Zitat von fortinbras im Beitrag #45Ich habe diesen Film nie gesehen, aber die musikalische Umsetzung der deutschen Fassung von "Stagecoach/Höllenfahrt nach Santa Fe" soll fast den gesamten Score durch Piano-Geklimper ersetzt haben.
Das stimmt definitiv nicht. Der Film hat in der 1963er Atlas-Fassung (Titel: "Ringo") zwar fast durchgehend Archivmusik, wobei das kein Piano-Geklimper ist, sondern ein neues Musikthema, dass schon den Italowestern vorweg nimmt (E-Gitarre, Mundharmonika und Percussion). Sonst ist in dem Film neben dem Thema noch Sinfoniemusik aus der Konserve zu hören, die m.E. aber auch sehr gut passt. Mitunter wirkt der Film musiktechnisch etwas zusammengestückelt, was ihm aber keinesfalls schadet. Desweiteren gibt es noch ein Gitarrenthema, was an zwei Stellen im Film auftaucht, dass in dieser Instrumentierung an deutsche Westernschlager jener Tage erinnert, wie etwa "Es hängt ein Pferdehalfter an der Wand". Im Original taucht dieses Gitarrenthema in sinfonischer Fassung auf. Das Pianogeklimper was du wahrscheinlich meinst, kommt kurz vor dem finalen Duell. Dort taucht im Original auch Pianomusik aus dem Saloon auf. Man hat allerdings die Folksongs durch "neutrale" Ragtime-Musik ersetzt. Das ist aber auch das Einzige, was ich an der Archivmusik unpassend finde.
Auf der 2011 erschienenen Kinowelt-DVD ist übrigens die ungekürzte Fassung drauf. Dort kann man dann auch in der deutschen Fassung an einigen wenigen Stellen die Originalmusik hören.
Danke für die detaillierte Ausführung! Ich habe den Film nie gesehen, allerdings mehrfach die Kritik am Piano-Geklimper gelesen. Immerhin scheint man sich dann ja doch ein wenig Mühe gemacht zu haben!
Letztes Jahr (2012) wurde die japanische DAIMAJIN-TRILOGIE aus den 60er Jahren erstmals deutsch synchronisiert. Es gab keine IT-Bänder, also mußten sowohl die Geräusche als auch die Musik für die deutsche Tonspur weitgehend neu erstellt werden. Das geschah mit Hilfe eines Geräuschemachers und der Filmmusik-CDs, die es zum Glück gibt. Aber wie meistens enthält die CD nicht die gesamte Filmmusik, so daß in einzelnen Szenen auf alternative Takes zurückgegriffen werden mußte. Es gibt also Unterschiede zwischen OF (auch auf der DVD) und deutscher Tonspur, die aber damit doch sehr nahe am Original ist.
Gruß, kogenta
PS: Ein kleiner Nachtrag zur Partnerschaft Ennio Morricone / Bruno Nicolai:
Bild 1: So kennt man es aus dutzenden von Filmen: Komponist Morricone, Dirigent Nicolai. Bild 2: Auch das gibt es mehrfach: Morricone und Nicolai werden gleichwertig genannt. Bild 3: Und auch das gibt's ein paar Mal: Nicolai Komponist, Morricone Dirigent. Solche Fakten sprechen für mich ganz klar für eine faire Partnerschaft.
Bild 1 ist einfach: definitiv "Leichen pflastern seinen Weg". Bei den anderen müsste ich raten.
Noch was anderes: Es gab mal irgendeinen Western, wo man Teile vom "Django und die Bande der Gehenkten"-Soundtrack einsetzte. Leider keine Ahnung mehr, welcher Film das war.
Der Film ist in der deutschen Fassung sowieso nur mehr eine Vergewaltigung des Originales. Drastische Kürzung, idiotische Dialoge und keine Rücksicht auf die originale Bemühung, das großartige Moliere-Stück zu verfilmen.
Schlimm ist allerdings auch die deutsche Filmmusik. Im Original wurde Barockmusik verwendet, die zu den Szenen passend eingespielt wurde. Die deutsche Filmmusik indes erinnert an eine Art Resteverwertung. Keineswegs kann man die Musik als solche schlecht nennen, sie ist nur deplaziert und erfüllt kaum eine dramatische Funktion. Die wenigen Passagen, die einen barocken Klang haben, hören sich jedoch eher nach "Hooked on Classics" an und ansonsten scheint es so, als habe man, was aus Wallace- und Giallo-Filmen übrib blieb, eben mal für den Soundtrack zusammengeschustert.
Generell die erbärmlichste deutsche Bearbeitung, die ein Louis de Funes-Film überhaupt hatte-meiner Meinung nach.
Vergangene Woche starb ja Riz Ortolani. Manchmal war er mir zu überreizt, aber ich mochte seine Filmmusiken doch sehr gern.
Interessant fand ich einige Nachrufe, in denen die "Zusammenarbeit" Ortolanis mit Quentin Tarantino größeren Raum einnahm, als das generelle Schaffen des Komponisten überhaupt. Ich habe keine Ahnung, wie Ortolani dazu stand (Morricone mag diese tarantinoische Verwurschtung ja gar nicht), aber ich finde es ein wenig blamabel, wenn scheinbar unkundige Kultur(!)journalisten solchen Unsinn schreiben.
Heute kam im MDR der billige Abenteuerfilm "Die Burg der Verräter" (1953) - gesendet in der DFF-Fassung "Der Stern von Indien" (1986). Dabei ging die Originalmusik von Nino Rota zugunsten einer schwermütigen Archivmusik flöten, die man auch wenig später bei "Die Blinde von Sorrent" (1953; DF: 1987) verwendete.
Ein ganz besonderer Fall ist die Kinosynchronisation von "Der Prinz und der Bettelknabe/Mit eiserner Faust" von 1951. Auch damals waren die ITs des 1937 entstandenen Klassikers offenbar schon verloren gegangen, weshalb man nur an dialoglosen Stellen die Originalmusik hört. Aber - und das ist das Besondere - trotzdem hört man durchgängig Korngold, denn die fehlenden Passagen wurden ergänzt aus der Originalmusik von "Robin Hood", das ist ganz eindeutig erkennbar. Ob dies nun möglich war, weil "Robin Hood" kurz vorher synchronisiert wurde und die Musikaufnahmen noch vorlagen, oder ob von Warner ein neues IT auf Grundlage dieser Musik erstellt worden war (denn die Flynn-Filme verkauften sich international prächtig), lässt sich leider nicht sagen.
Zum Zeitpunkt der Synchronisation von "Mit eisernen Fäusten" gab es jedenfalls schon einige Teile von Korngolds "Robin Hood"-Score aufgenommen. Diese wurden sowohl im Radio gespielt, als auch teilweise veröffentlicht auf Schallplatten.
Die von Korngold dirigierten Aufnahmen von 1938 oder 39 umfassen vergleichsweise viel Musik kreuz und quer aus dem Film und sind später auch auf CD erschienen. Diese Tondokumente existierten jedenfalls 1951 schon, vielleicht wurden sie sogar für "Mit eisernen Fäusten" herangezogen.
So eine Art Bearbeitung ist auf jeden Fall gekonnt gemacht und verdient durchaus Lob!
Im englisch-deutschen Film "Todestrommeln am großen Fluss" von 1964 ist Musik zu hören, die man auch in der Synchro von "Citizen Kane" hören kann. Die aber stammt von 1961! Und es wird bestimmt nicht die einzige Archivmusik gewesen sein, obwohl "Todestrommeln" doch nun wirklich eine komplette und verfügbare Originalkomposition (der englischen Fassung) besitzen dürfte - typisch Manfred R. Köhler (der wahrscheinlich für diesen Afrika-Wallace und auf jeden Fall für "Citizen Kane" und "Rätsel des silbernen Dreiecks" zuständig war, bei dem das enervierend oft vorkommt).
Zitat von Stefan der DEFA-Fan im Beitrag #57typisch Manfred R. Köhler (der wahrscheinlich für diesen Afrika-Wallace und auf jeden Fall für "Citizen Kane" und "Rätsel des silbernen Dreiecks" zuständig war, bei dem das enervierend oft vorkommt).
Tippst du beim "Dreieck" hauptsächlich wegen der Musik auf ihn? Oder auch aus anderen Gründen wie z. B. der Besetzungen?
Nicht nur, auch die blöden Sprüche, mit denen der Raub vor dem Vorspann garniert ist - und ohnehin war Köhler einer der federführenden Experten für die Eindeutschung der Towers-Filme für Constantin und Nora.
Dass die im Original (abgesehen von Masons Warnruf) stumme Sequenz zugetextet wurde, war mir auch schon unangenehm aufgefallen. Allerdings wusste ich bisher nicht, dass sowas ein Markennzeichen für Köhler gewesen wäre. Kam das bei seinen Synchros demnach öfter vor?