Zur Besetzung hatte ich vor einigen Monaten das geschrieben:
Zitat von berti im Beitrag #80Funktioniert Paul Klinger für Humphrey Bogart denn? Eigentlich könnte ich ihn mir für Paul Henreid oder Claude Rains weitaus besser vorstellen.
Klinger fand ich für den jüngeren Bogart zumindest deutlich passender als später bei der "barfüßigen Gräfin". An Kemmer konnte er natürlich nicht heranreichen, aber ich finde es interessant, dass man in beiden Fällen auf Bogart Sprecher besetzte, die sich eigentlich durch eine sehr "klare" Aussprache auszeichneten, obwohl Kemmer in "Casablanca" teilweise bewusst "unsauber" spricht, Klinger zumindest in der Szene, als Rick sich betrinkt. Wenn er sich Ilsa gegenüber verletzend gibt, erinnerte mich sein unterschwellig aggressiver Ton teilweise etwas an Ray Milland am Ende von "Lebendig begraben". Marianne Kehlau und Rosemarie Kierstein nehmen sich aus meiner Sicht wenig, ebenso wie Gerhard Geisler und Wolfgang Hess, Walter Bluhm und Horst Gentzen bringen Lorres feige, kriecherisch-verschlagene Art so gut rüber, wie es die Kürze der Rolle und der geringe Text zulassen. Ansonsten fand ich Fürbringer zwar nicht gerade fehlbesetzt, er wollte mir aber nicht so recht zu Claude Rains passen. Hier hätte ich viel lieber Hans Nielsen gehört, der damals noch etwas "leichter" klang und dessen Sinn für sarkastische Unter- und Zwischentöne gut zu der Rolle gepasst hätte. Der Sprecher von Paul Henreid klang mir teilweise etwas zu hart, hier hätte ich mir Axel Monjé ganz gut vorstellen können. Ansonsten fand ich Wolf Martini für Sydney Greenstreet sehr merkwürdig besetzt: seine Stimme wirkte viel zu knurrig und grob für den öligen Schwarzmarkthändler. Vielleicht wäre das (wenn die Synchro komplett aus Berlinern bestanden hätte) etwas für Walther Süssenguth gewesen?
Zitat von berti im Beitrag #68Nachtrag: In der Analyse wird betont, dass alle Erwähnungen des Gegensatzes zwischen "Vichy" und den "Freien Franzosen" aus den Dialogen getilgt worden seien. In diesem Fall müssten (auch wenn dies nicht ausdrücklich erwähnt wird) eigentlich auch die beiden Einstellungen herausgeschnitten worden seien, in denen man das Lothringer Kreuz (nach der Erschießung des Flüchtigen und als Berger sich Ilsa und Victor vorstellt) sehen kann.
In der mir vorliegenden Fassung ist das Kreuz in beiden Szenen zu sehen. Das hat mich wieder darüber nachdenken lassen, ob der Film in dieser Fassung tatsächlich bei vielen uninformierten Zuschauern funktionieren konnte. 1952 bestand natürlich die Mehrheit des männlichen deutschen Kinopublikums aus ehemaligen Frontsoldaten, ein Teil davon war während des Krieges kurze längere Zeit in Frankreich stationiert. Müsste daher nicht die Bedeutung des Kreuzes bekannt gewesen sein? Und ebenso die Tatsache, dass die französischen Kolonien (also auch Französisch-Marokko) 1941/42 dem kollaborierenden Vichy-Regime unterstanden? Wenn im Film immer wieder betont wird, "höhere Stellen" wollten Victor Larsens/Laszlos Weiterreise verhindern, könnte man also relativ schnell darauf kommen, wer dahinter stecke. Und hinzu kommt noch, dass Conrad Veidt (dessen Gesicht manchen eventuell noch aus vor 1933 produzierten Filmen oder dem 1949 in den deutschen Kinos gezeigten "Dieb von Bagdad" bekannt gewesen sein könnte) im Film trotzdem nur in zwei kurzen Einstellungen (in deutscher Uniform und neben dem Polizeipräfekten!) zu sehen war. Wie der bei Gandert zitierte Leserbrief zeigt, wurden offenbar bereits 1952/53 manche Zuschauer misstrauisch und erkundigten sich beim Warner-Verleih. Dass diese Fassung in späteren Zeiten geringere Chancen hatte, noch jemanden zu täuschen, könnte auch ein Grund dafür gewesen sein, dass sie später eingemottet wurde. Dass manche Kritiker den Film in dieser Version selbst damals abstrus oder merkwürdig fanden, kann ich mir jedenfalls gut vorstellen.
Zitat von berti im Beitrag #68Aber wie der bei Gandert zitierte Leserbrief zeigt, wurden offenbar bereits 1952/53 manche misstrauisch und erkundigten sich beim Warner-Verleih. Dass diese Fassung in späteren Zeiten geringere Chancen hatte, noch jemanden zu täuschen, könnte auch ein Grund dafür gewesen sein, dass sie später eingemottet wurde.
In diesem Zusammenhang will ich nochmal auf den 1974 in der "ZEIT" erschienenen Artikel aufmerksam machen, in dem diese erste Synchronfassung dieses Films besprochen wird: http://www.zeit.de/1974/26/casablanca-zum-beispiel
Dass diese Fassung 1974 nochmals in den Kinos lief, nachdem der Film zuvor im WDR ungeschnitten und untertitelt gelaufen war, ist wirklich komisch. Ob diese Wiederaufführung vielleicht sogar ausschlaggebend für die ARD-Version war? Immerhin scheint diese ein Prestigeprojekt gewesen zu sein, da man sich gerade bei der Musik große Mühe gab und nicht einfach auf Archivkompositionen zurückgriff.
Ich denke sogar, dass dieser Artikel das Thema nochmal verstärkt hat. Sicher, die Ausstrahlung in der OmU hatte da sicherlich schon einiges zu beigetragen, aber mit der WA und dem verlinkten "ZEIT"-Artikel war dann endgültig klar, dass diese alte Synchronfassung total überholt war und dass es einer ungeschnittenen Neufassung bedurfte.
Zitat von berti im Beitrag #47Vielleicht war diese Entscheidung aber auch bewusst, um zu betonen, dass die beiden ihre "intime Bekanntschaft" vor Victor und dem Präfekten zu verheimlichen versuchen?
Wäre möglich, aber Bergmans Gesichtsausdruck spricht hier Bände, auch ihre eindeutige Aufmerksamkeitsverlagerung und der Kontext der Konversation beißt sich mit dieser Annahme.
Nachdem ich diese Fassung nun komplett erleben konnte, erscheint es mir sehr wahrscheinlich, dass das Siezen an dieser Stelle (wie auch in zwei anderen Szenen) bewusst gewählt wurde, sie hier:Du oder Sie?
Ernst von Klippstein kenne ich als Sprecher bisher nur aus Jahrzehnte später entstandenen Hörspielen, in denen er schon alt und zittrig klang. Und dass er in München synchronisiert hätte, wäre mir ansonsten auch nicht bekannt. Falls inzwischen noch jemand diese Synchro sichten konnte und mit seiner Stimme vertraut ist: Hört man ihn hier wirklich?
Ja, eindeutig Klipstein. Deswegen kann ich mich auch immer noch nicht hundertprozentig von meiner Theorie trennen, dass doch die IFU hier am Werke war ...
Auch von meiner Seite aus: definitiv Ernst von Klipstein. Zum Vergleich, wie er damals klang, kann man gut in "Ernst sein ist alles" reinhören (für Michael Redgrave). Außerdem war er ja auch Herr Kehlau...
...übrigens hat Herr von Klipstein durchaus auch in München gearbeitet: "SOS- Feuer an Bord" (Ala-Film, 1951) oder die Erstsynchro von "Der Richter von Colorado" (München, 1951) seien als Beispiele genannt.
Wer CASABLANCA in der Synchro-Version von 1952 einmal auf großer Leinwand erleben möchte: Am 17. Januar 2015 um 18:00 Uhr zeigt das Kino des Deutschen Filmmuseums in Frankfurt am Main eine 35mm-Kopie aus dem Archiv der Stiftung Deutsche Kinemathek. Dazu gibt es einen Vortrag von Thomas Bräutigam. Karten können ab Ende des Monats telefonisch unter (069) 961220220 reserviert werden. Viel Vergnügen!