Noch ein Beispiel für Synchronisation in Österreich:
die britische Produktion "Blossom Time/ Liebeslied" kam 1934 in Synchronfassung in die österreichischen Kinos. Darin spielten eine ganze Reihe von deutschsprachigen Schauspielern, wie Richard Tauber, Willy Eichberger oder Paul Grätz. Tauber soll sich angeblich selbst gesprochen haben, für Jane Baxter hat Gretl Wagner gesprochen. Die Synchronisation soll in Wien hergestellt worden sein.
Die Werbung hat Frau Baxter eingedeutscht:
Hier die Beurteilung in Paimanns Filmlisten:
fortinbras
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26.07.2014 14:00
#33 RE: Wiener Charme:wenn österreichisch synchronisiert wird!
Beim "Filmarchiv Austria" hab ich schon mal angefragt, aber außer allgemeinen Informationen zum Thema gibt es auch nichts - Synchronisationen fallen scheinbar auch nicht in die Zuständigkeitsbereiche von Filminstituten, die sich ja (logischerweise) mit der regionalen Filmgeschichte befassen.
Richard Tauber ist Englisch doch viiiiiiel schöner - wovon man sich etwa bei seiner Fassung von "White Christmas" ein Bild machen kann...
Geht jetzt ins Off, aber es ist eine meiner Lieblingsanekdoten von Tauber: während einer Londoner Vorstellung der "Gräfin Mariza" gab es Bombenalarm. Nach Beendigung der Unterbrechung soll er auf der Bühne, ehe er "Komm, Czigan!" sang, zum Publikum gesagt haben: "And now come back to reality!"
Aber zu den Synchronfassungen, da fällt mir ein Statement von Martin Eßlin ein, der sinngemäß sagte, daß es von französischen und italienischen Filmen, die politisch opportun waren und bis 1944 synchronisiert wurden, wohl noch Synchronfassungen geben sollte und daß sicherlich einige der vor dem Eintritt der USA in den Krieg hergestellte deutsche Synchronisationen von MGM-Filmen in US-Archiven lagern sollten. Doch obwohl man ab und zu etwas findet, das absichtlich oder zufällig beiseite geschafft wurde - Filmkopien mit Kinostreifen der USA und England seien systematisch vernichtet worden auf Anweisung des Propagandaministeriums. Mir fehlt jetzt die genaue Quellenangabe, aber es soll noch ein Dokument existieren, in dem darüber zu lesen ist, unterzeichnet vom Leiter der Reichsfilmkammer. Der war eh so bekannt, aber der Name will mir gerade nicht einfallen. Muß da mal nachschauen in meinen Büchern.
Der Präsident der Reichsfilmkammer war ab 1939 der Regisseur Carl Froelich. Der wäre dann das ausführende Organ für den Herrn Goebbels gewesen.
Ich habe mal im Bundesarchiv-Filmarchiv nach Synchronfassungen vor 1945 gestöbert, was da noch so zu finden ist. Die nachfolgende Aufstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, aber so ganz falsch liege ich sicher nicht. Die erhaltenen Synchronfassungen, aufgeteilt nach Ländern (USA aufgeteilt nach Produktionsfirmen):
Ich bin mir sicher, das auch im Austria-Filmarchiv noch das eine oder andere liegen müsste- die o.a. Aufstellung weist keine Streifen auf, die nur in Österreich gelaufen sind. Nicht vergessen sollte man Archive in Moskau, denn die "Befreier" haben ja 1945 fast alles mitgenommen, was nicht niet- und nagelfest war. Das war jetzt ein kleiner Schwenk vom Wiener Charme zur deutschen Nüchternheit...
Zitat von kinofilmfan im Beitrag #34Ich bin mir sicher, das auch im Austria-Filmarchiv noch das eine oder andere liegen müsste- die o.a. Aufstellung weist keine Streifen auf, die nur in Österreich gelaufen sind.
Glaube ich auch. Allerdings wollte ich mir vor einiger Zeit im Filmarchiv Austria zur Sichtung für wissenschaftliche Zwecke einige der in "Paimann's Filmlisten" verzeichneten Vorkriegssynchros besorgen, aber offenbar gab es Materialbeschaffungsprobleme. Was ich so mitbekommen habe, ist das Thema "dt. Vorkriegssynchros" bis jetzt noch nahezu vollkommen unerforscht (abgesehen von diversen sehr interessanten Postings in diesem Forum). Wirklich bedauerlich.
Bei den noch greifbaren dt. Vorkriegssynchros von US-Filmen sollte zumindest die Tonspur mittels Digitalisierung gerettet werden. In der Folge wäre dann zu hoffen, dass irgendwann der jeweilige Film in den USA auf BD erscheint (aus Qualitätsgründen bevorzugt auf Basis des Originalnegativs), sodass man den digitalisierten dt. Ton ans HD-Bild anlegen kann. Im Falle von speziell für den dt. Markt vorgenommenen Eindeutschungen im Bild (dt. Vorspanntexte, mitten im Film erfolgte Texteindeutschungen bei z. B. Briefen) wäre natürlich an diesen Stellen auch das Bild hochauflösend zu digitalisieren, da eingedeutschte Texte bei internationalen Neuabtastungen ja leider zumeist verloren gehen.
Kürzlich habe so etwas ähnliches gemacht, und zwar wurde von mir die dt. "Casablanca"-Nachkriegs-Synchron- und Schnittfassung auf Basis einer recht stark beschädigten 16mm-Kopie (dt. Ton) und der US-70th-Anniversary-BD (Bild) in HD rekonstruiert. Dabei musste ich zudem feststellen, dass es bei manchen vorhandenen Fehlstellen, welche die mir auch als Bildorientierungshilfe dienende digitalisierte 16mm-Kopie aufweist (es gibt noch eine weitere digitalisierte Kopie der "Casablanca"-Nachkriegsfassung, die ich aber leider nicht zur Verfügung hatte), schwer war zu bestimmen, ob es sich um intendierte Schnitte handelt, oder ob die Lücken in der 16mm-Kopie auf Filmschäden zurückzuführen sind.
Hier gibt es eine Petition, die sich mit dieser Thematik befasst:
Ich sehe es genauso, dass auch Synchronfassungen zum Filmerbe gehört, welches man für die Zukunft retten sollte...allerdings ist der Personenkreis, der sich dafür interessiert, doch sehr klein. Selbst hier im Forum, wo sich Synchroninteressierte einfinden, ist das Interesse daran begrenzt (glaube ich wenigstens). Ist natürlich auch so eine Sache, Namen von Synchronschauspielern oder Autoren/Regisseuren zu lesen, die man nie zuvor gehört hat.
Und leider ist es wirklich so, dass dieses Kapitel (Synchron-)Filmgeschichte kaum erforscht ist...aber das macht es doch spannend (jedenfalls für mich).
Zitat von kinofilmfan im Beitrag #36So, Petition ist unterzeichnet...
Ich sehe es genauso, dass auch Synchronfassungen zum Filmerbe gehört, welches man für die Zukunft retten sollte...allerdings ist der Personenkreis, der sich dafür interessiert, doch sehr klein. Selbst hier im Forum, wo sich Synchroninteressierte einfinden, ist das Interesse daran begrenzt (glaube ich wenigstens). Ist natürlich auch so eine Sache, Namen von Synchronschauspielern oder Autoren/Regisseuren zu lesen, die man nie zuvor gehört hat.
Und leider ist es wirklich so, dass dieses Kapitel (Synchron-)Filmgeschichte kaum erforscht ist...aber das macht es doch spannend (jedenfalls für mich).
Deutsche Vorkriegssynchros sollten IMO in den Interessensbereich auch all jener Personen fallen, die sich generell für in Deutschland produzierte Filme der 30er und deutschsprachige Schauspieler jener Zeit interessieren.
Zur Petition: So mancher triviale, seichte deutsche Heimatfilm der 50er würde (insbesondere wenn er schön fotografiert ist) im Falle einer Neuabtastung natürlich eine ganz andere Wirkung entfalten als die jahrzehntealten verwaschenen TV-Master, die man z. B. aus dem Heimatkanal mit seinem noch dazu pixeligen, stark komprimierten Bild kennt. Man merkt an den Sissi-Filmen, welches Potential in diesen alten Filmelementen steckt (wobei leider seitens Studio Canal Bild und Ton hier sehr stark gefiltert wurden).
Die einzige DVD/BD-Reihe, die dem in der Petition geforderten Ideal wahrscheinlich sehr nahekommen dürfte, ist wohl die "Edition Deutsche Vita". Dort bemüht man sich offenbar von nun an um die hochwertigsten noch greifbaren Filmelemente (also keine alten Kirch-Master mehr wie vermutlich bei "Wenn es Nacht wird auf der Reeperbahn" (1967) der Fall), tastet sie hochauflösend neu ab und verzichtet, soweit ich das mitbekommen habe, auf verschlimmbessernde digitale Schmierfilter bei Bild und Ton. Leider betrifft die Auswahl nur exploitative deutsche Genrefilme.
"Filmjuwelen" hingegen lässt bei alten dt. Filmen den Ton zwar löblicherweise ungefiltert (was überaus wichtig ist!!!), aber schmiert im neu abgetasteten Bild leider gerne mit Digitalfiltern herum.
Es gibt diverse alte deutsche Tonfilme, die vermutlich materialbedingt in HD sehr gut aussehen würden (wie etwa "F.P. 1 antwortet nicht" (1932) und "Amphitryon" (1935), die man schon von DVD in guter Bildqualität kennt). Ich würde auch besonders gerne "Opfergang" (1944) mal als 2K-Scan sehen. Insbesondere auch "Münchhausen" (1943) in längstmöglicher Fassung und überhaupt die ganzen alten Agfacolor-Spielfilme (aber auch Kulturfilme und Animationsfilme, wo mit verschiedenen Farbverfahren experimentiert wurde, sind nicht uninteressant). Ein paar alte dt. Vorbehaltsfilme wurden offenbar für eine Doku (die ich noch nicht kenne) neu abgetastet. Hier gibt es ein paar Ausschnitte (die Filmausschnitte sehen - soweit man das im Rahmen von YouTube beurteilen kann - insbesondere im Fall von "Heimkehr" (1941) techn. ziemlich hochwertig aus und der Ton wurde zum Glück ungefiltert belassen).
fortinbras
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29.07.2014 21:55
#38 RE: Wiener Charme:wenn österreichisch synchronisiert wird!
Was das Filmarchiv Austria betrifft, wo ich wegen alter Synchronfassungen auch schon anfragte, wird ziemlich ungeschönt mit Fakten geantwortet: Synchronisation hat in Österreich keinerlei Tradition, weswegen es (anders als in Deutschland) kaum Material gibt, auf das man zurückgreifen kann. Des weiteren hat das Thema "Synchronisation in Österreich" absolut keine Priorität, da es vor allem um den Erhalt, die Entdeckung und Veröffentlichung (samt filmwissenschaftlichen Publikationen) zu österreichischen Filmen bzw Filmschaffenden geht. Selbst für Prestigeprojekte muß hart um jeden Cent gekämpft werden. Das Filmarchiv Austria wird seit Jahren von der Kulturpolitik finanziell ausgehungert und hat nur wenige Mittel zur Verfügung. Ohne private Sponsoren ginge gar nichts, auch der ORF hat seine Zusammenarbeit auf ein Minimum beschränkt und es ist so wenig Geld da, daß es genaugenommen nicht einmal für's Notwendigste reicht.
Ich wäre durchaus an Vorkriegssynchronisationen interessiert, auch jenen aus Österreich. Dennoch gebe ich unumwunden zu, daß ich hier eher film(synchron)historisches Interesse daran habe, als reine Begeisterung. Für viele der besagten Filme gibt es hochwertige Nachkriegsfassungen, die eine Vertrautheit erzeugen, die ich als "familiär" bezeichnen würde. Ansehen würde ich mir solche Filme durchaus, gernau auch im Kino - und es wäre wünschenswert, solche Tonfassungen auch auf Unterhaltungselektronik zu veröffentlichen. Ich stufe sie aber für den persönlichen Gebrauch als nicht so wichtig ein wie den Verlust anderer Synchronisationen zu Film/Fernsehproduktionen, die mir mehr am Herzen liegen und zu denen es nur minderwertige Fassungen gibt. Aber die filmhistorische Bedeutung davon ist mir wichtig genug, daß ich mich damit auseinandersetzen würde.
Daß es, Thomas Bräutigam hin oder her, noch kein wirkliches Buch über die Geschichte der deutschen Synchronisation gibt, ist bedauerlich. Auch Norbert Aspings "Laurel und Hardy"-Buch deckt nur einen Bruchteil des Themenkomplexes ab.
Zitat von fortinbras im Beitrag #38Was das Filmarchiv Austria betrifft, wo ich wegen alter Synchronfassungen auch schon anfragte, wird ziemlich ungeschönt mit Fakten geantwortet: Synchronisation hat in Österreich keinerlei Tradition, weswegen es (anders als in Deutschland) kaum Material gibt, auf das man zurückgreifen kann. Des weiteren hat das Thema "Synchronisation in Österreich" absolut keine Priorität, da es vor allem um den Erhalt, die Entdeckung und Veröffentlichung (samt filmwissenschaftlichen Publikationen) zu österreichischen Filmen bzw Filmschaffenden geht. Selbst für Prestigeprojekte muß hart um jeden Cent gekämpft werden. Das Filmarchiv Austria wird seit Jahren von der Kulturpolitik finanziell ausgehungert und hat nur wenige Mittel zur Verfügung. Ohne private Sponsoren ginge gar nichts, auch der ORF hat seine Zusammenarbeit auf ein Minimum beschränkt und es ist so wenig Geld da, daß es genaugenommen nicht einmal für's Notwendigste reicht.
Mir wurde gesagt, dass die meisten Tonfilme, die in "Paimann's Filmlisten" verzeichnet sind, bis heute überlebt haben. Aber vielleicht habe ich diese Aussage auch falsch interpretiert. Ich hoffe jedenfalls, dass in Zukunft auf ORF III weitere österreichische Filmraritäten ausgestrahlt werden (ab Ende Oktober dann hoffentlich in native HD-Auflösung).
Zitat von fortinbras im Beitrag #38Ich wäre durchaus an Vorkriegssynchronisationen interessiert, auch jenen aus Österreich. Dennoch gebe ich unumwunden zu, daß ich hier eher film(synchron)historisches Interesse daran habe, als reine Begeisterung. Für viele der besagten Filme gibt es hochwertige Nachkriegsfassungen, die eine Vertrautheit erzeugen, die ich als "familiär" bezeichnen würde. Ansehen würde ich mir solche Filme durchaus, gernau auch im Kino - und es wäre wünschenswert, solche Tonfassungen auch auf Unterhaltungselektronik zu veröffentlichen. Ich stufe sie aber für den persönlichen Gebrauch als nicht so wichtig ein wie den Verlust anderer Synchronisationen zu Film/Fernsehproduktionen, die mir mehr am Herzen liegen und zu denen es nur minderwertige Fassungen gibt. Aber die filmhistorische Bedeutung davon ist mir wichtig genug, daß ich mich damit auseinandersetzen würde.
Gerade bei Filmen, die auch heute noch eine gewisse Bekanntheit haben (z. B. "Skandal auf der Rennbahn" (1937) oder "Im Westen nichts Neues" (1930)) wäre es besonders interessant, mal deren frühe deutsche Synchronisationen zu hören zu bekommen.
Die meisten der vor 1960 in Deutschland produzierten Tonfilme interessieren mich - von diversen Ausnahmen abgesehen - primär aus filmhistorischen und filmtechnischen Gründen. Da steht die Frage im Vordergrund, welche Schauspieler mitgewirkt haben, auf welche Art und Weise propagandistische Botschaften oder gesellschaftliche Fragen bzw. Zeitgeistthemen eingearbeitet wurden, welche Farbverfahren zum Einsatz gekommen sind, ob Bild und Ton akkurat ins digitale Medium transportiert wurden. Wenn ein alter Film technisch so richtig schön in Bild und Ton digital umgesetzt worden ist, so macht schon allein die Tatsache der sauberen Umsetzung richtig Freude.
Wenn es um Filme geht, die mich hingegen vom formalen Aufbau her, im Bezug auf den Soundtrack, die Handlungsinhalte, etc... restlos begeistern und geprägt haben und die ich weiterempfehle, wenn mich jemand nach Filmtipps fragt, dann nenne ich eher Filme aus anderen Bereichen (also z. B. die Kubrick-Filme von 1968-1980, die frühen Lynch-Werke, die Werner-Herzog-Filme aus den 60ern und 70ern, das Kenneth-Anger- und Fassbinder-Gesamtwerk, einige Haneke-Filme, "Tetsuo: The Iron Man", diverse Corman-Arbeiten, etliche klassische Animationsfilme von Disney, MGM und Warner Bros., bestimmte Gialli, Italowestern, Zombie- und Kannibalenfilme, etc...).
Groß ist das "Synchronerbe" in Österreich sicher nicht. Abgesehen von den ca. 10 Synchros der Selenophon 1936/38 dürfte vielleicht noch eine Handvoll anderer Streifen dazukommen. Dies wäre für mich allerdings kein Grund, das hintenanzustellen. Warum hat eine Synchronisation einen geringeren Wert als eine Produktion aus dem eigenen Land? Schließlich sind die Eindeutschungen -abgesehen von den frühen Synchros der MGM (in Hollywood/USA) oder Paramount (Joinville/Frankreich) und ganz wenigen "Exoten" - in "heimischen Gefilden" entstanden, mit Schauspielern, die in der Regel ausgezeichnete Arbeit ablieferten. Und- wer sagt denn, dass im Filmarchiv Austria nicht auch Synchronfassungen schlummern, die in Deutschland produziert wurden?
Aber leider...das liebe Geld...
"Im Westen nichts Neues" in der deutschen Urfassung mal zu sehen- das wäre etwas! Nach dem, was ich bislang über diese Fassung gelesen habe, müsste man da allerdings deutliche Abstriche hinnehmen. Die Dialoge waren wohl nicht immer lippensynchron, auch was die Tonmischung betraf, gab es wohl Probleme.
Ich habe zu "Im Westen nichts Neues" vor einiger Zeit folgendes gefunden:
Übrigens, der auf der Werbung der "Rhythmographie" erwähnte "Cimarron" ist unter dem Titel "Cimarron- Pioniere des Wilden Westens" noch im Bestand des Bundesfilmarchivs.
fortinbras
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30.07.2014 15:28
#41 RE: Wiener Charme:wenn österreichisch synchronisiert wird!
Der Prozentsatz an Filmen und Dokumentationen, die ORF III in Zusammenarbeit mit dem Filmarchiv Austria ausstrahlen wird, wird wohl "stabil" bleiben. Aber sich kaum bessern, was zu bedauern ist. Der ORF ist gesetzlich zum "Kulturauftrag" verpflichtet. Da zu diesem aber auch die Förderung österreichischer Künstler gehört, zählen groteskerweise Casting-Shows a la "Die große Chance" zu diesem Auftrag, aber auch Beteiligungen an volkstümlichen Schlagershows erfüllen diesen Auftrag, wenn darin ein gewisser Prozentsatz österreichischer Künstler vertreten ist. Hier werden die Förderungen gewinnbringend eingebracht. Das übliche Mindestmaß an neuen Theater/Opern-Aufzeichnungen wird ebenso erfüllt. Auch hier kann man mit Werbeeinnahmen etwas gewinnbringender arbeiten. Für manch anderes bleibt dann wenig und, was immerhin großartig ist, solange der ORF für seinen dritten Kanal die Fernseharchive zur Verwendung hat, wird er kaum mehr als das Notwendigste übrig haben für filmhistorisch bedeutsame, aber kaum kommerziell verwertbare Produktionen.
Ein Problem für so ein kleines, wenn auch kompetentes Filmarchiv wie das österreichische, ist bei so alten Synchronisationen, so sie vorhanden sind, wohl auch der damit verbundene Aufwand.
Eine gesamte Filmkopie oder auch nur eine Tonspule mit einer Vorkriegssynchronisation zu haben, ist eine Sache. Aber deshalb kann das Filmarchiv Austria den Film noch lange nicht veröffentlichen. In der Regel hat irgendjemand die Rechte daran und wenn dort niemand am Erhalt interessiert ist, wie soll das denn umgesetzt werden? Der finanzielle Aufwand für eine Restaurierung, Einkauf der Verleihrechte, gar Herstellung und Vertrieb von Dvds, das kann so ein Institut kaum alleine tragen und da dieses Projekt kaum kommerziell verwertbar ist, wird man die Finger davon lassen. Auch rein österreichische Projekte sind schon schwer durchzuziehen und zahlreiche Retrospektiven, Veröffentlichungen und allgemeine Arbeiten müssen stark abgeschlackt werden.
Eine Publikation und Filmwoche zu Vorkriegssynchronisation würde sicher bei den Verantwortlichen des FA auf großes Interesse stoßen, schlüge man es vor. Aber es wird kaum umsetzbar sein im Alleingang.
Falls jemand einen Haufen Geld übrig hat und es zweckgebunden dem Filmarchiv Austria übertragen will - die sagen sicher nicht nein! Die regelmäßig vorgebrachten Hilfeschreie an die politisch verantwortlichen werden nicht erhört.
Es ist noch gar nicht so lange her, da wurde ein erstklassiges Bauprojekt, das dem Filmarchiv einen zentralisierten Standort samt Bibliothek, Videothek, Hauskino, Veranstaltungsräumen, Archiv, etc, geboten hätte, zugunsten eines deutlich teureren und bis heute in seiner Zweckmäßigleit umstrittenen Gebäudes für die "Wiener Sängerknaben" zurückgestellt.
Zitat von kinofilmfan im Beitrag #40 "Im Westen nichts Neues" in der deutschen Urfassung mal zu sehen- das wäre etwas! Nach dem, was ich bislang über diese Fassung gelesen habe, müsste man da allerdings deutliche Abstriche hinnehmen. Die Dialoge waren wohl nicht immer lippensynchron, auch was die Tonmischung betraf, gab es wohl Probleme.
Ich habe zu "Im Westen nichts Neues" vor einiger Zeit folgendes gefunden:
Im Zuge des "EFG1914"-Projekts wurden zahlreiche historische Clips mit Bezug zum Ersten Weltkrieg online gestellt (Link). Darunter auch ein paar Spielfilme (primär Stummfilme, aber auch der vom späteren Synchronsprecher Hans Hinrich inszenierte Tonfilm "Das Meer ruft" (1932/33) in HD (Link)).
"Im Westen nichts Neues" mit deutscher Erstsynchro würde perfekt in diesen Themenkomplex hineinpassen. Zudem würde ich mir die Digitalisierung + öffentliche Zugänglichmachung weiterer früher deutscher Ton-Spielfilme in HD-Qualität sehr wünschen (am besten neben dem stark komprimierten Video-on-Demand-Streaming dann auch als separater Download mit wesentlich höherer Bild-Datenrate).
Hier ein Beispiel aus den ersten Nachkriegsjahren - und wohl eine der allerletzten Arbeiten von Geraldine Katt, die im Backfischalter einen kurzen UFA-Frühling erlebte (Das Mädchen Irene, 1936; 12 Minuten nach 12, 1939; Kleine Mädchen - große Sorgen, 1941). Eine Zuordnung ist mir leider nicht möglich; die meisten der hier Genannten hatten auch kleine Rollen in zeitgenössischen österreichischen Filmen. Eine Synchronfirma wird nicht genannt, jedoch könnte man vermuten, dass hier eine Art "Familienbetrieb" der Nekuts dahintersteckt. Max(imilian) Nekut war bereits beim österreichischen Stummfilm als Kameramann tätig; ab den 30er Jahren gelegentlich auch als Aufnahmeleiter und Regiassistent. Oskar Nekut (vermutlich der Sohn) war in den 40er bis 60er Jahren Tonmeister bei zahlreichen österreichischen Spielfilmen. Der Film startete in Österreich 8 Monate früher als in der BRD. Dennoch dürften solche Synchronbearbeitungen damals nur einen verschwindend geringen Marktanteil gehabt haben. Paimanns Fimlisten, die regelmäßig die "Berlinerismen" in bundesdeutschen Synchronisationen beanstandeten, zeigten sich hier beim österreichischen Zungenschlag diesmal vollends zufrieden: "Die Eindeutschung findet sich gut mit dem Original ab."
Der heilige Schwur
(Monaca Santa)
ITA 1948
Erst-Verleih Österr. Star-Film, Wien Erst-Verleih BRD Siemfilm GmbH, Frankfurt/Main Österr. Erstauff. 09.06.1950 Deutsche Erstauff. 23.03.1951
Österr. Bearbeitung (1950) Buch und Dialogregie Max Nekut Ton Oskar Nekut Schnitt Leopoldine Pokorny
Rolle Darsteller
Angela Eva Nova Angelo De Blase Cesare Danova Pasquale Cammarota Enrico Glori Anastasia Grifo Tina Lattanzi Maestro Rossi Gigi Pisano Mutter Oberin Pina Piovani Nicola Percuoco Agostino Salvietti Elena Adriana Serra Marchese Raffaele di Napoli Ernesto D'Albore Amedeo Girardi Angelo als Junge Annielo Mele Schwester Maria Giulia Melidoni Gennaro Fierro Luigi De Simone Portalettere Salvatore Cafiero Schwester Gertrude Margherita Pisani Schwester Anna Clara Loredana Das Mädchen Mulia Elvira Pastori Ida Bracci Dorati
Österreichische Sprecher:
Geraldine Katt Hannes Schiel Stefan Skodler Hella Ferstl Otto Löwe Valy Brenneis Magda Jaros Helmut Janatsch
Und noch ein Beispiel Wiener Synchronisationsarbeit; ich hatte den Film schon an anderer Stelle einmal erwähnt.
SCHÜSSE IN DER WÜSTE Sentinelle di Bronzo Produktion: Fono-Roma, 1937 (Italien) Regie: Romolo Marcellini
Verleih: Urban-Filmverleih Dt. Fassung: Wien Film; Dialogbuch und Dialogregie: Dipl. Ing. Bernhard Kulicz Dt. Erstaufführung: 16.09.1942
Hauptmann Negri - FOSCO GIACHETTI - Herbert Brunar Wachtmeister Amato - GIOVANNI GRASSO - Teo Prokop Dahabo - DORIS DURANTI - nicht synchronisiert; O-Ton Elmi - HASSAN MOHAMED - Wolfgang Newerkla Ibrahim - ABDULLAH OMER - Heinz Grohmann Islam - MOHAMED AGHI ALI - Hermann Laforet Giama - ALI IBRAHIM - Adolf Goerisch
Paimann's Filmlisten lobten die Synchronisation (auch hier keine "berlinismen" zu beanstanden):
Die Wien-Film ließ 1940/41 einen neuen Synchronkomplex herstellen. Nach meinem bisherigen Kenntnisstand hält sich der Anteil der in Wien (und auch in München) hergestellten Synchronisationen bis 1944 allerdings sehr in Grenzen.
Ein weiteres Beispiel für eine österreichische Synchronisation, die nach dem Anschluß, aber noch vor Kriegsbeginn produziert wurde. In Österreich hatte sie just am Tag des deutschen Überfalls auf Polen Premiere. Sie bietet eine echte Überraschung, als hiermit der einzige bisher bekannte Synchron-Einsatz der in den frühen 40er Jahren populären österreichischen Schauspielerin Olly Holzmann ("Sieben Jahre Pech", 1940; "Der weiße Traum", 1943) vorliegt.
KOMTESS VON PARMA
(La Contessa di Parma)
ITA 1938
Erst-Verleih Deutschland DIFU Deutsch-Italienische Film-Union GmbH Erst-Verleih Österreich Ring-Film GmbH, Wien Deutsche Erstaufführung Mai 1939 Österreichische Erstaufführung 01.09.1939
Deutsche Bearbeitung Selenophon, Wien im Vertrag mit Tobis-Klangfilm (1939) Buch, Dialogregie und Gesamtleitung Dipl. Ing. Bernhart Kulisz Tonaufnahme Emil Versbach Tonschnitt Raimund Warta Musikaufnahmen R.C.A. Photophone
Rolle Darsteller Deutsche Sprecher
Marcella Elisa Cegani Lisa Albert Adriana María Denis Olly Holzmann Gino Vanni Antonio Centa Gustav Wilfan Carrani Umberto Melnati Wilhelm Schich Marta Rossi Pina Gallini Regine Hendel Marco Ugo Ceseri Adolf Görisch Herzog di Fadda Osvaldo Valenti Fritz Puchstein Graf di Sebasta Nunzio Filogamo Johannes Pall Garderobenfrau Marichetta Stoppa Schneiderin im Modesalon Giannina Chiantoni Taxifahrer Mario Lembo Mannequin Pina Valli Mannequin Mirica Albis Oreste Marlò
Dipl. Ing. Bernhart Kulisz (hier wird er so geschrieben) scheint damals der führende Kopf bei Selenophon und für die Herstellung von Synchronisationen in Österreich gewesen zu sein.