Ich habe das Buch nun bekommen und kann referieren, was die detaillierte, wenn auch mit einigen Fragezeichen versehene Filmographie von Michael Ross & Co. zu diesem Thema hergibt.
Die Zusammenschnitte fürs Kino außen vor lassend, beginne ich mit der SH-Reihe, die von der Defa fürs Fernsehen der DDR synchronisiert wurde. Es handelte sich um 8 der 12 Universal(!)-Filme, Sprecher waren Niklaus und Köhn, die Erstausstrahlungen (deren genaue Daten zu posten ich mir spare) fielen in die Jahre 1980/1 und enthalten, nochmal bekräftigt, Längenangaben um die 60 Minuten.
Die Filme in der Reihenfolge: Das Haus des Grauens, Die scharlachrote Kralle, Perle des Todes, Die weiße Blume des Vergessens (Woman in Green), Sarg mit doppeltem Boden (Terror by night), Das tödliche Ritual, Todbringende Spieldosen, Die Spinnenfrau.
Die BRD-Synchronisation der Reihe umfasste dagegen 10 der 12 Filme, also zusätzlich "Verhängnisvolle Reise" (SH in Washington) und "Gefährliche Mission" (Pursuit to Algiers).
Die übrigen Filme wurden neu synchronisiert, mit Niklaus/Bohl in den Hauptrollen: Gespenster im Schloss, Das Spinnennest, Die Perle der Borgia, Die Kralle, Das Haus des Schreckens, Die Frau in Grün, Juwelenraub (Terror by night), Jagd auf Spieldosen.
Diese neuen Fassungen wurden sämtlich im Jahr 1983 im Südwestfernsehen ausgestrahlt, in den Jahren 1984/5 dann im ZDF.
Jetzt wird's interessant: Der "Hund von Baskerville" lief laut Filmographie bereits 1984: im DDR-Fernsehen und der Synchro von Niklaus/Köhn! Als Kommentar ist angemerkt, dass der deutsche Vorspann des Films den westdeutschen Fassungen angepasst wurde. Das ist nicht ganz richtig. Wie ich anhand meines Mitschnitts vom DFF feststellen konnte, entspricht dieser nicht den Angaben der Filmographie. Es gibt tatsächlich zwei Synchronfassungen des "Hund von Baskerville"!
Die fehlenden 3 Filme, die Universal-Filme "Die Stimme des Terrors" und "Geheimwaffe" liefen - im ZDF - erstmals 1992, der 20th-Century-Film "Die Abenteuer des Sherlock Holmes" gar erst 1996, alle mit der Besetzung Niklaus/Köhn und dem westdeutschen Vorspann. Für diese Zeit lässt sich dann wohl auch die zweite, die Hamburger Synchro des "Hund" veranschlagen.
Die Verwirrung, der auch die Autoren der Filmographie aufgesessen sind, basiert auf der Tatsache, dass beide Synchronfassungen von Niklaus und Köhn gesprochen wurden; sie entstanden außerhalb der "Serie" Niklaus/Bohl, in DDR wie BRD.
Wenn ich herausgefunden habe, wie man Synchronlisten postet, stelle ich hier die zwei Fassungen ein. Inzwischen fühle ich mich stolz, einem Holmeschen Rätsel näher gekommen zu sein, denn die Geschichte der Holmes-Synchros zu verfolgen, ist ja fast des Meisters selbst würdig...
Gruß Markus
P.S.: Auf die Daten von 1969 kann ich mir, samt Buch, keinen Reim machen: sie tauchen dort nicht auf. Die DDR-Fassungen klingen allerdings nach den 70ern, gegen eine Neusynchronisation sprechen allerdings die Titel, die den vermeintlichen Erstausstrahlungen bereits zugeordnet sind. Lässt sich vielleicht anhand des Alters der Beteiligten über das Alter der Synchronfassungen spekulieren?
danke für die Infos aus dem Buch. Leider muss ich allerdings sagen, dass ich sämtliche dieser Angaben inzwischen als überholt ansehe! Dies ist nämlich bezüglich der Daten genau der Informationsstand, den ich vor ein paar Jahren auch noch hatte und basiert exakt auf der 1995er Ausgabe des "Lexikons des intl. Films" bis hin zur Angabe 1984 bei der EA des "Hund von Baskerville", die eben in neueren Auflagen auf 1987 korrigiert wurde.
Ich beweifle - wie schon gesagt - auch ganz stark, dass die Filme zweimal synchronisiert wurden. Insbesondere glaub ich nicht, dass es von den 10 Filmen mit Bohl als Holmes auch Synchros mit Köhn gibt, die - glaubt man dem Buch - auch noch in der DDR entstanden sein sollen. Das würde ja überhaut keinen Sinn ergeben!
Die auf 45 Minuten gekürzten Fassungen sind anscheinend nur 1969 gelaufen und wenn dieses Datum im Buch gar nicht auftaucht, kann man natürlich auch nichts von diesen Kürzungen wissen.
Wie gesagt, trotzdem danke fürs Posten der Infos, auch wenn meines Erachtens leider nix wirklich Brauchbares.
John Stapelton | Morton Lowry | Peter Rauch Kai Henrik Möller
Wiederum danke von mir für deine Informationen!
Natürlich sind auch die Daten der Filmographie einschlägigen Lexika entnommen, weswegen schon ein Fehler wie der 1984/7 auftauchen kann. Auch finde ich es ebenfalls absurd, dass mehrere der Filme innerhalb von (geschätzt) 3-5 Jahren zweimal synchronisiert worden sein sollen. Nur: es ist passiert! Ich habe etwa beide Fassungen von "Sherlock Holmes faces Death" auf Video: "Das tödliche Ritual" (DDR) und "Gespenster im Schloß" (BRD), und sie unterscheiden sich in den (Neben-)Sprechern und der Übersetzung (durch die Irritation, die sich hierbei einmal bei einem erneuten Ansehen und meiner Erinnerung einstellte, bin ich überhaupt erst auf die Sache aufmerksam geworden). Witzig ist in diesem Fall gerade der Schlussepilog: Holmes und Watson fahren im Auto und Holmes sinniert, im Original, nach einem Resüme über den Fall wie oft über die Lage der Nation. In der DDR-Fassung wurde die Szene kurz davor abgeschnitten und in den Abspann geblendet; in der BRD-Fassung läuft die Szene völlig zu Ende, nur reden die beiden weiter über den Fall, in Worten, die nichts mit der Originalfassung zu tun haben...
Das ist doch aber mal was Brauchbares! Macht mich wirklich baff! Ich hab jahrelang gedacht, dass es zwei Synchros gibt und hab das aber kürzlich verworfen, weil ich nie jemand gefunden habe, der eine Zweitsynchro gehabt hätte. Warum rückst Du den erst jetzt damit heraus!? Hab ich Dich richtig verstanden, dass in den älteren DDR-Synchros also auch Hinrich Köhn als Holmes zu hören ist? Die Synchros mit Alfred Bohl sind also BRD-Synchros? Das wirft wirklich alles über den Haufen!
>>Wie ich anhand meines Mitschnitts vom DFF feststellen konnte, entspricht dieser nicht den Angaben der Filmographie. Es gibt tatsächlich zwei Synchronfassungen des "Hund von Baskerville"! <<
Sorry, diese Anmerkung von Dir hatte ich zuvor ganz überlesen! Das es vom "Hund von Baskerville" zwei Synchros gibt, hatte ich ja für nicht ganz unwarscheinlich gehalten. Danke für das Posten der Liste!
Die scharlachrote Kralle (DEFA 1980) Die Kralle (SW/ZDF 1983)
Sherlock Holmes | Basil Rathbone | Walter Niklaus Walter Niklaus Dr. Watson | Nigel Bruce | Hinrich Köhn Alfred Bohl Lord Penrose | Paul Cavanagh | Heinz Behrens Dieter Leinhos Potts | Gerald Hamer | Klaus Gowalla Horst Kempe Emile Journet | Arthur Hohl | Hasso Zorn Bert Brunn Richter Brisson | Miles Mander | Wolfgang Brunnecker Georg-Heinrich Lange Marie Journet | Kay Harding | Dorothea Meissner
THE SPIDER WOMAN (Universal 1943)
Die Spinnenfrau (DEFA 1981) Sherlock Holmes und das Spinnennest/Das Spinnennest (SW/ZDF 1983)
Sherlock Holmes | Basil Rathbone | Walter Niklaus Walter Niklaus Dr. Watson | Nigel Bruce | Hinrich Köhn Alfred Bohl Adrea/Andrea Spedding | Gale Sondergaard | Marylu Poolman Gisela Fineisen Inspektor Lestrade | Dennis Hoey | Manfred Heine Hans Gora Norman Locke | Vernon Downing | Wolfgang Jakob Wolfgang Thal Radlik | Alec Craig | Fred-Arthur Geppert Georg-Heinrich Lange Gilflower | Arthur Hohl | Paul Jaster Mrs. Hudson | Mary Gordon | Eva Mayer
THE PEARL OF DEATH (Universal 1944)
Die Perle des Todes (DEFA 1980) Die Perle der Borgia (SW/ZDF 1983)
Sherlock Holmes | Basil Rathbone | Walter Niklaus Walter Niklaus Dr. Watson | Nigel Bruce | Hinrich Köhn Alfred Bohl Inspektor Lestrade | Dennis Hoey | Klaus Gowalla Hans Gora Giles Conover | Miles Mander | Karl-Maria Steffens Horst Kempe Naomi/Noemi Drake | Evelyn Ankers | Evelyn Heidenreich Astrid Bless Digby | Charles Francis | Fritz Decho Paul Jaster Amos Hodder | Ian Wolfe | Herbert Köfer Albert John
THE HOUSE OF FEAR (Universal 1944)
Das Haus des Grauens (DEFA 1980) Das Haus des Schreckens (SW/ZDF 1983)
Sherlock Holmes | Basil Rathbone | Walter Niklaus Walter Niklaus Dr. Watson | Nigel Bruce | Hinrich Köhn Alfred Bohl Alastair | Aubrey Mather | Paul Arenkens Georg-Heinrich Lange Inspektor Lestrade | Dennis Hoey | Klaus Gowalla Hans Gora Simon Merrivale | Paul Cavanagh | Wolfgang Lohse Dieter Leinhos Alan Cosgrave | Holmes Herbert | Fritz Decho Victor Draeger John Simpson | Harry Cording | Detlef Witte Bert Brunn Mrs. Montheit | Sally Shepherd | Anne Wollner Gertraud Klawitter Chalmers | Gavin Muir | Heinz Behrens
Sind dir die Sprecherin von Mary Gordon in "Das Spinnennest", die Sprecherin von Kay Harding in "Die Kralle", der Sprecher von Arthur Hohl in "Die Spinnenfrau" und der Sprecher von Gavin Muir in "Das Haus des Schreckens" unbekannt oder fehlen die nur aus Versehen (gerade bei den Damen und Gavin Muir, da die ja alle jeweils ganz unten stehen)?!
------------------ "Ja oder nein!?" Martin Hirthe für Lee Marvin in "Point Blank"
Zitat von MückeSind dir die Sprecherin von Mary Gordon in "Das Spinnennest", die Sprecherin von Kay Harding in "Die Kralle", der Sprecher von Arthur Hohl in "Die Spinnenfrau" und der Sprecher von Gavin Muir in "Das Haus des Schreckens" unbekannt oder fehlen die nur aus Versehen (gerade bei den Damen und Gavin Muir, da die ja alle jeweils ganz unten stehen)?!
Ja, die jeweiligen Sprecher sind nicht in den Abspännen erwähnt, und vor allem bei den DEFA-Bearbeitungen kann ich mir die Fehlstellen nicht erschließen.
Ergänzungen sind deshalb willkommen (ich kann nur keine Soundsamples machen, da ich kein Equipment dafür habe).
nochmals vielen Dank für das Posten der Listen, da hast Du ein Rätsel gelöst, dass mich jahrelang beschäftigt hat. Weißt Du noch, wann Du die DEFA-Fassungen aufgenommen hast, die sind ja wohl schon ewig nicht mehr gelaufen!?
Die Angabe zu EAs in der DDR 1969 erscheint mir jetzt auch wieder sehr fragwürdig... Stehen die Jahrenzahlen 1980/81 in den DEFA-Fassungen dabei, oder wäre denkbar, dass die doch schon älter sind?
Und noch was verwirrt mich: Auch die BRD-Fassungen sind doch - wenn ich nicht irre - komplett mit Sprechern aus der DDR besetzt. Das würde ja heißen, dass diese Fassungen im Auftrag von SW3/ARD auch in der DDR gemacht wurden. Eine Erklärung dafür wäre evtl., dass man eben auch beim SW3 Walter Niklaus als Holmes haben wollte, und das wohl nicht anders machbar war.
Die Hintergründe für die ersten BRD-Synchronisationen sind mysteriös. So scheinen diese tatsächlich mit Sprechern aus der DDR gemacht worden zu sein, denn außer Niklaus gibt es auch in den Nebenrollen einige Überschneidungen (Krönung: In "Verhängnisvolle Reise" mit Bohl als Watson taucht sogar Hinrich Köhn in einer Nebenrolle auf).
Die DEFA-Fassungen enthalten leider keine Jahresangabe, nur den Hinweis "DEFA Studio für Synchronisation. Für das Fernsehen der DDR synchronisiert". Die BRD-Fassungen enthalten, wie man noch heute an den ZDF-Ausstrahlungen sehen kann, nicht einmal das: Nach den Angaben der Darsteller wird das Bild bis zum Ende der Musik schwarz. Grund dafür ist wohl, dass die Filme nicht für das ZDF allein ("Im Auftrag des ZDF"), sondern für SW und ZDF bearbeitet wurden. So gab es entweder nie eine Endtafel oder sie wurde später entfernt. In jedem Fall dumm, da der Abspann so keine Angaben zum Ort (Berlin?) enthält.
Meine Theorie aufgrund der Fakten ist, dass das BRD-Fernsehen zwar die Rechte an den Filmen, nicht aber an der Synchronisation erwerben konnte und deshalb konsequent neu synchronisieren musste. Da man anscheinend die DEFA-Fassungen kannte und schätzte, wollte man (mit Niklaus) möglichst nahe an diese anschließen. Deine Vermutung, Niklaus nur in einer DDR-Bearbeitung verpflichten zu können, erscheint hier wirklich plausibel.
Da ich Kontakte zur ZDF-Spielfilmredaktion habe, werde ich bei Gelegenheit einmal anfragen, ob es dort nähere Informationen gibt; da sie aber nicht (alleiniger) Auftraggeber waren, ist die Chance wohl eher gering.
Ich habe damals die bundesdeutschen Erstausstrahlungen im Südwestfunk gesehen. Wenig später wurden sie freitags nachmittags in der ARD wiederholt. Bei beiden Ausstrahlung lautete die allerletzte Tafel "Eine Sendung des Südfunks Stuttgart, 1983", auf die man bei den 3sat- bzw. ZDF-Wiederholungen wohl gerne verzichten wollte.
Die BRD-Folgen wurden übrigens zwischen 02.10.83 und 04.12.83 im S3 erstausgestrahlt und zwischen 16.11.84 und 01.02.85 in der ARD wiederholt. Jeweils in folgender Reihenfolge (die nicht der Entstehungsreihenfolge entspricht):
- Verhängnsivolle Reise - Gespenster im Schloss - Das Spinnennest - Die Perle der Borgia - Die Kralle - Das Haus des Schreckens - Gefährliche Mission - Die Frau in grün - Juwelenraub - Jagd auf Spieldosen
Jetzt wäre noch interessant, was bei der DEFA-Version des "Hundes" am Ende gesagt wurde. Im Original sagt Holmes zu Watson: "Quick, Watson, the needle!", was eine Anspielung auf Holmes' Kokain-Abhängigkeit ist. In der Hamburger Version fiel dies unter den Tisch und es heißt nur: "Ah, Watson, wo bleiben Sie?" Hat man sich in der anderen Fassung auch darum gedrückt?
Was Auslassungen unliebsamer Themen (Drogen, Nazis etc.) angeht, haben sich die beiden Bearbeitungen nichts geschenkt...
Gruß Markus
P.S.: Danke für den Hinweis zur Endtafel, wieder ein Puzzleteil mehr. Wenn die Erstausstrahlungen auf SW und ARD liefen, wird das ZDF wohl keine Informationen haben. Ich hab aber noch eine andere Idee, wenn sich noch was ergibt, poste ich wieder.
Wieso hat man eigentlich in vielen dieser Filme die Musik ausgetauscht ? Man merkt teilweise wirklich, dass es nicht die Originalmusik ist. Das ist besonders bei "Sherlock Holmes in Washington" sehr störend, da irgendein Swing-Soundtrack verwendet wird, der absolut nicht passt.
Kam man nicht an die Tonbänder von Universal ran oder hat man eventuell die Geräusche und die Musik von der DEFA-Fassung übernommen ?
In den ersten 4 Filmen, die im Zeitraum 1992-1996 synchronisiert wurden, hatte man wohl die Bänder zur Verfügung. Zumindest beim "Hund von Baskerville" bin ich mir sicher, da in diesem Film ein starkes Hintergrundrauschen zu hören ist und sich auch die Geräusche als auch die Musik in diesem Film ziemlich verzerrt anhören.
Grundsätzlich stellt sich mir die Frage, ab wann es überhaupt technisch möglich war, IT-Bänder herzustellen. Ich würde hier den Zeitraum 1935-1940 annehmen, wobei zu prüfen wäre ob
a) für jeden Film solch eine Tonspur hergestellt wurde oder b) ob (wenn sie denn hergestellt wurde) die Tonspur noch existiert.