Darin wird in die deutsche Synchronisation nicht gerade zimperlich kritisiert. Und obwohl ich sehr großer Freund und Fan unserer Synchronfassungen bin, muss ich dem Artikel doch in vielen Punkten leider auch zustimmen, denn ich bin ebenfalls ein großer Fan der Filmkust. Auch ich habe mich schon oft über sinnentstellende Eindeutschungen geärgert. Vor allem interessiert mich mal, wer für offensichtlich absichtlich zensierte Dialoge die Verantwortung trägt. Also wenn bewusst Worte wie "Nazi" oder anstößige Dialoge entfernt werden. Der Dialogbuchautor? Die Regie? Der deutsche Verleih? Und wer stellt deren Vorgabe der Stereotypisierung und Zensur in Frage? Kann mir das jemand hier beantworten?
Ich muss dem Autor auch in dem ein oder anderen Punkt zustimmen, aber der Artikel wird durch zwei Dinge unglaubwürdig. Zum einen gehen die Beispiele der uralten Zensursynchros weit über den historischen Kontext hinaus. (Es ist unter anderem unglaubwürdig, wenn man das angeblich übliche Wegsynchronisieren von Homosexualität an 40er Jahren Synchros belegen will.) Zum anderen finde ich es absurd, wie der Autor am Ende aus der deutsche Synchronisationsgewohnheit Nationalismus ableitet und deren Fürsprecher in die rechtsextreme Ecke schiebt. Aber vermutlich brauchen Artikel das in einem "interkulturellen Studentenmagazin" als Daseinsberechtigung.
Zitat von Lammers im Beitrag #5Mir fiel gerade noch etwas zu den Sherlock-Holmes-Filmen mit Basil Rathbone und Nigel Bruce ein. Dort gibt es zwei Filme, die auch aufgrund der Nazi-Thematik zensiert wurden. Der erste ist "Das Spinnennest" (1944) wobei dies nur auf die erste Synchronfassung von 1969 und das Bildmaterial zutrifft, näheres hier.
In der ersten Synchronfassung dieser Folge fand durch Schnitte und Dialoge noch eine weitere Veränderung statt: Am Tatort eines Verbrechens finden Holmes und Watson Fußspuren vor, die offenbar von einem Kind stammen. Später besucht Andrea Spedding (Gale Sondergaard) die beiden in Begleitung eines stummen "Kindes". Als beiden später im Haus eines Insektenforschers dessen Notizen durchgehen, bricht die Szene ab. In den geschnittenen Szenen kommt Holmes darauf, dass es sich bei dem "Kind" um einen Pygmäen gehandelt haben müsse. Im deutschen Dialog ist dagegen von einem "dressierten Affen" die Rede, der die Morde ausgeführt habe. Bei einer Szene im Versteck der Bande auf dem Jahrmarkt wurden danach alle Einstellungen geschnitten, in denen man den Pygmäen im Inneren eines geöffneten Koffers sitzen sieht. So bleibt allerdings unverständlich, woher Holmes bei der Festnahme weiß, dass sich der "Affe" in dem Koffer befindet. Ob man die Darstellung des Pygmäen als problematisch empfand und deshalb diese Veränderungen vornahm? In der zweiten Fassung tat man das jedenfalls nicht, und auch die Szenen am Schießstand blieben unverändert.
Bei "Gefährliche Mission" (von dem nur eine Synchronfassung existiert) fanden es die Verantwortlichen anstößig, dass Sherlock Holmes den jungen Thronfolger eines fiktiven Fürstentums vor Attentätern schützt, weswegen sie aus diesem den Sohn eines berühmten Wissenschaftlers machten. Als er am Ende vor einer Delegation abgeholt wird, die sich vor ihm ehrwürdig verneigt, kann man sich jedoch (auch ohne die Inhaltsangaben gewisser Lexika) unschwer seinen Teil denken.
Dass im ersten "Stirb langsam"-Film die deutsche Herkunft der Terroristen verschleiert wurde, ist bekannt. Gegen Ende dieses Schnittberichts (der zahlreiche abweichende Dialoge auflistet) wird auf ein weiteres Detail hingewiesen: Beim Kampf zwischen John McClane und dem Terroristen Karl im letzten Drittel des Films wurden zum einen McClanes Schreie eliminiert, solange keine Lippenbewegungen sichtbar waren und zum anderen Anspielungen auf Karls persönliches Motiv (Rache für den Tod seines Bruders) entfernt: http://www.schnittberichte.com/schnittbericht.php?ID=1105
Mir ist bei vielen Synchronisationen vor allem der 50er/60er-Jahre aufgefallen, daß man auch gerne lustige deutsche Charaktere umgestaltet hat. Aus manchem Deutschen ist in der Bearbeitung ein Wiener oder Schweizer geworden, mitunter sogar ein Franzose oder Engländer. Dabei waren diese Figuren nicht einmal unbedingt in Zusammenhang mit "deutscher Vergangenheit", sondern einfach nur "deutsch". Als Beispiel fiele mir der Peter Sellers-Film "Gentlemankillers" ein. Apropos Peter Sellers: sein Dr. Popovic spricht in "Was gibt's Neues,Pussy?" in der OF eher deutschen als russischen Akzent und hat auch eine echte deutsche Wagner-Walküre zuhause.
Umgekehrt aber gibt's auch andere Fälle-so nennt Martin Landau als Bela Lugosi in "Ed Wood" den erwähnten Boris Karloff in der OF simpel ein A-loch. Die deutsche Fassung macht einen A- plus F-Wort daraus, was wesentlich heftiger ist und ganz andere Implikationen setzt.
Zitat: Nennt er Karloff nicht einen "limey cocksucker"? ----------------------- Ich will nicht ausschließen, daß ich mich irre!!! Leider kann ich in den Film gerade nicht reinschauen, das hole ich mal nach. Ich bezog mich auf eine auf einer US-Import-Dvd befindlichen Lugosi-Doku, die ich erst kürzlich gesehen habe und darin kommt die "Ed Wood"-Szene vor, hier nennt er Karloff ein "A-hole". Darum nahm ich an, das wäre auch im Film so. Würde mich nicht wundern, wenn die Amis eine "softere" Version auch in Umlauf hätten. Ich nahm eventuell voreilig an, das wäre ident. Eine Kontrolle dürfte das wohl aus der Welt schaffen...werde ich nachholen!
Zitat von fortinbrasApropos Peter Sellers: sein Dr. Popovic spricht in "Was gibt's Neues,Pussy?" in der OF eher deutschen als russischen Akzent und hat auch eine echte deutsche Wagner-Walküre zuhause.
Zudem heißt er in der OF auch nicht Nikita Popovic sondern Fritz Fassbender.
Zitat von fortinbrasApropos Peter Sellers: sein Dr. Popovic spricht in "Was gibt's Neues,Pussy?" in der OF eher deutschen als russischen Akzent und hat auch eine echte deutsche Wagner-Walküre zuhause.
Zudem heißt er in der OF auch nicht Nikita Popovic sondern Fritz Fassbender.
Antworten auf die letzten Beiträge von lammers und berti -----------------------------------
Ich bin immer voll geständig, wenn ich ein paar Lücken mit einbaue oder mich irre! Ich glaube das mit "Ed Wood" auf's Wort, ein Sample wäre nicht unbedingt notwendig gewesen. Dann muß ich meine Verwunderung über den von mir angesprochenen Ausschnitt wohl ausserhalb des Forums "rausjammern" und die Kritik an der deutschen Fassung selbstverständlich zurücknehmen. Fassbender, ja-Fritzilein, wie konnte ich das vergessen? Eine meiner liebsten Sellers-Rollen. Fast alle Psychiater in alten Filmen haben eine österreichische Herkunft. Ob das dem alten Freud gefallen würde?????
Wobei es durchaus die Möglichkeit gibt, daß auch die englische Version fürs amerikanische Fernsehen umsynchronisiert wurde. Oder vielleicht war es auch nur eine andere Stelle aus dem Film.
"oder vielleicht war es eine andere Stelle aus dem Film (Ed Wood)". -------------------------- Eine Seltenheit wäre es ja nicht, daß man manches für gewisse Ausstrahlungen entschärft! Hab nochmal nachgesehen, es ist die Szene-eine meiner Liebsten! Hier sagt Landau aber "bloody a-hole". Da ich diese Lugosi-Doku erst kürzlich sah, fiel mir das so extrem auf. Sonst hätte ich gar nicht daran gedacht, habe den Film auch seit Jahren nimmer angesehen in der OF. ----------------------------- Gehört nicht zum Synchronthema, aber eine "Zensur"-Anekdote: wenn der ORF ab und an "Sag niemals nie" zeigt, dann ungekürzt. Wird der Film aber am vormittag wiederholt, wird gerne die Szene entfernt, in der Bond das Glas mit seiner Urinprobe ansieht. Zum Wohle der Kinder! Die ganzen Gewalttätigkeiten bleiben "uncut".
Zitat von berti im Beitrag #62 In den geschnittenen Szenen kommt Holmes darauf, dass es sich bei dem "Kind" um einen Pygmäen gehandelt haben müsse. Im deutschen Dialog ist dagegen von einem "dressierten Affen" die Rede, der die Morde ausgeführt habe. Bei einer Szene im Versteck der Bande auf dem Jahrmarkt wurden danach alle Einstellungen geschnitten, in denen man den Pygmäen im Inneren eines geöffneten Koffers sitzen sieht. So bleibt allerdins unverständlich, woher Holmes bei der Festnahme weiß, dass sich der "Affe" in dem Koffer befindet.
In dem Zusammenschnitt von "Sherlock Holmes sieht dem Tod ins Gesicht" (Die Kralle & Das Spinnennest) von 1958 sind zumindest die Jahrmarkt-Szenen dieser Episode unzensiert, wie man in der Doku "In den Fußstapfen von Sherlock Holmes" (1966) sehen kann. Sogar die Hitler-Figur ist zu sehen. Lediglich Dr. Watsons Kommentar "Dann erwische ich H. eben das nächste Mal" wird zu "Dann erwische ich dich eben das nächste Mal". Von einem Pygmäen ist hier auch die Rede. Holmes sagt zu einem Polizisten bei der Verhaftung: "Richardson, passen Sie auf die Kiste auf. Da ist ein Pygmäe drin".