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Dieses Thema hat 117 Antworten
und wurde 7.457 mal aufgerufen
 Off-Topic
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Mücke ( gelöscht )
Beiträge:

07.03.2011 13:04
Gesellschaftspolitische Themen :D Zitat · antworten

Falls hin und wieder mal Bedarf besteht, z.B. weil ein Synchron-Thema wie "FdK" dahin überleitet.

Mücke ( gelöscht )
Beiträge:

07.03.2011 13:27
#2 RE: Gesellschaftspolitische Themen :D Zitat · antworten

Zitat von Slartibartfast
Einer der größten Irrtümer ist der Glaube, man könne eine Partei nur wählen, wenn man sich komplett mit ihren Zielen und Funktionären identifiziert, woraus das heute moderne "Negativwählen" resultiert: Man erteilt der Partei, mit der man sich eigentlich identifiziert, einen "Denkzettel", indem man seine Stimme ihrem größten Gegner gibt, mit dem man sich ganz sicher am wenigstens identifizieren kann. Dass die Politik da den Überlblick darüber verliert, was das Volk wirklich will, ist logisch.


Sicherlich kann man versuchen, die Entwicklungen so zu erklären, was m.E. aber sehr fraglich ist.
Die SPD ist mittlerweile z.B. so sehr nach "rechts" gerutscht, dass Leute, die früher SPD gewählt haben, jetzt halt die LINKE oder grün wählen. Das hat nichts mit Denkzettel zu tun, sondern damit, dass die SPD einfach sagt, sie wolle mit der Zeit gehen und deswegen halt Ziele verwirft, für die sie früher gewählt wurde. Das ist z.B. auch ein Grund, warum insbesondere der Glaube an die sogenannten "Volksparteien" immer weiter sinkt.
Ich glaube niemand denkt ernsthaft, dass er eine Partei finden wird, die ihn komplett repräsentiert. Viel mehr ist es so, dass die angebliche Repräsentation heute derart bürgerfremd ist, dass man es schwer hat, noch eine Partei zu finden, mit der man sich überhaupt identifizieren kann. Man möchte zwar gerne, aber schafft es einfach nicht, weil das System nicht genügend anbietet...
Ein gutes Beispiel ist der Fall Guttenberg, denn eines muss man Guttenberg in jedem Fall lassen: Das war mal einer, der wieder relativ viele Leute überhaupt wenigstens erreicht hat. Denn daran scheitert es heute meistens schon.

Folglich, weil man keine Parteien mehr findet, die einem zusagen, wird chaotisch gewählt und Wechselwähler werden immer häufiger. Und DEMZUFOLGE verliert die Politik dann den Überblick.
Das Phänomen, was du beschreibst, entsteht m.E. nur bei Leuten, die nie was anderes als SPD, CDU oder, wenn sie jung sind, allenfalls Grün wählen würden. Und wenn ich mir nur die Wahl zwischen zwei Alternativen gebe, wechsle ich halt auch immer von einem Extrem ins andere und wähle quasi "amerikanisch".

Unzufriedenheit über die Politik sollte irgendwann auch mal als Indiz gewertet werden, das was falsch läuft und nicht immer nur der Dummheit und Fehlinformiertheit der Bürger in die Schuhe geschoben werden. Manchmal sind diese sogenannten "Meckerer" nämlich sogar heller als die Politiker selbst und glauben eben nicht an jedes goldene Kalb, das ihnen vorgebetet wird.

Slartibartfast



Beiträge: 6.746

07.03.2011 14:10
#3 RE: Gesellschaftspolitische Themen :D Zitat · antworten

Man kann der Politik sicherlich Vorwürfe machen, aber ein größeres Problem sehe ich tatsächlich bei den Wählern.
Es klngt vielleicht paradox zu sagen, dass nicht der Politiker sonder der Wähler sich ändern muss, aber genau das ist wohl der Knackpunkt.
Der Wähler verlangt von den Politikern nämlich zum Teil Unmögliches. Man kann in der Opposition vieles fordern, aber umsetzen kann man es, wenn mal Regierungsverantwortun hat, noch lange nicht. Das haben die Grünen einst einsehen müssen, aber in der Opposition haben sie es schnell wieder vergessen. Die SPD hatte IMHO keinen "Rechtsruck" durchlaufen (oh mann, wenn man bedenkt was "rechts" früher mal geheißen hat...). Ein Teil ihrer Gründer war schon immer eher der Mitte zugewandt. Die Gründung der WASG und deren Verschmelzung mit der LINKEN, die eigentlich immer noch PDS/SED heißen müsste, lag am Egotrip eines Einzelnen, ohne den die LINKE im Westen wiederum nie Fuß gefasst hätte. Die Union macht wiederum den Fehler, zu "mittig" aufzutreten, anstatt gegen die SPD zu polarisieren. Man hat den Eindruck, alle kämpfen bloß noch um die Mitte. Jeder will dort neue Wähler ködern, anstatt sich Gedanken um die Stammwähler zu machen. Angesichts solcher Kompromiss heuchelnden Parteien kann einem schon mal die Lust vergehen, wählen zu gehen. Dies alles kann jedoch kein Grund sein, einen Mob zu unterstützen, der sich aus dem gesellschaftlichen bzw. Rechtesystem ausklinkt, und so zu tun, als wäre die Unfähigkeit einiger Politiker eine Rechtfertigung für parapolitische Aktionen.
Das oft geforderte Volksbegehren würde an der Akzeptanz übrigens nichts verbessern. Wir hatten in Bayern ein erfolgreiches Volksbegehren für Nichtraucherschutz, das gegen den Willen der Staatsregierung durchgesetzt wurde. Akzeptiert wird es bis heute nicht, da es ja nicht "die Mehrheit repräsentiere" (was stimmt, aber in der Natur eines Plebiszits liegt). Gemeint ist von den Plebiszitforderern aber vielmehr, dass das Volksbegehren toll sind, solange sie die eigene Meinung eher widerspiegeln, als der aktuelle politische Tenor. Wenn sie jedoch dummerweise anders entschieden werden, folgt die gleiche fußaufstampfende Meckerei wie bei der parlamantarischen Politik.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Egoismus, obwohl schon immer vorhanden und zutiefst menschlich, in der heutigen Zeit einen krassen Aufschwung erlebt hat. Und der Aufstieg des Internets hat entschieden dazu beigetragen, weil - ich wiederhole mich hier - die dort herrschende Anonymität ein großes Ungleichgewicht zwischen Informationzuwachs (postive Seite) und manipulativem Gebrauch (negative Seite) hervorgebracht hat.

Mücke ( gelöscht )
Beiträge:

07.03.2011 15:05
#4 RE: Gesellschaftspolitische Themen :D Zitat · antworten

Zitat von Slartibartfast
Man hat den Eindruck, alle kämpfen bloß noch um die Mitte.


In dem Punkt stimme ich absolut zu. Es geht dabei auch oft um den sogenannten "Mittelstand", was nochmal ein Unterschied ist.
Da wird regelrecht um abstrakte Größen gekämpft, denn die Versuche, den "Mittelstand" zu definieren, sind meistens Unsinn.

Zitat
oh mann, wenn man bedenkt was "rechts" früher mal geheißen hat...


Exakt deswegen habe ich es auch in Anführungszeichen gesetzt.

Von sowas wie dem Volksbegehren rede ich übrigens gar nicht und ich bin auch ein Gegner von Aktionen wie Demos, weil dies den meisten Leuten eher ein reines Gewissen verschafft, als dass es wirklich was bewegen würde.
Ich frage mich nur oft, wie krass sich die Politik mittlerweile von den Bürgern entfremdet hat. Ganz offenkundig kommen weder die Politiker noch ihre Wähler richtig mit dem System zurecht.
Die Frage ist nun, ob es einfach nicht besser geht - es wird gerne und oft davon geredet, dass man "Kompromisse" akzeptieren lernen müsse - oder ob nur behauptet wird, es ginge nicht besser, um den Status Quo weitgehend zu verteidigen und die sogenannten "Kompromisse" nicht viel eher ein Minimieren jeglicher Sinnhaftigkeit sind. Ein politisches System, das sich quasi in sich selbst neutralisiert, kann nämlich nicht die optimale Lösung sein und wirkliche Demokratiefähigkeit lassen sowohl Politiker als auch Bürger oft vermissen.
Nicht alles, was politisch diskutiert wird, ist "demokratischer Meinungsstreit".
Muss ich z.B. eine neue Partei gründen, nur weil ein Paar Ansichten bisher ein wenig konträr zu anderen Parteien laufen? Heutzutage wird lieber engstirnig ausgesessen, als vernünftig miteinander zu reden.
Dass viele verschiedene Ansichten die "Effizienz" steigern, ist m.E. streitbar. Meistens ist es eher so, dass man damit in der Quersumme nicht zum besten "Kompromiss", sondern nur zu Notlösungen gelangt, die daraus resultieren, dass man rücksichtslos auf gewissen Thesen beharrt und keinen Meter weit einzulenken bereit ist.
Hier lokal blockiert die CDU z.B. häufig Vorschläge, ohne selbst Alternativen zu nennen. Die machen einfach nur dicht. Übrigens nicht gegen einen Linken, sondern einen "Freien Wähler", der aber starken Rückhalt in der Bevölkerung hat.
M.E. ist das ein gutes Beispiel dafür, dass Demokratie falsch gehandhabt wird. Das Phänomen ist nämlich parteienübergreifend immer wieder anzutreffen.
Zum Finden von Kompromissen gehört es, dass man andere Meinungen akzeptiert, kennenlernt und irgendwo verinnertlich und nicht, dass man einfach alles aus einer Liste wegstreicht, was nicht auf beiden Listen steht und dann am Ende das nimmt, was übereinstimmend übrig bleibt. Doch leider steht so langsam zu bezweifeln, dass Politiker das innerhalb diesen Systems noch lernen werden - wie man Demokratie macht.

Ob es nun besser geht oder nicht, ist Ansichtssache. Im Zweifel sollte man allerdings zu neuen Mitteln greifen, um die Leute zu erreichen und nicht einfach so tun, als müsse sich der Bürger ändern und fertig sei der Lack.
Selbst Guttenberg, der von manchen nicht ganz zu Unrecht als "Ankündigungsminister" bezeichnet wird, hat bewiesen, dass man auch heute noch Leute erreichen kann. Es liegt nicht nur am Bürger, sondern stark genug an der Politik und am Versagen von insbesondere SPD und CDU.

Avenger


Beiträge: 1.469

07.03.2011 15:48
#5 RE: Gesellschaftspolitische Themen :D Zitat · antworten

Zitat
hat bewiesen, dass man auch heute noch Leute erreichen kann.



Die Frage ist womit hat er diese Leute erreicht? Vielleicht täuscht mich mein Eindruck, aber allzu viel Substanz kann ich gerade bei seinen "Anhängern" nicht erkennen. Nach den gerade auch durch die Medien propagierten Eindruck, er wäre ein guter (womöglich gar besserer Politiker), scheinen die wenigsten dieses Bild jemals hinterfragt zu haben. Er sieht gut aus und ist eloquent scheint manchen Menschen als Indiz für Kompetenz schon auszureichen und darin liegt doch eher das Problem. Unsere Gesellschaft baut Meinungsbilder zuoft nur auf solchen Oberflächlichkeiten auf und Politiker + Medien spielen dieses Spiel im eigenen Interesse mit. Demokratie braucht und setzt eigentlich deutlich mehr Engagement, Partizipation und Reflexion des Einzelnen voraus. Man kann diese Entwicklung natürlich auch einseitig als Dummheit der Masse oder Versagen der Politik hinstellen, ändert aber wohl nichts daran, dass man den Hebel nicht nur an einer Seite ansetzen müsste, um der heutigen eher negativen Entwicklung wenigstens etwas entgegenzusetzen. Wahrscheinlich warten wir aber alle einfach nur darauf, dass irgendwann irgendetwas irgendwie schon von selbst passiert. Eben typisch menschlich.

Mücke ( gelöscht )
Beiträge:

07.03.2011 16:42
#6 RE: Gesellschaftspolitische Themen :D Zitat · antworten

Sehe ich auch so. Aber immerhin erreicht Guttenberg überhaupt eine Masse, was die meisten Politiker noch nichtmal von sich behaupten können und er wirkte dabei wohlgemerkt weniger populistisch als z.B. Westerwelle - daher rührt das also nicht.

Dass die Schuld zweigeteilt ist, ist klar. Volk und Politiker.
Nur darf man halt nicht vergessen, dass die Politiker das Volk repräsentieren und deswegen gutes Geld verdienen. Sich als Politiker hinzustellen und über das Volk rumzujammern wäre folglich völlig vermessen, wohingegen das Volk umgekehrt - auch wenn es unschön sein mag - durchaus das Recht dazu hat.
Die Politiker müssen sich legitimieren, das Volk muss sich nicht legitimieren.

Slartibartfast



Beiträge: 6.746

07.03.2011 19:35
#7 RE: Gesellschaftspolitische Themen :D Zitat · antworten

Zitat
Muss ich z.B. eine neue Partei gründen, nur weil ein Paar Ansichten bisher ein wenig konträr zu anderen Parteien laufen? Heutzutage wird lieber engstirnig ausgesessen, als vernünftig miteinander zu reden.
Dass viele verschiedene Ansichten die "Effizienz" steigern, ist m.E. streitbar. Meistens ist es eher so, dass man damit in der Quersumme nicht zum besten "Kompromiss", sondern nur zu Notlösungen gelangt, die daraus resultieren, dass man rücksichtslos auf gewissen Thesen beharrt und keinen Meter weit einzulenken bereit ist.


Ganz meine Rede.

Zitat
Die Frage ist womit hat er diese Leute erreicht? Vielleicht täuscht mich mein Eindruck, aber allzu viel Substanz kann ich gerade bei seinen "Anhängern" nicht erkennen. Nach den gerade auch durch die Medien propagierten Eindruck, er wäre ein guter (womöglich gar besserer Politiker), scheinen die wenigsten dieses Bild jemals hinterfragt zu haben. Er sieht gut aus und ist eloquent scheint manchen Menschen als Indiz für Kompetenz schon auszureichen und darin liegt doch eher das Problem. Unsere Gesellschaft baut Meinungsbilder zuoft nur auf solchen Oberflächlichkeiten auf und Politiker + Medien spielen dieses Spiel im eigenen Interesse mit.


Selbst, wenn manche Politiker es mitspielen, was ich bei der Mehrheit nicht erkenne, tun sie es so schlecht, dass es beim Volk nicht ankommt. Herr Freiherr von zu Guttenberg (so lautet sein richtiger Name nach bürgerlichem Namensrecht) wurde vor allem als volksnah und ehrlich wahrgenommen. Dass er möglicherweise keins davon war, ist völlig irrelevant für die Popularität. Wenn also jeder die Spielregeln kennt, wie du sagst, ist es dem guten Karl-Theo doch anzurechnen, dass er sie als einer von ganz wenigen befolgt hat.
Dass Popularität ein Nachteil sein soll und per se für manche schon als suspekt gilt, ist übrigens wieder mal typisch deutsch. Wieso muss ernsthafte Arbeit immer weh tun? Dies gilt für Wissenschaft, wie für Kultur und scheinbar auch in der Politik, aber wie gesagt: nur hierzulande. Warum zum Bsp. muss Herr De Maiziere gleich zu beginn seines neuen Ministeriums drauf hinweisen, dass er "mehr arbeiten" und weniger "im Rampenlicht" stehen will? Hat er sowas nötig?

Zitat
Die Politiker müssen sich legitimieren, das Volk muss sich nicht legitimieren.


Einspruch! Wenn das Volk seine Stimme erhebt, muss es sich die Regeln halten und für seine Handlungen die Verantwortung tragen. Andernfalls hat es keine demokratische Legitimation. Genau das spreche ich gewissen Meinungsmachern im Internet ja ab. Die Demokratie wurde wurde von unserer Verfassung für alle Ewigkeit festgeschrieben. Damit hat das Volk politikwissenschaftlich gesehen kein Recht, außerhalb der demokratischen Grundsätze zu agieren, selbst dann nicht, wenn irgendwann eine Mehrheit gegen die Demokratie aufbegehren sollte.

Mücke ( gelöscht )
Beiträge:

08.03.2011 01:01
#8 RE: Gesellschaftspolitische Themen :D Zitat · antworten

Das mag sein. Das Problem ist bloß, dass das nicht mehr wirklich von Interesse ist, wenn sich die Mehrheit dagegen ausspricht.
Die Verfassung versucht ein Stück weit, jeglichen anderweitigen Tendenzen einen Riegel vorzuschieben, aber es wird einer Verfassung niemals gelingen, Menschen zu kontrollieren oder gar einzuengen, wenn eine Mehrheit dagegen ist. Die Verfassung ist an der Stelle auch relativ anmaßend, da es ziemlich absurd ist, wenn Menschen nach Regeln leben, auf die sie eigentlich allesamt keinen Bock mehr haben, worauf die Verfassung im Extremfall aber hinausliefe.

Damit sind wir auch schon beim m.E. wesentlichen Punkt:
Wenn ich Menschen nie die Chance gebe, mal ihre eigene Meinung kund zu tun und damit - was wichtig ist - auch Änderungen bewirken zu können und ihnen immer nur vorkaue, wonach sie sich zu richten haben, weil das irgendwann vor Jahrzehnten bis Jahrhunderten so festgelegt wurde, lege ich mir ein Kuckucksei ins Nest. Den Leuten zu suggerieren, dass sie ja per Kreuz alle vier Jahre durchaus auch mitreden dürfen, wirkt wie Verarschung.
Viele Leute haben mit Recht das Gefühl, keine Wahl zu haben. Buchstäblich sozusagen. Und ergo gehen viele auch nicht wählen. Bei Wahlen wählst du nämlich nur innerhalb eines Konsenses, der selbst aber absolut nicht veränderbar bzw. wählbar ist. Das Wahlsystem ist wie es ist und wenn man das nicht gut heißt, wofür es viele Gründe gäbe, wählt man halt nicht. Und Änderungen am Wahlsystem stehen nie zur Wahl.
Das selbe gilt für das System an sich.

Die Claims wurden schon abgesteckt, als die meisten derzeitigen Bundesbürger noch gar nicht lebten und an dem Punkt wird Politik absurd und geht vollkommen am Volk vorbei.
Der Haken ist, dass du in Deutschland zwar deine Meinung sagen darfst, aber dir meist tausend Steine in den Weg gelegt werden, wenn du damit etwas bewirken willst. Durch Bürokratie und ähnliche Geschichten, aber auch durch das System selbst. Das mag anderswo nicht besser sein, aber deswegen ist es hier auch nicht besser, als es eben ist.
Man muss dem Menschen einfach Handlungsmöglichkeiten geben und ihm nicht unveränderliche Zustände vorsetzen. Das heißt deswegen noch lange nicht, dass eine Anarchie ausbricht oder sowas, wie es immer gern beschrien wird.

Genau deswegen muss sich das derzeitige Volk auch nicht "legitimieren", denn es hat sich diese Regeln - so sinnvoll oder nicht sinnvoll sie auch immer sein mögen - schlicht und ergreifend nicht selber gegeben. Das waren andere. Vor langer Zeit. De facto ist es nichtmal amtlich, dass eine Mehrheit der Deutschen heute wirklich noch vollends hinter diesen Regeln steht. Es wird davon ausgegangen, aber erwiesen ist es in dem Sinne nicht.
Das Volk wird letzten Endes quasi zur Demokratie gezwungen (denn es gibt keine Wahlen, in denen das Volk gegen Demokratie oder Kapitalismus stimmen kann) und dementsprechend verhält es sich auch. Ob das nun richtig ist oder falsch, das Volk so zu behandeln, ist schwer zu beurteilen, aber zumindest kann man nicht vom Volk verlangen, dass es dauernd Beifall klatscht, wenn man es sozusagen zu seinem "Glück" zwingt. Die Politiker sind diejenigen, die dafür sorgen, dass das Volk weitgehend handlungsunfähig bleibt und ergo müssen sie auch damit leben, wenn das Volk dann halt mal rummuckt, wohingegen die Politiker theoretisch immer handlungsfähig sind und davon auch finanziell profitieren. Ergo sind sie gegenüber denen, die dafür, dass sie selbst wiederum weitgehend handlungsunfähig bleiben, sogar noch bezahlen, verpflichtet, sich zu legitimieren.
Gut, Politiker werden gewählt. Allerdings hast du nicht die freie Wahl und der politische Apparat ist teilweise sowieso schon sehr korrumpiert. Es wäre von daher einfach zu sagen: "Ihr habt die Leute ja selber gewählt!", denn was bleibt einem übrig, wenn man überhaupt was tun will? Selber kandidieren? Leicht gesagt, denn super schlechte Chancen, aufgrund von Parteimachtspielchen usw. usf.

Slartibartfast



Beiträge: 6.746

08.03.2011 13:11
#9 RE: Gesellschaftspolitische Themen :D Zitat · antworten

Zitat von Mücke
was bleibt einem übrig, wenn man überhaupt was tun will? Selber kandidieren? Leicht gesagt, denn super schlechte Chancen, aufgrund von Parteimachtspielchen usw. usf.


Exakt das, denn genau dieser Punkt wird von vielen unterschlagen. "Selber besser machen oder Klappe halten" war schon immer eine gute Devise:-) Wie gut die Chancen sind, ist sekundär. Es muss ja nicht gleich politisch sein. Aber die meisten wären heute nicht mal fähig, sich einer demokratischen Wahl beim örtlichen Dackelzüchterverein unterzuordnen, wenn sie nicht zufällig gerade selbst die Mehrheit erreicht haben.

Zitat von Mücke
Man muss dem Menschen einfach Handlungsmöglichkeiten geben und ihm nicht unveränderliche Zustände vorsetzen. Das heißt deswegen noch lange nicht, dass eine Anarchie ausbricht oder sowas, wie es immer gern beschrien wird.


Doch genau das würde es letztlich heißen. Denn eine Abkehr von der Verfassung aus rein egoistischen Gründen ist nichts anderes. Ich wäre auch vorsichtig mit deiner Analyse. Du beschreibst korrekt, was viele Menschen empfinden, aber du vergisst zu erwähnen, dass sie grundfalsch liegen.

Zitat
Die Claims wurden schon abgesteckt, als die meisten derzeitigen Bundesbürger noch gar nicht lebten und an dem Punkt wird Politik absurd und geht vollkommen am Volk vorbei.


Die Verfassung (also die Regeln der Demokratie) wird nicht akzeptiert, weil die Menschen, die heute leben, nicht "gefragt" wurden? Dein Ernst????? Diese Menschen würden heute nicht so leben, wenn sich nicht vor ein paar Jahren ein paar fähige Köpfe mal Gedanken gemacht hätten, wie man zusammenleben kann. Sowas kann man nicht alle paar Jahre ändern, nur damit das Volk sich beteiligt "fühlt".
Es ist der Grundgedanke der parlamentarischen Demokrate, dass gewählte Vertreter aus dem Volk sich um das Gemeinwohl kümmern, weil das der Einzelne aufgrund fehlender Übersicht nicht kann und - ganz wichtig - aufgrund seines Egoismus auch nicht will. Der springende Punkt ist für den Einzelnen zu kapieren, dass seine Privatwünsche nicht dem Geimenwohl entsprechen und das schaffen immer weniger Leute.
Wie eine "Verfassung" aussehen würde, wenn man solche "Bürger" fragen würde, will ich mir wirklich nicht vorstellen.
Auch an der heute fehlende Fähigkeit zur Unterordnung ("ich weiß selbst, wie viel ich trinken kann" etc.) ist das Internet mitschuldig. Wegen seiner praktischen Unkontrollierbarkeit nutzen es viele als Ort, um sich "Luft" zu machen, erliegen aber dann der Versuchung dort alle Regeln zu brechen, die sie ganz persönlich schon immer gestört haben, nur weil es so einfach ist. Du glaubst nicht an die Möglichkeit der Anarchie? Im Internet herrscht sie für manche bereits.

Mücke ( gelöscht )
Beiträge:

08.03.2011 15:26
#10 RE: Gesellschaftspolitische Themen :D Zitat · antworten

Zitat von Slartibartfast
"Selber besser machen oder Klappe halten" war schon immer eine gute Devise:-)


Das sehe ich genau anders rum, denn die Tatsache, dass etwas scheiße ist, ändert sich nicht dadurch, ob man Alternativen anbietet oder nicht. Im Gegenteil: Eher finde ich, dass die Entlarvung eines gescheiterten Sachverhalts dazu verpflichtet, sich gemeinsam an einen Tisch zu setzen und eine neue Lösung zu suchen. Sich von oben herab hinzusetzen und die Alternativen kommen zu lassen, ist einfach. Vor allem da gerade die Leute, die oben sitzen und letztlich entscheiden können, ob sich was ändert, ja am meisten vom System profitieren.
"Selber besser machen" ist leicht gesagt, denn es wird ja alles nur mögliche getan, den Status Quo zu erhalten. Das habe ich aber oben schonmal beschrieben.
Man macht es sich immer sehr einfach, indem man so tut, als hätte jeder die freie Chance ja alles besser zu machen und da es keiner tut, gäbe es nix besseres. Du wirst aber unabhängig davon gezielt so erzogen, das System in Frieden zu lassen und auch ansonsten wirst du es schwer haben, neue Ideen publik zu machen und vor allem sie in eine sachliche Diskussion einzubringen. Das hat man ja zuletzt auch wieder im Bundestag gesehen.

Zitat
Diese Menschen würden heute nicht so leben, wenn sich nicht vor ein paar Jahren ein paar fähige Köpfe mal Gedanken gemacht hätten, wie man zusammenleben kann.


Das stimmt in gewisser Weise. Allerdings wird immer der Fehler gemacht, so zu tun, als habe man sich den heutigen Zustand in Deutschland auch allein innerhalb von Deutschland erarbeitet. Ein Mittel, wie diese "fähigen Köpfe" dafür gesorgt haben, dass wir heute gut leben, ist unter anderem auch, dass sie Wohlstand darüber sicherten, dass arme Länder dazu gezwungen wurden, am unteren Ende der Nahrungskette rumzudümpeln und uns quasi zuzuarbeiten - was bis heute anhält. Wir würden nicht so gut zusammen leben, hätten wir nicht den Wohlstand, der in armen Ländern fehlt und dass wir den haben, ist bei weitem nicht immer mit rechten Dingen zugegangen.
Aus diesem Grund gibt es keine Notwendigkeit den "fähigen Köpfen" großartig Dankbarkeit zu zollen, da unser System nicht nur auf deren "Arbeit" basiert, sondern vor allem auf Wohlstand, der aus der Arbeit anderer resultiert. Ich verwende den plakativen Begriff "Ausbeutung" ungern, aber er ist in dem Fall nicht wirklich von der Hand zu weisen. Unsere heutige Demokratie und der Kapitalismus sind eng miteinander verbunden und Kapitalismus lässt sich nur global betrachten. Der Kapitalismus führt zu Wohlstand, aber eben auch zu Armut und zwar proportional. Hätte man sich nicht mit ausgebreiteten Armen ein dickes Stück vom Kuchen gesichert, könnte das System noch so gut durchdacht sein, der "Wohlstand" wäre nicht da, und dann wäre es auch nur halb so funktionsfähig.
Die Art, wie wir heute zusammenleben, ist sehr stark vom "Wohlstandsdenken" dominiert und demokratische Entscheidungen werden auch danach gefällt, was den größten Wohlstand verspricht. Das sollte man nicht vergessen.

Wer entscheidet denn, was dem Gemeinwohl entspricht? Angela Merkel und Konsorten? Gerade, was Politiker entscheiden, hat ja oft viel mit Einzelinteressen bzw. vergleichbarer Vetternwirtschaft zu tun. Da ist das Volk immer noch die bessere Alternative. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich beim Volk ein vernünftiger Bürgerwille durchsetzt, ist allemal größer, als dass das unter Politikern geschieht, da Politiker in ihren Entscheidungen schon allein aufgrund ihrer finanziellen Situation gar nicht repräsentativ sein KÖNNEN.
Zwar gibt es im Volk viel mehr Honks als in der Politik, aber eben auch mehr Bodenständigkeit. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich das reguliert ist größer, als dass du Politiker auf dem Boden der Tatsachen hältst und ihre Entscheidungen somit repräsentativ wären.
Was vor allem wichtig ist: Wenn man schon von Gemeinwohl spricht, muss man auch von Weltfrieden sprechen, denn "Gemeinwohl" nur national zu sehen, ist Unsinn. Und mit Weltfrieden hat unser politisches Handeln, vor allem das Handeln der Politiker, recht wenig zu tun. Wie gesagt: Dafür fehlt es ihnen an Bodenständigkeit und deswegen Endkonsequenz in der Bekämpfung von Problemen.
Du sagst quasi, dass es mit mehr Volksbeteiligung noch schlimmer wäre. Ich sehe das genau andersrum, was sicher auch daraus resultiert, dass du der Meinung bist, dass man bessere Alternativen anbieten oder schweigen muss, wohingegen für mich das aktuell "noch Fehlen" von Alternativen nichts an der Unüberwindbarkeit der vorhandenen Probleme ändert, solange man nichts an den bisher ohnehin schon verwendeten Mitteln ändert, die diese Probleme bisher auch nicht gelöst haben.

Slartibartfast



Beiträge: 6.746

08.03.2011 19:12
#11 RE: Gesellschaftspolitische Themen :D Zitat · antworten

Zitat
Das stimmt in gewisser Weise. Allerdings wird immer der Fehler gemacht, so zu tun, als habe man sich den heutigen Zustand in Deutschland auch allein innerhalb von Deutschland erarbeitet. Ein Mittel, wie diese "fähigen Köpfe" dafür gesorgt haben, dass wir heute gut leben, ist unter anderem auch, dass sie Wohlstand darüber sicherten, dass arme Länder dazu gezwungen wurden, am unteren Ende der Nahrungskette rumzudümpeln und uns quasi zuzuarbeiten - was bis heute anhält. Wir würden nicht so gut zusammen leben, hätten wir nicht den Wohlstand, der in armen Ländern fehlt und dass wir den haben, ist bei weitem nicht immer mit rechten Dingen zugegangen.


Sorry jetzt gehen unsere Ansichten langsam aber sicher auseinander. Du kannst nicht unseren Verfassungsvätern die Schuld an der Ausbeutung anderer Staaten geben, auch wenn dies freilich teilweise geschieht.
Es gibt keinen Master Plan oder wie du sagst "System", nachdem alles so gekommen ist, wie es heute besteht. Es gibt gewisse negative Strömungen, die sich zwangsläufig entwickeln, wenn man in Freiheit lebt, also auch die Freiheit andere auszubeuten. Man braucht daher Regeln, gerade in einer Demokratie. Der Missbrauch der Freiheit, die Korruption, ist jedenfalls mit Nichten vom System Demokratie gewollt. Sich der Demokratie zu verweigern, weil sie von manchen missbraucht wird, ist nun wirklich unglaubwürdig.

Zitat
Eher finde ich, dass die Entlarvung eines gescheiterten Sachverhalts dazu verpflichtet, sich gemeinsam an einen Tisch zu setzen und eine neue Lösung zu suchen. Sich von oben herab hinzusetzen und die Alternativen kommen zu lassen, ist einfach. Vor allem da gerade die Leute, die oben sitzen und letztlich entscheiden können, ob sich was ändert, ja am meisten vom System profitieren.


Ich habe nie gesagt, dass man abwarten und nichts tun soll, da ich auch nicht wie du der Meinung bin, dass die Regierung "nichts" tut. Aber du erklärst das ganze System als gescheitert, weil sich einige mit den Folgen seiner Anwendung nicht identifizieren können. Viele Dinge sind wünschenswert, aber im komplexen Zusammenhang nicht ohne weiteres durchsetzbar, vor allem dann nicht, wenn man auch die Verantwortung tragen muss. Das haben zum Beipsiel die Grünen gelernt, als sie mal Regierungsverantwortung hatten, und es hat sie viele Wähler gekostet. Dennoch hatten sie keine Wahl. Dies bedeutet nicht, dass Macht immer korrumpiert, sondern nur, dass viele schöne Ideale sich leider gegenseitig ausschließen.
Du willst "neue Lösungen" und "Alternativen" suchen? Wozu eigentlich? In einem freien Land gibt es nun mal keine Alternativen zur Demokratie. Es darf sie nicht geben. Wenn uns die Vergangenheit uns etwas gelehrt hat, dann doch zumindest das. Es ist ein viel zu ernstes Thema, um damit leichtfertig "herum zu experimentieren". Es mag sein, dass sich das System immer wieder neu erklären muss, aber "mal was anderes" auszuprobieren, wie es sich viele Erstwähler heute vorstellen, ist ganz gefährlicher Unsinn.

Mücke ( gelöscht )
Beiträge:

08.03.2011 19:25
#12 RE: Gesellschaftspolitische Themen :D Zitat · antworten

Zitat von Slartibartfast
Aber du erklärst das ganze System als gescheitert, weil sich einige mit den Folgen seiner Anwendung nicht identifizieren können.


Um ehrlich zu sein, sehe ich kein wirkliches Land, zumindest nicht in Zusammenwirkung mit dem Kapitalismus.
Das Problem ist nicht die Demokratie - logisch -, das Problem ist, dass Demokratie in Kombination mit Kapitalismus zu extremen Ausuferungen führt, Markt-Anarchie quasi, wo alles unter die Räder kommt, was nicht bei Drei auf den Bäumen ist. Über Rahmenbedingungen wird immer viel geredet, aber mehr auch nicht.

Mal ehrlich....den Kapitalismus gibt's nicht erst seit Sonntag vor zwei Wochen. Es ist lange Zeit gewesen, einigermaßen Rahmenbedingungen zu setzen, aber durch die Demokratie wird das nix, weil Leute, die an der richtigen Schnittstelle sitzen, einfach ihren Fuß in die Tür stellen. Ich würde deswegen aber natürlich nicht die Demokratie streichen wollen, sondern mich eher mal fragen, wie weit der Kapitalismus eigentlich praktikabel ist. Dieses ewige Prophezeihen, dass man ja noch faire Rahmenbedingungen setzen kann, geht mir schon zu lange. Ich glaube, Kapitalisten werden auch in 500 Jahren noch erzählen, dass das System ja super sei und man "jetzt" ja "nur" noch faire Rahmenbedingungen setzen müsse.
Der Kapitalismus sabotiert meiner Ansicht nach die Demokratie und schadet ihr, weil der Kapitalismus massive Chancenungleichheten schafft, die sich wiederum auch auf die Demokratie auswirken, da Menschen quasi sehr unterschiedliches Gewicht bekommen. Diesen Ausuferungen entgegen zu wirken, hätte auch nichts mit Gleichmacherei zu tun.
Wenn du Menschen mündig machen willst, und das ist in der Demokratie eine wichtige Grundvoraussetzung, musst du ihnen in etwa gleiche Chancen anbieten, da es ansonsten sozusagen Lagerbildungen gibt und sich z.B. Assis entwickeln. Im Kapitalismus ist es m.E. unmöglich, eine derartige Chancengleichheit zu gewähleisten, da im Kapitalismus immer was fehlen wird, wo woanders was zu viel da ist. Und zwar in Ausmaßen, die das Problem auf die Spitze treiben.
In Deutschland ist das zwar alles noch relativ harmlos, aber auch nur deswegen, weil bei uns halt zu viel ist, was z.B. in Afrika oder Lateinamerika fehlt.
Meine These ist: Demokratie & Kapitalismus = no-go. Eins von beiden geht, aber Kapitalismus ohne Demokratie wäre mehr als fragwürdig, ergo sollte man daran arbeiten, den Menschen nicht mehr so sehr zum Profit-Geier zu erziehen und ihn offener mit Alternativen umgehen lassen (Offenheit gegenüber Alternativen gibt es in diesem Land leider nicht wirklich). Täte man das, kämen recht bald auch neue, bessere Systemideen. Der Haken ist, dass der Mensch knallhart kapitalistisch erzogen wird und sich deswegen nur schwer was anderes vorstellen kann. Bei etlichen führt es auch zu Verantwortungslosigkeit usw. usf.
Zwar heißt es immer, der Mensch sei von Grund auf Kapitalist, aber wenn ich mir Kinder anschaue, sehe ich da durchaus sehr viele sogar eher altroistische Anlagen.
Steinige mich, aber ich halte die Lethargie der Bürger für ein hausgemachtes Problem des Kapitalismus, da sich viele Leute einfach in ein gefühlt hoffnungsloses Schicksal ergeben, was so krass nur wegen dem Kapitalismus empfunden wird. Und nur Empfindung ist das auch nicht, denn die massive Chancenungleichheit ist Tatsache.
Das ist ne selbsterfüllende Prophezeihung, sich jetzt darüber zu beschweren, dass die Bürger so sind wie sie sind und Angst davor zu haben, dass sie nun via Internet politische Macht ergreifen. Genau wie es auch selbsterfüllend ist, zu sagen, der Mensch sei Kapitalist, wenn man ihn schon ab der Grundschule entsprechend erzieht.
Die Geister, die ich rief...

Was man in jedem Fall nicht machen darf, ist, so zu tun, als wären die Leute nur verwöhnt und eigentlich wäre das System doch super, nur weil es uns hier in Deutschland recht gut geht. Es gibt berechtigte Gründe, gegen das System aufzumucken, die auch rein gar nichts mit Selbstmitleid oder ähnlichem zu tun haben, da es um einen selber dabei gar nicht so sehr geht:

Jean Ziegler hat mal gesagt "Ein Kind, das heute verhungert, wird ermordet." und damit haben wir das Problem im Kapitalismus eigentlich auf den Punkt gebracht. Das System kostet Leben. Viele sogar. Und genau deswegen wäre es auch angemessen, eben doch "mal was anderes" auszuprobieren, da man bei Millionen von unnötigen Toten jährlich nicht einfach behaupten kann, dass es mit nem anderen System wahrscheinlich noch schlimmer wäre und man deswegen besser gleich einfach so weiter macht, wie bisher.
Es geht hier nicht darum, einfach mal so, wegen ein paar Schönheitsfehlern, was anderes auszuprobieren, sondern darum, Ausuferungen knallhart zu beenden, die massenweise Leben kosten, womit sich die Demokratie aufgrund kapitalistischer Vetternwirtschaft äußerst schwer tut und eigentlich nicht wirklich weiterkommt.
Das Zynischste, was man machen kann, ist, was einige Kapitalisten gerne tun, die Toten, die von Leuten wie Stalin verursacht worden sind, auch noch dagegen aufzurechnen, so nach dem Motto: "5 Millionen Tote sind doch besser als 20 Millionen" und darüber dann das aktuelle System zu legitimieren versuchen.
Nein: die Toten, die es jetzt immer noch gibt, müssen weniger werden und mit dem Kapitalismus sehe ich da Schwarz. Ich meine: Wo ist da die berechtigte Hoffnung, dass das noch wird?

Und um festzustellen, dass massenweise Tote auf das Konto des Systems gehen und man deswegen mal ernsthaft neue Ideen entwickeln sollte, muss ich auch keine druckfertigen Alternativen anbieten.
Leider werden Alternativen gerade auch hier in Deutschland aber sehr vorverurteilend abgelehnt, was oft mit populistischen, von Unkenntnis zeugenden Argumenten und Verallgemeinerungen einher geht, die absolut unhaltbar sind. Allein, wenn solche Sprüche kommen wie, dass man über etwas "gar nicht erst nachdenken" dürfe, weiß man ja schon, woher der Wind weht. Das wird im Bundestag gegen alles rausgehauen. Nicht nur gegen Nazis.
Meiner Meinung nach, ist es wesentlich utopischer, zu glauben, dass man im Kapitalismus faire Rahmenbedingungen setzen könne, als alles andere. Wer einen auf Realo macht, dürfte im Normalfall kein Kapitalist sein.
Ich bin weder (aus vollster Überzeugung) Sozialist, noch (aus vollster Überzeugung) Kommunist, aber Kapitalisten sind grade die richtigen, die Sozialisten oder Kommunisten vorhalten sollten, dass sie einer Utopie anhängig sind, die eh nie was wird und Leben kostet....

Avenger


Beiträge: 1.469

08.03.2011 20:31
#13 RE: Gesellschaftspolitische Themen :D Zitat · antworten

Zitat
Ich bin weder Sozialist, noch Kommunist, aber Kapitalisten sind grade die richtigen, die Sozialisten oder Kommunisten vorhalten sollten, dass sie einer Utopie anhängig sind, die eh nie was wird und Leben kostet....



Es ist einfacher die Welt in links/rechts oder eben kapitalistisch / sozialistisch einzuteilen. Immerhin hat man ja dieser Denkweise, den Kalten Krieg zu verdanken. Und bekanntlich gibts für Amerikaner offenbar nichts schlimmeres als den Kommunismus. Am schrägsten ist ja eigentlich China, die das kapitalistische Wirtschaftssystem teilweise adaptieren und darüber dann erst zur Möglichkeit gelangen wollen, den Kommunismus irgendwann umzusetzen. So gesehen hätten die Chinesen für einen wirklich neuen Systemversuch die besten Aussichten, sind eh als undemokratisch/autoritärer Staat verschrien,aber als Wirtschaftsmacht innerhalb der Weltwirtschaft sind sie wichtig und groß genug, um selbst den Amerikanern Paroli bieten zu können. An den Abhängigkeiten dieses Systems ändert das zwar auch nicht viel, aber vielleicht überraschen uns ja die Chinesen, sofern sie endlich mal ihre Umweltprobleme in den Griff bekommen.

Mücke ( gelöscht )
Beiträge:

08.03.2011 23:00
#14 RE: Gesellschaftspolitische Themen :D Zitat · antworten

Zitat von Avenger
Und bekanntlich gibts für Amerikaner offenbar nichts schlimmeres als den Kommunismus.


Was heißt "für Amerikaner"?
Wenn du dir aktuell Debatten im Bundestag anhörst und festellst, was selbst die SPD(!) - geschweige denn CDU, CSU und FDP - für teilweise kindische Ammenmärchen auf erschreckend populistische Art und Weise vom Zaun bricht und jedem, der es wagt, nur darüber nachzudenken, irgendwie eine Art Kommunismus bzw. sowas ähnliches einführen zu wollen, unterstellt, er habe aus der Geschichte nichts gelernt, kann es dir Angst und Bange werden...

Aus der Geschichte nichts gelernt, haben vor allem Leute, die sich über gewisse Sachen "gar nicht erst Gedanken" machen und das vor allem auch noch anderen aufzwingen wollen.

Aus Erfahrung kann ich sagen: Etwa 75% der Leute, die dir erzählen wollen, wie scheiße der Kommunismus ist, wissen noch nichtmal wovon sie überhaupt reden und glauben z.B., die DDR sei ein Kommunismus gewesen und ähnliches.
Mit dem Sozialismus ist es sogar fast noch schlimmer, da über dieses System und auch seine bisherige Umsetzung (die es beim Kommunismus ja nicht gab) unglaublich viele Gerüchte kursieren und Fehlentwicklungen in der Umsetzung dem System selbst angelastet werden. Das ist übrigens genau das, worüber sich Slarti oben auch beklagt hat (in dem Ausschnitt, wo ich ihn in meinem letzten Beitrag zitiert habe), nur tat er das halt nicht in Bezug auf den Sozialismus. Komischerweise ist es in Bezug auf den Sozialismus für viele richtig und in Bezug auf den Kapitalismus falsch, zu pauschalisieren und Fehlentwicklungen in der Umsetzung dem System an sich anzulasten.
Wer dem (Übergangs-)System Sozialismus als solches anlastet, dass es in der DDR oder in noch übleren Versuchen vor den Baum gesetzt wurde und ihm deswegen nie mehr eine Chance geben will, müsste den Kapitalismus auch schon lange dicht gemacht haben, bei all den Fehlentwicklungen, die es da bisher noch gibt. Nur wird beim Kapitalismus halt komischerweise immer vertröstet, dass da ja noch "Rahmenbedingungen" folgen werden....
De facto spricht nichts dafür, dass der Kapitalismus sich jemals besser entwickeln wird, als sich ein Sozialismus entwickeln würde. Sicher wäre es schwer gewesen, den Sozialismus der DDR noch grade zu rücken, aber das ist ja nun auch vorbei und hat mit dem Sozialismus an sich nichts mehr zu tun.

Kurz gesagt:
Was heuzutage von unglaublich vielen Leuten als sozusagen "repräsentativ sozialistisch" erachtet wird, ist wirklich erschreckend.

Die Deutschen tun immer gerne so, als seien nur die Amis verblendet, dabei sind sie selber keinen Deut besser.....was allerdings nicht heißt, dass es für die Amis nicht genauso gelten würde. Oder (auf der "anderen" Seite) für die Russen.

Slartibartfast



Beiträge: 6.746

09.03.2011 01:02
#15 RE: Gesellschaftspolitische Themen :D Zitat · antworten

Zitat
Und bekanntlich gibts für Amerikaner offenbar nichts schlimmeres als den Kommunismus.


Womit sie durchaus recht haben, aber sie kapieren die Gründe dafür nicht. Es ist richtig, dass es in einer Demokratie wie der unseren kapitalistische Tendenzen gibt. Das ist, was ich unter "Missbrauch und Korruption" beschrieben habe. Falsch ist, das unser demokratisches System den Kapitalismus schützt oder toleriert. Der Kapitalismus existiert weltweit genauso wenig, wie der Kommunismus.
Auj jeden Fall ist Kommunismus (oder eine der realen Unterarten davon) das Gegenteil von Freiheit und Demokratie. Diktierte Gleichheit ist etwas zutiefst unmenschliches und irreales. Sie lässt sich vorübergehend herstellen, aber eben nur unter Zwang. Die DDR ist insofern kein Fehlschlag, der unter anderen Umständen vielleicht positiv verlaufen wäre, sondern ein typisches Beispiel dafür, was immer geschieht, wenn der Mensch seiner individuellen Freiheit beraubt wird. Das ist kein "Ammenmärchen", sondern durch praktisch alle realen Versuche dem Kommunismus verwandte Systeme einzuführen, belegbar.

Zitat
Wer dem (Übergangs-)System Sozialismus als solches anlastet, dass es in der DDR oder in noch übleren Versuchen vor den Baum gesetzt wurde und ihm deswegen nie mehr eine Chance geben will, müsste den Kapitalismus auch schon lange dicht gemacht haben, bei all den Fehlentwicklungen, die es da bisher noch gibt. Nur wird beim Kapitalismus halt komischerweise immer vertröstet, dass da ja noch "Rahmenbedingungen" folgen werden....


Niemand propagiert hierzulande den "Kapitalismus" und er ist (natürlich) in keiner Weise die wünschenswerte Alternative zum Kommunismus oder Sozialismus, das sollte doch wohl klar sein. Was wir haben, ist die soziale Marktwirtschaft. Dass sie in bestimmten Punkten nicht mehr gewährliestet ist, bedeutet nicht, das wir einen Systemwechsel hinter uns hätten. Vielmehr muss es Aufgabe der Politik sein, die soziale Marktwirtschaft gegenüber dem Neoliberalismus wieder tragfähig zu machen.
Und nochmal: Man darf dem Kommunismus (und all seinen Unterformen) auf keinen Fall wieder eine Chance geben, da er zwangsläufig eine Diktatur zur Folge hat.

Bemerkenswert ist, dass es ursprünglich um die Konstitution eines Staates ging; jetzt reden wir plötzlich über Wirtschaftssysteme. Sicher beides interessant, aber doch bitte schön zwei paar Stiefel. Ich rede von der hiesigen Demoktraie und du hörst Kapitalsimus heraus. Das ist starker Tobak, meine ich.

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