Das sollte man nicht so eng sehen, Berti! Psychopathen gab es zu Joloffs Zeiten ja nicht ganz so viele, die sofort erkennbar waren. Mitunter mußte man sie sich ein wenig deuten. Aber so etwas gestörte Leute waren da schon drunter, finde ich. Natürlich gab es auch vorher Psychopathen, aber vor "Psycho" waren sie nicht so ganz salonfähig wie später. Darum muß man sie ein wenig intensiver suchen.
Zitat von fortinbras im Beitrag #18Psychopathen gab es zu Joloffs Zeiten ja nicht ganz so viele, die sofort erkennbar waren. Mitunter mußte man sie sich ein wenig deuten.
Genau das meinte ich auch mit "psychopathisch gefärbt".
Ich denke, daß etwa James Mason in "Der unsichtbare Dritte" durchaus solche Züge trägt. Auch der in die Enge getriebene Anthony Dawson in "Bei Anruf Mord" müsste einen Dachschaden haben. Blofeld in "Liebesgrüße aus Moskau" trägt ja auch solche Züge - wie er da genüsslich das mörderische Treiben im Aquarium schildert, das erinnert fast an Dr. Lecters Kommentare zum Alltag. Viele von Joloffs düsteren Figuren haben schon so einen Knacks. Schult hatte sicher, wie auch Schenk, im Unterschied zu Joloff mehr Ausgleich in romantischeren Rollen.
Philip Vandamm machte auf mich eigentlich keinen gestörten Eindruck, bei Swann lag allenfalls eine psychische Gestresstheit vor, weil er sich in einer extremen Zwangslage befand (Wendice hatte ihn völlig in der Hand und könnte ihn jederzeit anzeigen, ohne selber in Gefahr zu geraten), und Blofelds Kommentare könnten auch schlicht Ausdruck von Voyeurismus und Zynismus sein, was nicht unbedingt mit einer Gestörtheit zusammenhängen muss.
Nicht alle "Psychopathen" sind wie Norman Bates, die Killer in "Frenzy" oder "Roter Drache". Der Begriff an sich ist ja eher eine verallgemeinende Floskel. Jedem der von mir als Beispiel gebrachten Figuren hat mindestens drei psychiatrisch diagnostizierbare Abarten von Persönlichkeitsstörung, die man mit jedem Fachbuch sogar genau angeben könnte. Bei James Mason wären es beispielsweise eine dissoziale und eine narzisstische Persönlichkeitsstörung im Rahmen klassischer Borderline-Symptomatik. Bevor ich mich mit fremden Federn schmücke-die Diagnose stammt von einer Psychotherapeutin mit 30 Berufsjahren, die gerne Filmcharaktere analysiert. Bela Lugosis Dracula ist etwa ein Psychopath im klassischen Sinn, während Lees Vampirgraf ein klassischer Borderliner in Reinform ist, der ständig im emotionalen Rausch Affekthandlungen begeht. Aber kein klassischer Psychopath.
Aber das ist jetzt alles weit, weit vom Thema entfernt.
Es ist zumindest interessant, daß du Ernst Stavro Blofeld als Zyniker siehst. Ansonsten ist er ja ganz normal...hehe...!
Wenn man Friedrich Joloffs Figuren unbedingt einen Dachschaden attestieren will, braucht man doch nur James Bonds fachliche Diagnose in DR NO zu zitieren: "Weltherrschaft… Immer wieder der alte Traum. Unsere Kliniken sind voll von Menschen, die glauben, sie wären Napoleon – oder Gott!".
Ansonsten: Wer sich für dieses Thema interessiert, dem kann ich den Sammelband von Stephan Doering und Heidi Möller empfehlen (eigentlich aber nicht): Frankenstein und Belle de Jour. 30 Filmcharaktere und ihre psychischen Störungen. Berlin u.a. 2008. Gehört zum Schrägsten, was ich je zur Figurenanalyse im Film gelesen hab.
Hättest du nicht die Floskel "eigentlich nicht" eingebaut, dann würde ich dir glatt einen Psychiater empfohlen haben. Das Buch fand ich eher...ähm...peinlich als empfehlenswert.
Natürlich attestiere ich nicht allen Joloff-Bösewichtern einen erheblichen Dachschaden. Aber nicht alle Psychopathen sind so, wie man sie durch drei gewisse Stereotypen im Kopf hat.
Hat der nicht auch die Nachfolge von Gerd Duwner für sich gepachtet? Der wäre annodazumal sicher der Spongebob geworden, hätt's den schon früher gegeben.
Stimmlich haben die weniger gemeinsam, aber sie wurden relativ oft auf Antagonisten bzw. Gegenspieler besetzt. Bei Meincke vielleicht sogar noch häufiger als Telloke.
Ich habe neulich in dem Animationsfilm "Film noir" (2007) Tom Vogt für die Hauptperson gehört, der mich stimmlich etwas an Joachim Kerzel erinnert und generell in Neu- oder Erstsynchros alter Gangsterfilme, Krimis, Film noir etc. durchaus für hartgesottene Charaktere gut passen würde.