Eine etwas ungewöhnliche Variante des Grafen durfte Helmut Krauss mal vertonen. Er sprach William Marshall in der Blaxplotation-Version "Blacula" von 1972, die 1998 für's Fernsehen synchronisiert wurde. Dies tut er überzeugend und in einem getragenen, ruhigen Tonfall, was den Film leider auch nicht besser macht.
Seine Asche wird sich im Grabe drehen und winden, weil er im Kino und Fernsehen immer furchterbarer wird. Was denkt er wohl über all das Leid, das er erfahren muss in allen Filmen und Fernsehsachen seit der werte Herr Coppola ihn in einen Jammerlappen verwandelte??? Er will doch nur mächtig sein und böse und endlich nicht mehr so viel leiden. Ob im neuesten Kinowerk oder als Fernsehserie, bescheuerter geht's nimmer - immerhin: zu den eintönig langweiligen Interpretationen kriegt er immer die gleichen eintönig langweiligen Darstellungen und die gleichen eintönig langweiligen Stimmen. Was für ein Abstieg für den Herrn der Finsternis. So langsam sollte man den alten Beißer in Frieden ruhen lassen.
Legen wir ein paar Blumen auf sein Grab... Er ist bereits tot und solte eigentlich keine filmische Sterbehilfe mehr brauchen.
Zitat von fortinbras im Beitrag #1Bela Lugosi: *Rolf Boysen-diese Synchronisation polarisiert noch immer. Ich finde ihn hervorragend, losgelöst vom Bild. Dämonisch, gefährlich und doch menschlich greifbar. Nur ist seine Stimme ein Widerspruch zu Lugosis Darstellung, meiner Meinung nach. Zu John Carradine hätte er sicher ideal gepasst! *Erich Fiedler-ähnlich Lugosi spielt, spricht er auch in "Abbott und Costello treffen Frankenstein" den Dracula absolut "straight" ohne komischen Unterton. Dabei wirkt er ebenso gebieterisch wie dunkel-tragisch. Er ist einer der wenigen Synchronsprecher, der Lugosis Wirkung stimmlich rüberbringt-so fern das möglich ist! (...) Ferdy Mayne: *Erich Fiedler-als Graf von Krolock ein Gedicht, ähnlich ideal ernsthaft-süffisant wie bei Lugosi. So hört sich ein Vampir der alten Schule an!
"Abbott und Costello treffen Frankenstein" kenne ich noch nicht, kann mir aber Fiedler für Lugosi gut vorstellen. Hätte er wohl auch im Film von 1931 funktioniert? Du meintest einmal, ganz "ernsthaft" könntest du dir das nicht vorstellen. Auch dann nicht, wenn er (regiebedingt) so frostig-gebieterisch wie in "Tanz der Vampire" gesprochen hätte? Seine dortige "Grabesstimme" hätte mit Lugosis Spiel und Mimik wahrscheinlich harmoniert, auch hätte er dem Vampir eine aristokratische Aura verliehen, die Boysen leider völlig abging.
fortinbras
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17.07.2015 23:56
#35 RE: Der Fürst der Finsternis-Graf Dracula und seine Stimmen
Verglichen mit der aristokratischen Überlegenheit und Macht, die Lugosi im Original einbringt, hört sich Rolf Boysen wie ein gewöhnlicher Krimineller an.
In "Abbott und Costello treffen Frankenstein" ist Dracula todernst dargestellt, weswegen auch der Humor sehr gut funktioniert. Ein Markenzeichen aller guten Vampirkomödien. Fiedler spricht für Lugosi auch exzellent, da gibt es nichts zu bemängeln. Ebenso ist es bei "Tanz der Vampire" für Ferdy Mayne.
Dennoch: bei diesen beiden Filmen ist auch die Ernsthaftigkeit auf subtile Art ironisch gebrochen und Lugosi/Mayne dürfen im Stile der klassischen Salonkomödie "komisch" sein. Das ist etwas, das Fiedler absolut beherrscht, was sich aber deutlich von Tod Brownings "Dracula" unterscheidet.
Fiedler konnte todernst sein, man denke nur an "Die schwarze 13" oder ganz besonders an "Schrei, wenn der Tingler kommt". Aber diese Figuren ticken anders als Dracula es tut.
Ich kann mir Fiedler einfach im 1930er-Film nicht vorstellen für Bela Lugosi. Später, 1948, war sein Gesciht nicht nur mehr breit, wie eh und je, sondern er auch älter und rundlicher geworden. Da wirkte Fiedlers Stimme optisch viel passender.
Ich habe lange überlegt, aber am Ehesten hätte noch Wilhelm Borchert für Lugosi in der Fernsehsynchronisation funktioniert. Am Besten mit etwas Akzent und theatralischeren Betonungen. Wobei hier auch die Synchronregie bei "Dracula" nicht sehr aufmerksam war und das Dialogbuch die gesprochenen Höhepunkte des Originales mit teils zu umständlicher Übersetzung zunichte machte. Deutsch spricht Dracula oft viel mehr Worte als im Original, da muss Boysen sehr schnell reden. Lugosis bedeutungsschwere Kunstpausen, die einigen seiner Dialoge etwas Besonderes gibt, wurden deutsch vollständig ignoriert. Auch Lugosis sorgsam ausgewählten Betonungen mancher Worte. Diese kann man deutsch nicht immer an der gleichen Stelle ansetzen, aber man hätte sie entsprechend umbauen können, um dieselbe Wirkung zu erzeugen.
Im Bela Lugosi-Thread habe ich unlängst Beispiele dafür genannt, die will ich jetzt nicht wiederholen.
Boysen war ein exzellenter Schauspieler, aber als Synchronsprecher nie so wirkungsvoll, bzw nur dann, wenn die zu synchronisierenden Rollen ihm sehr entsprachen. Er vermied es immer, zuviel zu machen. Aber genau das hätte diese Rolle gebraucht. Borcherts Sinn für das klassische Theater allein hätte Lugosi besser wirken lassen. Boysen war ein Theaterschauspieler, der im Grunde mit der Tradition nach damaligem Verständnis eher gebrochen hatte und das machte sich bei ihm schon früh bemerkbar. Bloss keine Theatralik - dabei ist die mitunter von essentieller Bedeutung.
Mit Akzent bringst Du mich auf was: wie hätte wohl Stanislav Ledinek in dieser Rolle geklungen? Leider ohnehin keine Option, da er zu diesem Zeitpunkt schon verstorben war. Aber sein DDR-Pendant Ivan Malre hätte ich mir (im Falle einer zeitgleichen DEFA-Fassung) sehr gut vorstellen können, der hatte auch die passende Theatralik.
Gruß Stefan
fortinbras
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18.07.2015 01:20
#37 RE: Der Fürst der Finsternis-Graf Dracula und seine Stimmen
Ledinek, auf die Idee wäre ich jetzt gar nicht gekommen. Der wurde so oft, zu oft, auf eher dumbe Figuren besetzt, dass man vergisst, dass er sehr ernst und geheimnisvoll klingen konnte.
Die Idee ist allein schon von der Originalität so hübsch, dass die Umsetzung hätte funktionieren können.
Den hatten wir in diesem Thread noch nicht: in der TV-Synchro von Dracula - Nächte des Entsetzens wurde Lee von Klaus Guth gesprochen, der hier aus meiner Sicht auch gut(h) passte. Mein persönlicher Favorit wird jedoch immer Wolfgang Eichberger im ersten "Dracula" aus der Hammer-Filmschmiede bleiben, der ihn für mich stimmlich perfekt "verkörperte". Herbert Weicker bei den Mini-Mädchen sowie Helmo Kindermann gefielen mir auch ganz gut, wobei ich dagegen mit Borchert und Martienzen für Christopher Lee noch nie was anfangen konnte. Der eine klingt für den aristokratischen Fürsten der Finsternis zu harmlos, der andere wiederum zu übertrieben brutal, für mich zählt hier eine gesunde Mischung aus beidem. Leider sind neben Lee auch seine Dracula-Stimmen schon länger für immer verstummt.
Gruß Klaus
fortinbras
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18.07.2015 11:14
#39 RE: Der Fürst der Finsternis-Graf Dracula und seine Stimmen
Deinem Urteil betreffend Wilhelm Borchert kann ich mich zwar ganz und gar nicht anschließen, aber dein Eindruck von Wolfgang Eichberger erfreut mein Herz!
1958 war es ja sehr sensationell, dass Dracula wie ein vollkommen normaler Mensch dargestellt wurde (zumindest anfangs). Ohne groteskes Aussehen; höflich, aber mit eher knapper Konversation - fast alltäglich in der Aussprache (kommt im Original klarer zum Ausdruck: Lee sagt nicht "I am...", sondern das umgangssprachliche "I'm Dracula."). Und hier wurde die deutsche Fassung optimalst umgesetzt. Eichberger spricht die wenigen Dialoge nüchtern, ohne schmierige Bedrohlichkeit oder mit bösem Geknurre. Ganz normal und alltäglich, das wurde sehr gut umgesetzt.
Klaus Guth gefiel mir in "Nächte des Entsetzens" besser als Christian Marschall (leider kam nur die erste Fassung auf die Dvd) - er hört sich ähnlich an wie Helmo Kindermann und beide sind Lees eigener Stimme sehr ähnlich.
Zitat von fortinbras im Beitrag #39... aber dein Eindruck von Wolfgang Eichberger erfreut mein Herz!.
Das freut mich, fortinbras!
Zitat von fortinbras im Beitrag #39Klaus Guth gefiel mir in "Nächte des Entsetzens" besser als Christian Marschall (leider kam nur die erste Fassung auf die Dvd) - er hört sich ähnlich an wie Helmo Kindermann und beide sind Lees eigener Stimme sehr ähnlich.
Ich besitze die DVD mit der Kinosynchro nicht, habe aber noch meine alte TV-Aufnahme auf Video, die möglicherweise gekürzt ist. Darin war Guth richtig gut! Marschalls eher "dröhnende" Stimme scheint mir dagegen auf Lee nicht wirklich zu passen, aber wie schon gesagt, ich kanns nicht beurteilen.
Gruß Klaus
fortinbras
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18.07.2015 17:34
#41 RE: Der Fürst der Finsternis-Graf Dracula und seine Stimmen
Die spätere Fernsehfassung ist inhaltlich ident mit der Kinoversion, also nicht anders geschnitten. Ich fand es sehr schade, dass auf der Dvd nicht Platz war für beide Synchronfassungen.
Marschall ist keineswegs schlecht, das wäre gelogen. Er spricht den Dracula aber einfach betont böse, während Guth exakt Lees Orioginalton trifft und eher elegant-aristokratisch unterkühlt klingt. Das ist viel reizvoller und gerade bei einigen markanten Sätzen ist die Wirkung der beiden Sprecher sehr unterschiedlich, obwohl die Dialoge praktisch ident sind.
Bei Gerd Martienzen muss ich jetzt doch noch Abbitte leisten. Am Ende von "Blut für Dracula" hören sich dessen Todesschreie im O-Ton deutlich anders an als in der deutschen Fassung und ich bin mir hier mit Martienzen ziemlich sicher. Er hatte sich wirklich große Mühe bei Draculas Todeskampf auf der kippenden Eisplatte gegeben, da sein Kreischen und Schreien in der Synchro aus meiner Sicht noch einen Tick dramatischer und glaubhafter rüber kam als im Original. Text hatte er in diesem Film ja nicht, sondern nur einige Zischlaute von sich zu geben, wobei ich nicht mehr weiß, ob auch das Zischen synchronisiert bzw. im O-Ton belassen wurde.
Das ist allerdings sehr überraschend, da solche Lautäußerungen bei britischen Filmen normalerweise fest auf dem IT verankert sind und eine Synchronisation nicht nur unnötig, sondern sogar schwer möglich ist (weswegen man auch in den unverfälschten Bond-Synchronisationen immer wieder Roger Moore selbst ächzen hört). Wenn das ausnahmsweise nicht geschehen ist, wird natürlich klar, warum für Lee ein deutscher Sprecher eingeplant (und engagiert) wurde, obwohl er keinen Text hat - dann müsste das Zischen eigentlich auch von Martienzen sein ...
Zitat von Klaus im Beitrag #42Bei Gerd Martienzen muss ich jetzt doch noch Abbitte leisten. Am Ende von "Blut für Dracula" hören sich dessen Todesschreie im O-Ton deutlich anders an als in der deutschen Fassung und ich bin mir hier mit Martienzen ziemlich sicher. Er hatte sich wirklich große Mühe bei Draculas Todeskampf im Eis gegeben, da sein Kreischen und Schreien in der Synchro aus meiner Sicht noch einen Tick dramatischer und glaubhafter rüber kam als im Original.
Beim Todeskampf in der etwas lachhaft aussehenden "Eisklappe" ist die deutsche Fassung wirklich dramatischer. Ansonsten geht mir Gerd Martienzens Geknurre und Gefauche auf die Nerven, das wird gegenüber der Originalfassung stark übertrieben und ist dort viel dezenter.
Lustig finde ich, dass es bis heute keine eindeutige Meinung darüber gibt, warum Dracula in dem Film kein Wort spricht. Lee betonte stets, der Dialog wäre so schlecht gewesen, dass er sich schlichtweg weigerte ihn zu sprechen. Das ist ein Argument, allerdings in Hinblick auf die vielen Filmchen die Lee machte, dürfte der Dialog kaum schlechter als der anderer Werke gewesen sein.
Autor Jimmy Sangster wiederum behauptete stets, es habe von Vornherein nie Dialog gegeben, da es keinen gebraucht hätte und damit die Konfusität des Vampirs hätte zum Ausdruck kommen sollen, der plötzlich wieder aus dem (friedlicheren?) Totenreich auferstehen musste um herumzuwandeln.
Es gab ein Comic zum Film, in dem Dracula tatsächlich Sprechblasen hat. Das Comic benutzt Filmbilder als Vorlage, vor allem Szenenfotos. Die paar Worte, die für den Grafen zu lesen sind, sind schlichtweg allerhöchste Banalität. Aber ob die für's Comic angefertigt wurden oder aus dem Treatment zum Film stammten, das wurde auch nie geklärt...
Die Hammer-Draculas sind ja eigentlich nur jeweils als Einzelfall in sich logisch. Fast jeder Film verändert gegenüber dem anderen etwas, so bewohnt Dracula nie das selbe Schloss: im ersten Film steht es wie ein Palast im Flachland, im zweiten auf einem Felsen und in vollständig anderer Architektur. Obwohl man bequem mit Kutschen auf breitem Weg hinfahren kann, befindet sich das Schloß im nächsten Film (optisch umgebaut!) inmitten einer gänzlich anderen Felslandschaft und ist nur auf schmalem Steig zu Fuß erreichbar. Im Folgefilm gibt es kein Schloß, aber er beginnt doch merkwürdig. Dracula stürzte in den direkten Abgrund unter dem Schluß und spießte sich am Kreuz auf. Das können die "young Lovers" direkt beobachten. Obwohl das Schloß auf einsamer Höhe steht, beobachtet von einer kleinen Anhöhe aus ein dubioser Geschäftsmann im nächsten Film den Tod Draculas. Direkt neben der Anhöhe führt eine wichtige Straße vorbei. Dabei sollte die, der Geographie des Vorgängerfilmes geschuldet, auf jeden Fall einige hundert Meter entfernt verlaufen auf den Bergen im Hintergrund.
In "Blut für Dracula" brauchte es ein ziemliches Ritual, um den Grafen wiederzubeleben (eine der gespenstischsten Szenen des Vampirkinos, ausserordentlich gut gemacht!). Ein Mann wird über den Sarkophag gehängt und muss ausbluten. In "Draculas Rückkehr" genügen ein paar Tropfen Blut. Allerdings ist Dracula hier nicht zu Staub zerfallen, sondern scheinbar nur im Wasser frisch gehalten worden und komatös. Unter dem zugefrorenen Burggraben (den es hier nun nicht mehr gibt...) muss er irgendwie durch einen unterirdischen Wasserlauf tiefer ins Tal gerutscht sein...
Ich mag jeden dieser Filme, aber mitunter chronologisch angesehen, wirkt das durchaus etwas komisch!!!