Find ich ja toll, wie Umbach hier den französischen Akzent mimt (hab den Vorgänger nicht gesehen, auch dort nur die Trailer). Was für mich aber nicht aufgeht, ist der Akzent gepaart mit der viel zu blumigen Ausdrucksweise, z.B.: "Meinen Glückwunsch." (Das Suffix -en ist per se schon mal ein krasses Grammatikdetail) "Ich vermute, Sie haben mich nicht nur des Vergnügens wegen mit einbezogen." "Hegte irgendjemand Groll gegen die Familie?" "Linnet Doyle umgibt soviel zwiespältiger Hass und Eifersucht."
Wenn ich die Figur richtig deute, dann soll uns ja weisgemacht werden, Poirots Muttersprache sei Französisch und Deutsch (bzw. Englisch im Original) eine erlernte Fremdsprache. Falls Poirot also tatsächlich über einen solch fortgeschrittenen Wortschatz verfügt, dann müsste auch der Akzent viel schwächer bzw. glattgebügelt sein. Oder aber Poirots Vokabular fällt ganz einfach ein wenig trivialer aus, dann wäre es wieder glaubhaft.
Laut Agatha Christie allerdings spricht Poirot ein hervorragendes Englisch und gibt nur zeitweise vor, dass er leichte Schwierigkeiten mit dieser Sprache hat, damit er gezielt unterschätzt wird. Über die Aussprache ist bei ihr wenig bis nichts zu finden, aber ein Mann wie Billy Wilder sprach in Wortwahl und Grammatik ein perfektes Englisch (logisch, sonst hätte er nie so brillante Drehbücher in einer Fremdsprache schreiben können), doch sein deutscher Akzent bis an sein Lebensende war grausam. Es ist also kein Widerspruch.
Schlimmer als solche Feinheiten finde ich es, wenn z. B. Poirot in der gleichnamigen Serie mit starkem französischem bzw. belgischem Akzent spricht, während Belgier in Belgien bzw. Franzosen in Frankreich komplett ohne Akzent sprechen.
Naja, für mich als jemand, der nahe der deutsch-französischen Sprachgrenze aufgewachsen ist und ein Austauschjahr in FR absolviert ha, ist es eben nicht nur eine Feinheit. Es fühlt sich einfach nicht realistisch an, sondern volle Kanne Synchronstudio mit auf Hochglanz gebügeltem Synchrondeutsch plus Akzent.
Wenn es aber eine Taktik von Poirot ist, kann ich das einigermassen nachvollziehen.
Naja, aber eine Taktik wäre es ja nicht für die gesamte Dauer des Filmes. Wenn es im Film wirklich so etwas merkwürdig ist, finde ich das schon kritikwürdig. Wenn man das mit dem französischen Akzent schon durchzieht, dann wäre es besser gewesen, einen Muttersprachler zu nehmen. Martin Umbach hat ja stets eine leicht gekünstelte Attitüde. Ich erinnere mich, dass ich das in 'Mord im Orientexpress' schon eher belustigend als ernstzunehmend fand.
Zitat von weyn im Beitrag #57Naja, für mich als jemand, der nahe der deutsch-französischen Sprachgrenze aufgewachsen ist und ein Austauschjahr in FR absolviert ha, ist es eben nicht nur eine Feinheit.
Es ist deshalb eine Feinheit, weil es meiner Meinung nach eher realistisch ist. Gibt ja auch viele Amerikaner, die an sich perfektes Deutsch sprechen, nur eben mit Akzent.
Die andere Begebenheit (also dass nahezu alle anderen Franzosen und Belgier komplett ohne Akzent sprechen) ist hingegen ein klarer Synchronfehler, den man eigentlich nur mit Faulheit erklären kann.
Zitat von weyn im Beitrag #57Naja, für mich als jemand, der nahe der deutsch-französischen Sprachgrenze aufgewachsen ist und ein Austauschjahr in FR absolviert ha, ist es eben nicht nur eine Feinheit.
Es ist deshalb eine Feinheit, weil es meiner Meinung nach eher realistisch ist. Gibt ja auch viele Amerikaner, die an sich perfektes Deutsch sprechen, nur eben mit Akzent.
Die andere Begebenheit (also dass nahezu alle anderen Franzosen und Belgier komplett ohne Akzent sprechen) ist hingegen ein klarer Synchronfehler, den man eigentlich nur mit Faulheit erklären kann.
Ich stimme Samedi völlig zu. (Außerdem ist es sowieso ein Irrtum, dass Filme die Realität abbielden sollen.)