Die gesamte Synchro von "Der Spion, der aus der Kälte kam" ist ein Meisterstück, hat aber einige besondere Highlights. Zunächst natürlich Holger Hagen in seinem Einsatz für Richard Burton: Passend zum zynischen, schnodderigen und (szenenweise) abgewrackten Alec Leamas klingt er dermaßen versifft, desillusioniert und rau, dass man (ohne Kenntnis anderer Rollen) nie auf den Gedanken käme, jemand würde seine Stimme als "nobel" oder "aristokratisch" empfinden. Wolfgang Büttner für Cyril Cusack als gerissener Geheimdienstchef ist nur eine kleine Rolle (gerade einmal zwei Szenen), aber besonders der Monolog, in dem er die Arbeit der Geheimdienste beschreibt, prägt sich ein: Wenn er sich darüber beklagt, der Westen sei gezwungen, dieselben schmutzigen Tricks wie die Gegenseite anzuwenden, ist es anhand seines Tonfalls unmöglich zu entscheiden, ob er es ernsthaft bedauert oder nur ein Heuchler ist. Grandios auch Siegfried Schürenberg für George Voskovec im letzten Drittel des Films: Als Verteidiger wählt er zwar theatralische Worte, die eine dramatische Wirkung erzeugen sollen, spricht diese aber ungeheuer nüchtern und präzise, wodurch die Wirkung noch verstärkt wird. Auch als er zunächst Leamas und dann dessen Freundin Nancy Perry ins Kreuzverhört nimmt, stellt er seine Fragen zwar nüchtern, aber mit immer stärkerem Nachdruck. Diese präzise, trockene Art erinnert mich persönlich an den Tonfall, den man eher von Helmo Kindermann gewohnt ist.
Georg Thomalla für Danny Kaye und dessen Puppe in "Die Lachbombe":
leider sind es im Film viel zu wenige szenen, in denen Danny Kaye als Bauchredner mitsamt seiner Puppe auftritt. Aber diese Szenen sind innerhalb eines generell kongenial synchronisierten Filmes noch einmal ein Highlight. Wie Thomalla den gänzlich entgegengesetzten Charakter der frechen Puppe widergibt und sozusagen mit sich selbst im Dialog ist, das steht Danny Kaye in nichts nach.
Eine absolute Sternstunde sind - zumindest schauspielerisch - sämtliche Laurel-&-Hardy-Synchronisationen mit Walter Bluhm und Arno Paulsen. Bluhm für Laurel ist sowieso ein Muss, alles andere geht nicht (selbst als er schon alt und krank war). Aber wenn man die anderen Sprecher Hardys zum Vergleich heranzieht, merkt man erst, wie grandios Paulsen in dieser Rolle war. Er war (vielleicht mit partieller Ausnahme von Hermann Pfeiffer) der Einzige, der Hardy mit fast heiligem Ernst synchronisierte. Und das war das einzig Richtige! Bei Habeck hört man meist eine leichte Ironie, Duwner und Pantel übertrieben häufig (abhängig von der Regie) und versuchten betont komisch zu sein, wo Seriosität gefragt war. Dagegen diese herrlichen Wutausbrüche von Paulsen (die privat auch in seinem Temperament gelegen haben sollen), die wunderbare kindliche Naivität (nicht Dummheit!) - mal ganz abgesehen davon, dass selten ein deutscher Sprecher so nah an der Originalstimme seines Stars gelegen hat. Tja, ich kann keinen Laurel-&-Hardy-Film ohne Paulsen uneingeschränkt auf deutsch genießen.
Meine Favoriten: "Zwei ritten nach Texas", "Hände hoch - oder nicht", "In der Fremdenlegion".
Kennst Du "Hände hoch - oder nicht" ("Fra Diavolo") mit ihm? Ich habe gedacht, die Kinofassung insgesamt ist nicht mehr erhalten und die gekürzte in der Serie hätte man schon über 40 Jahre nicht mehr gezeigt (also auch vor Deiner Geburt!). Na ja, ich denke Du hast aber auch nur eine schöne Vorstellung davon, stimmt´s?
Zumindest die verstümmelten Fassungen von hier, wenn´s schon leider nicht anders geht und "Nothing but Trouble" (deutsch: "Nichts als Ärger" oder "Die Leibköche seiner Majestät") mit Paulsen hätte ich mal gerne gehört, und auch "Bombenkerle" und alle anderen mit ihm die bedauerlicherweise so nicht mehr laufen!
Oh nein, ich kenne "Hände hoch - oder nicht" sehr wohl, zumindest, was von dieser Fassung überlebt hat. Glücklicherweise sind die ZDF-Folgen im frühen VHS-Zeitalter nochmal ausgestrahlt worden.
Meine Irritationen kamen auf, weil man unter tvforen in der Nostalgieecke schon vor längerem ein "Dick und Doof"-Thema in Bezug auf die vollständige Veröffentlichung und Ausstrahlung der Serie mal wieder eröffnet hatte. Darin war zu lesen, dass die Serie nur einmal Anfang der 70er komplett gesendet wurde und damit auch die Film-Mehrteiler (nur 50 von 98 Folgen wurden später noch auf den Kirch-Sendern gezeigt!). Ich habe die Serie selbst schon Anfang der 80er (Jahrgang 78) freitagabends als Kind gesehen, kann mich jedoch nicht mehr an viel erinnern. Als ich vorhin von späteren Ausstrahlungen 1984 und 1985, die montags bzw. donnerstags ausgestrahlt wurden erfuhr, versagte ebenso mein Gedächtnis an dieses.
An dieser Stelle sei mal die deutsche Fassung von "Darkwing Duck" erwähnt - da sitzt wirklich alles. Die Dialoge sind locker, ohne albern zu sein, ohne einen Anflug von Hölzernheit (wie man sie leider häufiger findet), die Mischung stimmt. Vor allem aber sind die Sprecher ohne Ausnahme ein Genuss! Gudo Hoegel - ein meiner Meinung nach häufig unterschätzter Sprecher, der neben der überdrehten Komik auch immer wieder einen leisen Moment einbringen kann; Engelbert von Nordhausen in seiner Paraderolle - ein wunderbarer Fall von Kontinuität (vor allem wenn ich bedenke, dass bei der später synchronisierten 2. "Duck Tales"-Staffel darauf geschissen wurde und Dingsbumsduck nicht nur eine andere Stimme, sondern auch einen anderen Namen bekam - funktionierte wohl bloß in der einen Richtung). Auch Inez Günther und Sabine Bohlmann hört man den Spaß an der Sache an, aber besondere Erwähnung verdienen Michael Rüth und der leider nur zweimal auftretende Donald Arthur (dessen Donnerstimme Felsen zerbersten lässt) - beide haben sich mir durch diese Serie dauerhaft eingeprägt. Der kleine Wermutstropfen, dass die enorme Chance vertan wurde, Superagent Bunt eine originale 007-Stimme zu geben (GGH und Kindler wären vor Ort gewesen und wenn Nordhausen "importiert" wurde, wäre es mit Riedel wohl auch möglich gewesen - Clausnitzer war ja schon an den Chef vergeben), fällt da nicht so heftig ins Gewicht, zumal Glemnitz sich gewohnt wacker schlug. Ein absoluter Spaß, der das Original möglicherweise sogar übertrifft.
Ich staune besonders über zwei Dinge: Einmal darüber, wie man es geschafft hat, eine so große Anzahl an Rollen mit dem Münchner Sprecherpool abzudecken, ohne jemanden zu importieren (Engelbert von Nordhausen war die Ausnahme; in seinem Fall verdient es aber tatsächlich Lob, dass man ihn holte!). Daneben finde ich es beachtlich, wie viel Mühe man sich bei den Rollennamen gab, die fast alle übersetzt wurden!
Horst Sachtleben für Colin Jeavons in "Ein Kartenhaus" und "Um Kopf und Krone".
Beide Mehrteiler sind eigentlich die Ian Richardson-Show und gehören damit auf deutsch Reinhard Glemnitz, doch aus der Masse der Nebenrollen sticht besonders Sachtleben hervor. In der ersten Miniserie ist er nur in wenigen Szenen dabei und eher etwas stereotyp (schmierig/verschlagen/sarkastisch), doch in der Fortsetzung gibt die Rolle weitaus mehr her, und Sachtleben holt alles raus. Ob er nun zunächt an den ersten Teil anknüpft, dann über beunruhigt zu hysterisch (ohne ins cartoonhafte abzudriften) wechselt und schließlich bei Enttäuschung und Verbitterung endet, es ist ein bis ins Detail starker Auftritt. Angesichts dieser Leistung schmerzt es umso mehr, wie man den Mann in den letzten Jahren verheizt (insbesondere in den letzten "Columbos") bzw. kaum noch besetzt hat.
Schauspielerisch schätze ich fast alle Star-Trek-Serien (die Sprecher reißen viel wieder raus, was vom Dialog verbockt wurde), aber explizit muss ich hier "Deep Space Nine" erwähnen, und vor allen anderen Jörg Hengstler. Da sitzt alles, von Anfang an, jede Nuance! Und immerhin hat er schon im Pilotfilm diverse heftige Emotionen zu durchlaufen - bei seinem Geschrei, als Sisko seine tote Frau zurück lassen muss, läuft mir jedes Mal ein Schauer über den Rücken. Und Avery Brooks mit seiner explosiven Spielweise ist wahrhaftig nicht leicht zu synchronisieren. Eine Schande, dass so ein wunderbarer Sprecher nie eine zweite Herausforderung gleicher Kategorie bekommen hat.
Naja, ich habe DS9 zu einer Zeit erlebt, als ich noch alles akribisch mit dem Original verglich. Abgesehen davon, dass Uli Johannsens Dialogbuch des Pilotfilms zu den schlechtesten seiner Arbeiten gehört, tut sich Hengstler doch zunächst ein wenig schwer in der Rolle. Negativ erwähnen würde ich hier seinen ersten Logbucheintrag (Stichwort: unnatürliche Pausen) oder auch seine Unterredung mit Picard (maniriert zurückgehaltene Wut), wo mir einfach zuviel von der Vorlage verloren ging. Später wurde alles besser.
Wolfgang Eichberger für Charles Laughton in "Unter Verdacht":
eine absolut ungewöhnliche Besetzung in Anbetracht solcher Kaliber wie Hasse, Steckel, Dahlke und vor allem Wandrey. Laughton liefert in diesem absolut unterschätzten Siodmak-Meistzerstück eine seiner besten Leistungen ab. Kein Bösewicht, ein liebenswerter Mann, gutmütig, hilfsbereit, verständnisvoll, aber auch unglücklich verheiratet und einsam. Dank einer Frau gewinnt er seine Lebenslust wieder, ermordet aber seine Ehegattin. Ein Film, bei dem man hofft, daß der Täter nicht gefasst wird. Eigentlich eine sonderbare Sache, hier ausgerechnet Eichberger zu besetzen. Was er aber hier zuwege gebracht hat, war ein Meisterstück. Er ist absolut liebevoll, gütig und ruhig. In manchen Sequenzen väterlich, bei den ehestreitigkeiten genervt, aber vernünftig und beherrscht. Die kleinen Momente, in denen die Abgründe des Mannes angedeutet werden, spricht er sie ähnlich subtil aus, wie Charles Laughton es tut. Berührend ist auch Eichberger in den zärtlichen Passagen: wie er so fast beiläufig, aber aus tiefster Überzeugung in jenem Tonfall, den verliebte Teenager haben, sagt: "Ich hab dich lieb!", da kriegt man fast Gänsehaut. Auch jeden zerbrechlichen Zwischenton schafft er perfekt und er hat selbst mich erstaunt, obwohl ich eine sehr gute Meinung von ihm habe und nicht immer sehr kritisch bin deshalb.
Jaecki Schwarz für John Hurt in "An Englishman in New York" (2009).
Großartige Charakterrolle von Hurt, der hier einen alternen, homosexuellen Schriftsteller spielt. In dieser speziellen Rolle passt auch sein deutscher Sprecher Jaecki Schwarz wirklich sehr gut. Jemanden wie Jürgen Thormann hab ich hier keine Sekunde vermisst, den ich ohnehin nicht so toll für Hurt finde. Auch Fred Maire hätte ich mir alternativ nicht vorstellen können, dann eher noch Otto Sander.