Ein Label, das zu blöd ist, auf unterschiedliche Synchros hinzuweisen, würde auch sowas vergessen. Aber jetzt sollten wir vielleicht diese sinnlose Diskussion über die Unzulänglichkeiten von Blackhill beenden und zum Film zurückkommen...
Ich würde die ZDF-Synchro in jedem Fall vorziehen, schon allein wegen der beachtlichen Bemühungen, passende Sprecher zu besetzen und vor allem, da Erich Schellow hier nochmals dazu gebracht wurde, ins Studio zu kommen. Die Videofassung zieht nicht nur in dieser Hinsicht den Kürzeren, sondern klingt auch relativ leiblos und billig, was natürlich kaum anders zu erwarten war. Thomas Reiner harmoniert für mich nicht sonderlich mit Vincent Price´ Größe und dessen Gesicht, erst recht nicht mit dessen Overacting, sondern wirkt relativ "schmal". Zu Cushing hätte er sicher besser gepasst, zumal es diese Kombination in "Camelot - Der Fluch des goldenen Schwertes" bereits gegeben hatte. Gerade wenn Price bei seinem ersten Auftritt einen (verdächtig nach Edgar Allan Poe klingenden) Monolog beginnt, klingt Reiner viel zu zurückgenommen. Friedrich Schoenfelder dagegen bringt die (in diesem Fall bewusst komisch wirkende) Theatralik angemessen rüber (soweit dies beim eigentlich unnachahmlichen O-Ton überhaupt möglich ist). Auch seinen teilweise "frostigen" und schroffen Tonfall fand ich hier passend. Siegfried Schürenbergs Synchronkarriere endete um 1980, weswegen er für keine der beiden Synchros in Frage kam. Und man stelle sich vor, Arnold Marquis wäre hier besetzt worden ... Schellow hätte ich ohne Vorwissen niemals erkannt, und selbst mit Wissen klingt er für mich völlig anders als bei seinen Einsätzen Jahrzehnte zuvor. Dass man sich daran erinnerte, dass er Cushing damals gesprochen hatte und ihn zum Synchronisieren bewegen konnte, ist (um es nochmals zu erwähnen) eine Leistung, die gar nicht oft genug gelobt werden kann. Ansonsten wäre vielleicht auch Siegmar Schneider eine Möglichkeit gewesen, vielleicht auch (falls die Synchro ein oder zwei Jahre vor der Ausstrahlung 1990 entstand) Wilhelm Borchert. Alexander Allerson wirkt wie ein bemühter Ersatz für Herbert Weicker. Ob dieser zu teuer war und man deswegen bewusst jemanden nahm, der ihm ähnlich klang? Heinz Petruo war (wie nicht anders zu erwarten) ebenfalls großartig, ich könnte mir hier niemand anderen vorstellen. Bei den übrigen Rollen würde ich Lord Peter zustimmen, abgesehen davon, dass mir Hermann Ebeling in diesem Fall nicht unangenehm aufgefallen ist. Aber natürlich ist der O-Ton (trotz aller Bemühungen) nicht zu toppen, gerade wenn Christopher Lees gewaltiges Organ und Vincent Price´ verbales Overacting im direkten Dialog miteinander zu hören sind!
Spannend fand ich den Film (in einigen Szenen in der zweiten Hälfte) übrigens durchaus, und gruselig könnte er vielleicht auch wirken, falls man mit keiner der beiden Pointen rechnet (wobei beide natürlich gleichermaßen absurd sind)!
fortinbras
(
gelöscht
)
Beiträge:
06.07.2013 00:02
#65 RE: Das Haus der langen Schatten (1982) zwei dt. Fassungen
Ich bin wohl so ziemlich der Einzige, der die Videosynchronisation (trotz Mängel) ein wenig vorzieht. Schade, dass man nicht Weicker für Lee nahm und Christian Marschall für Cushing. Oder Leo Bardischewski. Thomas Reiner sagt mir für Vincent Price sehr zu und ich finde ihn viel theatralischer als Schoenfelder, der mir hier fast zu schroff ist und viel mehr von der Art gebraucht hätte, wie er Price in "Ruhe sanft GmbH" gesprochen hat. Generell ist diese TV-Fassung sicher ein Meilenstein an Bemühung um wirkliche Qualität. Schellow hätte ich ohne Wissen um ihn wohl kaum erkannt-durch seine über zwei Jahrzehnte dauernde Pause konnte man nicht mit ihm altern, da ist ein grosser Bruch drin. Ich schätze ihn, ich finde es toll, dass er das machte und man sich seiner erinnerte-nur finde ich ihn nicht wirklich gut. Er hat hier für mich kein wirkliches Gefühl mehr für's Synchronisieren und ich höre seine Stimme einfach nicht aus Cushings Mund, sondern von irgendwoher sonst. Ich hätte Schoenfelder für Cushing bevorzugt, auch in dieser Rolle-in "Nachts, wenn das Skelett erwacht" war er auch leicht an der Hysterie und sehr verzweifelt, das hätte er auch hier so geschafft. Borchert wäre auch gut gewesen für Cushing, zu jenem Zeitpunkt war er ja noch etwas aktiv (z. Bsp 1988 Alec Guinness in "Eine Handvoll Staub"). Ich frage mich, ob trotz des Altersunterschiedes nicht Christian Rode für Price hier funktioniert hätte. Siegmar Schneider gefiel mir für Peter Cushing in "Draculas Hexenjagd", in "Horror Express" aber nicht so ganz. Hier hätte ich ihn mir besser vorstellen können, aber nicht als erste Wahl.
Zitat von fortinbras im Beitrag #65Schoenfelder, der mir hier fast zu schroff ist und viel mehr von der Art gebraucht hätte, wie er Price in "Ruhe sanft GmbH" gesprochen hat
Klang er nicht gerade dort besonders schroff, wenn er (alkoholisiert oder nüchtern) beleidigend wurde? Christian Rode hätte damals viel zu jung für den sichtlich gealterten Price geklungen.
fortinbras
(
gelöscht
)
Beiträge:
06.07.2013 14:57
#67 RE: Das Haus der langen Schatten (1982) zwei dt. Fassungen
Hallo Berti! Erstmal-ja, ich gebe dir recht: Rode wäre trotz meines Vorschlages unpassend gewesen, weil Price hier wirklich sehr gealtert war. Das hatte ich nicht bedacht und Rode so wie jetzt im Kopf gehabt. Schoenfelder ist natürlich schroff in der "Comedy of Terrors", aber auf andere Weise, als man es gewöhnlich ist-denn der Film ist eine klassische Burleske und lebt darum von kunstvoller Übertreibung. Und als typischer Boulevard-Spieler konnte das Schoenfelder ausgezeichnet. Wirklich schroff und eisig war er u.a. für Peter Cushing in "Frankenstein muss sterben" oder am Ende von "Das Schreckenshaus des Dr. Death" so richtig herrisch. In "Ruhe sanft GmbH" war es aber eine richtig theatralische Übertreibung und die fehlt mir beim "Haus der langen Schatten". Es tut mir auch wirklich fast weh, wenn ich mit Schellows Leistung kritisch umgehe, weil das einfach im Prinzip eines der großartigsten Comebacks der Synchrongeschichte ist. Am Besten hätte vielleicht eine Mischsynchro geklappt, aber das gab's ja nicht unbedingt so oft. Wobei, das weicht jetzt vom Thema ab, ich es bis heute kurios finde, dass man Schoenfelder für "Dracula jagt Minimädchen" nach München holte für Cushing. In der Fortsetzung, von der BS gemacht, war Christian Marschall für Cushing zu hören, den es in Berlin ja kaum mal gab.
Ich finde Thomas Reiner hier für Price besser, auch wenn ich damit allein am Spielfeld stehe. Ich finde es überhaupt schade, dass er Price nur dreimal gesprochen hat. Er passte ganz fantastisch!
Zitat von fortinbras im Beitrag #67Schoenfelder ist natürlich schroff in der "Comedy of Terrors", aber auf andere Weise, als man es gewöhnlich ist-denn der Film ist eine klassische Burleske und lebt darum von kunstvoller Übertreibung. Und als typischer Boulevard-Spieler konnte das Schoenfelder ausgezeichnet. Wirklich schroff und eisig war er u.a. für Peter Cushing in "Frankenstein muss sterben" oder am Ende von "Das Schreckenshaus des Dr. Death" so richtig herrisch. In "Ruhe sanft GmbH" war es aber eine richtig theatralische Übertreibung und die fehlt mir beim "Haus der langen Schatten".
Die Frage ist, ob die "richtig theatralische Übertreibung" hier gepasst hätte. Price´ Rolle ist natürlich schon durch den pathetischen Monolog bei seinem ersten Auftritt als selbstironisch erkennbar, aber dass es sich dabei im Film um einen Schauspieler handelt, der eine Rolle spielt, erfährt man erst am Ende.
fortinbras
(
gelöscht
)
Beiträge:
06.07.2013 22:24
#69 RE: Das Haus der langen Schatten (1982) zwei dt. Fassungen
Und wie das gepasst hätte! Der Film hat ja eine leichte Note, spielt mit Klischees und geht durch seine drolligen Übertreibungen stark an die Grenze zur Horrorkomödie. Und Price hat auch im Original seine herrlich augenzwinkernde Theatralik, die Schoenfelder hier in meinen Ohren nicht wirklich rüberbringt.
Man muss allerdings bedenken, dass im Falle von Vincent Price sowohl die Stimme als auch der Tonfall einmalig waren und keiner der mir bislang bekannten Sprecher dies auch nur annähernd hätte reproduzieren können (obwohl es natürlich mehrere achtbare Leistungen gab).
fortinbras
(
gelöscht
)
Beiträge:
08.07.2013 00:00
#71 RE: Das Haus der langen Schatten (1982) zwei dt. Fassungen
Das wäre jetzt eigentlich eine Diskussion für den Vincent Price-Thread... Das Schöne am Synchronisieren ist ja, dass man nicht unbedingt eine ähnliche Stimme braucht, um den Tonfall oder die Art des Schauspielers zu treffen. Stimmlich gab's für mich nur einen, der Price's Stimme extrem nahe kam: O. E. Hasse. Allerdings hätte ich ihn mir nicht in den ganzen späteren Filmen für Price vorstellen können, weil Hasse zwar auch komisch sein konnte, aber nicht diese gekonnte Übertreibung beherrschte, die Price einzigartig machte. Hier sind für mich Schoenfelder, Ackermann und Reiner gleichauf. Ich hätte Ackermann gerne öfters für ihn gehört und fand es schade, dass es da so ein abruptes Ende gab. Genial fand ich an sich aber auch Siegfried Schürenberg, den ich mir aber wiederum etwa in "Die Verfluchten" oder "Satanas" nicht vorstellen könnte. Mit wem ich mir bei Price wahnsinnig schwer tue ist Jürgen Thormann-nein, nein, nein! Insgesamt aber zähle ich Price zu den Schauspielern, die einfach nicht für eine kontinuierliche Besetzung geschaffen sind!
Zitat von fortinbras im Beitrag #71Insgesamt aber zähle ich Price zu den Schauspielern, die einfach nicht für eine kontinuierliche Besetzung geschaffen sind!
Oder anders, um mal eine Signatur eines Forums-Mitglieds abgewandelt zu zitieren: "Vincent Price kann/konnte man nicht adäquat synchronisieren."
fortinbras
(
gelöscht
)
Beiträge:
09.07.2013 11:19
#74 RE: Das Haus der langen Schatten (1982) zwei dt. Fassungen
Sagen wir mal so-manche kann man nicht dauerhaft adäquat synchronisieren, aber doch sehr zufriedenstellend. Manche Schauspieler gibt's, die verkraften locker mehrere Stimmen, andere wiederum gar nicht.
Die Sache ist eben, dass manche Schauspieler eine so einzigartige Stimme oder Intonation bzw. Diktion haben, dass es schwierig oder auch unmöglich ist, dem in einer Synchronfassung gerecht zu werden. Bei Price geht es noch; es gibt andere, bei denen es noch schwieriger ist.