Mit grossem Interesse habe ich mir diesen etwas älteren Thread durchgelesen und möchte einige Anmerkungen machen.
* Bei Schauspielern, die sich selbst synchronisieren, besteht bei manchen eine kleine Gefahr-nämlich die, dass sie vergessen, sich hier "nur" selbst synchronisieren zu müssen. Der jeweilig Betroffene muss die Rolle nicht mehr neu erarbeiten, er muss sie sich nur noch einmal in Erinnerung rufen. Wie ein Schauspieler im Theater, der ja meist mehrere Rollen in verschiedenen Stücken spielt. Manche Schauspieler/innen, wie Romy Schneider, Curd Jürgens, Gert Fröbe, die waren sich ihrer Aufgabe sehr bewusst. Und waren eine Einheit mit ihrer Erstinterpretation. Weil sie wussten, dass Film eben Film ist und kaum mehr etwas verändert werden kann. Dann gibt es aber Schauspieler, die in einer Selbstsynchronisation die Möglichkeit sehen, ihr Spiel zu "verbessern" wie am Theater, wo man am nächsten Abend die Rolle anders, besser, nuancierter spielen kann. * Wenn ein besonders selbstkritischer Schauspieler sich dann synchronisieren soll, besteht sehr wohl die Gefahr, dass er durch seine gewollten Verbesserungen widersprüchlich zur eigentlichen Rolle synchronisiert. Und ein Synchronregisseur wird bei einem grossen "Star" wohl nicht so leicht mit der Faust auf den Tisch hauen können, wie bei den versierten Synchronprofis, die ja bis ins kleinste Detail wissen, was abläuft. * Problematisch ist es vielleicht auch, wenn ein Film für massive Furore sorgt und dann muss jemand sich selbst synchronisieren und hat den Druck, das zu 200% machen zu müssen. * In einem TV-Interview sagte etwa Maximilian Schell zum "Nürnberg"-Film, er habe Ängste ausgestanden vor der Synchronarbeit zu diesem Film und wäre die Erwartungshaltung an ihn nicht so hoch gewesen, hätte er gerne gekniffen. Laut seiner Meinung neige er in der deutschen Fassung fallweise zu Übertreibungen. * Ähnliches sehe ich bei Klaus Maria Brandauer, der nicht unbedingt ein Favorit unter meinen Bond-Schurken ist, aber im Original wesentlich besser wirkt. Beim Synchronisieren ist er oft so aufgedreht, fast als wäre es ihm peinlich, in so einem Nonsense-Film spielen zu müssen. Seine Synchronarbeiten in ernsten Filmen ("Jenseits von Afrika", "Das Russlandhaus") sind stets besser als jene, die eher unrealistischer Eskapismus sind. * Oskar Werner, der hat sich m. E. stets hervorragend synchronisiert und er ist einer jener Darsteller, die ohne ihre eigene Stimme unglaublich viel verlieren. Ähnlich wie auch Bela Lugosi. Das waren Schauspieler, die nahezu 90% ihrer Wirkung aus der Stimme holten. Werner mit Fremdstimme geht gar nicht. Er war in den 50er-Jahren ein erfolgreicher Kino-Star, hat aber dann sehr drastisch Schluss gemacht damit, sonst wäre er in einer ähnlichen Kitsch-Schublade wir Romy Schneider gelandet. Trotzdem wollten sich viele "Jules und Jim" ansehen, weil er endlich wieder filmte. Nur ging das mit anderer Stimme weniger gut. Werner selbst sagte, das Synchronisieren habe für ihn einfach dazu gehört. Bei "Jules und Jim" hätte man ihm angeboten, zusammen mit anderen Schauspielern zu einem Testsprechen zu gehen-für seine eigene Rolle. Das hätte er als Demütigung empfunden. Laut Dokumenten rund um eine Ausstellung zu Werner im Wiener "Theatermuseum" ist das kein Hirngespinst, sondern ein Fakt. Da das Publikum Werner auch aus sehr vielen Rezitationsprogrammen auf Tourneen und im Rundfunk kenne, wäre es möglich, dass eine Selbstsynchronisation auf Ablehnung stossen könne. * Peter Ustinov/Christopher Lee: ich liebe die eigenen Stimmen dieser Legenden, aber ich hätte sie deutsch doch nicht gerne in allzuvielen Rollen gehört. Wenn sie Rollen synchronisierten, wo ihr Akzent keineswegs störte, passten sie sehr gut auf sich selbst. Anders dann, wenn sie durch ihren Akzent unglaubwürdig wurden, weil er im Widerspruch zur Rolle stand. Und im Widerspruch zur anderen Sprechweise. Christopher Lee spielte in "Captain Invincible" eine seiner besten Rollen (und erwies sich als herrlicher Tänzer und Musicalsänger). Seiner eigenen Synchronisation fehlt aber die Feinheit und der Esprit der OF. Der Akzent und die eigentümlichen Betonungen widersprechen oft dem Charakter-und wenn er dann in akzentfreiem Englisch singt, ist der Gegensatz sehr krass. Diese selbstparodistische Rolle hätte Herbert Weicker gebührt!
Zitat von fortinbras im Beitrag #61 * Peter Ustinov/Christopher Lee: ich liebe die eigenen Stimmen dieser Legenden, aber ich hätte sie deutsch doch nicht gerne in allzuvielen Rollen gehört. Wenn sie Rollen synchronisierten, wo ihr Akzent keineswegs störte, passten sie sehr gut auf sich selbst. Anders dann, wenn sie durch ihren Akzent unglaubwürdig wurden, weil er im Widerspruch zur Rolle stand. Und im Widerspruch zur anderen Sprechweise. Christopher Lee spielte in "Captain Invincible" eine seiner besten Rollen (und erwies sich als herrlicher Tänzer und Musicalsänger). Seiner eigenen Synchronisation fehlt aber die Feinheit und der Esprit der OF. Der Akzent und die eigentümlichen Betonungen widersprechen oft dem Charakter-und wenn er dann in akzentfreiem Englisch singt, ist der Gegensatz sehr krass. Diese selbstparodistische Rolle hätte Herbert Weicker gebührt!
Da gebe ich dir vollkommen recht, fortinbras! Immer wieder gerne schaue ich auch aus dem Grund Das Böse unter der Sonne, wo Peter Ustinov sich selber synchronisiert hat. Die lockere Note, die in dem Film mitschwingt und vor allem auch durch die fantastische Musik getragen wird, wird durch Ustinovs Sprachstil im Deutschen mit dem Akzent und der leicht in die höhe rutschenden Tonlage fortgeführt. Einfach gut und passend!
Wenn die Varianz dann aber soweit geht, dass eine ganze Rolle charakterliche Änderungen, z. B. durch ein unmotiviertes Einsprechen des deutschen Textes durch den Schauspieler, oder auch nur durch zu häufige Holperer bei einzelnen Wörtern oder Sätzen erfährt, dann ist das Vorgehen eigentlich nicht mehr vertretbar.
Andersherum funktioniert es allerdings auch. Als Beispiel wäre Diane Kruger zu nennen. Ihre Sprechweise ist im Deutschen merklich durch den Tonfall des Amerikanischen geprägt und wirkt daher irgendwie befremdlich. Sie sprach sich jedoch zum Beispiel in Troja und Das Vermächtnis der Tempelritter selber. Besonders im Vermächtnis klang sie auf ihre Rolle ganz passabel; eben etwas nachdenklicher, beflissener. Krugers Synchronisation übernahm in der Fortsetzung Das Vermächtnis des geheimen Buches Stephanie Kellner. Kellner legte die Rolle anders an, lebendiger, etwas "zickiger", aufgedrehter. Dadurch, finde ich, hat sich die Rolle der Abigail Chase vom ersten zum zweiten Teil komplett gewandelt. Kann nur an mir liegen, aber ich fand das störend.
hier vermisse ich absolut keinen Synchronsprecher. Von allen Ustinov-Poirots ist mir dieser am Liebsten, u.a. auch wegen der von dir angesprochenen Musik-Cole Porter ist die ideale Klangwelt für diese Krimi-Märchenwelt, aber auch weil hier die Stimme ideal ist. Hier passt die Selbstsynchro einfach perfekt, weil Ustinov doch den Poirot sehr wie sich selbst spielt und er einen Akzent haben darf/muss/soll. Bei seinen anderen Stimmen in Poirot-Filmen wählte man nicht unbedingt optimal. Darum ist es schon fast kurios, dass diese Leistung hier nicht von einem Synchronsprecher kommt.
Zu Diane Kruger:
Leider kann ich da absolut nicht mitreden, weil diese Frau auf mich bislang keinen sonderlichen Eindruck machte. Ich kann zu eher zeitgenössischen Synchronisationen relativ wenig sagen. Aber generell...
zu "amerikanisiertem" Sprechstil deutscher Fassungen:
bei Filmen wie "Inglorious Basterds" etwa fiel mir sehr auf, dass die deutschen Darsteller beim Selbstsynchronisieren kaum Rücksicht nahmen auf eine normale deutsche Sprachgestaltung. Selbst Christoph Waltz übertreibt es deutsch etwas. Viele deutsche Schauspieler reden sich selbst so, dass ich mich frage, warum sie nicht gleich so mit Akzent sprechen wie Chris Howland in seinen Schlagerfilmchen. Was aber auch eine Anweisung "von oben" sein kann, so wie generell manche Synchronschauspieler, die primär in US-Blockbustern zu sehen sind, eine eigentümliche Sprechweise entwickelt haben. Besonders schlimm ist das m. E. bei Martin Kessler, der immer dieselbe Sprechweise für alle Charaktere hat. Da ich nicht glaube, dass ein Sprecher das macht und andere imitieren, vermute ich stark eine Einflussnahme auf die Synchronfassungen.
Zitat von fortinbras im Beitrag #63 zu "amerikanisiertem" Sprechstil deutscher Fassungen:
bei Filmen wie "Inglorious Basterds" etwa fiel mir sehr auf, dass die deutschen Darsteller beim Selbstsynchronisieren kaum Rücksicht nahmen auf eine normale deutsche Sprachgestaltung. Selbst Christoph Waltz übertreibt es deutsch etwas. Viele deutsche Schauspieler reden sich selbst so, dass ich mich frage, warum sie nicht gleich so mit Akzent sprechen wie Chris Howland in seinen Schlagerfilmchen. Was aber auch eine Anweisung "von oben" sein kann, so wie generell manche Synchronschauspieler, die primär in US-Blockbustern zu sehen sind, eine eigentümliche Sprechweise entwickelt haben. Besonders schlimm ist das m. E. bei Martin Kessler, der immer dieselbe Sprechweise für alle Charaktere hat. Da ich nicht glaube, dass ein Sprecher das macht und andere imitieren, vermute ich stark eine Einflussnahme auf die Synchronfassungen.
Ich verstehe, was du meinst. Diese Sprechweise ist es auch bei Frau Kruger. Ihre deutschen Sätze sind recht müde gesprochen und nicht selten auf dem völlig falschen Wort betont, hin und wieder etwas vernuschelt (amerikanisch). So ergab sich in der deutschen Tonfassung von "Das Vermächtnis der Tempelritter" der lustige Dialog, als Ben Gates (Cage) im Büro auf Abigail Chase (Kruger) trifft: Gates: "Chase... Der Name stammt nicht aus dieser Gegend hier.", Chase: "Nein, meine Familie kommt aus Deutschland." - Abgesehen davon, dass Chase natürlich kein deutscher Nachname ist, mag diese Konotation im Originalton noch Sinn ergeben, da vielen Amerikanern Krugers Sprechweise deutsch oder zumindest ausländisch vorkommen mag. In der deutschen Fassung macht dieser Einschub leider überhaupt keinen Sinn, da Kruger für deutsche Ohren fremd und eher amerikanisch klingen mag. Insofern können Selbstsynchronisationen auch den Sinn von solchen - zugegebenermaßen - unnützen Einschüben verfälschen.
Christoph Waltz' Leistungen bei deutschen Vertonungen wirken irgendwie zu angestrengt, das stimmt. Ich fürchte bei ihm liegt das aber auch daran, dass ihm diese Sprechweise nicht durch seine Amerikaaufenthalte zugetragen wurde, sondern, dass ihm diese einfach ureigen ist. Schaut man sich frühere Interviews mit ihm an, kann man das schnell feststellen. Es gibt ja durchaus Schauspieler, die in ihrer Muttersprache nicht so gut klingen, wie in einer Fremdsprache. Vorsichtig würde ich Waltz auch dieser Kategorie zuordnen wollen. Seine kurze sprachliche Leistung im 2. deutschen Trailer von "Epic - Verborgenes Königreich" ist zum Beispiel alles andere als eine Meisterleistung.
Was Martin Kessler angeht. Das kann ich nicht recht beurteilen.
Er hat tatsächlich eine sehr eigentümliche Sprechweise, allerdings funktioniert sie deutsch sehr gut und auch englisch. Nur passt er seinen Sprechstil immer sehr den regionalen Anforderungen an, weswegen ich ihn bei Selbstsynchronisationen oft etwas "übertrieben" finde.
Zu Schauspielern, die in fremder Sprache besser klingen:
Das ist auch ein sehr interessantes Thema! Aber die Beispiele, die mir dazu einfallen, sind eher älteren Datums. *Karin Dor so sehr ich sie schätze, sie war in ihrer stimmlichen Ausdrucksweise oft etwas verkrampft. Man wusste stets genau, wie sie welche Szene spielen wird. Hört man sie Englisch, scheint diese Art von sprachlicher Verkrampfung vollkommen abgefallen zu sein. In "The Face of Fu Man Chu" etwa ist sie in der englischen Version lockerer, glaubwürdiger und facettenreicher. * Helmut Berger Es kursieren ja die seltsamsten Geschichten, warum er sich nie selbst synchronisierte. Unsinn ist sicher, dass er so schlecht sprechen konnte, dass man ihn überall synchronisierte. Man kann ihn in deutsch gedrehten Filmen selbst hören-und da hört man einen ganz eigenartigen Dialekt-Einfall. Der würde sich auf manchen Rollen seltsam anhören. Sein Italienisch hört sich auch eigentümlich akzentuiert an und französisch wird er stets sehr "singend". Nicht jedoch, wenn er Englisch spricht! In "Gewalt und Leidenschaft" ist er original selbst zu hören (O-Ton, der Film wurde in Englisch gedreht). Ebenso vermutlich in der englischen O-Ton-Fassung von "Ludwig", da sah ich mal ein englisches Making of. In beiden Fällen spricht er ein sehr geschmeidiges, fast akzentfreies Englisch und das hört sich wunderbar an. Und, mir fällt kein besseres Wort ein, "männlicher" als es sich bei Jürgen Clausen anhörte.
Zitat von fortinbras im Beitrag #65 Zu Schauspielern, die in fremder Sprache besser klingen:
Das ist auch ein sehr interessantes Thema! Aber die Beispiele, die mir dazu einfallen, sind eher älteren Datums. *Karin Dor so sehr ich sie schätze, sie war in ihrer stimmlichen Ausdrucksweise oft etwas verkrampft. Man wusste stets genau, wie sie welche Szene spielen wird. Hört man sie Englisch, scheint diese Art von sprachlicher Verkrampfung vollkommen abgefallen zu sein. In "The Face of Fu Man Chu" etwa ist sie in der englischen Version lockerer, glaubwürdiger und facettenreicher. * Helmut Berger Es kursieren ja die seltsamsten Geschichten, warum er sich nie selbst synchronisierte. Unsinn ist sicher, dass er so schlecht sprechen konnte, dass man ihn überall synchronisierte. Man kann ihn in deutsch gedrehten Filmen selbst hören-und da hört man einen ganz eigenartigen Dialekt-Einfall. Der würde sich auf manchen Rollen seltsam anhören. Sein Italienisch hört sich auch eigentümlich akzentuiert an und französisch wird er stets sehr "singend". Nicht jedoch, wenn er Englisch spricht! In "Gewalt und Leidenschaft" ist er original selbst zu hören (O-Ton, der Film wurde in Englisch gedreht). Ebenso vermutlich in der englischen O-Ton-Fassung von "Ludwig", da sah ich mal ein englisches Making of. In beiden Fällen spricht er ein sehr geschmeidiges, fast akzentfreies Englisch und das hört sich wunderbar an. Und, mir fällt kein besseres Wort ein, "männlicher" als es sich bei Jürgen Clausen anhörte.
Ich denke, dass man bei diesem Thema auch kaum ein richtig aktuelles Beispiel finden kann. Herr Waltz wurde hier von mir ja nur unter Vorbehalt angeführt. Meiner Meinung nach, lässt sich die Problematik, wenn man es denn so nennen will, tatsächlich auf die Herkunft und den Jahrgang des jeweiligen Schauspielers zurückführen. Viele Schauspieler hatten damals einen dilaktalen Einschlag in ihrer Aussprache und Betonung. Trotz Sprachtraining in der Schauspielschule, so sie denn früher oder später eine besucht haben, haben sich bei vielen Nuancen ihres Heimatdialektes auch beim Sprechen des Hochdeutschen erhalten. Liegt einfach daran, dass besonders Kinder, die im deutschsprachigen Raum nicht in Großstädten aufwuchsen mit dem Dialekt ihrer Heimat im Familien- und Freundeskreis großgeworden sind. Eine Fremdsprache kam dann erst später dazu, bei vielen Schauspielern in wirklich umfänglicher Form erst während ihrer Schauspielkarriere. Da hier dann kein Lernen durch das Umfeld stattfand, sondern die Sprache quasi schulisch von Grund auf erlernt wurde, kann es dort auch nicht zu einer Varianz wie in der Muttersprache gekommen sein. So kann das Deutsche von ihnen durchaus mit "eigenartigen Dialekt-Einfällen" durchsetzt gewesen sein, Fremdsprachen aber in ihrer Akzentuierung aber besonders fein und gut. Ich denke, so kann man das ganz gut erläutern?
Auch in der Synchronbranche ist es bei vielen bekannteren Sprechern der Fall gewesen, dass in ihrer Synchronarbeit dialektalen Nuancen immer wieder zu hören waren.
"Ich glaube, das kann man so ganz gut erläutern." ------------------------------------------
Keine falsche Bescheidenheit bitte! Das war ein hochprofessioneller, sehr relevanter Beitrag zum Thema!
Dazu noch kleinere Bemerkungen:
* Die Anzahl deutscher Schauspieler im internationalen Film war früher erheblich höher als heute. Darum gibt es auch relativ wenige zeitgenössische Beispiele.
* Das früher von Deutschen gesprochene Englisch war, trotz aller Akzente, ein sehr britisches. Wenn man Wolfgang Preiss, Heinz Drache oder auch Joachim Fuchsberger englisch sprechen hört, ist das sehr elegant und verständlich. Auch in amerikanischen Filmen. Maria Schell war meiner Meinung nach in englischsprachigen Filmen wesentlich subtiler als in deutschen Produktionen. Heute ist auch das Englisch der deutschen Schauspieler sehr amerikanisiert, bzw wie Christoph Waltz in einem Interview sagte, wäre es oft sehr peinlich, was man mit dem "Voice-Coach" so erarbeiten müsse. Und das schlägt sich sicher auch auf die Selbstsynchronisation nieder.
* Ich vergleiche eine gute Synchronisation sehr gerne mit gut interpretierter Musik, bei der alle spezifischen Klangfärbungen der jeweiligen Instrumente zur Geltung kommen. Ich mag keine Dialektsynchronisationen und wenn jemand wirklich extreme Einfärbungen hat, schadet das manchmal dem Film. Aber diese klitzekleinen Nuancen in der Sprechweise, die ergeben eine unglaublich musikalische Gesamtklangwelt. Das fehlt mir heute sehr, allerdings auch bei vielen Schauspielern vor der Kamera und auf der Bühne. Es gibt heutzutage fast so etwas wie ein "Einheitsdeutsch", das bei weitem nicht so facettenreich ist, wie man es früher hörte. Wenn man nicht gerade regional irgendwie zum Zug kommt, dann ist Dialekt natürlich hinderlich. Aber die kleinen Nuancen der Herkunfts-Dialekte zu verbinden mit schönem Deutsch, das ergibt "Persönlichkeit". Und die Illussion, dass die Stimmen im Film geographisch von überall herkommen. Ich war eineinhalb Jahre auf der Schauspielschule und kann dir versichern, dass (zumindest wo ich war) dort alles unternommen wurde, um eine absolut einheitliche Sprechweise zu erzeugen. Das wird dann steril. Das ist zwar 16 Jahre her, dürfte sich aber kaum verändert haben.
Zitat von fortinbras im Beitrag #67 * Ich vergleiche eine gute Synchronisation sehr gerne mit gut interpretierter Musik, bei der alle spezifischen Klangfärbungen der jeweiligen Instrumente zur Geltung kommen. Ich mag keine Dialektsynchronisationen und wenn jemand wirklich extreme Einfärbungen hat, schadet das manchmal dem Film. Aber diese klitzekleinen Nuancen in der Sprechweise, die ergeben eine unglaublich musikalische Gesamtklangwelt. Das fehlt mir heute sehr, allerdings auch bei vielen Schauspielern vor der Kamera und auf der Bühne. Es gibt heutzutage fast so etwas wie ein "Einheitsdeutsch", das bei weitem nicht so facettenreich ist, wie man es früher hörte. Wenn man nicht gerade regional irgendwie zum Zug kommt, dann ist Dialekt natürlich hinderlich. Aber die kleinen Nuancen der Herkunfts-Dialekte zu verbinden mit schönem Deutsch, das ergibt "Persönlichkeit". Und die Illussion, dass die Stimmen im Film geographisch von überall herkommen. Ich war eineinhalb Jahre auf der Schauspielschule und kann dir versichern, dass (zumindest wo ich war) dort alles unternommen wurde, um eine absolut einheitliche Sprechweise zu erzeugen. Das wird dann steril. Das ist zwar 16 Jahre her, dürfte sich aber kaum verändert haben.
Schön, dass die Diskussion so in Schwung bleibt!
Stimmt, das Durchsetzen eines sterilen, normierten Hochdeutsch ist nicht gerade förderlich, was das Schaffen von einer guten Klangatmosphäre betrifft. In Synchros der 50er und 60er Jahre, teilweise auch noch in solchen aus den 70er Jahren schafft die deutsche Synchro auch den Charakter einer Rolle, abseits der Leistung des Schauspielers, über solche Nuancen im Deutschen mitzugestalten. Ich denke da vor allem an Rollen von damals älteren Synchronschauspielern: Paul Wagner etwa als Familienvater par excellence Joseph Newton (Henry Travers) in "Im Schatten des Zweifels" (dt. 1969) oder als betagter Sheriff Al Chambers (John McIntire) in "Psycho" (1960). Wagners Sprechweise ist mir einfach unheimlich sympathisch. Auch Curt Ackermann, dessen Leistungen ich sehr schätze, sprach die Rolle des Gandalf (William Squire) im Zeichentrickfilm "Der Herr der Ringe" (1978) hin und wieder mit leicht süddeutschen Einschlägen. So polterte er bei seinem Zusammentreffen mit Saruman sehr schön mit rollendem R: "Du willst dich mit ihm verbünden? Mit Mo-rrr-dor, mit Sau-rrron?!". Dem Hörgenuss tut das allerdings keinen Abbruch, es macht die deutsche Fassung eher lebendig. Sicherlich gibt es noch bessere Beispiel, nur waren das die, die mir besonders im Gedächtnis blieben.
Zitat von fortinbras im Beitrag #61In einem TV-Interview sagte etwa Maximilian Schell zum "Nürnberg"-Film, er habe Ängste ausgestanden vor der Synchronarbeit zu diesem Film und wäre die Erwartungshaltung an ihn nicht so hoch gewesen, hätte er gerne gekniffen. Laut seiner Meinung neige er in der deutschen Fassung fallweise zu Übertreibungen.
Nachdem ich anhand der DVD vergleichen konnte, ist mir das auch aufgefallen: Schells manchmal extremes Schreien in der Synchronfassung unterscheidet sich deutlich vom O-Ton, wo er zwar auch lauter wird, aber nicht so exzessiv. Dieses Brüllen passt auch nicht ganz zur Charakterisierung des Verteidigers Rolfe*, der (trotz teilweise moralisch äußerst fragwürdiger Handlungen und zweifelhafter Aussagen) gerade NICHT als Nazi erscheint (was dem Drehbuch hoch anzurechnen ist). Natürlich muss man einräumen, dass Maximilian Schell zu diesem Zeitpunkt noch keinerlei Erfahrungen mit der Arbeit im Synchronstudio hatte (in "Die jungen Löwen" war er von Herbert Stass gesprochen worden).
*Allerdings nicht so gravierend, dass es deswegen gleich eine "Charakterveränderung in der Synchronisation" wäre.
Zitat Man nehme Gert Fröbe: Der Mann sprach heftigsten Dialekt und genau deswegen war's genial. Fröbe fremd synchronisiert ist ein Frevel.
Meiner Meinung nach ist die Kernfrage, ob jemand "nur" mit der Stinmme wirklich "spielen" kann. Gert Fröbe hatte natürlich einen Akzent - aber er hat zum Beispiel "Goldfinger" auch im Synchronstudio nicht nur glaubhaft sondern grandios gespielt. Das (und nur das) sollte das Kriterium sein - finde ich jedenfalls.
Stefan hatte in der Vergangenheit öfter betont, dass Götz Georges Selbstsynchronisationen stets ungeheuer professionell klängen, obwohl er eine "explosive" Sprechweise gehabt hätte. Ähnlich sehe ich die Sache bei Gert Fröbe, der ein Vollblutschauspieler (böse ausgedrückt: eine "Rampensau") war, oft aus dem Bauch heraus spielte, dabei aber ungeheuer authentisch und "präsent" wirkte. Und genau diese Wirkung hatte er in den deutschen Fassungen fremdsprachiger Filme ebenso wie bei Rollen, die im O-Ton vorlagen. Natürlich wäre es interessant, ob er im Synchronstudio "professionell" war, oder ob ihn die Regie manchmal "bändigen" musste. Wie bereits erwähnt, behielt er auch in Synchros seine sächsische Färbung bei, dasselbe gilt auch für manche sprachliche Manierismen ("Inschtrumente").
Wobei man betreffend Gert Fröbe sagen muß, daß er sicherlich nicht zur unangenehmen Kategorie der "Rampensäue" gezählt werden kann. Er war eine, aber im Dienste der Rolle-und hat nie absichtlich Mitspieler in die Enge getrieben. Da sind Dustin Hoffmann, Marlon Brando oder Mario Adorf schon andere Kaliber.
Bei einem, der so wie Fröbe aus dem Bauch heraus spielte, bestand sicher die Gefahr, daß eine Rolle eben durch diese Individualität beim Synchronisieren anders hätte werden können. Aber er wußte wohl, worauf er sich einließ und hatte wohl auch professionelle Unterstützung.
Als klassischer Synchronsprecher wäre er denkbar ungeeignet gewesen, da existiert ja bekanntlich nur "Verdammt in alle Ewigkeit". Durch seine Individualität hätte er wohl diese fremdgespielten Rollen zu sehr verändert.
Akzent und Dialekteinfälle hin oder her, das war einzigartig und gänzlich ohne die üblich gewordene "sterile Einheitsaussprache".
Zitat von fortinbras im Beitrag #71Akzent und Dialekteinfälle hin oder her, das war einzigartig und gänzlich ohne die üblich gewordene "sterile Einheitsaussprache".
Volle Zustimmung! Und es war auch in der Synchro eben immer glaubhaft (wie schon ausführlich beschrieben hier im Thread), was es so großartig machte. Auch von der Synchronarbeit her war Goldfinger ein Geniestreich Fröbes.
Wirklich (teilweise sehr, sehr) schlecht in der Selbstsynchronisation fand' ich übrigens Diane Krüger, Christoph Waltz und auch Franka Potente (falls ich das noch nicht geschrieben habe, den Thread habe ich jetzt nicht von Anfang an durchgelesen). Alle drei genannten kommen (teils sehr) schlecht vom Gesicht, weil sie so verkrampft und total unnatürlich spielen.
Zitat von smeagol im Beitrag #72 Alle drei genannten kommen (teils sehr) schlecht vom Gesicht, weil sie so verkrampft und total unnatürlich spielen.
Ähnlich verhält es sich mit Martina Gedeck, die ich zwar bis jetzt nur in einer Synchro eines französischen Films zu Gehör bekam (und das auch nur ausschnittweise), die sich dort aber auch seltsam monoton und unnatürlich anhörte. Wie es sich bei "Der gute Hirte" (2006) verhielt, weiß ich leider nicht mehr, da mir der Film insgesamt nicht zusagte. Dort hatte sie aber auch wenig Text.
Zitat von fortinbras im Beitrag #71Wobei man betreffend Gert Fröbe sagen muß, daß er sicherlich nicht zur unangenehmen Kategorie der "Rampensäue" gezählt werden kann. Er war eine, aber im Dienste der Rolle-und hat nie absichtlich Mitspieler in die Enge getrieben.
Ich hatte den Ausdruck auch eher in dem Sinne gemeint, dass er durch seine manchmal extreme Spielfreude Mitspielern öfter die Schau stahl - wollte ihm damit aber keine Absicht unterstellen.
Zitat von MückeMich würde ja mal interessieren, ob es hier tatsächlich auch Leute gibt, die bei Peter Ustinov eine "Fremdsynchro" der Selbstsynchro vorziehen, nur weil Ustinov - böse, böse... - auch einen leichten Akzent in der Stimme hatte.
Ja, ich. Ich finde seine Selbstsynchro zumeist furchtbar. Unter dem Aspekt finde ich selbst Donald Arthur besser.