Vaessen spricht zwei verschiedene Kellner. Einmal den, der Poirot und Bianchi im Hotel mitteilt, dass alle Abteile im Orient-Expreß besetzt seien, und dann den, der die Bestellung der Prinzessin im Speisewagen entgegennimmt. Welcher der beiden wurde von Dobtcheff gespielt?
falls es Dich noch interessieren sollte: Vernon Dobtcheff spielte den Concierge im Hotelrestaurant in Istanbul. Der Darsteller des Kellners im Speisewagen war m. W. in den Credits nicht aufgeführt.
Zitat Irgendwie gefallen mir die Poirot-Filme mit Peter Ustinov besser, die hab ich häufiger gesehen.
Für mich gilt dasselbe! Albert Finney gab schon allein einen extrem unsympathischen Poirot ab, Biederstaedt mit seiner tiefen Bassstimme gab der Figur dann den Rest.
Dass du neben der Besetzung auch mit dem Film an sich Probleme hast, hast du schon woanders betont:Mord im Orient Express (USA, 2017) (3) Gestern bezeichnetest du Paul Dehns Drehbuch als "minderwertig". Mich würde interessieren, inwiefern. Angesichts der reichlich statischen Vorlage (warum hat Agatha Christie hier nicht auch eine Theaterversion erstellt?) holt es noch Einiges aus dem Stoff heraus, durch eine geschickte Änderung in der Dramaturgie (bei Interesse kann ich das gerne erklären) verbessert sie die Geschichte sogar leicht und lässt den Handlungsverlauf weniger grotesk erscheinen.
Zitat von berti im Beitrag #34Gestern bezeichnetest du Paul Dehns Drehbuch als "minderwertig". Mich würde interessieren, inwiefern.
Zum einen im Vergleich zu Dehns anderen Drehbucharbeiten (denn in diesen Kontext hast du ORIENTEXPRESS ja in wertschätzender Absicht gestellt), zum anderen als "Film an sich". Mir gefällt der Film weder als Krimi (ich finde die Pointe läppisch, aber wie ich PeeWees Kurzrezension oben entnehme, kann man sogar diese unterbieten), noch als Star-Parade, noch als inszenatorische Leistung (obwohl ich Lumet sonst sehr schätze), noch als cineastisches Erlebnis (soft-focus-Filter) etc. Zugegeben: über Dehns Beitrag habe ich bislang am allerwenigsten nachgedacht.
Zitat von berti im Beitrag #34Angesichts der reichlich statischen Vorlage (warum hat Agatha Christie hier nicht auch eine Theaterversion erstellt?) holt es noch Einiges aus dem Stoff heraus, durch eine geschickte Änderung in der Dramaturgie (bei Interesse kann ich das gerne erklären) verbessert sie die Geschichte sogar leicht und lässt den Handlungsverlauf weniger grotesk erscheinen.
Ja, gerne! Einerseits liegt meine Lektüre der Vorlage (alles andere als mein Lieblings-Christie) schon lange zurück, andererseits habe ich den Film nie als Literaturverfilmung angesehen. Bestimmt werden deine Ausführungen dazu beitragen, dass ich Dehns Leistung schätzen werde - besser gefallen wird mir der Film deswegen aber wohl eher nicht; denn zuallererst muss ein Film mich ja als eigenständiger Film, so wie er nun einmal vorliegt, überzeugen.
Zunächst etwas kurz zur Erklärung: Einerseits stand der Film am Anfang einer kleinen Reihe von Agatha-Christie-Adaptionen (die drei Kinofilme mit Peter Ustinov sowie "Mord im Spiegel"), die ein ähnliches Grundschema hatten (betont gemächliche Erzählweise, eine Reihe von Altstars, "nostalgische" Ausstattung und Stimmung), andererseits blieb er der Vorlage wesentlich enger verhaftet als die Ustinov-Filme. So entspricht dieser Poirot optisch und auch charakterlich weit eher der Vorlage, auch bei den meisten anderen Figuren blieb man relativ "originalgetreu" und versuchte kaum, sie den Stars "anzupassen" (dass McQueen zum Wiedergänger von Norman Bates wurde, war wohl noch die gravierendste Anpassung, kann aber auch als Gag mit seinem Image zu tun haben).
Da hier wohl nur die mitlesen, die die Pointe kennen, verzichte ich auf Schwärzungen. Mit der Struktur ist Folgendes gemeint: Nachdem der Mord entdeckt wurde und es die ersten Untersuchungen in Ratchetts Kabine gab (die seine wahre Identität und die Verbindung zum Fall Armstrong enthüllten) beginnt Poirot mit den Befragungen. Im ersten Durchlauf leugnen (abgesehen von McQueen und der Prinzessin) alle eine persönliche Verbindung, danach zerbrechen Poirot, der Direktor (der in der Vorlage ein Belgier namens Bouc ist) und der griechische Arzt sich den Kopf, kommen aber zunächst nicht weiter. Nach einiger Zeit kommt Poirot zu dem Schluss, dass mehrere der Befragten in angelogen haben und konfrontiert sie nach und nach in einem zweiten Durchlauf mit der Wahrheit. Bouc ist darüber immer verwirrter und fühlt sich wie in einem "Irrenhaus" (so nennt er es meiner Erinnerung nach), weil so viele Passagiere "rein zufällig" in Verbindung mit dem Fall zu stehen scheinen. Hardman z. B. (der zu dieser Zeit noch nicht "enttarnt" ist) wird gefragt, ob er sicher sei, nicht Gärtner bei den Armstrongs gewesen zu sein, worauf dieser antwortet, die Familie hätte keinen Garten gehabt (und eine Stelle als Butler liege ihm nicht). Als Leser fragt man sich hier, warum Bouc nicht von allein auf die Lösung kommt, die irgendwann mit Händen zu greifen ist. Natürlich ließ die Spieldauer von knapp zwei Stunden es nicht zu, aber auch jenseits davon war es ein guter Einfall, sich auf die "erste Runde" zu beschränken und Poirots Plädoyer gleich auf diese folgen zu lassen. Aber so wurden seine Enthüllungen über die Fahrgäste und die Enttarnung ihrer Lügen hier mit untergebracht, man ersparte sich die "Übergangsphase".
Danke, das wusste ich in der Tat nicht mehr. Freilich bewegt sich diese "Verbesserung" im Rahmen üblicher Straffungsmaßnahmen beim Medie ntransfer vom Buch zum Film. Wie ist man denn eigentlich bei den anderen Filmversionen (mit Suchet, Molina, Brannagh) diesbezüglich verfahren? Gesehen habe ich nur die Molina-Fassung, ich kann mich aber nicht erinnern, wie man es dort gemacht.
Zurück zu Dehn: Falls du damit seinen innovativen Beitrag illustrieren wolltest, würde ich auch nicht unbedingt widersprechen (zumal ich in dem anderen Beitrag ja auch eher Dehns Talent als Plot-Konstrukteur denn als Dialogschreiber gelobt hatte).
Lumets Orient-Express (wie auch die Ustivon Filme) gehören zu meinen ewigen Lieblingen, rein aufgrund der Besetzung. Was die Fälle an sich angeht, so fallen die bei genauer Analyse meist wie ein Kartenhaus zusammen. Orient-Express ist in diesem Zusammenhang jedoch die schlimmste Klamotte. Ich habe mir schon einmal vorgenommen, eine exakte Analyse darüber nieder zu schreiben, bezweifel jedoch, dass dies jemanden interessieren könnte.
Was mich aber am meisten hier stört, ist wie Lumets Poirot-Rolle angelegt hat, und damit meine ich nicht seine arrogante und überhebliche Art im Allgemeinen, denn da hält er sich in der Tat sehr an der Romanfigur. Mich stört, dass Poirot in keinem Moment des Films (anders als bei Ustinov) ein oder zwei Aha-Erlebnisse hat, abgesehen von dieser Szene, wo der griechische Arzt mit der "guten Fee" ankommt (Befragung A.Perkins), was auch noch grottig ins Deutsche übersetzt wurde und so gar keinen Sinn mehr ergibt. Poirot verbrennt den Zettel in der Hutschachtel und weiß sofort, wo der Hase langläuft. Wer Gräfin (H)elena Andrenyi ist, entnimmt er abends der Zeitung und dass die um sich schnatternde Mrs. Hubbard in Wahrheit Linda Arden ist, macht er bereits in der ersten Befragung klar: "Sie haben ihre Rolle glänzend gespielt." .. Immerhin hat er sie ja live auf der Bühne bewundern dürfen. Ohne Umschweife kommt er dann bei der Befragung der Prinzessin Dragomiroff auf die tragischen Umstände der damaligen Kindesentführung. Kurz und gut: Poirot gibt mir das Gefühl, von Anfang an Bescheid zu wissen. Mir fehlt da diese Szene, wo ihm bewusst wird, dass wirklich ALLE hinter diesem Komplott stecken. Er ist somit dem Zuschauer voraus, was mMn schlechtes Scripting ist.
Bei Ustinov darf der Zuschauer mit dem Detektiv zusammen im Dunkeln tappen und gedanklich "mitmachen", was wesentlich unterhaltsamer ist. Selbiges gilt für Holmes, Columbo und Marple
Zitat von John Connor im Beitrag #37Zurück zu Dehn: Falls du damit seinen innovativen Beitrag illustrieren wolltest, würde ich auch nicht unbedingt widersprechen (zumal ich in dem anderen Beitrag ja auch eher Dehns Talent als Plot-Konstrukteur denn als Dialogschreiber gelobt hatte).
Was die Handlung betrifft, so wäre bei "Goldfinger" natürlich zu fragen, inwieweit diese (und ihre Veränderungen gegenüber der Vorlage) auf Dehn zurückgehen, da Richard Maibaum ebenfalls beteiligt war.
Zitat von Edigrieg im Beitrag #38Lumets Orient-Express (wie auch die Ustivon Filme) gehören zu meinen ewigen Lieblingen, rein aufgrund der Besetzung. Was die Fälle an sich angeht, so fallen die bei genauer Analyse meist wie ein Kartenhaus zusammen. Orient-Express ist in diesem Zusammenhang jedoch die schlimmste Klamotte. Ich habe mir schon einmal vorgenommen, eine exakte Analyse darüber nieder zu schreiben, bezweifel jedoch, dass dies jemanden interessieren könnte.
Mich schon, den Eröffner dieses Threads sicher ebenfalls, vielleicht auch John Connor (der eventuell neugierig ist, ob es Überschneidungen zu seinem Urteil gibt).
Zitat von Edigrieg im Beitrag #38Was mich aber am meisten hier stört, ist wie Lumets Poirot-Rolle angelegt hat, und damit meine ich nicht seine arrogante und überhebliche Art im Allgemeinen, denn da hält er sich in der Tat sehr an der Romanfigur. Mich stört, dass Poirot in keinem Moment des Films (anders als bei Ustinov) ein oder zwei Aha-Erlebnisse hat, abgesehen von dieser Szene, wo der griechische Arzt mit der "guten Fee" ankommt (Befragung A.Perkins), was auch noch grottig ins Deutsche übersetzt wurde und so gar keinen Sinn mehr ergibt. Poirot verbrennt den Zettel in der Hutschachtel und weiß sofort, wo der Hase langläuft. Wer Gräfin (H)elena Andrenyi ist, entnimmt er abends der Zeitung und dass die um sich schnatternde Mrs. Hubbard in Wahrheit Linda Arden ist, macht er bereits in der ersten Befragung klar: "Sie haben ihre Rolle glänzend gespielt." .. Immerhin hat er sie ja live auf der Bühne bewundern dürfen. Ohne Umschweife kommt er dann bei der Befragung der Prinzessin Dragomiroff auf die tragischen Umstände der damaligen Kindesentführung. Kurz und gut: Poirot gibt mir das Gefühl, von Anfang an Bescheid zu wissen. Mir fehlt da diese Szene, wo ihm bewusst wird, dass wirklich ALLE hinter diesem Komplott stecken. Er ist somit dem Zuschauer voraus, was mMn schlechtes Scripting ist.
Bei Ustinov darf der Zuschauer mit dem Detektiv zusammen im Dunkeln tappen und gedanklich "mitmachen", was wesentlich unterhaltsamer ist. Selbiges gilt für Holmes, Columbo und Marple
So "arrogant und überheblich" spielt Finney die Rolle nach meinem Eindruck gar nicht, da gibt es bei anderen Interpretationen sicher krassere Beispiele. Was die Verbrennung des Zettels angeht, so ist er als Meisterdetektiv sicher gut über berühmte Kriminalfälle informiert (im Roman weiß er auch direkt Bescheid), durch den Prolog wurde auch die ausführliche Erklärung im Dialog überflüssig. Übrigens gehört die Stelle, als er den Eisenbahndirektor bittet, den Namen zu buchstabieren und diesem dabei plötzlich alles klar wird, zu meinen Lieblingsszenen des Films. Dass er die Herkunft der Gräfin aus der Zeitung kennt, kommt mir nicht so vor; er scheint das eher aus dem Verhört der Prinzessin geschlossen zu haben. Das mit dem "glänzend gespielt" ist ein schönes Beispiel für eine Pointe, die einem beim ersten Sehen gar nicht auffällt (mir ist sie übrigens bis jetzt gar nicht bewusst gewesen, aber die letzte komplette Sichtung ist schon länger her). Die Aha-Erlebnisse sind etwas schwer, weil der routinierte Zuschauer (falls er die Vorlage nicht sowieso kennt) hier zu schnell alles durchschauen würde. Und gerade hier wäre das schwer unterzubringen gewesen. Dafür dürfen im Finale der Direktor und der Arzt (zusammen mit dem Zuschauer) ein solches Erlebnis haben. Hätte man dagegen (was theoretisch möglich gewesen wäre) bei der Bemerkung des Colonels über die "12 gewählten Geschworenen, wie es sich gehört" eine Reaktion gezeigt, wäre das fatal gewesen. Bei den Filmen mit Ustinov ist mir das so nur bei "Tod auf dem Nil" aufgefallen, wo es zwei entsprechende Szenen kurz nacheinander (die Bemerkung über den Wein und die Sätze kurz nach dem Auffinden der zweiten Leiche) gibt; aber dort sind die Hinweise "mysteriös" genug, dass man es sich leisten kann.
Zitat von berti im Beitrag #41 Die Aha-Erlebnisse sind etwas schwer, weil der routinierte Zuschauer (falls er die Vorlage nicht sowieso kennt) hier zu schnell alles durchschauen würde. Und gerade hier wäre das schwer unterzubringen gewesen. Dafür dürfen im Finale der Direktor und der Arzt (zusammen mit dem Zuschauer) ein solches Erlebnis haben. Hätte man dagegen (was theoretisch möglich gewesen wäre) bei der Bemerkung des Colonels über die "12 gewählten Geschworenen, wie es sich gehört" eine Reaktion gezeigt, wäre das fatal gewesen. Bei den Filmen mit Ustinov ist mir das so nur bei "Tod auf dem Nil" aufgefallen, wo es zwei entsprechende Szenen kurz nacheinander (die Bemerkung über den Wein und die Sätze kurz nach dem Auffinden der zweiten Leiche) gibt; aber dort sind die Hinweise "mysteriös" genug, dass man es sich leisten kann.
Ich habe vor ein paar Monaten den alten "Mord im Orient-Express" zusammen mit "Tod auf dem Nil" und "Das Böse unter der Sonne" mit meiner Freundin gesehen und gezielt auf ihre Reaktionen geachtet. Ich kannte nämlich ersteren schon aus meiner Kindheit und werde deshalb leider nie erfahren, ob ich heutzutage auf die Lösung gekommen wäre. Für meine Freundin waren dies jedoch die ersten Sichtungen. Bei den Ustinov-Teilen tappte sie bis zur Auflösung im Dunkeln. Beim Orient-Express jedoch rief sie schon lange vor der Auflösung "Waren es etwa alle?". Vielleicht waren es schon die 12 Messerstiche, die sie stutzig gemacht haben. Sie dachte schon vorher, dass es mehrere Täter gewesen sein könnten, weil ja mehrere ein Motiv hatten (Man sollte bei Krimis ohnehin immer annehmen, dass es Komplizen gibt). Als aber immer mehr Verdächtige hinzukamen, dachte sie sich, dann könnten es auch auch alle gewesen sein.
Das Problem bei Finney ist - zumindest geht mir das so - dass man für seinen Poirot keine Sympathie entwickeln kann wie für den selbstverliebten (als Figur und als Schauspieler) Ustinov oder den eher bescheidenen Suchet. Der Eine überspielt die Eigenschaften des literarischen Poirot etwas, der Andere unterspielt sie ein wenig, aber sie fanden beide ihren Zugang. Bei Finney habe ich auch nach wiederholtem Ansehen (ich mag den Film sehr und die Auflösung hat bei immer weniger die Rolle gespielt als die Atmosphäre) das Gefühl, dass er sich selbst deplaziert vorkam und sich schon deswegen so unkenntlich machte bzw. dies zuließ. An Mangel an komödiantischen Fähigkeiten kann's kaum liegen, wenn man sich "Tom Jones" betrachtet. Jedenfalls wird er von allen Kollegen, die mit klar umrissenen Rollenklischees an den Start gingen, mit Knall an die Wand gespielt. Da dürfte sogar der Fehler liegen: Finney war eben keine Klischeebesetzung für Poirot und dadurch ironischerweise im Nachteil.
Zitat von Stefan der DEFA-Fan im Beitrag #43Das Problem bei Finney ist - zumindest geht mir das so - dass man für seinen Poirot keine Sympathie entwickeln kann wie für den selbstverliebten (als Figur und als Schauspieler) Ustinov oder den eher bescheidenen Suchet. Der Eine überspielt die Eigenschaften des literarischen Poirot etwas, der Andere unterspielt sie ein wenig, aber sie fanden beide ihren Zugang.
Suchet mag der deutlich sympathischere Poirot sein, nach Lektüre seines Buches "Poirot & Me" muß ich allerdings konstatieren, daß er weder seiner Figur noch Ustinov in Selbstverliebtheit nachsteht. Hinzu kommt noch der inflationäre Gebrauch des Adjektivs "idiosyncratic", das gefühlt auf jeder zweiten Seite vorkommt.
Aber zu Finney. Ich mag den Film ebenfalls sehr, aber auch mir erscheint Finney teilweise wie ein Fremdkörper, da er wie das Kunstprodukt wirkt, das er ist. Bis zur Unkenntlichkeit geschminkt, verkleidet und zudem mit Biederstaedt (den ich sehr gerne höre, aber der hier auch nicht recht paßt) sehr merkwürdig besetzt. Was GGH sich dabei wohl gedacht hat? Miedel wäre zwar Klischee gewesen, hätte aber besser gepaßt.
BTW: Ich habe bei der Gelegenheit direkt mal die Liste am Anfang des Threads etwas aufgehübscht.
Zitat von Lord Peter im Beitrag #44Aber zu Finney. Ich mag den Film ebenfalls sehr, aber auch mir erscheint Finney teilweise wie ein Fremdkörper, da er wie das Kunstprodukt wirkt, das er ist. Bis zur Unkenntlichkeit geschminkt, verkleidet und zudem mit Biederstaedt (den ich sehr gerne höre, aber der hier auch nicht recht paßt) sehr merkwürdig besetzt. Was GGH sich dabei wohl gedacht hat? Miedel wäre zwar Klischee gewesen, hätte aber besser gepaßt.
Beim ersten Sehen des Films (auf das ich übrigens ein paar Jahre warten musste, weil er im Vergleich zu den Ustinov-Filmen nach meinem Eindruck relativ selten zu sehen war) war mir Albert Finney ansonsten noch unbekannt, aber es war doch offensichtlich, dass hier jemand optisch extrem verändert wurde, der eigentlich zu jung und zu groß für die Rolle war; ansonsten war der gebückte Gang unerklärlich, da der literarische Poirot ja keinen Buckel hat. Vielleicht wäre der Eindruck der Veränderung noch stärker gewesen, wenn ich den Film im Original kennengelernt hätte, da Finney dort nicht nur mit Akzent spricht, sondern auch seine Stimme extrem verstellt. Biederstaedts Besetzung ist wirklich eigenartig, zumal (wie schon woanders erwähnt) seine betont "trockene" und tiefe Stimme nicht recht mit der exaltierten Gestik zusammenpassen will (etwa als er im Plädoyer die Uniform und den Kimono als falsche Spuren präsentiert). Was die fehlenden Sympathiepunkte betrifft, so war durch diese Interpretation der Figur eine Szene möglich, die so im Roman nicht vorkommt und die bei Ustinov oder Suchet undenkbar gewesen wäre: Poirots Verhalten beim Verhör von Mary Debenham, das durch eine optische Täuschung kurz so wirkt, als würde er sie schlagen. Mit Ustinov, der in "Tod auf dem Nil" eher melancholich-väterlich und in den übrigen Fällen betont gemütlich agierte, wäre das undenkbar, bei Suchet ebenfalls, der selbst in emotionalen Momenten nie den Eindruck erweckte, er könne handgreiflich werden.
Was die optische Veränderung betrifft, so wäre die bei Paul Scofield oder Alec Guinness (die angeblich auch für diese Rolle zur Debatte standen) natürlich mindestens ebenso stark gewesen.