Gerade Thormann wäre gar nicht so unwahrscheinlich, zumal er Conrad Veidt Jahre später in "Agenten der Nacht" (natürlich nicht unter Brandts Regie!) tatsächlich gesprochen hat.
Bei Claude Rains wäre allerdings auch Klaus Miedel naheliegend gewesen, selbst wenn er die Rolle (dem Original entsprechend) ohne französischen Akzent gesprochen hätte.
Nun hatte ich auch Gelegenheit, diesen Artikel zu lesen.
Zitat von John Connor im Beitrag #44Die beiden interessantesten Hinweise der Arbeit betreffen zum einen die Lautsprecher-Durchsage der deutschen Besatzer in Paris, die in der US-Fassung auf deutsch erfolgt, in der 1952er Fassung jedoch auf französisch, womit jedoch suggeriert werde, „die Franzosen würden sich der deutschen Machtübernahme bereitwillig unterwerfen“. (Viel irritierender finde ich allerdings, dass in der 1975er Fassung diese Durchsage von Holger Hagen gesprochen wird, der auch den Erzähler zu Beginn des Films gegeben hatte. Hat er etwa die Seiten gewechselt?) Zum anderen, und das ist weitaus bemerkenswerter, wird der US-Fassung „Bedenkenlosigkeit beim Gebrauch von NS-Vokabular“ angekreidet, das „auf eine … aus heutiger Sicht pietätlos anmutende Weise gebraucht“ werde. Als Beispiel wird unter anderem der Dialog zwischen Berger und Laszlo genannt, wo Victor über seine Zeit im KZ sagt:
In a concentration camp, one is apt to lose a little weight. (1942)
Für die Autorin wird hier der Eindruck erweckt, „dass es sich um eine ‚herkömmliche‘ Haftanstalt handelt. Als Widerstandskämpfer hätte Victor in einem Konzentrationslager aber sicherlich eine viel grausamere Behandlung erfahren.“
In der ZDF-Fassung klingt die Stelle ähnlich verharmlosend: In einem KZ neigt man dazu, ein paar Pfunde zu verlieren. (1975)
In der 1952er Fassung klingt die Aussage vergleichsweise neutral: Ich glaube, ich habe mich seitdem etwas verändert. (1952)
Die französische Lautsprecherdurchsage würde ich allerdings anders als Annika Wisniewski deuten: Zum einen glaube ich nicht, "dass die wenigsten deutschen Zuschauer die Sprache verstanden" (S. 312). Im Gegenteil glaube ich eher, dass 1952 unter erwachsenen Deutschen Französischkenntnisse sehr viel weiter als heute verbreitet gewesen sein dürften. Zum anderen ist es nicht gerade glaubwürdig, dass ein Lautsprecherwagen mit deutschem Text bereits vor der Kapitulation der Stadt mitten in Paris Anweisungen erteilt (Ilsas Aussage, es sei "die Gestapo" erscheint erst recht absurd). Eine französische Proklamation wirkt daher viel glaubwürdiger.
Die kritisierte "Bedenkenlosigkeit" wirkt natürlich nur aus heutiger Sicht als solche. Man könnte dem Film natürlich ebenso vorwerfen, dass Victor und Ilsa viel zu wohlgenährt und elegant gekleidet für ein Paar wirken, dass sich seit anderthalb Jahren auf der Flucht befindet (darauf wurde in anderen Filmbüchern schon hingewiesen). Eine "realistischere" Darstellung wäre im Kontext dieses Films kaum möglich gewesen. Daneben ignoriert die Autorin eine spätere Dialogstelle, in der Laszlo andeutet, gefoltert worden zu sein. Die sarkastische Bemerkung zu seinem "Gewichtsverlust" überrascht im Übrigen auch deshalb, weil sie überhaupt nicht zu seinem ansonsten extrem edelmütigen und humorlosen Rollentyp passt (pikanterweise kritisiert Roger Ebert in seinem Audiokommentar gerade an dieser Stelle Laszlo als einen Langweiler ohne jeden Sinn für Humor).
Zitat von zango im Beitrag #21Einzig in der Rückblende auf die Zeit in Paris wird hier kurz von Bogart 2 mal die bevorstehende Besetzung der Stadt durch die Deutschen erwähnt und dies bleibt auch der einzige direkte Bezug zum 2. Weltkrieg.Wer die ganzen Flüchtlinge in Casablanca sind und warum sie geflohen sind bleibt sonst völlig im Dunkeln.
In Annika Wisniewskis Aufsatz werden aus dem Prologtext der Erstsynchro die folgenden Sätze zitiert (S. 308): "Der Zweite Weltkrieg hatte fast aus ganz Europa ein einziges Schlachtfeld gemacht. Portugal war vom Kriege unberührt geblieben und seine Hauptstadt Lissabon wurde durch ihre Lage der große Auswanderungshafen aller derer, die aus Europa flüchten mussten. (...) Hier erhofften die vom Glück Begünstigten durch Einfluss oder Geld einen falschen Pass oder ihr Ausreisevisum nach Lissabon zu erhalten und von dort den Weg über den Ozean anzutreten." Aus den deutschen Kurieren wurden in dieser Fassung Italiener, denen man ihren Diplomatenpässe (und nicht etwa "Transitvisa") gestohlen hatte (S. 309).
Guido Marcel Pruys hatte bei der Arbeit an seinem Buch "Die Rhetorik der Filmsynchronisation" die alte Fassung zwar nicht vorliegen, zählte aber auf, welche Szenen in dieser in jedem Fall fehlen müssten. Dabei äußerte er den Verdacht, dass die Szene mit dem deutschen Bankier, dem Rick wegen dessen Parteimitgliedschaft den Zugang zum Spielsaal verweigert, früher sicher anders übersetzt wurde. In dieser Untersuchung werden die Dialoge dieser Szene aus der alten Synchro zitiert: Dort begründet Rick seine Anweisung damit, dass der Bankier "beim Spiel zu viel Glück" hätte, die "Deutsche Bank" oder der "Angriff" werden natürlich nicht genannt.
Zitat von Markus im Beitrag #4Soweit ich weiß, hat Christoph (c.n.-tonfilm) auch versucht, Warner dazu zu bringen, die Fassung als Special Bonus mit auf die DVD-Edition zu nehmen. Aber Fehlanzeige: man meinte, das würde niemanden interessieren.
Könnten daneben vielleicht auch rechtliche Fragen eine Rolle gespielt haben? Denn laut Wisniewskis Arbeit (S. 305, Fußnote 18) wurden die Rechte an dieser Fassung später vom Nobis-Verleih übernommen.
Zitat von Markus im Beitrag #4Soweit ich weiß, hat Christoph (c.n.-tonfilm) auch versucht, Warner dazu zu bringen, die Fassung als Special Bonus mit auf die DVD-Edition zu nehmen. Aber Fehlanzeige: man meinte, das würde niemanden interessieren.
Könnten daneben vielleicht auch rechtliche Fragen eine Rolle gespielt haben? Denn laut Wisniewskis Arbeit (S. 305, Fußnote 18) wurden die Rechte an dieser Fassung später vom Nobis-Verleih übernommen.
Also, den Nobis-Verleih gibt es wohl noch. Wenn ich richtig gesehen habe, in Düsseldorf. Allerdings bin ich auf keine Internet-Seite gestoßen. Aber wie auch immer: Vielleicht haben die ja Rechte noch. Weiß da jemand mehr ? Oder wurden die dann später an die Kinemathek Berlin veräußert ? Denn dort kann man die Fassung ja noch sichten. Da hätte man ja unter Umständen mal nachfragen können.
Nachtrag: In der Analyse wird betont, dass alle Erwähnungen des Gegensatzes zwischen "Vichy" und den "Freien Franzosen" aus den Dialogen getilgt worden seien. In diesem Fall müssten (auch wenn dies nicht ausdrücklich erwähnt wird) eigentlich auch die beiden Einstellungen herausgeschnitten worden seien, in denen man das Lothringer Kreuz (nach der Erschießung des Flüchtigen und als Berger sich Ilsa und Victor vorstellt) sehen kann.
Meines Wissen hat Nobis nur die ARD-Fassung ausgewertet, die alte dt. Fassung hat Warner ja erstellen lassen, die haben mit Sicherheit auch noch die Rechte daran!
Das hätte ich normalerweise auch gedacht. Aber da die Erstsynchro bei der Deutschen Kinemathek gesichtet wurde, dürften die Informationen zur Rechtefrage doch wahrscheinlich aus dieser Quelle stammen?
Keine Ahnung woher die Infos von Wisniewski kommen, aber selbst wenn Warner die Erstsynchro mal an Nobis lizensiert hatte (was ich für höchst unwahrscheinlich halte), dann war das zeitlich stark begrenzt und auch nur für den Kinoeinsatz.
Zitat von lupoprezzo im Beitrag #71Keine Ahnung woher die Infos von Wisniewski kommen
Die Fußnote enthielt keine Angaben dazu. Aber da das Vorwort einen Dank an die Kinemathek in Berlin enthielt, bei der man die Synchro sichten konnte, wäre diese als Quelle eine Möglichkeit.
Weitere Sprecher der Erstfassung: Claude Rains - Ernst Fritz Fürbringer Sidney Greenstreet - Wolf Martini Dooley Wilson - Gerhard Geißler Curt Bois - Anton Reimer
Herbert Wilk für Henreid würde ich eindeutig verneinen (wäre ohnehin merkwürdig, einen berliner Sprecher, der auch zuhause fast nie synchronisierte, ausgerechnet in München zu hören - Martini ist da anderes Kaliber, er zählte zu den meist beschäftigten seiner Branche). Vielmehr klingt er für mich nach Karl Maria Schley.
An Klipstein habe ich auch kurz gedacht, aber zum Einen kenne ich ihn zwar aus Hamburg und Remagen (wenn's nicht ein Warner-Film wäre, hätte ich ironischerweise sowieso auf eine remagener Synchro getippt) und zum Anderen wäre er hier weitaus differenzierter als ich das von ihm (als - pardon - Knallcharge) gewöhnt bin. Aber Du wirst wohl recht haben ...