Zitat Diese Strengen Kontinuitätsregeln könnten dazu führen, dass sich die Schauspieler zwangsläufig anpassen müssen und dadurch ihre Natürlichkeit verlieren.
Das ist nicht die Art Natürlichkeit, die hier angesprochen wurde. Du hast generellmit deinem Satz völlig recht. Wenn ich auch keine Lanze fürs Umbesetzen von Staammsprechern brechen möchte, so ist eine hirnlose Kontinuität um ihrer Selbstwillen auch nicht eben geeignet, einem künstlerischen Produikt in jeder Lage gerecht zu werden. Es ging hier um die herausstechende "zu natürliche" Disktion von Nicht-Synchronprofis, die bei Siebeck möglicherweise zu finden ist. (Hierzu gibt es ja bereits Threads.)
Diese Natürlichkeitsdiskussion find ich persönlich nicht logisch. Nur weil der heutige glattgebügelte Synchronsound heute gang und gebe ist, heißt das nicht das es auch gut oder wünschenswert ist. In vielen alten Synchronfassungen war es oft nicht so synchron wie heute, aber es wurde weniger gedrückt und alles klar und deutlich ausgesprochen. In den 90s war es eine wunderbare Symbiose. Es gibt immernoch Sprecher die es draufhaben völlig echt zu wirken, Sense, Breuer, Fröhlich etc. Aber um mal zurück zum Thema zu kommen: Siebeck hat keine "Deutscher Schauspieler der sich selbst spricht"-"Qualitäten". Er kommt so natürlich von Craig weil er geil drauf liegt und sich nicht verstellen muss. Diese Theorie ist großer Unfug. Er hat die Rolle nicht bekommen weil man ihn damals fast noch als "Ensemble-Sprecher" (nicht abwertend gemeint) bezeichnen konnte, Wunders Vita hingegen hatte deutlich mehr Stars etc vorzuweisen. Ausserdem wollte man mit Bonds Stimme eine Gegenwirkung erziehlen, im O-Ton kommt Craig nämlich durch sein "bedrohliches" Organ um einiges kaltschnäuziger und kompromissloser daher. Aber ein (oberflächlich) uncharmanter Bond ist für deutsche Kino-Ohren wohl nichts. Darauf würde ich wetten. Es gibt auch (leichte-) Chargen-Rollen von Siebeck die wahnsinnig gut sind, zB sein Comedian in WATCHMEN.
Zitat von Keng-KwinAusserdem wollte man mit Bonds Stimme eine Gegenwirkung erziehlen, im O-Ton kommt Craig nämlich durch sein "bedrohliches" Organ um einiges kaltschnäuziger und kompromissloser daher. Aber ein (oberflächlich) uncharmanter Bond ist für deutsche Kino-Ohren wohl nichts. Darauf würde ich wetten.
Es wäre für das Image von Bond sicherlich ungewohnt gewesen, wenn er sehr viel anders rübergekommen wäre. Es war ja in der Vergangenheit besonders bei Pierce Brosnan bzw. Frank Glaubrecht immer eine Mischung aus einer gehörigen Coolness aber auch Romantik. Insofern wollte man sowas beibehalten und da hatte man mit Dietmar Wunder den geeigneten Kandidaten gefunden. Auch wenn ich, wie ich schon sagte, Oliver Siebecks Stimme nicht kenne, kann ich die Kritik, dass Wunder seine Stimme nach unten drückt und dadurch für manche unnatürlich wirkt teilweise durchaus nachvollziehen. Aber dadurch soll halt ein gewisses Image erreicht werden. Aber auf der anderen Seite haben das andere Synchronsprecher auch schon gemacht.
Zitat von Keng-Kwin Ausserdem wollte man mit Bonds Stimme eine Gegenwirkung erziehlen, im O-Ton kommt Craig nämlich durch sein "bedrohliches" Organ um einiges kaltschnäuziger und kompromissloser daher. Aber ein (oberflächlich) uncharmanter Bond ist für deutsche Kino-Ohren wohl nichts. Darauf würde ich wetten.
Drei Sätze, die kurz und knackig auf den Punkt bringen, weshalb 1). Wunder der Craig-Bond wurde, 2). Wunder ein nicht dem Original entsprechender Craig-Bond ist, und 3). woran die gesamte Synchronszene krankt.
Ich meinte damit nicht, dass die Szene am Wunder-Bond krankt. Sie krankt an mutlosen Textern, an der an zwei Händen abzählbaren Sprecherauswahl und am mittlerweile perfektionierten Drang, aseptische Tonwaren zu erzeugen. Alles bedingt durch die Gagen-Unzufriedenheit der größtenteils demotivierten Sprecher und der Angst der Produzenten, im Konkurrenzkampf "negativ" aufzufallen - sei es durch Mut zu Neuem, durch Insistieren auf angemessene Preise, die in einem überlegenenen Produkt resultieren würden, einfach durch Anderssein. Alle sind gleich und jeder will am gleichsten sein.
Keine Liebe mehr. Keine Hingabe. Keine Lust. Keine Kunst. Nur Arbeit.
Gäbe es nicht Ausnahmen wie einen Malzacher, der beim Texten noch was wagt, oder auf Sprecherseite einen Reiner Schöne, der verschleift, die Texte schön hinrotzt und damit durchkommt, würde mich der ganze Kram allmählich nicht mehr interessieren.
Zitat von Keng-Kwin Ausserdem wollte man mit Bonds Stimme eine Gegenwirkung erziehlen, im O-Ton kommt Craig nämlich durch sein "bedrohliches" Organ um einiges kaltschnäuziger und kompromissloser daher. Aber ein (oberflächlich) uncharmanter Bond ist für deutsche Kino-Ohren wohl nichts. Darauf würde ich wetten.
Drei Sätze, die kurz und knackig auf den Punkt bringen, weshalb 1). Wunder der Craig-Bond wurde, 2). Wunder ein nicht dem Original entsprechender Craig-Bond ist, und 3). woran die gesamte Synchronszene krankt.
Was du schreibst, ist sicherlich richtig, nur ist die Besetzung Wunders oder noch besser gesagt die Nichtbestzung Siebecks nicht unbedingt ein gutes Beispiel dafür. Ein solches hätte man dann gehabt, wenn Kluckert Bond geworden wäre, was bis zum Wechsel von Studio und Regisseur beschlossene Sache war. Wunder ist nicht "glattgebügelt"; er bemüht sich eher, genau dies nicht zu sein und bemüht sich für manch einen wohl zu stark cool zu klingen. Bondfilme sind jedoch per se künstlich, weshalb ich eine zu natürliche Sprechweise (wie etwa auch die von Breuer, die oben erwähnt wurde) hier für unpassend hielte. Aber Beispiele für sterile Synchronsprache sollte man wo anders suchen. Hinzu kommt, dass ich Wunder für mich durchaus nah an Craigs Original herankommt, Siebeck hingegen nicht (was nicht heißt, dass er nicht funktioniert hätte). Siebeck fehlen für meine Ohren außerdem einige Nuancen, die Wunder drauf hat. Ich finde die Diskussion momentan jedenfalls hoch interessant und ärgere mich im Nachhinein immer noch über die fehlende Diplomatie mancher Forumsmitglieder bei der Äußerung von Kritik an jemand, mit dem sie unzufrieden sind. Die letzten Beiträge haben zum Glück gezeigt, dass es auch anders geht.
Zitat Alles bedingt durch die Gagen-Unzufriedenheit der größtenteils demotivierten Sprecher und der Angst der Produzenten, im Konkurrenzkampf "negativ" aufzufallen.
Genau so ist es und so paradox es klingt: Vor allem der neuerliche Schrei nach Kontinuität fällt dabei negativ ins Gewicht. So kommt es, dass manch ein Sprecher sich für unersetzlich hält und in der dritten Serienstaffel plötzlich die dreifache Gage verlangt (auch wenn das selten so kommuniziert wird). Die einen kommen damit durch, die andern nicht, was die Motivation nicht eben erhöht. Früher fiel keinem ein Zacken aus der Krone, wenn er zwischen Groß- und Kleinproduktion hin- und herpendelte. Es gehörte zum guten Ton als gefragter Sprecher auch für weniger betuchte Studios zu arbeiten. Heute lehnen manche sogar ab ihren Stammdarsteller zu sychnronisieren, wenn ihnen die Gage zu niedrig ist, egal ob ein Studio dieses Budget besitzt. Diese Entwicklung ist sicher nicht allein die Schuld der Sprecher, aber dass die Bezahlung heute zu sehr im Vordergrund steht und die einstige Berufsethik zurückgedrängt hat, ist ebenfalls ein Teil dessen, woran die Brache krankt.
Zitat von Dubber der WeißeAlles bedingt durch die Gagen-Unzufriedenheit der größtenteils demotivierten [...] und der Angst [...], im Konkurrenzkampf "negativ" aufzufallen - sei es durch Mut zu Neuem, durch Insistieren auf angemessene Preise, die in einem überlegenenen Produkt resultieren würden, einfach durch Anderssein. Alle sind gleich und jeder will am gleichsten sein.
Keine Liebe mehr. Keine Hingabe. Keine Lust. Keine Kunst. Nur Arbeit.
Klingt für mich so dann irgendwie auch wie eine recht treffende Beschreibung der meisten Berufsfelder im kapitalistischen System. Ist doch überall dasselbe. Meistens schwappt dir genau DAS entgegen. Einheitsbrei, keine Liebe, keine Hingabe, keine Lust, nur Arbeit. Die Unzufriedenheit ist überall, die Bezahlung funktioniert nur selten fair.
Kleine Korrektur: "im marktwirtschaftlichen System" Obwohl der freie Markt in Teilen durchaus Kapitalismus-ähnliche Züge angenmommen hat, herrscht bei uns kein Kapitalismus im marxschen Sinn. Das ist für die beschriebene Entwicklung auch gar nicht nötig. Der freie Markt allein bietet genug Möglichkeiten für gegenseitige Übervorteilung.
Zitat von SlartibartfastEin solches hätte man dann gehabt, wenn Kluckert Bond geworden wäre, was bis zum Wechsel von Studio und Regisseur beschlossene Sache war.
Oh, krass! Ich wusste garnicht, dass es so knapp war!
Zitat von SlartibartfastKleine Korrektur: "im marktwirtschaftlichen System" Obwohl der freie Markt in Teilen durchaus Kapitalismus-ähnliche Züge angenmommen hat, herrscht bei uns kein Kapitalismus im marxschen Sinn. Das ist für die beschriebene Entwicklung auch gar nicht nötig. Der freie Markt allein bietet genug Möglichkeiten für gegenseitige Übervorteilung.
Umso schlimmer. Denn das belegt, dass dieser Ansatz selbst in der harmlosen Variante schon nicht richtig funktioniert (und unter anderem die Synchronbranche auffrisst).