Es scheint bisher wohl wirklich noch keinen Thread zu diesem Thema zu geben. Die Entnazifizierungen bei den Erstsynchros von "Casablanca" und "Notorious" werden ja in diversen Werken zur Filmgeschichte erwähnt. Hier können aber noch andere Beispiele zusammengetragen werden. Bezüge zur Nazi-Zeit sind natürlich häufig davon betroffen, daneben gibt es aber noch andere Aspekte. Z. B. das Entfernen von erotischen Anspielungen aus dem Dialog, weil sie als anstößig empfunden wurden, oder negative Darstellung von Deutschen ohne direkten Bezug zum Dritten Reich (siehe etwa "Stirb langsam").
In "Über den Dächern von Nizza" wurden ebenfalls die (spärlichen) Referenzen zur NS-Besatzung von Frankreich entfernt. Nicht dass es dem kongenialen Dialogbuch geschadet hätte - hier ist das im Gegensatz zu "Casablanca" zum Beispiel völlig egal.
Weniger Zensur denn mangelnder Einfallsreichtum bzw. Opportunismus: sowohl bei älteren als auch jüngeren Filmen der Gattung Komödie stelle ich häufiger die Tendenz zur "Verharmlosung" fest; will heißen, bissige oder pointenreiche Dialoge werden eingeebnet zugunsten eines braveren oder auch dümmeren Gesamteindruucks; bekannte Stichworte hierbei wären z. B. Marx Brothers, Monty Python, aber auch alte Klamotten mit Cary Grant, Bob Hope oder später Eddie Murphy usw. sind betroffen.
Eine gängige Entschuldigung lautet, dass viele jokes sich nicht 1-zu-1 übertragen ließen, meiner Erfahrung nach trifft das jedoch seltener zu, als dass offenbar bewußt abgeschwächt wird. Entweder steht dahinter die Schrere im Kopf ("Das ist nichts für unser Publikum") oder der Autor ist einfach mittelmäßig.
Groucho Marx ist hierbei sicherlich ein leuchtendes Beispiel, erwähnt wurde ja auch schon "Arsen und Spitzenhäubchen" (wobei ich die Runze-Fassung absolut bevorzuge). Mir persönlich fiel bei "Caddyshack" auf, dass etliche trendige Drogenscherzchen durch Albernheiten ersetzt wurden (häufiger in den Chevy Chase Szenen). Als ich kürzlich dank c.-n.-Tonfilm der alten Bob Hope-Klamotte "Der Schürzenjäger von Venedig" habhaft werden konnte (danke nochmals) fiel mir auch auf, dass trotz der insgesamt zufriedenstellenden Übersetzung häufiger Jokes geschluckt wurden. So stellt Bob Hope im Original des letztgenannten Films Basil Rathbone bei einer Party als seinen Vorkoster vor; er wäre bereits der 9., wobei er sich lakonisch korrigiert: der 10., würde man Mutter mitrechnen. In der dt. Fassung wird aus der Mutter ein Hund. Warum nur?
Mir fiel gerade noch etwas zu den Sherlock-Holmes-Filmen mit Basil Rathbone und Nigel Bruce ein. Dort gibt es zwei Filme, die auch aufgrund der Nazi-Thematik zensiert wurden. Der erste ist "Das Spinnennest" (1944) wobei dies nur auf die erste Synchronfassung von 1969 und das Bildmaterial zutrifft, näheres hier.
Der andere Film ist "Verhängnisvolle Reise" (1942). In diesem Film geht es im Original um ein kriegsentscheidendes Geheimdokument, das ein Ring von Nazi-Agenten versucht in die Hände zu bekommen. In der deutschen Fassung wurde daraus die Formel für ein neues Medikament, welches als hochwirksames Gift für die Verbrecher interessant ist. Aus Regierungsmitgliedern wurden Mediziner der "Vereinigten Arzneimittelwerke" und aus dem deutschen Spion Heinrich Hinkel der amerikanische Meisterverbrecher Henry Henkel (so nennt er sich in der Originalversion auch, allerdings zu Tarnungszwecken). Die Dialoge wurden vielfach umgeschrieben und desweiteren wurden auch alle zu amerikanischen Bezüge aus dem Film gestrichen; z.B. gibt es in dem Film eine Szene wo Sherlock Holmes und Dr. Watson mit ihren Begleitern durch Washington fahren. Dabei wurden kurze Abschnitte geschnitten, wo das "Lincoln Memorial" und das "Washington Monument" zu sehen sind. Außerdem wurde die patriotische Schlussrede von Holmes geschnitten.
Hier noch ein Dialogbeispiel aus dem Film:
Original: Das Dokument muss gefunden werden, ehe es unsere Feinde bekommen. Im Namen der Regierung unserer Majestät fordere ich Sie auf, es zu finden.
Deutsche Fassung: Ganz gleich in welcher Form Mr. Pettibone die Formel befördert hat; die Verbrecherwelt darf nicht so weit kommen, sie gegen ehrliche Menschen zu gebrauchen.
Eine andere Art von Zensur gibt es in den sogenannten "Airline-Fassungen" von Kinofilmen, in denen sämtlich Flüche und Schimpfwörter entschärft werden und jede Erwähnung von Gott. Da wird schnell mal aus einem "Arschloch" ein "Idiot" und aus "Mein Gott" ein "Meine Güte". Dies kann einen Film sehr entstellen, der Sinn dahinter will mir nicht einleuchten.
Zitat von FiersteinEine andere Art von Zensur gibt es in den sogenannten "Airline-Fassungen" von Kinofilmen, in denen sämtlich Flüche und Schimpfwörter entschärft werden und jede Erwähnung von Gott.
Könntest du ein Beispiel aus so einem Film geben und weißt du warum das so gehandhabt wird ? Ich könnte mir vorstellen, dass sich bestimmte Gruppen, seien es religiöse oder sonstige dadurch angegriffen fühlen.
Wahrscheinlich will man nicht das Risiko eingehen, dass religiöse Hardliner irgendeinen Anlass zu Protesten bekommen. Schließlich wird beim Fliegen nicht danach gefragt, welchen Glaubens der Zugestiegene ist und wie er diesen Glauben für sich definiert.
"Bleib dran, Kyle. Herkules möchte noch mit dir reden." "Oh Gott" "Ja, der ist auch hier. Er möchte auch noch mit dir reden, gleich nach Käpten Crunch"
Jetzt wieder zum Thema zurück und t'schuldigung für's Offtopic
Tja, wenn es schon in Synchros "zensiert" wird, dann schön, dass es noch so eifrige Religions-Hasser gibt, die keine Gelegenheit auslassen können ihren Hass kundzutun