Meines Erachtens sprechen langfristig weder technische, künstlerische, rechtliche noch moralische Gründe gegen eine solche "Wiederauferstehung". Hobby-Techniker demonstrieren auf YouTube ja immer wieder, wie leicht man Stimmen heute schon mit einfachen technischen Mitteln täuschend echt imitieren bzw. vorhandene Tonspuren bearbeiten kann. Ich könnte mir auch vorstellen, dass eine KI langfristig per "deep learning" anhand von vorhandenen Sprachproben von, beispielsweise, G.G.Hoffmann oder Arne Elsholtz, auch deren Diktion erlernen kann und man einfach auswählt, z.B. "Arne Elsholtz als Jeff Goldblum, schnoddrig". Spätestens zusammen mit einem talentierten Sprecher, der sich ohnehin in die Diktion eines anderen Synchronschauspielers einarbeiten kann, dürften täuschend echte Ergebnisse möglich sein.
Rechtlich und moralisch sehe ich da ebenfalls keine Probleme. Noch lebende Sprecher erhalten ggf. Tantiemen dafür, dass man ihre Stimme nachahmt (wobei die reine Nachahmung von Stimmen, beispielsweise durch Parodisten, heute noch gar nicht abgabepflichtig ist). Verstorbene Sprecher haben ihre Rechte ohnehin an die Erben "verloren". Es ist ja schon heute so, dass Erben bestimmen, ob und wie Bild- und Tonaufnahmen verstorbener Künstler weiterverwendet und weiterverarbeitet werden dürfen, soweit der Künstler nicht ohnehin zu Lebzeiten vertraglich durch eine einmalige Gage auch für alle Wiederholungen, Bearbeitungen und Zweitverwertungen abgefunden wurde.
Und wenn dann manchmal mit "Pietät" argumentiert wird: Ernsthaft, was juckt es Sprecher:innen, die bereits vor Jahrzehnten vermodert sind, ob man ihre Stimmen verwendet? Genausogut könnte man sagen, man möge bitte alle Fotos und Filmaufnahmen von Verstorbenen aus dem Internet entfernen, da diese sich das zu Lebzeiten weder vorstellen konnten noch ihre Zustimmung dazu gegeben haben, dass wir sie heute alle auf kleinen Abspielgeräten in der Hosentasche herumtragen. Im Gegenteil würden sich viele Sprecher, die vor 30, 40, 50 Jahren im wahrsten Sinne des Wortes noch "im Dunkeln" gearbeitet haben und kaum bekannt waren, vermutlich darüber freuen, dass man ihre Stimme und Darstellung noch Jahrzehnte später so sehr schätzt, dass man lieber auf deren technische Imitation als auf neue Sprecher zurückgreift.
Wieso nicht einfach akzeptieren wenn jemand tot ist? Der Tod gehört zum Leben dazu. Finds doof, eine Stimme mit Hilfe einer KI „wiederzubeleben“. Und ich finds auch doof von Schauspielern, die sie sich für sowas hergeben. Aber das muss jeder selbst entscheiden. Klonen wir dann irgendwann auch verstorbene Schauspieler? Ich mein, die Stimme oder der Körper wären dann wieder da. Aber die Seele fehlt.
Ich bezweifle, dass es überhaupt einen nennenswerten Markt für "auferstandene" Stimmen gibt. Bei Ergänzungen unvollständiger Fassungen wäre es noch sinnvoll gewesen. Dann hätte man den Eindruck gehabt, GGH hätte Käpt'n Kirk durchgehend in allen Szenen gesprochen. Aber schon bei Pille wäre das Problem: Nur Fehltext von Manfred Schott stimmlich anpassen oder den Schiffsarzt grundsätzlich angleichen?
Mittlerweile dürfte die Zeit der Rekonstruktionen ohnehin vorbei sein, und bei komplett neuen Produktionen ist man es seit jeher gewohnt, dass die Stimmen wechseln. Kaum jemand würde beispielsweise die Filme mit Louis de Funès neu kaufen, wenn man den französischen Schauspieler nun grundsätzlich mit der Stimme von Gerd Martienzen hören könnte.
Damit hast du durchaus einen Punkt, Norbert. Das denke ich ehrlich gesagt auch - und im Großen und Ganzen akzeptiert das Publikum ja "neue" Stimmen ... siehe Stallone zumindest in der Form, dass sie das Produkt dennoch konsumieren und dann ist es den Produzenten auch egal. Und das ist nachvollziehbar. Wirtschaftlich interessant wird wirklich nur werden, dass man wirklich die Sprache der Originalschauspieler einfach "simultan" in andere Sprachen wird transferrieren können ... so, wie heute die Texteinblendungen teilweise ja auch ohne großen Aufwand (und den Vorteil digitaler Kopien).
Und um in die Kategorie "Bild" zu gehen: Ich sehe auch nicht die Massen an Zuschauern ins Kino stürmen, weil es jetzt einen neuen Film mit einem digital lebensechten Humphrey Bogart gibt ... das ist doch maximal eine Nische. Würde ich einen neuen s/w Noir-Thriller mit Bogart in der Hauptrolle und "Marquis" als deutsche Stimme ansehen? Ja! Aber das lohnt doch niemals, die "paar" Fans weltweit mit sowas zu bedienen.
Eben, ich glaube kaum dass da ein geeigneter Markt entstehen wird...höchstens für fehlende Szenen könnte das interessant werden, also wenn eine KI im "Leon-Boden-Modus" die ominösen "Joachim-Pukaß-Will-Smith-Takes" aus "Independence Day" nachsynchronisiert.
Der Rest wird wenn dann nur für den Privatgebrauch bei Synchronfans und Interessierten verwendet werden, die ihre subjektiven Hass-/Fehlbesetzungen nun endlich korrigieren können...weil den durchschnittlichen Rest interessiert es sowieso nicht, ob Nicolas Cage in Tricks jetzt Nitschke, Kessler oder sonstwen hat...
Aber für den Rest sehe ich da keinen Markt, zukünftige Schauspieler werden zukünftige Stimmen haben und keine alten. Kein Mensch würde auf die Idee kommen, einer Milly Alcock bspw. eine "Evelyn Maron"-KI oder einer Halle Bailey eine "Margot-Leonard"-KI zu verpassen und diese als deren neue Stimmen einzusetzen. Und da sähe ich sogar rechtliche Probleme (fehlende Einwilligung usw.)
Für "alte Stimmen" auf neue Schauspieler wird es in der Tat einen "Markt" nicht geben. Weshalb sollte man beispielsweise einen digitalen G.G.Hoffmann-Klon auf den neuen James Bond besetzen? Aber für Schauspieler, deren Sprecher in den Ruhestand gegangen oder verstorben sind, wird ja immer wieder Ersatz gesucht, der möglichst ähnlich klingt. Was sonst sollten die Besetzungen TNWs auf Elsholtz' oder Eggers auf Dannebergs Rollen? Weshalb diskutieren wir dann überhaupt darüber, ob eine Umbesetzung passend ist? Wenn es keinen "Markt" für möglichst ähnliche Stimmen gäbe, könnte man ja bei jeder Nichtverfügbarkeit eines Sprechers einfach wild neu besetzen, ohne sich über Kontinuität und Brüche Gedanken zu machen.
Nicht umsonst freuen wir uns ja, wenn die "Stammsprecher" selbst für winzige Gast-Auftritte verwendet werden, auch oder gerade dann, wenn weder Sprecher noch Schauspieler sonderlich bekannt sind. Für 99% der Zuschauer wäre es völlig gleichgültig, ob eine wenig bekannte Stimme einen wenig bekannten Schauspieler in einer gänzlich unbekannten Nebenrollen in einer drittklassigen Serie spricht. Dennoch wird erfreulicherweise auch in diesen Fällen oft auf Kontinuität geachtet und dies von Kennern geschätzt.
Zitat von PeeWee im Beitrag #103Ja, ich hätte auch gerne GGH in Dr. No gehabt
Und ich hätte gerne Kindler bei allen Connery-Bonds gehabt!
*duckundweg*
Gott bewahre, bitte nicht! Kindler trifft zwar Connerys Härte, aber der machohaften Charme von Bond geht völlig verloren. Ich sag nur, Dafür ist immer Zeit! Wirklich furchtbar. GGH bleibt hier unerreicht.
Zitat von dlh im Beitrag #112Sie ist zwar technisch schlecht gemacht, aber es gibt bereits eine Leon-Boden-Nachsynchro der Joachim-Pukaß-Nachsynchro.
Ah ok, kurios, dass man das nicht von vornherein gemacht hat und dann ausgerechnet Pukaß nahm. Allerdings weiß ich bis heute nicht, welche Szenen das überhaupt betrifft, bei meiner Blu-Ray ist mir tatsächlich nichts aufgefallen. Daher schrieb ich auch ominös Weiß man denn wann beide Nachsynchros entstanden sind?
Was ich mich allerdings frage ist, was noch draus wird. Falls es gut wirkt, würde ich es nämlich schon begrüßen, wenn der amerikanische Junior-Star "Justin Newbie Masters" auch auf Deutsch wie er selbst klingt. Ich würde es immer noch begrüßen, wenn das nicht gänzlich über Maschine läuft, aber eben der Synchronsprecher eben nur noch die deutsche Betonung vorgibt, nicht aber eben die Stimme. Ich liebe sowohl Ernst Meincke als auch Rolf Schult auf Patrick Stewart, aber Sir Patricks Stimme war (inzwischen halt zu brüchig) einfach toll und ich genieße alles, was er so eingesprochen hatte. Da wäre es schon schön, wenn man in Zukunft halt die Stimme beibehält.
Manche Schauspieler haben eine dermaßen furchtbare Stimme, dass ich heilfroh bin, dass man sich beim Synchronisieren nicht sklavisch am Original orientiert.
Zitat von dlh im Beitrag #112Sie ist zwar technisch schlecht gemacht, aber es gibt bereits eine Leon-Boden-Nachsynchro der Joachim-Pukaß-Nachsynchro.
Ah ok, kurios, dass man das nicht von vornherein gemacht hat und dann ausgerechnet Pukaß nahm. Allerdings weiß ich bis heute nicht, welche Szenen das überhaupt betrifft, bei meiner Blu-Ray ist mir tatsächlich nichts aufgefallen. Daher schrieb ich auch ominös Weiß man denn wann beide Nachsynchros entstanden sind?
Die ursprüngliche Nachsynchro ist anlässlich der VHS-/DVD-Veröffentlichung des "Extended Cuts" entstanden (wie Koboldsky schrieb, so um 1999/2000 herum) und die Re-Takes mit Boden dann für die Blu-ray-Veröffentlichung des "Extended Cuts" 2016 (die erste Blu-ray enthielt nur die normale Kinofassung). Es betrifft auch nur eine Szene, im Schnittbericht die bei TC: 79:51 Min. -> https://www.schnittberichte.com/schnittbericht.php?ID=587558
Zitat von Koboldsky im Beitrag #99Vor allem wäre da auch das Geschmäckle, dass man damit Klaus Kindlers bzw. Erik Odes Leistungen reduzieren würde...
Das Ode für Viele hier nicht auf Cary Grant funktioniert, hat doch überhaupt nichts mit seiner Leistung zu tun... Er hat also sicherlich so gut gespielt wie er konnte, aber er passte (auch für mich) zumindest weniger als optimal...