Da doch einige die Synchro von CK auch abseits des großen Musikproblems und manch technischer verlorengegangener Effekte für schlecht halten, hauptsächlich wegen „tw charakterverfälschenden Übersetzungsfreiheiten“, möchte ich fragen: könnt ihr da mal ein oder zwei Stellen nennen, wo die deutsche Übersetzung in solche Probleme läuft? Das wäre sehr nett… Danke!
Hintergrund: Ich trage mich mit dem Gedanken, den Ton von CK neu zu mischen: kompletter O-Ton mit den reinen deutschen gesprochenen Wörtern. Mit neuesten (und neuest ist hier wörtlich zu nehmen, also „heute“ und zB nicht 6 Monate alt) KI Modellen ist eine sehr saubere Separierung mittlerweile möglich… (eigene Erfahrung).
Wenn ich aber lese, dass die deutschen eingesprochenen Texte tw verfälschend sind, dann frag ich mich natürlich, ob das meine Zeit wert ist?! Oder ob CK sich nicht doch auch in die kleine Liste derjenigen Filme einreiht, die man auch als leidenschaftlicher Synchrogucker doch lieber im Original schauen sollte, wie zB THIRD MAN …
Deswegen meine Frage - sorry fürs Rausholen dieses alten Threads
Ich habe in dem Punkt keine großen Differenzen feststellen können, aber je wichtiger der Film, desto pinseliger werden die Beurteilungen (und auch desto unfairer, weil viele Beurteiler ihre eigenen Übersetzungen vorziehen würden - da gibt es einige Beispiele ...). Ich persönlich finde die Synchro (mit Ausnahme von Hans Nielsen natürlich) schauspielerisch weitgehend dünnblütig und unbefriedigend, besonders mit Pasetti habe ich (als Synchronsprecher!) durch diesen Film ein Problem.
Was den Vorwurf der Charakteränderung angeht, so hat Harry Bittkowski in "Das große Filmfehler-Buch" von 2003 (antiquarisch oder per Fernleihe zu bekommen) manche Dialogstellen zusammengestellt; ob diese den Vorwurf rechtfertigen oder nicht, muss jeder nach der Lektüre beurteilen. Unabhängig davon ist Hans Nielsens (wohl durch die Regie bedingte) akustisch Interpretation ein gewisses Problem, da er Kanes Arroganz und Egozentrik sehr betont, mitunter aber innere Zweifel, Unsicherheiten, etc. unter den Tisch fallen lässt und auch akustisch gleich bleibt, während Orson Welles optisch die unterschiedlichsten Altersstufen durchspielt. Die im deutschen Dialog häufig eingestreuten englischen Floskeln wie "all right", "well" oder "How do you do" (da kam auch in einigen anderen Synchros von Manfred R. Köhler aus dieser Zeit vor) wirken auch eher peinlich, zumal sie mitunter mit starkem deutschen Akzent gesprochen werden.
Zitat von Kumbbl im Beitrag #91Da doch einige die Synchro von CK auch abseits des großen Musikproblems und manch technischer verlorengegangener Effekte für schlecht halten, hauptsächlich wegen „tw charakterverfälschenden Übersetzungsfreiheiten“, möchte ich fragen: könnt ihr da mal ein oder zwei Stellen nennen, wo die deutsche Übersetzung in solche Probleme läuft? Das wäre sehr nett… Danke!
Hintergrund: Ich trage mich mit dem Gedanken, den Ton von CK neu zu mischen: kompletter O-Ton mit den reinen deutschen gesprochenen Wörtern. Mit neuesten (und neuest ist hier wörtlich zu nehmen, also „heute“ und zB nicht 6 Monate alt) KI Modellen ist eine sehr saubere Separierung mittlerweile möglich… (eigene Erfahrung).
Immerhin könntest du diesen Film musikalisch retten, da Bernard Herrmann hier musikalisch wirklich was geleistet hat. Es war ja für ihn, wie auch für Orson Welles als Regisseur, sein erster Film als Filmkomponist. Und das Ergebnis ist musikalisch echt top. Gerade der düstere Beginn kombiniert mit den langsamen Überblendungen bleibt in Erinnerung und ist absolut eindrucksvoll. Die selbe Szene hat in der deutschen Fassung leider nicht so eine Wirkung. Die Archivmusik in der deutschen Fassung fällt da leider ab und geht teils leider auch, soweit ich es in Erinnerung habe, dem Klamauk nahe. Bis auf wenige Ausnahmen (ich glaube sogar nur einer, die Oper ist natürlich im Original) ist er mangels IT-Band nicht vorhanden, was echt bedauerlich ist.
Zitat von Kumbbl im Beitrag #91Oder ob CK sich nicht doch auch in die kleine Liste derjenigen Filme einreiht, die man auch als leidenschaftlicher Synchrogucker doch lieber im Original schauen sollte, wie zB THIRD MAN …
Bei Citizen Kane gehe ich mit, aber warum sollte man Der dritte Mann nicht in der sehr ordentlichen Atlas- Synchro Schauen?
Weil die Erstsynchro der Mars-Film NOCH besser ist (inklusive der Selbstsynchros von Deutsch, Ponto und Breuer)?
Spaß beiseite, so gut BEIDE Bearbeitungen vom „Third Man“ auch sind, sie verschleiern für deutsche Zuschauer den nicht unbedeutenden Umstand der Sprachbarrieren, vor denen Holly Martins steht, und das durch Dialogverfälschungen und Schnitte. Finde ich in diesen speziellen Fall zwar vertretbar, aber manchen Puristen wird es stören.
Aber der Vergleich mit der Synchro von „Citizen Kane“ hinkt doch sehr…
Abgesehen davon, dass ich in diesem Falle von Dialogveränderungen sprechen würde (da es sich nicht um Zensur, sondern um eine Form der künstlerischen Anpassung handelt), hast du kurz und vor allem wertfrei die Differenzen bei "Der dritte Mann" zusammengefasst. Chapeau, volle Zustimmung.
Genau. Und deswegen hinkt der Vergleich nicht: aus unterschiedlichen Gründen nimmt die jeweilige Synchro dem Film etwas wichtiges: bei Kane wesentliche Atmosphären, ggf. leichte Chraktertiefen, die Musik etc, beim dritten Mann wie oben perfekt zusammengefasst verschluckt die Synchro ein zentrales Handlungselement. In beiden Fällen verfälscht die Synchro den Film, aus unterschiedlichen Gründen. Deswegen hier tendenziell lieber O-Ton…
Aus einer puristischen Perspektive mag das alles stimmen. Allerdings tue ich mich auch schwer damit, die Fassungen von Kane und Third Man in dieser Hinsicht zu vergleichen.
Die Synchronisation macht zwar die Sprachbarriere zunichte, dies allerdings ohne auf der reinen Handlungsebene großen Schaden anzurichten; im Gegenteil, die Bearbeitung bemüht sich ja sogar, durch Schnitte (Zumindest in der ursprünglichen Kinofassung) und Umformulierungen den potenziellen Störfaktor der nicht übertragbaren Zweisprachigkeit für den deutschen Zuschauer unsichtbar zu machen. Atmosphärisch mag das zu Einbußen führen, doch in seiner Gesamtheit verliert der Film dadurch kaum Wirkung.
Die Synchro versucht hier zumindest, dem Original weitestgehend gerecht zu werden und scheitert, wenn überhaupt, an einem nicht übertragbaren Aspekt des Originals.
Bei Citizen Kane sieht das anders aus, die deutsche Fassung bemüht sich nicht im Geringsten, das Original atmosphärisch zu adaptieren. Die benannten Unzulänglichkeiten in Buch, Regie, Schauspiel etc. sind das Resultat mangelnder handwerklicher Sorgfalt sowie beschränkten künstlerischen Sachverstands und hätten größtenteils vermieden werden können.
Und hier liegt für mich der zentrale Unterschied: Die deutsche Fassung von der dritte Mann kann dem Original nicht vollständig gerecht werden, die Synchronisation von Citizen Kane versucht es gar nicht erst.
Ohne jetzt ein endloses Ping Pong weiter zu treiben: ja, du magst recht haben in den jeweiligen Gründen, aber für mich als Filmliebhaber bleibt es im End-Ergebnis gleich: beide Filme sind dann IMHO in der Originalversion deutlich besser bzw. sind im O-Ton deutlich stimmiger, aus unterschiedlichen Gründen), denn ich gewichte die Nachteile, die mit dem Schauen des Films auf deutsch einhergehen, beim THIRD MAN (die Synchro an sich ist wirklich gut gemacht, keine Frage - bezogen auf die Atlas Synchro, die ich der Kinosynchro wenn dann vorziehe) deutlich höher als du - aber das mag auch subjektives Empfinden sein.
Bei CK muss ich mir jetzt nochmal gezielt ein eigenes Bikd machen. Danke für eure Impulse!