Erich Fiedler zählte (und zählt) mit Sicherheit zu den markantesten Synchronstimmen der klassischen Zeit. Seine Synchronkarriere umfasste in etwa drei Jahrzehnte, von kurz nach Kriegsende bis 1976.
Primär wird ihn ein erheblicher Teil von Filmliebhabern mit dem unverwechselbaren Robert Morley verbinden. Diese Kombination paßte wie die Faust auf's Auge und zählt mit Sicherheit zu den kongenialsten Synchronbeziehungen, die je existierten. Morley blieb auch der einzige Schauspieler, den er regelmäßig sprach. Öfters war er auch für Basil Rathbone oder Ferdy Mayne zu hören, aber es waren eher zufällige Wiederbegegnungen. Rathbone in "Der Hofnarr" zählt sicher zu Fiedlers großartigsten Leistungen, ebenso Ferdy Mayne in "Tanz der Vampire". Ob in komischen oder ernsten Rollen-Fiedler beherrschte das gesamte Spektrum, auch innerhalb der Arbeiten für Robert Morley-der beileibe nicht nur ein Komödiant war. Herausragende Rollen Fiedlers, die ich nun subjektiv aufliste, sind sicherlich Ron Moody in "Vier Frauen und ein Mord" und Lionel Jeffries in "Mörder ahoi!". Britische Komiker waren seine Spezialität-siehe auch Wilfrid Hyde-White oder Edward Everett Horton. Aber auch dem versnobt-aristokratischen Mischa Auer stand er gut zu Gesicht. Und es gibt Synchronarbeiten, die auch polarisieren. Das sind seine Arbeiten für David Niven und Peter Cushing. Obwohl er Niven zweimal sprach, wird meist nur sein Einsatz in "Die schwarze 13" diskutiert, da es der bekanntere Film ist und öfters zu sehen. Cushing sprach er als Sherlock Holmes in "Der Hund von Baskerville". In "Die schwarze 13" ist Fiedler düster, dem Leben abgewandt und ungewöhnlich "depressiv". Die Leistung an sich ist erstklassig-nur paßt die voluminöse Stimme nicht so ganz in Nivens hageres Gesicht. Ähnlich Peter Cushing-ist auch hier die Qualität der Darstellung losgelöst vom Bild erstklassig, so will es doch nicht ganz zum dürren, knochigen Peter Cushing Holmes passen.
Mit Robert Morley hat sich Fiedler ein Denkmal geschaffen, das sicher noch länger bestehen wird. Und das Ende dieser Synchronbeziehung war beinahe ebenso schwierig wie bei G. G. Hoffmann und Sean Connery. Als sich Fiedler 1976 zurückzog aus allen Bereichen der Schauspielerei, wurde mit Morley unterschiedlichst verfahren. Die meisten Sprecher funktionierten nicht, am Ehesten schaffte es noch Alf Marholm die Lücke ein wenig zu füllen.
Fiedler selbst wollte zunächst Literatur studieren, aber das Theater zog ihn an und er war Schauspielschüler beim legendären Max Reinhardt, der ihn sehr förderte. Fiedler wurde zum klassischen Komödianten und Chargenspieler, erfreute sich auf Bühnen und im Film größter Beliebtheit. Vor allem in lustigen Operettenrollen verbuchte er die größten Erfolge. Fiedler war regelmäßig bei Joseph Goebbels zu Gast (was man in dessen Tagebüchern nachlesen kann), er zählte zur Elite jener Künstler, die fast "zur Familie" gehörten. Fiedler trat früh der Partei bei, galt als überzeugter Nationalsozialist. Doch es gab einen Schönheitsfleck: er hatte eine jüdische Frau.
Das ist nun ein spannendes Kapitel:
* der beliebte Star Joachim Gottschalk beging mit seiner Familie Selbstmord, da eine Deportation nicht mehr zu verhindern war. * Hans Moser und Theo Lingen waren auch mit einer Jüdin verheiratet. Obwohl sie auf der "Gottbegnadetenliste" standen und alle Privilegien genossen, mußten sie dauernd um das Leben ihrer Frau zittern und hatten immense Schwierigkeiten. Theo Lingen war etwa ein Spielzeug Ernst Kaltenbrunners, der ihn regelmäßig in sein Wiener Büro (mit Blick übers Judenviertel)zitierte und ihm psychisch zusetzte. Lingen und seine Frau lebten in andauernder Angst.
Fiedler stand aber auf keiner Gottbegnadetenliste und hatte dennoch nie Probleme. Hubert von Meyerinck, Curd Jürgens und zahlreiche andere nannten ihn einen "gefürchteten Denunzianten". Alles aus Liebe zu seiner Frau? Den Super-Nazi spielen, um in Sicherheit zu sein? Wir werden es wohl nie erfahren. Nach dem Krieg arbeitete Fiedler unbehelligt weiter, allerdings wurde er von vielen Kollegen gemieden und konnte nicht mehr an alte Erfolge anschließen. Man kann vielleicht davon ausgehen, daß ihn das ins Synchronstudio getrieben hat. Denn in Filmen, wenn er auch noch viele machte, gab es nur mehr Minirollen und auch die Bühnenkarriere veränderte sich.(Quellen für die NS-Bezüge sind diverse Memoiren und Künstlerbiografien, die editierten Tagebücher Goebbels´,Ernst Klee, Bücher über den Film der NS-Zeit bzw den Film der Nachkriegszeit, Zeitungsartikel)
Auf eine Synchronfilmografie verzichte ich ausnahmsweise, da sie im Unterschied zu meinen anderen Sprecherthreads (Schellow/Felmy) wesentlich üppiger ist und großteils dokumentiert.
Ich freue mich auf eure Meinungen über Fiedler und seine Arbeiten.
Fiedler gehörte für mich zu den Sprechern die ich schon als Kind "angenehm" empfand. Besonders hervorheben möchte ich dabei die Disney Filme "3 Caballeros" wo er Donald Duck die Welt der südamerikanischen Vögel erklärte sowie als Sir Pellionore in "Die Hexe und der Zauberer". Auch klasse fand ich ihn als den fahrenden Handelsmann in der ersten Synchro von "Asterix der Gallier". Das Lied das er trällert wird von Fiedler so schön traurig dargeboten und zählt für mich zu den Highlights dieser Version. Auf Robert Morley war er einfach ein Genuss, vor allem in dem Marple Film "Der Wachsblumenstrauss" den ich sicherlich schon über ein Dutzend Mal gesehen habe.
Erich Fiedler und Robert Morley - eine kleine Übersicht
Derzeit liegen 27 Synchroneinsätze vor, es könnten aber sehr wohl noch ein paar mehr sein (es sind noch einige Filme offen!)
1951: African Queen 1954: Schach dem Teufel 1956: In 80 Tagen um die Welt 1958: Sheriff wider Willen Herzlich willkommen im Kittchen 1959: Mister Miller ist kein Killer 1962: Der Weg nach Hongkong 1963: Neun Stunden zur Ewigkeit Der Wachsblumenstrauß Das alte finstere Haus Der Menschen Hörigkeit 1964: In Liebe eine 1 Topkapi Dschinghis Khan 1965: Die Morde des Herrn ABC Tod in Hollywood Sherlock Holmes größter Fall 1966: Hotel Paradiso Das Mondkalb Das Geheimnis der weissen Nonne 1967: Siebenmal lockt das Weib 1968: Das Millionending 1969: Dave-Zuhaus in allen Betten 1970: Cromwell, der Unerbittliche Das Mörderschiff (Erstsynchro) 1973: Theater des Grauens 1976: Der blaue Vogel
Interessant dabei ist, wenn man Morleys Filmografie ansieht, daß Fiedlers erste drei Einsätze durchaus keine Kontinuitätsbesetzung waren. Hier kann man wohl erst ab 1958 von einer wirklichen Synchronbeziehung sprechen.
Danke für deinen Beitrag-seltsamerweise der Einzige bisher (bei so einem Kaliber verwundert mich das).
Fiedler ist auch bei mir eine Stimme, die mich seit meiner Kindheit begleitet. Die "Asterix"-Filme sind nicht so ganz meins, bis auf "Asterix und Kleopatra"-den liebe ich. Darin hatte Fiedler auch eine reizende Rolle! Seine Stimme war für sämtliche Disney-Figuren auch wie geschaffen, da gehörte er doch auch sozusagen zum Ensemble dazu. "Der Wachsblumenstrauß" ist so ein Film, bei dem ich schon mitreden kann, so oft hab ich den gesehen. Daß es mein liebster von allen vier "Miss Marple"-Filmen ist, hat auch sehr mit Robert Morley zu tun (und Erich Fiedler). Der Kontrast zwischen Fiedlers Stimme und der von Ursula Krieg hat auch so eine prickelnde Chemie. Schade, daß man die beiden nicht öfters zusammen sah. So ganz ähnlich war rein vom Klang her Fiedlers Stimme der Morleys nicht unbedingt. Aber er fing exakt dieses versnobt-britische ein, das pompös-behäbige, das Morley stets genial spielte. Neben diesem Film ist meine Lieblings-Paarung Fiedler/Morley die vergleichsweise kleine Rolle in "Sherlock Holmes' größter Fall". Nicht nur, daß ich Morley für den perfekten Mycroft Holmes halte-Erich Fiedler macht die kongenialen Dialoge zusammen mit Harry Wüstenhagen auch deutsch zum Genuss.
Sehr gerne hörte ich Fiedler auch für Melvyn Douglas in "Nur meiner Frau zuliebe"-da ist er auch zugleich der Erzähler der turbulenten Geschichte rund um eine Haus-Renovierung. Er setzt den Ton für den ganzen Film fest und vor allem in den Dialogen mit Paul Klinger läuft er zu Hochform auf.
Zitat von fortinbras im Beitrag #4Interessant dabei ist, wenn man Morleys Filmografie ansieht, daß Fiedlers erste drei Einsätze durchaus keine Kontinuitätsbesetzung waren. Hier kann man wohl erst ab 1958 von einer wirklichen Synchronbeziehung sprechen.
Eigentlich waren nur "Schach dem Teufel" und "In 80 Tagen um die Welt" "keine Kontinuitätsbesetzungen", denn "African Queen" wurde erst 1958 synchronisiert.
Zitat von fortinbras im Beitrag #5@ Shred: Danke für deinen Beitrag-seltsamerweise der Einzige bisher (bei so einem Kaliber verwundert mich das).
Ich wollte auch noch etwas schreiben, allerdings wurden manche meiner Highlights bereits genannt. Deswegen möchte ich zunächst eine eher kleine, aber feine Rolle von Fiedler nennen, die sich mir eigeprägt hat: Philip Coolidge als Bürgermeister in "Wer den Wind sät". Der Wechsel zwischen pathetischer Phrasendrescherei, die den Opportunismus des Politikers überdecken soll, und kleinlauten Bemerkungen, die dessen Feigheit enthüllen, gelang ihm genial.
Dem Geagten kann man wohl nicht viel hinzufügen. Am besten haben mir die beiden in HERZLICH WILLKOMMEN IM KITTCHEN gefallen. Morley (und Fiedler) haben den vom Klamauk in eine erstklassige Schmunzelkomödie gehoben. Sehe ich mir immer wieder gerne an. kleine Ergänzung: In Liebe eine 1 Gruß, Rolf
Fiedler fand' und finde ich einfach großartig. Obwohl er ja durchaus nicht nur in komischen Rollen zu hören war, hatte er etwas in seiner Stimme und in seinem Spiel, was ich immer und ohne viel Brimborium schon komisch fand. Eine meiner Lieblingsrollen von Morley/Fiedler ist auf alle Fälle "Der Wachsblumenstrauss". Toll!
Danke für die Ergänzung! Ist wohl der Ausgleich zu "Ein Platz ganz oben", den du ja unlängst aufgrund deiner Kenntnisse "entfiedlert" hast. Den "Kittchen"-Film habe ich leider nie gesehen. Die Bindung Morley-Fiedler ist aber doch bei fast jedem Filmfreund stark im Kopf! ----------------------------------------
@ Berti:
Danke für die Jahreszuordnung bei "African Queen". Ich wußte, daß der erst später synchronisiert wurde, aber ich hatte mich irgendwie falsch auf 1954 eingependelt (ohne es nochmal zu überprüfen-mein Freund Spock wird das sicher nicht gutheißen!).
Finde ich schön, daß du "Wer den Wind sät" als Beispiel genommen hast. Übrigens ein ganz ausgezeichneter Film, deutsch auch wegen Gene Kelly/Heinz Drache ein Genuss. Warum Fredric March mit künstlicher Glatze spielen mußte, weiß ich nicht-aber das ist einfach ein ausgesprochen gelungener Film. Und auch eine schöne Synchronrolle von Fiedler.
Ein interessanter Bürgermeister war er auch in "Frankensteins Braut" für E. E. Clive. Auf den ersten Blick eine komische Rolle, aber wie typisch bei James Whale entpuppt sie sich beim zweiten Hinsehen als regelrechte Karikatur der Obrigkeit. Dieser Typ glänzt nämlich durch Wichtigmacherei und Inkompetenz, was Fiedler auch ausgesprochen gut rüberbringt. Paul Ford als Senator in "Sturm über Washington" fällt mir auch noch ein, wo er mir abseits einer komischen Rolle sehr gut gefiel.
Amüsant fand ich ihn auch in "Gespensterparty" als Granpa Munster (Al Lewis). Da bin ich zwar auf Hans Teuscher fixiert, aber Fiedler störte mich kein bisschen. Obwohl absolut konträr zu Lewis' Stimme (hier ist Teuscher absolut nahe am Original), so fängt er den Opa doch ausgezeichnet ein. -----------------------------------------
Hat jemand einen Bezug zum Schauspieler Erich Fiedler? Ich kenne von seinen Filmauftritten wenige. Die größeren Rollen vor '45 sind mir nahezu unbekannt, nachher hat er zwar in einer ganzen Reihe bekannter Filme mitgewirkt, aber der Eindruck einer erfolgreichen Filmkarriere, wie er etwa im Wikipedia-Eintrag vermittelt wird, ist falsch. Häufig war er nicht mal im Vorspann genannt und seine Rollen sehr klein. Es waren auch kaum Rollen, die bestimmte Komil oder Persönlichkeit erfordert hätten. Ich empfand das immer als die Art Rolle, die fast jeder hätte spielen können-ohne daß wer den Unterschied merkte. Wenn ich an "Die Herren mit der weißen Weste" denke-ein Chefkassier im Fußballstadion. Absolut unscheinbar und eine belanglose Rolle. Gut ein Dutzend seiner Nachkriegsrollen kenne ich, die waren aber alle kurz und eben belanglos. In irgendwelchen Unterhaltungsfilmen vor '45 hab ich ihn schon in größeren Rollen gesehen, da war er ganz anders (und besser) in Szene gesetzt. Ich habe zwar Bilder davon im Kopf, aber keine Filmtitel mehr dazu.
"Warum Fredric March mit künstlicher Glatze spielen mußte, weiß ich nicht" - Dies geschah wohl, um ihn der historischen Vorlage seiner Rolle, William Jennings Bryan, ähnlicher zu machen, hier rechts im Bild:
Zu Philip Coolidge: Fiedler spricht ihn auch in THE TINGLER - so still und zurückhaltend, dass ich ihn erst kurz vor Ende des Films erkannte.
Danke für das Bild! Das ist natürlich ein absolut plausibler Grund. Ein wenig schmunzeln muß ish aber doch immer, weil das Glatzenmakeup nicht überzeugt. Aber die Intensität der Darstellung läßt einen das vergessen.
Danke auch für die Nennung einer weiteren Fiedler-Rolle. Leider habe ich den berühmten Tingler nie gesehen...
Zitat von fortinbras im Beitrag #10Finde ich schön, daß du "Wer den Wind sät" als Beispiel genommen hast. Übrigens ein ganz ausgezeichneter Film, deutsch auch wegen Gene Kelly/Heinz Drache ein Genuss. Warum Fredric March mit künstlicher Glatze spielen mußte, weiß ich nicht-aber das ist einfach ein ausgesprochen gelungener Film. Und auch eine schöne Synchronrolle von Fiedler.
Da diese Synchro zu meinen persönlichen Lieblingen gehört, konnte ich nicht widerstehen:Synchron-Sternstunden (35) Der Bürgermeister in "Frankensteins Braut" war mir auch in Erinnerung geblieben, aber da eher auf der Linie jener pompösen Witzfiguren lag, bei denen man sich oft für Fiedler entschied, hatte ich ihn nicht extra erwähnt.
Zitat von smeagol im Beitrag #9Obwohl er ja durchaus nicht nur in komischen Rollen zu hören war
Mücke erwähnte mal, dass Fiedler durchaus auch öfter auf Unsympathen besetzt wurde:Klischee-Besetzungen (10) Als gute Beispiele dafür würde ich besonders seine Einsätze für Basil Rathbone (speziell in "Wir sind keine Engel" und dem "Hofnarren") sowie George Macready in "Wege zum Ruhm" hervorheben.
Zitat von fortinbras im Beitrag #5So ganz ähnlich war rein vom Klang her Fiedlers Stimme der Morleys nicht unbedingt. Aber er fing exakt dieses versnobt-britische ein, das pompös-behäbige, das Morley stets genial spielte.
Auch mit dessen blasierter Mimik (etwa beim Hochziehen der Augenbrauen) harmonierte er perfekt. Wenn man einen Blick in Arnes Liste wirft, stellt man fest, dass es die Ultra gewesen zu sein scheint, die als erstes Studio kontinuierlich Fiedler besetzte ("Schach dem Teufel", "In 80 Tagen um die Welt", "African Queen", "Sheriff wider Willen"). Die MGM besetzte zunächst Eduard Wandrey, Walter Suessenguth und gleich zweimal Curt Ackermann, bevor sie sich in "Des Menschen Hörigkeit" und beim "Wachsblumenstrauß" glücklicherwiese für Fiedler erschien, der damit endgültig etabliert gewesen sein dürfte. http://www.synchrondatenbank.de/actor.php?id=634