Zitat Hast du vielleicht grad zum Vergleich die Gesamtzahl der Erstaufführungen pro Jahr zur Hand?
...der Erstaufführungen aller ausländischen Filme in Deutschland?
Nein, habe ich nicht. Die Statistikangaben habe ich weitestgehend dem Buch "Hollywood unterm Hakenkreuz" von Markus Spieker entnommen, und der hat sich -der Titel sagt es- nur mit US-Filmen beschäftigt. Wobei die Angaben bei Spieker auch keinen Hinweis geben, ob Synchronfassung oder nicht. Die habe ich im Abgleich mit "Paimann's Filmlisten" erarbeitet. Wobei Paimann's Listen in Wien erschienen sind- und leider nicht alle Filme, die in Deutschland gelaufen sind, auch in Österreich liefen; und umgekehrt auch Filme nur in Österreich und nicht in Deutschland erschienen sind. Deshalb könnte die tatsächlichen Statistikdaten -was Synchronfassungen betrifft- etwas abweichen.
Ich meinte die Gesamtzahl aller Erstafführungen, der inländischen und der importierten Filme.
In Joel W. Finlers THE HOLLWOOD STORY gibt es für US-Erstaufführungen eine solche aufgeschlüsselte Liste. Für die Jahre 1933 bis 1940 wären das (wenn ich mich nicht verrechnet hab): Jahr Gesamt Importe (%) 1933: 644 137 (21%) 1934: 662 182 (27,5%) 1935: 766 241 (31,5%) 1936: 735 213 (29%) 1937: 778 240 (31%) 1938: 769 314 (41%) 1939: 761 278 (36,5%) 1940: 673 196 (29%)
Man sieht also, dass die USA bis zuletzt sehr importfreudig waren, selbst wenn man die Liste um internationale Co-Produktionen bereinigt.
Kontingente gab es bei den Amis nicht. Die brauchten sie auch gar nicht. Die Aufstellung zeigt zwar, dass relativ viele deutsche Filme in die USA gelangt sind, sagt aber nichts über deren Erfolg an der Kinokasse aus. Und der war sehr bescheiden. Die meisten der deutschen Filme liefen praktisch unter Ausschluss der US-Kinobesucher. Es kam im Laufe der 30er Jahre auch immer mehr zu Protesten gegen deutsche Filme (es gab eine Anti-Nazi-Liga, die zu Protestdemonstrationen aufrief). Ích frage mich auch, welcher deutsche Film 1942 in den US-Kinos herumgeisterte...
Laut Harry Waldmans "Nazi Films in America, 1933- 1942" sind in der Tat bis 1942 Filme aus Deutschland in den USA erstaufgeführt worden (angeblich an die 500!). Die Suche nach 1942 in der Suchfunktion blieb leider erfolglos bei mir.
Hier einmal eine Übersicht über die Synchronfirmen, die in jenen Jahren Synchronfassungen herstellten. Es ist eine Auswahl und es sind noch viele Lücken, die es zu füllen gilt. Wer hierzu Infos beisteuern kann...nur her damit!
"Rhythmografie", Am Halleschen Tor, Berlin hier wurden 1930 die ersten Synchronisationen in Deutschland durchgeführt- wie der Name schon sagt, nach dem "Rhythmografie"-Verfahren (siehe Beitrag #1). Nachdem Universal 1929 noch eigene Synchronisationen in den USA herstellte, erteilte sie 1930 der "Rhythmografie" diverse Aufträge darunter "Im Westen nichts Neues". Wer Eigentümer dieser Firma war- keine Ahnung. Allerdings war der/die Eigentümer jüdischen Glaubens, denn die Nazis "arisierten" (schreckliches Wort) die Synchronfirma. Wann das war, ob 1933 oder 1934, auch das habe ich noch nicht herausgefunden (ich vermute aber eher 1934). Fortgeführt wurde die "Rhythmografie" unter dem Namen
Lüdtke, Dr. Rohnstein & Co (später Lüdtke & Rohnstein) Dr. Konrad P. Rohnstein ist hier sicher ein bekannter Name im Forum. Er arbeite auch nach dem 2. Weltkrieg umfangreich in der Synchronbranche. Wer der Herr Lüdtke war- auch hier Fragezeichen. Erst recht bei dem "Co.", der spätestens 1938 nicht mehr im Name erschienen ist. L & R mieteten sich für die Synchronaufnahmen u.a. im Jofa- Atelier Berlin Johannisthal und auch bei der UFA in Neubabelsberg ein. Bei L & R wurden u.a. "Es geschah in einer Nacht" (1935), vor allem aber französische (30er Jahre) und später italienische Filme eingedeutscht.
Tobis-Melofilm Die Tobis-Melofilm, der Name sagt es schon, gehörte zum Tobis-Konzern. Die Firma stellte Dokumentarfilme und Tonfassungen für Stummfilme her. Dafür übernimmt Tobis-Melofilm 1931 das Vitascope-Atelier (Berlin, Lindenstraße). Dort werden dann auch ausländische Filme synchronisiert. Zu den bekanntesten Filme dürften "Die Fabel von King Kong", "Cleopatra" oder "Elefantenboy" gehören. Paramount, und Deutsche Fox gehören anfangs auch zu den Kunden von Tobis-Melofilm. 1938 endet offensichtlich die Produktion von Dokumentarfilmen der Tobis-Melofilm. Auch Synchronisationsarbeiten sind mir danach nicht mehr bekannt.
MGM-Synchronabteilung, Berlin Die MGM deutschte ihre Filme zunächst in Hollywood ein. 1933 wurde die Synchronproduktion nach Deutschland verlagert. Anfangs plante man den Bau eines eigenen Synchronateliers, allerdings ließ man diesen Plan schnell fallen, mietete sich stattdessen in andere Berliner Ateliers ein.
Paramount Synchronabteilung, Berlin Die Paramount bearbeitete ihre Filme zunächst in Joinville bei Paris. Wann genau die Synchrontätigkeit für Deutschland dort eingestellt wurde, ist mir nicht bekannt (1933?). Es spricht einiges dafür, dass das 1933 der Fall war, denn die deutsche Reichsregierung hatte bereits 1932 verfügt, dass ausländische Filme für Deutschland nur in Deutschland synchronisiert werden dürfen. Die Paramount hat vermutlich am Anfang ihre Filme von der Tobis-Melofilm bearbeiten lassen, später dann selbst Ateliers angemietet.
Deutsche Fox Synchronabteilung, Berlin Auch die Fox hat vermutlich zunächst bei der Tobis-Melofilm bearbeiten lassen, später dann Ateliers angemietet.
Bavaria-Film, München Vermutlich war die Bavaria-Film die einzige Firma außerhalb Berlins, die damals Filme in Deutschland synchronisierte.
Hispano-Film, Synchronabeilung, Berlin Die Hispano-Film wurde 1936 als Übereinkunft der deutschen UFA und der spanischen Firmen CIFESA und UFILMS, unter der Leitung von Johann W. Ther gegründet. Die Hispano-Film stellte in deutsch-spanischer Coproduktion vor allem spanische Propagandafilme her. In der eigenen Synchronabteilung wurden spanische und italienische Filme synchronisiert.
Atlas-Film, Berlin Über diese Firma habe ich bislang nichts herausgefunden, außer das dort die schwedischen Filme "Liebe, Männer und Harpunen" und "Wir zwei" synchronisiert wurden.
Emil Unfried, Berlin Unfried war seit den 20er Jahren als Filmproduzent tätig und Mitglied der KPD. Er gehörte zu den Gründern der (linken) Prometheus-Film, die u.a. "Kuhle Wampe" drehte. Während der Dreharbeiten zu "Kuhle Wampe" ging die Prometheus in Konkurs, der Film wurde von der Praesens-Film, Zürich, beendet. Unfried führte die Prometheus zunächst unter anderem Namen weiter, zog sich aber in den 30er Jahren aus der Politik zurück und wurde offensichtlich von den Nazis nicht verfolgt. Bei "Emil Unfried" wurden in den 40er Jahren Filme wie "Wir Zwei" (Schweden), "Dunkelrote Rosen", "Unter dem Kreuz des Süden" (beide Italien) synchronisiert. Unfried trat 1945 wieder in die KPD ein, wurde aber Ende 1945 von den sowjetischen "Befreiern" ins Lager Sachsenhausen gesteckt. Dort starb er 1949.
Es wurden damals natürlich auch deutsche Filme in andere Sprachen synchronisiert. Ich vermute, dass dies damals bei Firmen wie Hispano, Atlas oder Unfried besorgt wurde.
EDIT/NACHTRAG Continental-Film, Paris Nicht vergessen sollte man natürlich die Continental-Film in Paris. Diese war offiziell eine französische Firma, in Wirklichkeit gehörte sie zum deutschen Tobis-Konzern- ein Produkt der deutschen Besatzungspolitik. Geleitet wurde die Continental von Alfred Greven, der vorher für die Terra und UFA als Produzent tätig war. Bis 1944 entstanden bei den Continental über 30 Filme; sie war in jenen Jahren die beherrschende Filmproduktionsfirma in Frankreich. Viele der Continental-Produktionen liefen auch in Deutschland, auch in Synchronfassung. Diese wurden von der Continental selbst hergestellt.
Die Deutsche Fox Film AG hatte zur Synchronisation in Berlin Friedrichstrasse 12 ein Probenatellier für die Aufnahmen waren sie in Johannisthal. Die aufnahmen waren dort sehr schwierig , da durch die nähe des Flugplatzes musste manchmal unterbrochen werden bis der Krach vorbei war. Aussage von Carmen Lahrmann zu den Aufnahmen zu "HEIDI"1937.
Auch MGM und Paramount hatten ihre deutschen Niederlassungen in der Friedrichstraße in Berlin. Möglicherweise wurden dort auch vorab Proben durchgeführt.
Carmen Lahrmann dürfte eine der letzten noch lebenden Zeitzeugen aus jener (Synchron-)Zeit sein. Anneliese Uhlig wäre auch noch zu nennen. Vor einigen Tagen ist sie 96 Jahre alt geworden.
"Tarzan wird gejagt" entstand zwar erst 1947 und lief 1950 in Deutschland an. Aber Synchronregisseur Reinhard W. Noack versammelte hier noch einmal bewährte Sprecher, die schon vor und während des Krieges synchronisiert haben. Deshalb setze ich den Ausschnitt mal hier hinein. In der Reihenfolge zu hören: Fritz Ley, Edyth Edwards, Walter Bluhm (dürfte bekannt sein...), Harry Giese und ein gewisser (Ernst-) Wilhelm Borchert:
Fritz Ley gehört für mich leider noch zu den Sprechern "ohne Gesicht". Ich besitze leider keinen der wenigen Filme, in denen er mitwirkte, habe auch kein Foto von ihm. Wer also zufällig ein altes Autogrammfoto von ihm hat...
Im Januar 1930 lief mit "Der Tolpatsch/ Lummox" einer der ersten synchronisierten US-Filme in Deutschland an. Diese Fassung wurde in Hollywood vom deutschen Regisseur Friedrich Zelnik hergestellt. Die Synchronfassung war ein ziemlicher Reinfall. Hier die Kritik zum Film, aus der "Berliner Börsen Zeitung" vom 14. Januar 1930:
"Im Rahmen einer Sonderveranstaltung vor geladenen Gästen zeigten United Artists im Mozartsaal ihren Tonfilm "Der Tolpatsch" (Lummox). Das Novum dieses Films bestand darin, daß die deutsche Version erst nachträglich hergestellt worden ist und zwar hatte man in genauer zeitlicher Dauer der im Film sichtbaren Lippenbewegungen nachträglich deutsche Sprecher dazu deutsche Worte sprechen lassen. Ein an sich nicht uninteressantes Experiment. Es erwies sich aber, daß dabei das letzte bißchen Geist und Beseelung flöten geht. Zunächst mußte man die Feststellung machen, daß zwar die deutschen Worte der Länge nach zu den amerikanischen Lippenbewegungen paßten, aber nicht der Mundbewegung nach, außerdem deklamierten die nachträglichen deutschen Sprecher in einer oft geradezu unerträglichen Weise, man wurde an übelste Vorstadtschmiere erinnert und dazu kam noch, daß sie -offenbar hauptsächlich unter dem Zwange der gegebenen Sprechlängen- vielfach unerträglich triviales Zeug zu reden hatten. Man war sich allgemein darüber klar, daß dieses Experiment, für das unbegreiflicherweise der zur Zeit in Hollywood weilende Friedrich Zelnik verantwortlich zeichnet, restlos mißlungen ist. Man wird nach diesem Machwerk überhaupt von Zelnik abrücken müssen, bis er von den Filmhandwerkern wieder zu den Filmkünstlern zurückgefunden hat.
Der von Herbert Brenon inszenierte Film war im übrigen ganz dazu angetan, daß sachverständige Publikum baß in Erstaunen zu versetzen. Man glaubte sich um zwanzig Jahre zurückversetzt, eine so unbeschreiblich schwülstige Kitschgeschichte (der tränenreiche Roman eines amerikanischen Dienstmädchens) wurde einem da vorgesetzt, und die uns bisher durchweg unbekannten amerikanischen Darsteller spielten mit so übertriebenen Gesten, daß es sich augenscheinlich um blutige Dilettanten handelt. Das -wie gesagt sachverständige- Publikum saß gestern zuerst ganz erstarrt da vor Staunen, man glaubte nicht richtig zu sehen, oder zu träumen, dann begann man allgemein die schauerliche Tragik der Geschehnisse humoristisch zu nehmen und bald amüsierte man sich dabei besser, als bei einem Lustspiel. Nur aus Höflichkeit gegen die gastgebende Firma gab es zum Schluß nicht das in solchen Fällen sehr wohltuende Pfeifkonzert, das niemals mehr am Platze gewesen wäre, als hier. Halten die Amerikaner uns denn für vollständige Idioten, daß sie es wagen, uns so indiskutables Zeug als bemerkenswerte Leistung anzubieten? F.O. "
Soweit die zeitgenössische Kritik zu einem der ersten synchronisierten Filme in Deutschland.
Dieser Verriss passt bis ins Detail auch heute noch auf erstaunlich viele Filme. Bemerkenswert, dass das hiesige Publikum das zumeist klaglos über sich ergehen lässt.
Von den angekündigten Filmen liefen zwei allerdings gar nicht an: "Dame in rot/ Bride wore red" wurde von den Kontingentstelle verboten; vermutlich wg. Joan Crawford, die sich durch anti-nazionalsozialistische Äußerungen beim Regime unbeliebt gemacht hatte. Ihr Film "Eine Dame der Gesellschaft/ The Last of Mrs. Cheney" schaffte es noch in die österreichischen Filmtheater. Die Synchronisation wurde allerdings im Auftrag von MGM Berlin hergestellt; da war man bei MGM wohl etwas zu optimistisch. Des weiteren lief "Gräfin Maria/ Maria Walewska" nie in den deutschen Kinos an. Aus welchen Gründen MGM den Film nicht startete, ist mir nicht bekannt, verboten wurde er jedenfalls nicht. Alle anderen hier angekündigten Filme liefen in deutscher Synchronfassung an.
Kleiner Ausschnitt aus "Tarantella/ The Firefly" mit Jeanette MacDonald und Allan Jones. Jeanette MacDonald wurde von Hanna Waag, Allan Jones von Erich Fiedler synchronisiert. Allerdings nicht in den Gesangspassagen, die wurden im Original belassen, Herr Fiedler musste nicht singen. Die deutschen Kinozuschauer dürften also diese Szene so wie hier im Original gesehen haben...und wer genau hinsieht, wird feststellen, dass in der MGM-Werbung bei "Tarantella" Jeanette MacDonald und Nelson Eddy als Hauptdarsteller genannt werden...doch diesmal war nicht Nelson Eddy, sondern Allan Jones der Partner der MacDonald...
In jenen Jahren kamen gelegentlich auch schwedische Filme in die deutschen Kinos. Hier die Komödie "Wir zwei" (1940), die ab Herbst 1941 in Deutschland lief.
Für Signe Hasso sprach Anneliese Uhlig, für Sture Lagerwall Oskar Schättiger.
Zitat von kinofilmfan im Beitrag #18Die Gesamtzahl der synchronisierten Filme bis 1945 dürfte ca. 450 betragen.
Das ist natürlich eine riesige Zahl, aber könnten wir nicht mal versuchen, diese zusammenzutragen? Es sind hier so viele Titel auf verschiedene Postings verteilt - ich hätte gerne eine übersichtliche Gesamtliste.
Sind in den 450 auch Kurzfilme enthalten? Ich habe beispielsweise eine Liste aller Disney-Cartoons, die vor dem Krieg in Deutschland liefen, weiß aber nicht ob sie synchronisiert wurden.