Nach meiner Ansicht findet perfekte Grammatik beim Synchronisieren dort seine Grenzen, wo Kindern in druckreifem makellosen Deutsch Sätze in den Mund gelegt werden, die kein Kind jemals so von sich geben würde. Das hört sich gräßlich an und macht Kinderrollen oft so schwer erträglich.
Das Gleiche gilt bei Charakteren aus bestimmten Millieus, wenn komplizierte Formulierungen oder auch nur einzelne Worte, die höchstwahrscheinlich nicht zum Wortschatz dieser Personen gehören, verwendet werden.
Zumindest in diesen beiden Fällen ist der Dialog-Autor in der Pflicht, authentisch wirkende Dialoge zu schreiben, da haben die Grammatik-Regeln untergeordnete Priorität.
Natürlich, aber dann müsste der Dialogautor im Zweifelsfalle auch eine andere sprachliche Ebene als das Original wählen, wenn diese dort nicht dem Alter oder der sozialen Herkunft entspricht.
Für etwas bestrafen oder loben - diese Formulierung kenne ich schon aus meiner Kindheit, und damals (DDR 70er) waren Anglizismen ganz und gar nicht üblich.
In der zweite Synchro von "Cocktail für eine Leiche" wird im Dialog "scheinbar" gesagt, wo es "anscheinend/offenbar" und "wie", wo es "als" heißen müsste. Und beide Fehler tauchen nicht nur einmalig, sondern an verschiedenen Stellen auf.
Zitat von Slartibartfast im Beitrag #87In "Dschafars Rückkehr" sagt Jago: "Dschafar hat mich mit seinem Schlangenzepter hypnotisiert - genau wie der Sultan." (Es müsste natürlich "den" heißen.)
Kommt auf den Zusammenhang an - ich kenne den Film nicht. "Dschafar hat mich mit seinem Schlangenzepter hypnotisiert - genau wie DER Sultan." > nicht nur Dschafar, sondern auch der Sultan haben mich (beide) mit IHREM Schlangenzepter hypnotisiert. "Dschafar hat mich mit seinem Schlangenzepter hypnotisiert - genau wie DEN Sultan." > Dschafar (und nur er als einziger) hat mich und auch den Sultan (uns beide) mit dem Schlangenzepter hypnotisiert.
Hätte ich vielleicht dazu sagen sollen, aber ich ging davon aus, dass der Zusammenhang bekannt ist: Im ersten Film (ALADDIN) wurde der Sultan von Dschafar hypnotisiert und jetzt (angeblich) auch Jago. Also wäre der Akkusativ korrekt.
Zitat von berti im Beitrag #97In der zweite Synchro von "Cocktail für eine Leiche" wird im Dialog "scheinbar" gesagt, wo es "anscheinend/offenbar" und "wie", wo es "als" heißen müsste. Und beide Fehler tauchen nicht nur einmalig, sondern an verschiedenen Stellen auf.
Lieber Berti, liebe Alle, ein Synchronstudio ist normalerweise nicht an das Seminar für Linguistik und deutsche Grammatik der Universität, Fachbereich Germanistik, angeschlossen ;-) Es geht hier um lebendige, aus dem Leben gegriffene Sprache, und die ist nun mal selten grammatikalisch korrekt. Und lippensynchron soll es dann ja auch noch sein: "Wie" und "als" werden vom Mund aber sehr unterschiedlich geformt, um nur ein Beispiel zu nennen.
Zitat von Sandokan im Beitrag #99Es geht hier um lebendige, aus dem Leben gegriffene Sprache, und die ist nun mal selten grammatikalisch korrekt. Und lippensynchron soll es dann ja auch noch sein: "Wie" und "als" werden vom Mund aber sehr unterschiedlich geformt, um nur ein Beispiel zu nennen.
Bei den beiden Szenen, in denen es "wie" statt "als" hieß, spielte Lippensynchronität keine Rolle. Bei der Dialogstelle "...wie es passiert ist." - "Wie was passiert ist?" sieht ma weder Brandons noch Ruperts Gesicht, sondern eine Nahaufnahme von Brandons Tasche, in der er den Revolver umklammert. Bei dem "Dachtest du, du wärst Gott, wie du ihn umgebracht hast?" ist Rupert Cadell (Jmaes Stewart) zwar im Bild zu sehen, aber er steht weiter von der Kamera entfernt. Ich weiß, die Unterscheidung von "scheinbar/anscheinend" klingt oberlehrerhaft, aber Verwechslungen können sich negativ auf das Textverständnis auswirken, so auch hier ("Scheinbar ist alles teurer geworden." "Du hast scheinbar ein großes Talent im Hühnerstrangulieren.").
Zitat von Sandokan im Beitrag #99Lieber Berti, liebe Alle, ein Synchronstudio ist normalerweise nicht an das Seminar für Linguistik und deutsche Grammatik der Universität, Fachbereich Germanistik, angeschlossen ;-) Es geht hier um lebendige, aus dem Leben gegriffene Sprache, und die ist nun mal selten grammatikalisch korrekt. Und lippensynchron soll es dann ja auch noch sein: "Wie" und "als" werden vom Mund aber sehr unterschiedlich geformt, um nur ein Beispiel zu nennen.
Auch, wenn ich nicht der liebe Berti bin; ich stimme der Aussage, dass man nicht unbedingt grammatikalisch PERFEKT texten muss, durchaus zu. Und gewisse Situationen oder Rollen benötigen natürlich auch eine entsprechende Sprache. Aber "wie" und "als" sollte man nicht verwechseln. Vor allem nicht, da das im Grunde eine regionale Eigentümlichkeit Deutschlands ist, quasi dialektbedingt. Und "scheinbar" und "anscheinend" sind zwei sehr verschiedene Worte, die nur scheinbar von identischer Bedeutung sind - was anscheinend immer noch viele Leute nicht wissen.
In diesem Thread machen sich langsam die gleichen Irrtümer breit wie in jeder Diskussion über korrekte Sprache. Ja, die Leute reden auf der Straße nicht alle korrekt und ja, die Sprache wird laufend bewsusst und vor allem unbewusst verändert, von denjenigen, die sie benutzen. Darum geht es aber gar nicht! Die Korrektheit der Sprache ist bei Synchros nicht weniger als ein Stilmittel, um die soziale Herkunft einer Figur wiederzugeben. Im Grunde alle fiktiven Geschichten, besonders aber amerikanische Plots, legen die handelnden Personen nicht realistisch an, sondern elementarisiert. So werden Filmfiguren wenn nicht anders von Nöten praktisch immer als "hochgestellte Persönlichkeiten" charakterisiert, was in der Synchro durch korrekte Grammatik etc. ausgedrückt wird. Abweichungen hiervon gibt es: 1. um Zugehörige einer anderen Schicht als solche zu charakterisieren 2. um Altersunterschiede (eta zwischen Teenagern und Erwachsenen) auszudrücken 3. um Humor oder Kernigkeit einzubauen (dies geschieht aber eher inhaltlich; sogar Actionhelden sprechen meist grammatikalisch korrekt)
Dies sind alles Konventionen und als solche keineswegs unumstößlich. Aber der Sinn daran zu drehen kann nicht sein, etwas realistisch erscheinen zu lassen, was nie realistisch gedacht war. Und wer ganz allgemein unkorrekte Grammatik verwendet, sollte zumindest wissen, wie es richtig ist. Dies meisten Veränderungen der deutschen Sprache geschehen nämlich aus Unwissenheit und mangelndem Sprachgefühl und sind somit nicht per se eine Bereicherung, wie man (zu) oft hört.
Zitat von Slartibartfast im Beitrag #87In "Dschafars Rückkehr" sagt Jago: "Dschafar hat mich mit seinem Schlangenzepter hypnotisiert - genau wie der Sultan." (Es müsste natürlich "den" heißen.)
Ein ähnlicher Fehler ist vor zwei Jahren auch Alexander Löwe in "Tim und Struppi - Das Geheimnis der Einhorn" passiert und wurde seinerzeit auch ausführlicher diskutiert: "egal, ob mit oder ohne Ihre Hilfe" http://www.youtube.com/watch?v=jfCo4XEwuGA
Nicht ganz: Der falsche Kasus bei der Präposition "mit" fällt weniger auf, weil er durch den korrekten Akkusativ bei "ohne" verdrängt wird. Ich glaube mich zu erinnern, dass sowas grammatikalisch sogar geht. Das Ding bei Aladdin erzeugt einen klassischen Bezugsfehler mit Missverständnisrisiko.
Im letzten Drittel von "Winnetou III" wird der Gouverneur (Carl Lange) gefragt, ob er das Militär einsetzen wolle, "weil ihm Namen irgendeiner Rothaut irgendein Waldläufer eine Depesche" geschickt. Er antwortet (mit der Stimme von Curt Ackermann) entrüstet: "Das ist nicht irgendein Waldläufer und irgendeine Rothaut!" Korrekt wäre natürlich "Das sind nicht..." gewesen.