Hier kann man mal Fälle nennen, in denen Synchronsprecher in einem Tonfall zu hören sind, der bei ihnen ziemlich ungewohnt klingt. Ich weiß, Überschneidungen zum Thread über die "kuriosesten" Besetzungen lassen sich nicht vermeiden. Hier soll es aber speziell um den Tonfall und nicht um den Rollentyp gehen, obwohl beides sicher oft zusammen hängt.
In Fassbinders "Angst essen Seele auf" spricht der bekanntlich meist auf Rauhbeine besetzte Wolfgang Hess El Hedi ben Salem äußerst leise und beweist damit wieder mal, dass er auch ganz anders kann. Michael Chevalier klingt als tuntiger Vampir in "Tanz der Vampire" ebenso ungewohnt wie GGH als stotternder, kieksender Assistent in "Ein Schuß im Dunkeln", was in beiden Fällen sehr amüsant wirkt. Heinz Petruo kennt man meist nüchtern-kalt (Nachrichtensprecher/Erzähler), finster-bedrohlich (Oberschurken) oder auch vornehm-elegant (aristokratische Typen). In Sidney Lumets "Angriffsziel Moskau" spricht er Fritz Weaver und hat in einer Szene einen hysterischen Anfall (einschließlich Heulkrampf!), was ich bei ihm sonst nie gehört habe.
Das sind jetzt ein paar Beispiele, die mir spontan eingefallen sind.
In "Reine Nervensache" kann man Christian Brückner mal hemmungslos weinen hören. Es ist einfach herrlich, wie er Robert DeNiro als weichen Mafiosi synchronisiert, der nicht weich sein darf und trotzdem öfter mal Weinkrämpfe kriegt. Sowohl Robert DeNiro's Darstellung als auch Brückners Stimme passen hier wunderbar zusammen.
Mir fällt da spontan Hans-Jürgen Dittberner als Davy Jones in "Fluch der Karibik 2" ein. Wunderbar knarrig, hab ihn im Kino damals kaum erkannt. Bei Teil 3 sprach er schon wieder etwas "normaler".
Jacques Breuer für Viggo Mortensen in Tödliche Versprechen - seine Stimme ist im Vergleich zu Der Herr der Ringe oder A History of Violence kaum wiederzuerkennen, auch wenn eine seiner Russisch-Passagen einen Hauch Elbisch an sich hatte . Bei einer solch markanten und dennoch wandlungsfähigen Stimme hoffe ich, dass er zukünftig öfters besetzt wird als bisher.
Hans Hessling wurde oft auf keifende, meckernde Typen besetzt. Im "großen Diktator" hört man ihn dagegen als Friseur ungewohnt ruhig und sanft, besonders bei seiner Schlußansprache.
Hans Nielsen auf Arthur O´Connell in "Picknick". Nielsen sprach ja in seinen frühen Jahren (um 1950) oft forsche, dynamische Draufgänger, ab Mitte der 50er auch abgefeimte, arrogante Typen. In jedem Fall meist Rollen, die sehr selbstbewusst auftraten. In "Picknick" hört man ihn dagegen kleinlaut, schüchtern und demütig, was ich äußerst ungewohnt finde. Kennt jemand eine andere Rolle, in der Nielsen ähnlich klingt?
Wilhelm Borchert sprach Laurence Olivier in "Khartoum" mit einem so aggressiven, rasselnden und fanatischen Tonfall, dass ich beim ersten Sehen überlegt habe, ob er es wirklich ist. Ich war mir da wirklich erst nicht sicher.
Thomas Danneberg kann man in "Highlander" als Erzfeind (gespielt von Clancy Brown) von eben jenem hören. Er spricht diese Rolle sehr rauh und lässt ordentlich die Sau raus, d.h. er chargiert sehr übertrieben was man ja bei ihm sonst ja eher nicht kennt. Jedenfalls nicht in diesem Maße.
E.W. Borchert gab in "Abenteuer am Mississippi" den versoffenen Vater von Huck Finn so rauh und grob, daß es eine Freude war. Im Hintergrunde schwang aber immer noch eine versteckte Sanftheit mit - perfekt für die Rolle, denn in diesem Film wurde der alte Finn eher als Wrack gezeichnet, der den Tod seiner Frau nicht verkraftet hat und seinen Sohn trotz allem etwas gern hat (und ihn nur im Delirium schlägt, weil er ihn für den Engel des Todes hält). Eine tolle Leistung.
Walter Bluhm kriegt als Stan Laurel in "Fra Diavolo" oder "Hände hoch oder nicht" einen ordentlichen Lachflash mit einigen Kreischern. Sonst sprach er ja immer sehr sanft und so als könne er keiner Fliege etwas zu leide tun.
In Antwort auf:GGH als stotternder, kieksender Assistent in "Ein Schuß im Dunkeln", was in beiden Fällen sehr amüsant wirkt.
Da wir gerade bei GGH sind: Er hat auch in "A hard day's night" mit den Beatles eine ungewöhnliche Rolle gesprochen, nämlich einen Fernsehregisseur, den er sehr tuntig spricht.
Friedrich Schoenfelder gibt in "Ruhe sanft GmbH" als Vincent Price mal überhaupt nicht den Gentleman sondern ein versoffenes und pöbelndes Ekel.
In letzter Zeit hört man Martin Kessler ja oft von der eher coolen Seite (Cage, Diesel), dabei kann er auch ganz anders. Sehr gut hat mir diese "andere" Kessler immer als Father Mulcahy (William Christopher) in M.A.S.H. gefallen.