Mir ist gerade noch Herbert Weicker eingefallen! Soweit ich weiß hat auch Theaterschauspieler Peter Pasetti synchronisiert. Was ist eigentlich mit Peer Augustinski?
Er
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15.05.2010 20:29
#32 RE: Synchronisation früher besser und heute schlechter?
Ich finde vor allem den Unterschied in Duktus und Sprachmelodie krass. Diese "harte" Sprechweise, das rollende R, ich glaube viele Menschen aus anderen Ländern verbinden auch heute noch diesen Klang mit dem Deutschen - nicht zuletzt dank eines gewissen Reichskanzlers. Das beste Beispiel ist wohl die Einleitung in der alten Fassung vom "dritten Mann", die hier ja auch schon verlinkt wurde. Ich kann es überhaupt nicht in Worten beschreiben, einfach anhören. Das ist für mich der typische alte Klang unserer Sprache - auch oder gerade in alten Synchros. Ich weiß gar nicht, wann das aufgehört hat und wann die Leute angefangen haben "normal" bzw. richtiger, so wie heute zu sprechen, da muss irgendwann ein Bruch stattgefunden haben, denn einen richtigen "Übergang" konnte ich nie feststellen. Frauenstimmen sind für mich in alten Synchros im hoch und zart und gleichsam schüchtern wie neugierig oder etwas tiefer (wenn) beleidigt. Hab so richtig die Stimmen im Ohr, kann aber nicht sagen, woher. Marquis und Co. sprachen ja schon wieder sehr phrasiert, gebunden, schmeichelhaft für's Ohr, wenn sie nicht gerade Befehle gaben.
Zitat von IschIch finde vor allem den Unterschied in Duktus und Sprachmelodie krass. Marquis und Co. sprachen ja schon wieder sehr phrasiert, gebunden, schmeichelhaft für's Ohr, wenn sie nicht gerade Befehle gaben.
Dem stimme ich uneingeschränkt zu. Das sind übrigens genau die Dinge, die man in einer klassischen Theaterausbildung lernt. Der Begriff schmeichelhaft passt dazu sehr gut, es wirkte nie gezwungen sondern überaus natürlich und gewissermaßen wie aus dem Ärmel geschüttelt. Die heute übliche Sprache unterscheidet sich leider teilweise sehr grundsätzlich in Intonation, Tonhöhenverlauf, Stimmführung, Sprachmelodie usw. Dass die wirklich "einzigartigen" und unverwechselbaren Stimmen (siehe Liste der in diesem Thread genannten Schauspieler) immer weniger werden, mag neben der fundierteren Ausbildung und dem Werdegang auch damit zusammenhängen, dass früher speziell an den Theatern überaus harte und strenge Auswahlverfahren bei der Selektion von Bewerbern üblich waren.
Zitat von IschDas beste Beispiel ist wohl die Einleitung in der alten Fassung vom "dritten Mann", die hier ja auch schon verlinkt wurde. Ich kann es überhaupt nicht in Worten beschreiben, einfach anhören. Das ist für mich der typische alte Klang unserer Sprache - auch oder gerade in alten Synchros.
So schlimm fand ich den Off-Sprecher bzw. Schauspieler zu Beginn aber nicht. Man merkt zwar, dass er auch noch den alten Sprach-Duktus inne hat, aber durch den leichten Dialekt kommt das Wiener Flair vielleicht noch besser durch. Zu dem früheren Sprachduktus fallen mir dann auch noch Äußerungen ein, die heute nicht mehr verwendet werden, wie z.B. "Sei nicht so töricht" (so gehört in "Du lebst noch 105 Minuten" bzw. "Sorry, wrong number", USA 1948).
Der Wechsel, dass man etwas "lockerer" sprach könnte vielleicht etwa in der ersten Hälfte der 60er Jahre stattgefunden haben, als man in Berlin versuchte etwas von der "Berliner Schnauze" in die Synchros mit einfließen zu lassen.
Zitat von WilloughbyDas die wirklich "einzigartigen" Stimmen (siehe Liste der in diesem Thread genannten Schauspieler) mehr und mehr aussterben, mag neben der fundierteren Ausbildung auch damit zusammenhängen, dass früher speziell an den Theatern überaus harte und strenge Auswahlverfahren bei der Selektion von Bewerbern üblich waren.
Was war bei den Auswahlverfahren früher anders als heute ? Hing noch mehr von der Stimme oder vom Talent ab, dass der angehende Schauspielschüler hatte (oder nicht) ?
Zitat von LammersWas war bei den Auswahlverfahren früher anders als heute? Hing noch mehr von der Stimme oder vom Talent ab, dass der angehende Schauspielschüler hatte (oder nicht)?
Da bin ich Deiner Meinung, die individuelle Begabung und eine gewisse Einzigartigkeit des Ausdrucks und der Persönlichkeit.
Zitat von Freddy KrügerMir ist gerade noch Herbert Weicker eingefallen! Soweit ich weiß hat auch Theaterschauspieler Peter Pasetti synchronisiert. Was ist eigentlich mit Peer Augustinski?
Augustinski ist/war auch Theaterschauspieler. Unterschlagen sollte man natürlich auch nicht Hochkaräter wie Curt Ackermann, Horst Niendorf, Rolf Schult, Christian Brückner, Eckart Dux oder Tilly Lauenstein, die allesamt auf der Bühne begonnen haben und zu Synchronlegenden wurden. Sehr gut haben mir im Atelier auch Hansjörg Felmy und Harald Leipnitz gefallen.
Wo wir grad bei Raritäten sind: Ein Ausschnitt aus "Hoppla Lucy" http://www.youtube.com/watch?v=lyD69tmk_R4 Die DF stammt zwar immerhin schon aus den 70ern, aber ich finde Tante Agathe hat auch noch was von diesem Duktus.
Interessant übrigens die aus heutiger Sicht damals jungen Sprecher Edith Schneider und Friedrich Schoenfelder. Welch ein Zufall, dass beide noch leben.
Naja "jung". Friedrich Schoenfelder dürfte da auch schon in seinen späten 50ern/ frühen 60ern gewesen sein. Wie ich finde hat seine Stimme sich auch gar nicht sooo stark verändert. Schade, dass Will Quadflieg und Gustaf Gründgens nicht synchronisiert haben.
Zitat von Herr FrodoNaja "jung". Friedrich Schoenfelder dürfte da auch schon in seinen späten 50ern/ frühen 60ern gewesen sein. Wie ich finde hat seine Stimme sich auch gar nicht sooo stark verändert. Schade, dass Will Quadflieg und Gustaf Gründgens nicht synchronisiert haben.
Deswegen schrieb ich auch "aus heutiger Sicht damals jung"
Zur Abwechslung einmal ein paar Gründe, die aus meiner Sicht für moderne und gegen die alten Synchros sprechen:
1. Aufnahme- und Sprechtechnik
Bis in die 60er Jahre hören sich viele Synchros an wie die "Tönende deutsche Wochenschau", was einerseits an der schlechten Tontechnik, andererseits an der Sprechweise eben jener Theaterschauspieler lag, die im Studio oftmals so argiert haben als müßten sie allein mit der Kraft ihrer Stimme ein ganzes Theater beschallen. Da wurrrde seehrrrr starrrrkt betoooont... Klingt heute irgendwie albern und unnatürlich.
2. Übersetzung
Die Übersetzung war damals nicht minder verfälschend als heute. Auch hier bemerkte man den Einfluß des Theaters. Das hat für mich nichts mit dem "schönen alten Klang unserer Sprache" zu tun, sondern atmet oftmals den spießigen, piefigen Odem jener Zeit. Knallharte oder "coole" Originaldialoge wurden entschärft und in die persilweiße Sprache der 50er und 60er übertragen. Auch das klingt heute albern und unnatürlich.
Selbst G.G. Hoffmanns Sprechweise klingt gemessen an heutigen Synchros etwas verstaubt. Ich finde, daß man unter den sich ständig verschlechternden Rahmenbedingungen (hoher Zeitdruck, schlechte Bezahlung) heute bessere Synchros abliefert als früher. Die Dialoge sind näher am Original, die Tontechnik hat sich erheblich verbessert und die Sprache ist natürlicher geworden. Das läßt sich natürlich nicht für alle Fälle verallgemeinern und Kritik in vielen Einzelfällen ist nach wie vor berechtigt. Aber insgesamt betrachtet ist aus meiner Sicht in den vergangenen 80 Jahren eine ständige Verbesserung der Qualität festzustellen. So sollte es wohl auch in jeder Branche sein.