Ich verstehe nicht, was das alles hier mit Zensur zu tun haben soll. Überhaupt haben gefühlte 99% der hier zitierten Beispiele nicht das Mindeste mit Zensur im Sinne einer (politisch motivierten) Kontrolle der Filminhalte von außen oder mit Selbstzensur zur Vermeidung von negativen Sanktionen durch Kontrollinstanzen zu tun. Ihr gebraucht den Begriff „Zensur“ hier schlicht als Skandal-Vokabel. Dabei ist das Gros der hier genannten Beispiele ganz gewöhnliche Bearbeitungen und Variationen des Ausgangsmaterials, die sich an den vermuteten kulturellen Gewohnheiten des potentiellen Zielpublikums orientieren.
Im konkreten von dir zitierten Fall macht dein Hobby-Rezensent (so wie die meisten Beiträger in diesem Thread) den Fehler, nicht wahrzunehmen, dass THE QUILLER MEMORANDUM und DAS QUILLER-MEMORANDUM zwei unterschiedliche, zwei eigenständige Filme sind. Der erstgenannte Film ist nicht per se der bessere, nicht das Maß aller Dinge. Freilich kann man beide Werke miteinander vergleichen und daraus auch Qualitätsurteile ableiten. Aber man muss von vornherein offen sein für die Möglichkeit, dass Film B gleichwertig, ja sogar „besser“ sein kann als Film A. Und da Filme ja nicht primär als politische Manifeste produziert werden (schließlich leben wir nicht in einem totalitären Staat) und in der Regel auch nicht als solche gesehen werden, sollte man hier auch ästhetische Kriterien anlegen, und nicht immer die Zensurkeule schwingen. Und unter ästhetischen Gesichtspunkten ist es gehupft wie gesprungen, ob die Antagonisten nun Kommunisten (DAS QUILLER-MEMORANDUM) oder Nazis (THE QUILLER MEMORANDUM) sind, ob sie Rauschgifthändler (WEISSES GIFT) oder Nazis (NOTORIOUS) sind, ob C.C. Baxter mit Mae West ins Bett geht (in THE APARTMENT) oder mit Greta Garbo (in DAS APARTEMENT).
Und wie kann man bitteschön aus der Ersetzung der Nazis durch Kommunisten in DAS QUILLER-MEMORANDUM ableiten, dass dies „ein interessantes Licht auf die Vergangenheitsbewältigung in den 60er Jahren“ wirft, wo doch im selben offenbar so zensurgeilen Land die Romanvorlage „Das Berlin-Memorandum“ erscheinen konnte mit all den Nazis wie aus dem Lehrbuch? Leben Romanleser in einem anderen Land als Filmzuschauer, oder was?
Natürlich passts nicht unbedingt da rein, andererseits reflektiert es aber auch wunderbar die Eindrücke und Befindlichkeiten der damaligen Zeit. Egal wie geschmacklos das wirkt, es ist doch von einem gewissen, wenn auch bescheidenen, zeithistorischen Interesse.
Das mag ja sein, aber es wurde von Universal mit dieser "Sherlock Holmes"-Serie ab "Gespenster im Schloss" immer versucht, eine möglichst zeitlose Atmosphäre zu schaffen, was eigentlich auch immer gelang. Diese Bemerkung in der OF von "Jagd auf Spieldosen" ist aber äußerst fehl am Platze, da sie diese zeitlose Atmosphäre völlig zerstört und einem wieder bewusst macht, dass man im Jahre 1946 lebte und der Krieg gerade zu Ende war. Und das kann einen dann schon mal aus dem Takt bringen; das kann ich verstehen. Sie passt eben nicht zum Rest der Folge und da hat man in der dt. Fassung das Ganze so ausgebügelt, dass es eben zum Rest der Folge passt.
Zitat von John Connor im Beitrag #91Im konkreten von dir zitierten Fall macht dein Hobby-Rezensent (so wie die meisten Beiträger in diesem Thread) den Fehler, nicht wahrzunehmen, dass THE QUILLER MEMORANDUM und DAS QUILLER-MEMORANDUM zwei unterschiedliche, zwei eigenständige Filme sind. Der erstgenannte Film ist nicht per se der bessere, nicht das Maß aller Dinge. Freilich kann man beide Werke miteinander vergleichen und daraus auch Qualitätsurteile ableiten. Aber man muss von vornherein offen sein für die Möglichkeit, dass Film B gleichwertig, ja sogar „besser“ sein kann als Film A. Und da Filme ja nicht primär als politische Manifeste produziert werden (schließlich leben wir nicht in einem totalitären Staat) und in der Regel auch nicht als solche gesehen werden, sollte man hier auch ästhetische Kriterien anlegen, und nicht immer die Zensurkeule schwingen. Und unter ästhetischen Gesichtspunkten ist es gehupft wie gesprungen, ob die Antagonisten nun Kommunisten (DAS QUILLER-MEMORANDUM) oder Nazis (THE QUILLER MEMORANDUM) sind, ob sie Rauschgifthändler (WEISSES GIFT) oder Nazis (NOTORIOUS) sind, ob C.C. Baxter mit Mae West ins Bett geht (in THE APARTMENT) oder mit Greta Garbo (in DAS APARTEMENT).
Und wie kann man bitteschön aus der Ersetzung der Nazis durch Kommunisten in DAS QUILLER-MEMORANDUM ableiten, dass dies „ein interessantes Licht auf die Vergangenheitsbewältigung in den 60er Jahren“ wirft, wo doch im selben offenbar so zensurgeilen Land die Romanvorlage „Das Berlin-Memorandum“ erscheinen konnte mit all den Nazis wie aus dem Lehrbuch? Leben Romanleser in einem anderen Land als Filmzuschauer, oder was?
Ich wollte es eigentlich noch hinzufügen, dass ich dem Urteil des Rezensenten nicht völlig zustimmen, besonders, was das "Katz-und-Maus-Spiel" betrifft, da ich den Film eher langweilig finde.
Im Grunde ist die (für die eigentliche Story unwichtige) Veränderung das einzige, was den Film aus meiner Sicht besonders macht. Bei Hitchcocks "Notorious" (natürlich ein ganz anderes Kaliber) spielte die "Entnazifizierung" für die Dramturgie und Grundidee ja auch keine so entscheidende Rolle. http://www.ofdb.de/review/19358,324933,D...-aus-dem-Dunkel Laut diesem "Zeit"-Artikel von 1967 erfolgten die Änderungen der deutschen Fassungen bei "Quiller" tatsächlich auf Druck der FSK:http://www.zeit.de/1967/09/entnazifizierung/komplettansicht Ist es in diesem Fall so falsch, von einer "Zensur" (die es in demokratischen Staaten natürlich auch geben kann) zu sprechen?
Zitat von John Connor im Beitrag #91Ich verstehe nicht, was das alles hier mit Zensur zu tun haben soll. Überhaupt haben gefühlte 99% der hier zitierten Beispiele nicht das Mindeste mit Zensur im Sinne einer (politisch motivierten) Kontrolle der Filminhalte von außen oder mit Selbstzensur zur Vermeidung von negativen Sanktionen durch Kontrollinstanzen zu tun. [..] Im konkreten von dir zitierten Fall macht dein Hobby-Rezensent (so wie die meisten Beiträger in diesem Thread) den Fehler, nicht wahrzunehmen, dass THE QUILLER MEMORANDUM und DAS QUILLER-MEMORANDUM zwei unterschiedliche, zwei eigenständige Filme sind. Der erstgenannte Film ist nicht per se der bessere, nicht das Maß aller Dinge.
Wenn dieser Fall nichts mit politischer Zensur zu tun haben sollte, was denn dann??
Sich dann auch noch zum dienstbaren Geist solcher und ähnlich gelagerter Eingriffe zu machen, indem das Ganze einfach qua logischem Salto Mortale zu einem "eigenständigen" Filmwerk erklärt wird, das geradezu die Pflicht hat, sich durch Abweichungen gegenüber dem Original hervorzutun, ist schon ein starkes Stück. Es kommt dabei gar nicht darauf an, ob durch die Verfälschungen bei QUILLER oder NOTORIOUS unbeabsichtigt aufgedeckt wird, wie unpolitisch die Filme in Wahrheit sind, sondern um die Praxis dahinter. Denn was bei seichten Unterhaltungsstücken wie QUILLER noch angehen mag, ist bei einem hochpolitischen Film wie CABARET eben nicht mehr einfach nur eine kleine kosmetische Änderung, um dumpfe Zuschauer nicht zu verprellen, sondern eine ärgerliche Verfälschung der Intentionen der Macher.
Aber ich vergaß: da dass Original ja nicht das Maß aller Dinge ist und es mit Zensur schon mal gar nichts zu tun hat, können wir uns ja jegliche Debatte darüber sparen...
@ berti: Ich bitte, nicht zwei Sachen miteinander zu vermengen. In meinem Beitrag habe ich mich einmal generell über die Problematik des Threads geäußert, jedwede suspekte Abweichung zwischen einer Vorlage und ihrer deutschen Fassung unter Zensurverdacht zu stellen. Daher noch einmal: 99% der hier verhandelten Beispiele erfüllen nicht den Tatbestand einer Zensur.
Zweitens habe ich konkret deinen Kronzeugen im Falle DAS QUILLER-MEMORANDUM dafür kritisiert, dass er aus den Modifikationen der deutschen Fassung Thesen über den Zustand der Vergangenheitsbewältigung der 60er Jahre der Bundesrepublik ableitet. Ich habe also weder gesagt, dass bei DAS QUILLER-MEMORANDUM keine Zensur stattgefunden hat, noch das Gegenteil, eben weil man aus dem schlichten Vergleich von Vorlage A und Deutsche Fassung B einfach keine solche These ableiten kann. Zensur ist keine Sache der Komparatistik.
Nun erweiterst du die Diskussion, indem du den Zeit-Artikel, den zu zitieren du in deinem Erstbeitrag dazu für nicht nötig befunden hast, einbringst und fragst, ob es in diesem Fall so falsch sei, von Zensur zu sprechen. Meine Antwort: ja, ist es. Der Verleih hätte hier ja sehr wohl auf Konfrontationskurs mit der FSK gehen können, ohne dass sich daraus negative juristische oder politische Konsequenzen für ihn ergeben hätten. Der Verleih hätte sogar in letzter Konsequenz vor Gericht ziehen und die FSK verklagen können. Hat er aber nicht. Weil ihm als Wirtschaftsunternehmen die kommerziellen Aussichten wichtiger waren als die Rolle eines juristischen Vorreiters. Das alles ist aber kein Beweis für Zensur. Dieses ganze Prozedere hat sich außerhalb des poltischen oder juristischen Systems abgespielt.
@ marginal: Von einer „Pflicht (…), sich durch Abweichungen gegenüber dem Original hervorzutun“, ist bei mir nirgends die Rede. Wenn ich mir einen Film in der deutschen Fassung anschaue, vergleiche ich ihn in der Regel nicht mit der nicht-deutschsprachigen Vorlage, ebenso wenig vergleiche ich diese Vorlage mit der Drehbuchfassung, ebenso wenig vergleiche ich die Drehbuchfassung mit einer eventuellen printliterarischen Fassung. Das was ich da rezipiere, muss mich zunächst einmal so überzeugen. Aber wenn ich ein Kunstwerk mit einem anderen vergleiche (Film A und Film B, oder Fassung A und Fassung B), lege ich hier nicht sachfremde Kriterien wie politische Korrektheit. Meine politische Meinungsbildung überlasse ich nicht der Wissenschaft, nicht der Religion und auch nicht der Kunst, ebenso wenig verwechsle ich politische Partizipation mit Teilnahme am Unterhaltungssystem. Ich habe nicht das Geringste Problem damit, dass Agentenfilme Russen, Araber, Deutsche diskreditieren, solange die Filme spannend sind. Ich habe keine Probleme damit, dass Goethe den Freitod romantisiert, solange das Buch interessant ist.
Und ich würde niemals Filme für seicht befinden oder als unpolitisch kritisieren, ebenso wenig würde ich CABARET nur deshalb toll finden, weil er politisch das Herz am rechten Fleck hat. Wenn mich der Film langweilt, ist mir das schnurz. Wer ein Kunstwerk nur deshalb oder primär deshalb toll findet, weil er politisch, moralisch, religiös gelungen ist, der kann das gerne tun, nur ist es nicht mehr ein Kunstwerk, was er da so toll findet. Und wenn jemand zur Qualifizierung von Filmen dessen "politische Gesinnung" ins Feld führt, der kann es mit der Autonomie der Kunst nicht so ernst meinen. Für ihn Kunst wohl nur Appendix der Politik. Für einen anderen ist es der Darmfortsatz der Religion usw.
Zitat von John Connor im Beitrag #95@ berti: Ich bitte, nicht zwei Sachen miteinander zu vermengen. In meinem Beitrag habe ich mich einmal generell über die Problematik des Threads geäußert, jedwede suspekte Abweichung zwischen einer Vorlage und ihrer deutschen Fassung unter Zensurverdacht zu stellen. Daher noch einmal: 99% der hier verhandelten Beispiele erfüllen nicht den Tatbestand einer Zensur.
Zweitens habe ich konkret deinen Kronzeugen im Falle DAS QUILLER-MEMORANDUM dafür kritisiert, dass er aus den Modifikationen der deutschen Fassung Thesen über den Zustand der Vergangenheitsbewältigung der 60er Jahre der Bundesrepublik ableitet. Ich habe also weder gesagt, dass bei DAS QUILLER-MEMORANDUM keine Zensur stattgefunden hat, noch das Gegenteil, eben weil man aus dem schlichten Vergleich von Vorlage A und Deutsche Fassung B einfach keine solche These ableiten kann. Zensur ist keine Sache der Komparatistik.
Nun erweiterst du die Diskussion, indem du den Zeit-Artikel, den zu zitieren du in deinem Erstbeitrag dazu für nicht nötig befunden hast, einbringst und fragst, ob es in diesem Fall so falsch sei, von Zensur zu sprechen. Meine Antwort: ja, ist es. Der Verleih hätte hier ja sehr wohl auf Konfrontationskurs mit der FSK gehen können, ohne dass sich daraus negative juristische oder politische Konsequenzen für ihn ergeben hätten. Der Verleih hätte sogar in letzter Konsequenz vor Gericht ziehen und die FSK verklagen können. Hat er aber nicht. Weil ihm als Wirtschaftsunternehmen die kommerziellen Aussichten wichtiger waren als die Rolle eines juristischen Vorreiters. Das alles ist aber kein Beweis für Zensur. Dieses ganze Prozedere hat sich außerhalb des poltischen oder juristischen Systems abgespielt.
Die Frage ist, ob nach diesen Kriterien oberhaupt noch etwas jenseits staatlicher Verbote oder gar (Gott beware!) öfentlicher Verbrennung von Büchern oder Filmen den Tatbestand der Zensur erfüllt.
Als "Kronzeugen" habe ich den zitierten Rezensenten keineswegs empfunden, sondern ihn nur zitiert, weil er meinte, allein durch die andere politische Orientierung der Bösewichte (die für die Handlung des Films selber allerdings keine Rolle spielt) unterscheide sich "Das Quiller-Memorandum" von ettlichen anderen Agentenstreifen aus dieser Zeit.
Den "Zeit"-Artikel hatte ich zuvor nicht deswegen verschwiegen, weil ich es "für nicht nötig befunden" habe, sondern weil er mir da noch nicht bekannt war. Auf ihn bin ich erst kurz vor der Antwort auf deinen vorherigen Beitrag gestoßen. Sind denn so viele Fälle bekannt, dass ein Verleih (oder gar ein Synchronstudio) es riskiert hätte, "auf Konfrontationskurs mit der FSK (zu) gehen"? Zumal es hier weder um einen filmhistorisch bedeutsamen Streifen noch um das Werk eines "großen" Regisseurs*, sondern um einen relativ anspruchslosen und handwerklich durchschnittlichen Agentenstreifen geht, für dessen "eigentliche" Story (Entschuldigung für die Wiederholung!) die Änderungen gänzlich unerheblich sind und ihm keineswegs schaden. Denn anders als der Artikel suggeriert, wirkt der Film in der Originalfassung von der Handlung her keineswegs stimmiger oder schlüssiger.
*Der Drehbuchautor Harold Pinter war durchaus namhaft, lieferte hier aber nur eine reine Auftragsarbeit ab.
Wie schon oben gesagt: aus dem bloßen Vergleich von Vorlage und deutscher Fassung kann man keine Zensur ableiten bzw. ohne Zusatzinformationen jegliche Modifikationen unter Zensurverdacht stellen. Insofern ist der Zeit-Artikel schon sehr interessant, weil er über bloße Spekulationen hinaus geht und hier konkrete Interventionen benennt.
Solche "Interventionen" müssen natürlich nicht immer von der FSK (und damit vom Staat) ausgehen. Daneben kann auch der Verleih (im In- oder Ausland) darauf pochen, wenn er etwa den Erfolg eines Filmes gefährdet sieht.
Nachtrag (da ich mich vorhin kürzer fassen musste): Natürlich müssen von nicht-staatlicher Seite bewirkte Veränderungen nicht unbedingt politisch motiviert sein. Siehe diverse Italowestern, die aufgrund von Vorgaben des Verleihs oder vielleicht auch durch Egotrips mancher Synchronregisseure auf "komisch" getrimmt wurden. Aber ist der Tatbestand der Zensur nicht bereits dadurch erfüllt, wenn man einen Film oder einen Roman auf eine Weise in eine andere Sprache überträgt (oder kürzt), die die vom Regisseur/Autor beabsichtigte Form stark verändert oder sogar verfälscht? Das wäre jetzt eine eher grundsätzliche Frage zur Definition, wie man "Zensur" definieren könnte.
Zitat von John Connor im Beitrag #96@ marginal: Von einer „Pflicht (…), sich durch Abweichungen gegenüber dem Original hervorzutun“, ist bei mir nirgends die Rede. Wenn ich mir einen Film in der deutschen Fassung anschaue, vergleiche ich ihn in der Regel nicht mit der nicht-deutschsprachigen Vorlage, ebenso wenig vergleiche ich diese Vorlage mit der Drehbuchfassung, ebenso wenig vergleiche ich die Drehbuchfassung mit einer eventuellen printliterarischen Fassung. Das was ich da rezipiere, muss mich zunächst einmal so überzeugen. Aber wenn ich ein Kunstwerk mit einem anderen vergleiche (Film A und Film B, oder Fassung A und Fassung B), lege ich hier nicht sachfremde Kriterien wie politische Korrektheit. Meine politische Meinungsbildung überlasse ich nicht der Wissenschaft, nicht der Religion und auch nicht der Kunst, ebenso wenig verwechsle ich politische Partizipation mit Teilnahme am Unterhaltungssystem. Ich habe nicht das Geringste Problem damit, dass Agentenfilme Russen, Araber, Deutsche diskreditieren, solange die Filme spannend sind. Ich habe keine Probleme damit, dass Goethe den Freitod romantisiert, solange das Buch interessant ist.
Und ich würde niemals Filme für seicht befinden oder als unpolitisch kritisieren, ebenso wenig würde ich CABARET nur deshalb toll finden, weil er politisch das Herz am rechten Fleck hat. Wenn mich der Film langweilt, ist mir das schnurz. Wer ein Kunstwerk nur deshalb oder primär deshalb toll findet, weil er politisch, moralisch, religiös gelungen ist, der kann das gerne tun, nur ist es nicht mehr ein Kunstwerk, was er da so toll findet. Und wenn jemand zur Qualifizierung von Filmen dessen "politische Gesinnung" ins Feld führt, der kann es mit der Autonomie der Kunst nicht so ernst meinen. Für ihn Kunst wohl nur Appendix der Politik. Für einen anderen ist es der Darmfortsatz der Religion usw.
Deine ganze Argumentation ist - mit Verlaub gesagt - ziemlich widersinnig. Du definierst "ZENSUR" offenbar als aktenkundige DIN-Norm, obwohl sie in dieser eindeutigen Form (staatlich bestellter Zensor haut den UNTAUGLICH-Stempel drauf) selten stattfindet. Das ging selbst unter Goebbels, Josef mitunter viel subtiler. Deshalb kann ich auch deinen ganz offensichtlich wenig durchdachten restlichen Elaboraten nur wenig hinzufügen: was hat denn plötzlich die ausufernde normative Kunstdebatte mit der Thematik zu tun? Es liegt klar auf der Hand, dass Filme wie QUILLER das Motiv NS lediglich als schillernden Aufhänger für ihre Handlung benutzen, dementsprechend ist es auch relativ egal, ob die deutsche Synchro daraus neufundländische Separatisten macht.
Politisch bewussteren Filmen schadet so ein Eingriff aber viel mehr, und es ist piepegal ob die von der IMDB oder User John Connor als toll oder mittelmäßig eingestuft werden.
Hmmm, lass mich mal kurz überlegen: User marginal findet es in Ordnung, wenn "bei seichten Unterhaltungsstücken wie QUILLER" die deutsche Synchro Eingriffe macht, aber User marginal findet es nicht okay, wenn bei "(p)olitisch bewussteren Filmen", z.B. "bei einem hochpolitischen Film wie CABARET" Eingriffe stattfinden. Neeeein, User marginal ist nicht normativ, User marginal sagt einfach nur, wie es ist, ganz objektiv.
User marginal stellt zumindest keine aufgeblasenen Thesen auf, die schon beim ersten querlesen wie ein schlechtes Soufflé in sich zusammenfallen. Und kann schlüssig argumentieren. Vielleicht liest du die Posts anderer Nutzer einfach mal wirklich durch, anstatt dich hier wieder und wieder mit irritierendem Quatsch zu produzieren (siehe dein letzter Beitrag; was soll das??).
Warum muss ich hier nach dem Durchlesen an "Gullivers Reisen" denken? Da war doch so ein Krieg, in dem es darum ging, auf welcher Seite das Ei zu köpfen ist.
Diese breite Diskussion-ist das nicht der Ehre zuviel für so ein unbedeutendes Filmchen wie "Das Quiller-Memorandum"?
Ich halte Veit Harlan für einen Filmemacher allererster Klasse. Dessen Filme sind -zumindest während der NS Zeit- großteils von einer Raffinesse, Intensität und künstlerischen Kraft, die der deutsche Film kaum je wieder erlangt hat. Leider war er ein richtiger Nazi. Und hat sämtliche der inhaltlich schäbigsten Propagandafilme gemacht.
Das habe ich an der Uni mal eingebracht, die Diskussion dazu dauerte etwa fünf Minuten. Danach wurde fast eine Stunde über Fritz Langs schwachen Mabuse-Aufguss "Die 1000 Augen des..." diskutiert. Mir war bis dahin entgangen, was dieser Film für ein Meisterwerk ist und was Lang alles an Vergangenheitsbewältigung, Zeitkritik und prophetischen Blicken in die Zukunft brachte (George Orwell wurde sogar unterstellt, 1984 wäre von Langs Stummfilm-Mabuse inspiriert worden). Leider bietet der Film nur wenig davon.
Insgesamt lassen sich Kritiker, Filmtheoretiker, Journalisten, Akademiker und auch das Publikum viel zu oft von (sehr ehrenhaften) Wertvorstellungen leiten. Privat erfährt man dann die Wahrheit. Beispiel: ein renommierter Kulturkritiker sagte im Opernfoyer nach der Kritik-Aufzeichnung "Na hoffentlich hat niemand meine Nas'n wachsen gesehen. Aber wenn ich sag, dass mich die peinlichen Holocaust-Andeutungen sehr gestört haben, schreiben alle gleich, ich wäre antisemitisch."
… aber eines weiß ich: ich war blind und bin nun sehend.
Aber Spaß bei Seite. Ich kenne dich nicht, marginal, und mir ist auch nicht erinnerlich, dass sich unsere Wege zuvor gekreuzt hätten. Sollte ich dir mal ungewollt ans Bein gepinkelt haben, so entschuldige ich mich dafür. Aber hör auf, dich weiterhin so im Ton zu vergreifen. Ich sage das nicht noch einmal.
@ fortinbras: Da kann ich nur mit Gerd Martienzen antworten: "Eiiii!"