Zitat von vienna82 im Beitrag #749Ich forsche mittlerweile seit mehr als zehn Jahren zum Thema Filmmusik. Aktuell beschäftige ich mich damit, welche Auswirkungen die deutschsprachige Synchronisation auf die filmmusikalische Dramaturgie haben kann. Deshalb meine konkreten Fragen.
Kennst du schon Guido Marc Pruys´ Buch "Die Rhetorik der Filmsynchronisation" von 1997? Antiquarisch bekommt man das Buch nur zu extremen Preisen, aber daneben gibt es ja z. B. noch die Fernleihe als Möglichkeit. Inhaltlich werden natürlich etliche Punkte behandelt, die den mit dem Thema Vertrauten längst bekannt sind; aber in einigen Passagen geht es auch darum, wie der Austausch von Musik die Atmosphäre von Filmszenen völlig verändern kann (mit den beiden Klassikern "Tote schlafen fest" und "Citizen Kane" als Beispielen).
Noch zu "Die Vögel". Unzweifelhaft eine tolle, runde Synchro. Jedoch fiel mir bereits als Kind auf, dass bei den Vogelnamen hin und wieder stärker daneben gegriffen wurde. Koeniger hatte anscheinend nur ein einfaches Wörterbuch bei der Arbeit zur Hand oder nahm einfach die Übersetzung des Rohübersetzers (wenn es solche damals überhaupt schon gab) ab. Ich stieß mich an den Begriffen "Rotspatzen" und "Erdbeerfinken". Wenn auch nur ein bisschen Tierfreund ist, sollte einem auffallen, dass dies zwei sehr untypische Namen sind. Da mich schon immer interessierte, was da los war, habe ich vor Zeiten einmal das Originalskript gesichtet und siehe da, Koeniger (oder wer auch immer) hat die Begriffe alle recht "simpel" übertragen. Ich habe mal eine Liste der genannten Vogelnamen im Original samt Übertragungen in der Synchro und korrekten Namen gemacht:
Die einfacheren Namen stimmen, aber zwischendurch wurde es wirklich sehr haarig. Bei "Rotspatzen" und "Erdbeerfinken" könnte man natürlich überlegen, dass Melanie von "Rotspatzen" spricht, weil sie ja keine besondere Ahnung von Vögeln hat. Der durchaus versierte Mitch korrigiert sie dann aber, ob es nicht "Erdbeerfinken" seien. Schade. Die Übersetzung des Bibel-Zitats gelang doch auch problemlos.
Beim rudimentären Vergleich fiel mir zudem auf, dass die deutsche Fassung an einigen Stellen verkalauerter ist als das Original. Direkt zu Beginn wird Mrs. MacGruder z. B. in der deutschen Fassung einfältiger gemacht als das Original sie vorgegeben hat - auch durch die der Anlage der Synchronsprecherin. Als Melanie sie fragt, ob der Mynah denn auch sprechen würde, bejaht sie und sagt, dass er aber sicher zuerst nur Indisch sprechen würde. Eine dumme Aussage für eine Angestellte in einer Tierhandlung. Im Original sagt Mrs. MacGruder jedoch, dass man ihm das Sprechen erst beibringen müsse. Später fiel mir ebenfalls so eine unnötige Abweichung auf. Als sich Mitch und Melanie unterhalten, fragt Mitch sie danach, was sie denn an Freitagen machen würde. Melanie antwortet: 'Die Freitage sind frei.' Im Original antwortet sie nur 'Nothing'. Es wäre interessant, ob sich weitere eher laxe Änderungen bei Vergleichen fänden ließen. Mysteriös
Tatsächlich fällt die Übersetzung "Liebesvögel" in der deutschen Fassung nur einmal. Im Anschluss bleibt es bei "Lovebirds" konsequent bei der Übertragung "Sperlingspapageien". Dadurch geht natürlich der Witz verloren, dass Melanie die Vögel ursprünglich mit einem deutlichen Augenzwinkern verschenken wollte.
"Unzertrennliche" hätte in der deutschen Fassung funktioniert. Diese Art der Papageien waren auch im Deutschland der 60er Jahre beliebt.