.
Na das war klar! Kann ich mir aber gut vorstellen, auch wenn ich ... siehe unten. Claus Biederstaedt hätte ich mir schon in den 70ern auf den älteren Kane fast besser vorstellen können als für den jüngeren. Angenommen, die Synchro wäre um 1977 von der Arena produziert worden, hätte ich mir diese Besetzung vorstellen können:
Kane - Orson Welles - Hansjörg Felmy Leland - Joseph Cotten - Joachim Ansorge Bernstein - Everett Sloane - Harry Wüstenhagen (oder Siegmar Schneider :-)) Thatcher - George Colouris - Friedrich W. Bauschulte Emily Kane - Ruth Warrick - Almut Eggert Susan Alexander - Dorothy Comingore - Marianne Lutz Thompson - William Alland - Norbert Langer Gettys - Ray Collins - Gerd Duwner (ja, manchmal liebe ich Gegentyp-Besetzung) Raymond - Paul Stewart - Lothar Blumhagen (Klischee, aber wer sonst)
Fast interessanter finde ich aber die Erwägung, wie eine DDR-Synchro hätte aussehen können (angeblich wurde er erst nach der Wende ausgestrahlt, aber das stimmt nicht - ich habe ihn irgendwann in den 80ern gesehen)
Kane - Orson Welles - Michael Telloke Leland - Joseph Cotten - Joachim Siebenschuh Bernstein - Everett Sloane - Peter Dommisch Thatcher - George Colouris - Werner Dissel Emily Kane - Ruth Warrick - Roswitha Hirsch Susan Alexander - Dorothy Comingore - Juliane Koren Thompson - William Alland - Gunter Schoß Gettys - Ray Collins - Hans-Joachim Hanisch Raymond - Paul Stewart - Ernst Meincke