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Dieses Thema hat 78 Antworten
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 Allgemeines
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Ohne Wiederkehr


Beiträge: 907

16.09.2015 11:56
#16 RE: "Neger" in der Synchronisation Zitat · antworten

Zitat von Knew-King im Beitrag #13

Oder geht es um das Wort Mohr?



Natürlich geht es mir nicht um das Wort "Mohr". Vielmehr interpretiere ich diesen Satz sehr wohl so, dass die dunkle Hautfarbe im Vergleich zur weißen der drei Buben als Nachteil angesehen wir, das Ende macht das nur noch deutlicher. Aus der Zeit heraus betrachtet, war ees bestimmt schon ein großer Schritt für einen Dunkelhäutigen überhaupt Partei zu ergreifen, aber dennoch ist es zumindest meine Meinung, das diese Erzählung zutiefst rassistisch ist.

kogenta



Beiträge: 2.071

17.09.2015 00:04
#17 RE: "Neger" in der Synchronisation Zitat · antworten

Stefans Meinung schließe ich mich an: Rassistisch oder nicht - von Kindern fernhalten ist das Allerdümmste. Die Kinder müssen vielmehr unbedingt damit konfrontiert werden, um frühzeitig die nötige Sensibilität zu erlernen. (Das gilt analog auch für die oben erwähnten FSK-Freigaben, wo man den hiesigen Kindern wie in nahezu allen anderen Ländern ruhig ein bisschen mehr zutrauen sollte)

Im Übrigen kommt es immer auf den Kontext an; ein Wort per se zu verbannen ist kompletter Unsinn. Der gescholtene CSU-Politiker hat so gesehen ganz gewiss spontan und richtig reagiert (das sage ich als harter CSU-Gegner!) und muss sich dafür nicht entschuldigen. Ich sehe das Problem eher bei den Korrekheits-Aposteln, die bei solch nachvollziehbarem Anlass gleich rot sehen.

Rassismus ist eine Frage der Einstellung. Auch ein Rassist kann sich gewählt ausdrücken, während ein Anti-Rassist solch zeitgeistige Spitzfindigkeiten eher überhaupt nicht als Problem wahrnimmt.

Vielleicht haben die 'Neger' seinerzeit einfach den Fehler gemacht, das Wort unbedingt aus dem Sprachgebrauch verbannen zu wollen. Geschickter waren da z.B. die 'Schwulen', die dieses ebenfalls negativ belegte Wort ganz selbstbewusst einfach für sich übernommen und es damit komplett entschärft haben.

Auf der DVD-Box der Serie KUNG FU befindet sich eine Folge mit dem Episodentitel 'Caine und die Neger' (ZDF 1976). Das wurde für die DVD-Ausgabe (Warner 2005) zum Glück auch nicht geändert. Das fehlte noch, die gesamte Synchron-Geschichte daraufhin abzuklopfen und zu überarbeiten.

Gruß, kogenta

Slartibartfast



Beiträge: 6.750

17.09.2015 00:19
#18 RE: "Neger" in der Synchronisation Zitat · antworten

Zitat von Taccomania im Beitrag #15
@Knew-King
Interessante Sichtweise. So habe ich das noch gar nicht betrachtet. Als ich kürzlich in einer Filiale der Deutschen Post AG eine Ausgabe von "Struwwelpeter" für 5,- Euro fand, habe ich sofort ein Exemplar für meinen 4-jährigen Sohn mitgenommen und es ihm vorgelesen, da ich selbst positive Erinnerungen an das Buch hatte. Mir wurde beim Vorlesen aber nicht nur bei der "Mohrengeschichte", sondern auch bei anderen Stellen etwas mulmig. Vieles erscheint aus unserer heutigen Sicht doch unnötig brutal (nicht, daß heutige FSK 6/12-Filme weniger brutal wären, aber die FSK-Freigaben verstehe ich eh nicht).
Ich bin jedenfalls nicht sicher, ob die "Mohrengeschichte" Vorbehalte gegen dunkelhäutige Menschen eher befördert oder verhindert.


Ich sehe nicht, wie sie dadurch befördert werden sollte. Das wäre ja die gleiche Logik, nach der das Ansehen eines Horrorfilms angeblich Massenmörder hervorbringt.
Brutal ist der Struwwelpeter mit Sicherheit, aber ob "unnötig", bezweifle ich. Deine positiven Erinnerungen scheinen deine Bedenken jedenfalls zu widerlegen. Vielleicht hat uns die antiautoritäre Erziehung (letztlich auch ein neben-Produkt der politischen Korrektheit) auch nur weich gemacht. Kinder brauchen vermutlich anfnags solche klaren Kategorien von uns Erwachsenen. Der Punkt ist, dass daraus mit der Zeit komplexe Strukturen reifen. Aber das geht nur, wenn die Grundlage dafür gelegt wurde.

Zum Thema Kinderbuchzensur möchte ich noch darauf hinweisen, dass es nicht nur die mittlerweile recht bekannten Beispiele von Pippi Langstrumpf gibt, wo der "Negerkönig" zum "Südseekönig" wurde. In Michael Endes "Jim Knopf" wurde nach dessen Tod(!) aus "China" das fiktive Land "Mandala". Wo hier der Rassismus sein sollte erschleißt sich mir bis heute nicht, zumal die bloße Umbenennung nichts daran ändert, dass es hier offensichtlich um China geht. Wenigstens in der Fassung der Augsburger Puppenkiste darf man noch von "China" hören.

berti


Beiträge: 17.884

17.09.2015 08:28
#19 RE: "Neger" in der Synchronisation Zitat · antworten

Zitat von Slartibartfast im Beitrag #18
In Michael Endes "Jim Knopf" wurde nach dessen Tod(!) aus "China" das fiktive Land "Mandala". Wo hier der Rassismus sein sollte erschließt sich mir bis heute nicht, zumal die bloße Umbenennung nichts daran ändert, dass es hier offensichtlich um China geht. Wenigstens in der Fassung der Augsburger Puppenkiste darf man noch "China" hören.

Beim ersten Buch oder bei dessen Fortsetzung ("Jim Knopf und die wilde 13")?
Die Ausgabe des zweiten Buches, die ich von meiner Kindheit her kenne (und die lange vor Michael Endes Tod erschien) ist ebenfalls von "Mandala" die Rede, im Vorgänger dagegen von "China".

Slartibartfast



Beiträge: 6.750

17.09.2015 13:25
#20 RE: "Neger" in der Synchronisation Zitat · antworten

Waren auf jeden Fall beide "China" zum Zeitpunkt der Erscheinung und ich besitze diese Ausgaben auch.
Inzwischen sind beide geändert. Sogar die Grafiken wurden ziemlich dilettantisch angepasst ("Kaiser von Mandala 2x klingeln" statt "Kaiser von China").

Sollte Ende selbst für diese Zensur verantwortlich gewesen sein, wäre das zwar ein anders gelagerter Fall, aber auch nicht besser. Ich finde sowas weit schlimmer, als wenn Lucas seine Ur-Trilogie verändert (Grido hat zuerst geschossen etc.).

berti


Beiträge: 17.884

17.09.2015 13:53
#21 RE: "Neger" in der Synchronisation Zitat · antworten

Bei Wikipedia wird die Änderung auf "ca. 1983" datiert, als Beleg dafür, dass sie auf Endes Veranlassung hin geschah, wird dieser Text genannt:http://www.musenblaetter.de/artikel.php?aid=5044

Isch


Beiträge: 3.402

17.09.2015 16:23
#22 RE: "Neger" in der Synchronisation Zitat · antworten

Zitat von Stefan der DEFA-Fan im Beitrag #14
Weder das Wort "Neger" (das ja sogar der biologischen Einordnung entspricht: "negrid", so wie "arisch" eigentlich auch nur eine biologische Bezeichnung ist für die jeweilige Menschenrasse, was ja wertfrei nichts anderes bedeutet als verschiedene Ausprägungen der selben Art, die "gemischt" auch fortpflanzungsfähige Nachkommen erzeugen können wie verschiedene Hunde- oder Katzenrassen auch)

Und genau das ist eben falsch! Die Biologie kennt keine Menschenrassen, weil sich biologisch-genetisch nichts finden lässt, was eine objektive Einteilung in bestimmte, in sich homogene Rassen zulassen würde. Das Wort "Populationen", von dem die Biologie heute spricht, ist dabei keine "politisch korrekte" Umbenennung, sondern bedeutet inhaltlich etwas anderes, nämlich Untergruppen, die aufgrund der geografischen Nähe ihrer Individuen zueinander gebildet werden und nicht aufgrund ihrer genetischen Ähnlichkeit. Und wenn man diese Populationen genauer untersucht wird man feststellen, dass die genetischen Unterschiede innerhalb einer Population größer sind als zwischen verschiedenen Populationen. Das heißt im Klartext: Europäer z.B. unterscheiden sich untereinander stärker voneinander als Europäer insgesamt von Afrikanern. Deswegen kann man nicht von einer "europäischen" und einer "afrikanischen Rasse" sprechen (siehe auch http://www.spektrum.de/news/der-schein-truegt/612925). Wer dennoch anhand der Hautfarbe bestimmte Menschengruppen voneinander abgrenzen will, tut dies willkürlich, allein schon deshalb, weil es keine trennscharfen Farbunterschiede gibt, sondern fließende Übergänge. Genauso gut könnte man die Menschen aufgrund ihrer Fingerlänge oder Beinkrümmung in Subgruppen einteilen. Es gäbe dann eine Gruppe von Menschen mit krummen Beinen und eine mit geraden Beinen. Ansonsten gäbe es jedoch nichts, was alle Menschen innerhalb der Krumme-Beine-Gruppe oder der Gerade-Beine-Gruppe einen würde, sodass man sinnvollerweise von einer "Rasse" sprechen könnte.
Dies alles ist kein neuzeitlichen, "politisch-korrektes" Wunschdenken, sondern (lt. Wikipedia) bereits seit Herder angedacht und seit Anfang des 20. Jahrhunderts auch biologisch unterfüttert. Dass sich im Internet verschiedene Gestalten auf einschlägigen Blogs versuchen daran abzuarbeiten um dennoch am Rassenbegriff festzuhalten, tut dem keinen Abbruch.

Das Wort "Neger" ist daher immer grundsätzlich dessen verdächtig, nicht nur eine deskriptive Beschreibung einer Gruppe von Menschen mit einer wie auch immer genau definierten Hautfarbe zu sein (die heutzutage m.E. vor allem unter soziologischen Gesichtspunkten eine Rolle spielt), sondern eine rassische Einteilung vorzunehmen, d.h. über die Hautfarbe hinausgehende Gemeinsamkeiten, wie (Gesichts-)physiognomie, Intelligenzgrad, Charakter- und Temperamenteigenschaften zu postulieren, auch wenn diese, wie in deinem Fall, nicht abwertend gemeint sein müssen. Aber genausowenig wie alle "Arier" kantig, kühl und klug sind, sind alle "Neger" kurvig, emotional und dumm oder alle "Juden" krummnasig, gierig und gewitzt. Die Nazis hatten ja sogar große Probleme, die Juden als solche zu erkennen, weil sie ja in aller Regel gerade nicht den von ihnen behaupteten "rassischen Eigenschaften" entsprachen. Dass der Begriff "Jude" heute noch akzeptiert ist, liegt in der Tat daran, dass Juden ja auch Juden sind, aber eben nicht aufgrund einer etwaigen rassischen Zugehörigkeit, die ihnen von den Nazis angedichtet wurde (Eine Freundin über Adorno: "Hitler hat ihn zum Juden gemacht"), sondern aufgrund ihrer Religion. Nicht-religiöse "Juden" bezeichnen sich daher auch selten als solche (z.B. Einstein, Wittgenstein oder eben Adorno). Der israelische Wissenschaftler Shlomo Sand hat darüber sogar ein Buch geschrieben: "Warum ich aufhöre Jude zu sein".

Nicht wertender, "gut gemeinter" oder vermeintlich "neutraler" Rassismus ist also trotzdem immer noch Rassismus und entbehrt einer biologischen Grundlage. Und er verschwindet in der Tat nicht, indem man ihn totschweigt, sondern indem man ihn reflektiert, hinterfragt und sich darüber bewusst wird, ob man ihn nicht vielleicht auch implizit selbst vertritt. Allein durch die Streichung des Wortes "Neger" aus dem eigenen Vokabular ist das sicherlich nicht zu erreichen (siehe hierzu auch "Singen können die alle. Handbuch für Negerfreunde" von Marius Jung - hab's allerdings selbst noch nicht gelesen). Durch ein zwanghaftes Festhalten daran im Sinne von "das haben wir aber immer so gesagt" allerdings erst recht nicht.

Slartibartfast



Beiträge: 6.750

17.09.2015 19:05
#23 RE: "Neger" in der Synchronisation Zitat · antworten

Zitat von Isch im Beitrag #22
Durch ein zwanghaftes Festhalten daran im Sinne von "das haben wir aber immer so gesagt" allerdings erst recht nicht.

Dann ist dies nun die richtige Stelle zu betonen, dass dies auch keiner hier im Sinn hat, schon gar nicht aus einem Zwang heraus und erst recht nicht aus Gewohnheit.

berti


Beiträge: 17.884

17.09.2015 19:07
#24 RE: "Neger" in der Synchronisation Zitat · antworten

Zitat von Isch im Beitrag #22
Die Biologie kennt keine Menschenrassen, weil sich biologisch-genetisch nichts finden lässt, was eine objektive Einteilung in bestimmte, in sich homogene Rassen zulassen würde. Das Wort "Populationen", von dem die Biologie heute spricht, ist dabei keine "politisch korrekte" Umbenennung, sondern bedeutet inhaltlich etwas anderes, nämlich Untergruppen, die aufgrund der geografischen Nähe ihrer Individuen zueinander gebildet werden und nicht aufgrund ihrer genetischen Ähnlichkeit. Und wenn man diese Populationen genauer untersucht wird man feststellen, dass die genetischen Unterschiede innerhalb einer Population größer sind als zwischen verschiedenen Populationen. Das heißt im Klartext: Europäer z.B. unterscheiden sich untereinander stärker voneinander als Europäer insgesamt von Afrikanern. Deswegen kann man nicht von einer "europäischen" und einer "afrikanischen Rasse" sprechen (siehe auch http://www.spektrum.de/news/der-schein-truegt/612925). Wer dennoch anhand der Hautfarbe bestimmte Menschengruppen voneinander abgrenzen will, tut dies willkürlich, allein schon deshalb, weil es keine trennscharfen Farbunterschiede gibt, sondern fließende Übergänge.

Aber könnte man nach dieser Definition den Begriff "Rasse" nicht auch im Bereich von Hunden oder Katzen als unbrauchbar bezeichnen? Denn dort gibt es ebenfalls zwischen Manchen "fließende Übergänge", weil z. B. die Einen auf der Grundlage der Anderen gezüchtet wurden oder eine aus anderen gezielt gekreuzt wurde (etwa der Eurasier aus dem Samojeden, Wolfspitz und Chow-Chow).

berti


Beiträge: 17.884

17.09.2015 19:16
#25 RE: "Neger" in der Synchronisation Zitat · antworten

Zitat von Isch im Beitrag #22
(Eine Freundin über Adorno: "Hitler hat ihn zum Juden gemacht"), sondern aufgrund ihrer Religion. Nicht-religiöse "Juden" bezeichnen sich daher auch selten als solche (z.B. Einstein, Wittgenstein oder eben Adorno).

Zumindest in Bezug auf Einstein würde ich das so nicht sagen, da dieser nicht erst "durch Hitler zum Juden gemacht wurde" (auf viele andere trifft das wahrscheinlich eher zu), sondern sich bereits vor 1933 als solcher bezeichnete, den Zionismus offen unterstützte und nicht etwas von seinen "Glaubens-", sondern von seinen "Stammesbrüdern" sprach (nachzulesen bei Albrecht Fölsing).
Auf die Definition, ein Jude sei jemand, der sich zu einer bestimmten Religion bekenne, entgegnete er einmal, dies sei so sinnvoll wie eine Schnecke als Tier zu definieren, das in einem Schneckenhaus lebe. Die Schnecke könne ihr Haus verlassen und trotzdem eine Schnecke bleiben, so wie der Jude auch dann einer bleibe, wenn er seine Religion ablege.

Isch


Beiträge: 3.402

17.09.2015 21:28
#26 RE: "Neger" in der Synchronisation Zitat · antworten

Zitat von berti im Beitrag #11
Bisher kenne ich relativ viele Ausgaben älterer deutscher Philosophen, in denen Texte sogar noch in deren ursprünglicher Rechtschreibung (allenfalls "behutsam angeglichen") abgedruckt wurden, von einer sprachlichen Überarbeitung ganz zu schweigen.

Mir ist in meinem ganzen Philosophie-Studium keine einzige begegnet - und nein, wir hatten nicht alle nur Reclam-Ausgaben.

@Taccomania: Dein Problem kenne ich. Ich bin mir auch nicht sicher, ob ich sämtliche der durchaus brutalen alten Märchen meiner Nichte oder meinem Neffen vorlesen würde. Andererseits habe ich sie als Kind auch vorgelesen bekommen. Speziell den Struwwelpeter mochte ich allerdings nicht besonders; vor dem Schneider, der dem Daumenlutscher den Finger abschnitt, hatte ich sogar Angst. Ob es das allerdings gebraucht hat, um mich vom Daumenlutschen abzubringen - davon bin ich nicht überzeugt.

Zitat von Slartibartfast im Beitrag #23
Dann ist dies nun die richtige Stelle zu betonen, dass dies auch keiner hier im Sinn hat, schon gar nicht aus einem Zwang heraus und erst recht nicht aus Gewohnheit.

Vielleicht hätte ich schreiben sollen, dass nachträgliche Rehabilitierungsversuche auch nicht hilfreich sind. Ich gehe davon aus, dass sämtliche Verwendungen des Wortes bis mindestens Mitte des letzten Jahrhunderts rassistisch in dem Sinne gewesen sind, dass sie vielleicht nicht immer (ab-)wertend gemeint, aber doch immer von der Existenz verschiedener Rassen ausgegangen sind. Wenn man das anerkennt, kann man überlegen, wie man nun damit umgeht. Aber zu sagen, dass damit ja "nur" die Hautfarbe gemeint gewesen sei, halte ich für naiv und illusorisch.

Zitat von berti im Beitrag #24
Aber könnte man nach dieser Definition den Begriff "Rasse" nicht auch im Bereich von Hunden oder Katzen als unbrauchbar bezeichnen? Denn dort gibt es ebenfalls zwischen Manchen "fließende Übergänge"

Genau das ist ja auch der Fall. So viel ich weiß, wird dieser Begriff deswegen in der biologischen Forschung darum auch gar nicht mehr verwendet. Meine eigenen Theorie darüber, dass davon jedoch im allgemeinen Sprachgebrauch noch die Rede ist, ist; dass dies vor allem wirtschaftliche Gründe hat. Die Kunden sind daran interessiert, einen möglichst "reinrassigen" Perser, Pudel, Haflinger oder was auch immer zu kriegen und infolge dessen wird ihnen das natürlich auch geboten.

Zitat
Zumindest in Bezug auf Einstein würde ich das so nicht sagen, da dieser nicht erst "durch Hitler zum Juden gemacht wurde" (auf viele andere trifft das wahrscheinlich eher zu), sondern sich bereits vor 1933 als solcher bezeichnete, den Zionismus offen unterstützte und nicht etwas von seinen "Glaubens-", sondern von seinen "Stammesbrüdern" sprach (nachzulesen bei Albrecht Fölsing).
Auf die Definition, ein Jude sei jemand, der sich zu einer bestimmten Religion bekenne, entgegnete er einmal, dies sei so sinnvoll wie eine Schnecke als Tier zu definieren, das in einem Schneckenhaus lebe. Die Schnecke könne ihr Haus verlassen und trotzdem eine Schnecke bleiben, so wie der Jude auch dann einer bleibe, wenn er seine Religion ablege.


OK, dann war er ein schlechter Kronzeuge. Ich hatte mal gelesen, dass er sich erst nach 1933 als solcher bezeichnete. Unabhängig davon ist mir bekannt, dass es trotzdem viele nicht-religiöse Juden gibt, die sich selbst als "Juden" bezeichnen. Dabei beziehen sie sich in der Regel auf den "Jude-ist-man-als-Kind-einer-jüdischen-Mutter"-Mythos, der jedoch laut meinem Geschichtsprofessor (und auch nach Sand) noch relativ jung ist, weil er erst vor einigen Jahrhunderten entstand. Vermutlich als Reaktion auf die Nicht-Unterscheidung zwischen observanten und nicht-observanten Juden von den sie umgebenden Mehrheitsgesellschaften und dem innerjüdischen Antrieb, die Identität durch die umsichgreifende Assimilation nicht zu verlieren (meine eigene Spekulation).
Mir kommt es manchmal so vor, als gebe es in gewissen Kreisen sogar eine Art Trend dazu, unbedingt jüdisch sein zu wollen. Einer meiner Dozenten, der selbst von einem atheistisch-"jüdischen" Vater abstammt, versuchte sich auf die Bezeichnung "cultural Jew" zu retten. Ich muss mir dabei vorstellen, wie sich wohl manch militanter Atheist hierzulande gebärden würde, wenn man ihn als "Kultur-Christen" bezeichnen würde. Aber den jüdischen Medien bliebe vermutlich nicht mehr allzuviel übrig, wenn sie nicht auch über all die Woody Allens da draußen berichten könnten.

iron


Beiträge: 5.241

17.09.2015 22:53
#27 RE: "Neger" in der Synchronisation Zitat · antworten

Jude zu sein bedeutet also nicht nur eine Zugehörigkeit zum Judentum als Religion, sondern bedeutet auch, dass man dem jüdischen Volk als Nachfahre eines der biblischen "12 Stämme Israels" angehört.
Viele jüdische Persönlichkeiten bezeichnen sich zwar nicht als religiös, aber sehen sich kulturell und historisch mit dem Judentum zugehörig bzw. verbunden (etwa der frühere österreichische Bundeskanzler Bruno kreisky und der "Literaturpapst" Marcel reich-Ranicki). Natürlich gab und gibt es Ausnahmen.
Der österreichische Schriftsteller Robert schindel (selbst Jude) hat einmal ungefähr gesagt, es sei nicht ganz falsch, wenn man sagt, dass Juden bestimmte äußerliche Merkmale haben können; es komme nur darauf an, von welchem Stamm man abstamme. je nachdem komme von daher mehr oder weniger bis kein typisches sogenanntes "jüdisches Aussehen". Dichter Paul Celan hat z.B. hat dem (im Sinne eines pauschalen Klischees) so gar nicht entsprochen.
Ursprünglich war "Jude" außerdem ein Schimpfwort.

Nicht zuletzt weil das wort "Neger" im Nationalsozialismus stets abwertend (wie der Begriff "Jude") gebraucht wurde, ist es zu Recht problematisch geworden, es so ohne Weiteres zu benutzen. Es kommt aber bestimmt auch sehr auf den ganzen Kontext an, in dem man es verwendet, der Ton macht die Musik.
Dagegen haben sich die Jüdinnen und Juden schon seit vielen Jahrhunderten zuvor selbst als solche bezeichnet, mMn. aus dem Grund wird er heute noch immer von ihnen selbst und allgemein gebraucht und die NS-Zeit konnte dem daher imo. so gut wie nichts anhaben.

Im Allgemeinen meint man imho. mit dem Begriff "Rasse" die Hautfarbe und die äußeren "ethnischen Merkmale", die beispielsweise Europäer von "schwarzen Afrikanern" unterscheidet. Ich verwende aber "Rasse" für mich nicht gerne, lieber die zweitere Bezeichnung.

berti


Beiträge: 17.884

18.09.2015 08:39
#28 RE: "Neger" in der Synchronisation Zitat · antworten

Zitat von iron im Beitrag #27
Ursprünglich war "Jude" außerdem ein Schimpfwort.

Nicht zuletzt weil das wort "Neger" im Nationalsozialismus stets abwertend (wie der Begriff "Jude") gebraucht wurde, ist es zu Recht problematisch geworden, es so ohne Weiteres zu benutzen.

Dass "Jude" "ursprünglich ein Schimpfwort" gewesen sei ist mir neu (immerhin kommt es seit dem Buch Esther in der Bibel vor).
Natürlich wurden und werden "Jude", "jüdisch" und "Judentum" von Antisemiten aus allen ideologischen Lagern als Beleidigungen verwendet, aber es wäre grotesk, wenn man deswegen versuchen würde, sie durch andere zu ersetzen, um so etwas gegen Antisemitismus zu tun (obwohl im Falle des "Negers" ein ähnlicher Gedanken dahinter stand).
Entschuldigung für den Exkurs, aber angesichts dessen fällt mir ein Kapitel aus Theresa Bäuerleins Roman "Das war der gute Teil des Tages" über eine junge Deutsche in Israel ein: Als sie sich mit einem Israeli unterhält, benutzt er im englischen Dialog unvermittelt das Wort "Jude", um ihre Reaktion zu testen. Dieses Wort habe er in Spielfilmen aufgeschnappt, die während der Nazizeit spielten, einmal habe er gesehen, dass man einen Mann gezwungen haben, dass an seine Tür zu schmieren. Auf ihre Frage, ob die Deutschen dieses Wort heute noch benutzen würden, "wenn sie über uns reden", antwortet sie, es sei das normale deutsche Wort. Danach fragt er sie, ob "Judenschwein" auch "normal" sei, was sie verneint und er nicht begreift, da beide Wörter von Nazis in den Filmen synonym und mit gleichermaßen verächtlichem Unterton verwendet würden.
Näher am Thema dieses Threads: Vor mehreren Jahren sah ich in einem Programmkino Bernhard Grzimeks "Serengeti darf nicht sterben". In der Einführung meinte Herr X, trotz all seiner Bemühungen sei auch Grzimek nicht frei von rassistischer und imperialistischer Arroganz gewesen, was man daran merke, mit welcher Selbstverständlichkeit er hier von "Negern" spreche. Im Film selbst war es dann allerdings nicht zu hören, der Kommentar sprach entweder von "Schwarzen" oder benutzte den jeweiligen Stammesnamen. Da in älteren deutschen Texten die Begriffe "Neger", "Schwarzer" und "Farbiger" teilweise synonym verwendet wurden, kann es natürlich Zufall gewesen sein. Nach der Vorstellung sprach ich Hernn X darauf an, dass das bewusste Wort hier gar nicht gefallen sei, worauf er meinte, nichts täusche so sehr wie die eigene Erinnerung, er habe es wohl mit einem früheren Film Grzimeks verwechselt. Auf meine Frage, ob es wirklich als Ausdruck von Rassismus zu verstehen sei, da das Wort doch in den 50ern noch als "wertneutral" gegolten habe, wies er mich entrüstet zurück: "Wertneutralität" gebe es bei dem Wort "Neger" nicht, da darin zu viel an Verachtung mitschwinge.
Entschuldigung für diese Exkurse, aber sie erschienen mir hier passend.

Slartibartfast



Beiträge: 6.750

18.09.2015 17:01
#29 RE: "Neger" in der Synchronisation Zitat · antworten

Zitat von Isch im Beitrag #26

Vielleicht hätte ich schreiben sollen, dass nachträgliche Rehabilitierungsversuche auch nicht hilfreich sind. Ich gehe davon aus, dass sämtliche Verwendungen des Wortes bis mindestens Mitte des letzten Jahrhunderts rassistisch in dem Sinne gewesen sind, dass sie vielleicht nicht immer (ab-)wertend gemeint, aber doch immer von der Existenz verschiedener Rassen ausgegangen sind. Wenn man das anerkennt, kann man überlegen, wie man nun damit umgeht. Aber zu sagen, dass damit ja "nur" die Hautfarbe gemeint gewesen sei, halte ich für naiv und illusorisch.

"Rassismus" bedeutet aber eine abwertende Diskrminierung aufgrund eines äußeren Merkmals. Ob hierbei nun fälschlich von der Existenz verschiedener "Rassen" ausgegangen wird, oder ob es allein die dunkle Hautfarbe ist, ändert daran nichts. Man wird auch nicht umhin kommen, eine Bezeichnung für Menschen mit dunkler Hautfarbe zu haben. Die Diskriminierung kommt nicht durch das Wort an sich sondern durch dessen Verwendung. Frauen werden auch häufig diskriminert, aber niemand kommt auf die Idee, dass es hilfreich sein könnte, das Wort Frau nicht mehr zu verwenden.

Lars


Beiträge: 488

18.09.2015 19:52
#30 RE: "Neger" in der Synchronisation Zitat · antworten

Zitat von Slartibartfast im Beitrag #29
Zitat von Isch im Beitrag #26

Vielleicht hätte ich schreiben sollen, dass nachträgliche Rehabilitierungsversuche auch nicht hilfreich sind. Ich gehe davon aus, dass sämtliche Verwendungen des Wortes bis mindestens Mitte des letzten Jahrhunderts rassistisch in dem Sinne gewesen sind, dass sie vielleicht nicht immer (ab-)wertend gemeint, aber doch immer von der Existenz verschiedener Rassen ausgegangen sind. Wenn man das anerkennt, kann man überlegen, wie man nun damit umgeht. Aber zu sagen, dass damit ja "nur" die Hautfarbe gemeint gewesen sei, halte ich für naiv und illusorisch.

"Rassismus" bedeutet aber eine abwertende Diskrminierung aufgrund eines äußeren Merkmals. Ob hierbei nun fälschlich von der Existenz verschiedener "Rassen" ausgegangen wird, oder ob es allein die dunkle Hautfarbe ist, ändert daran nichts. Man wird auch nicht umhin kommen, eine Bezeichnung für Menschen mit dunkler Hautfarbe zu haben. Die Diskriminierung kommt nicht durch das Wort an sich sondern durch dessen Verwendung. Frauen werden auch häufig diskriminert, aber niemand kommt auf die Idee, dass es hilfreich sein könnte, das Wort Frau nicht mehr zu verwenden.



Dem möchte ich widersprechen. Wenn ich behaupte, dass ""Neger" sehr gut singen und tanzen können, weil ihnen das im Blut liegt", so schreibe ich "ihrer Rasse" positive Merkmale zu, und doch ist es rassistisch.

Gruß,

Lars

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