Zitat von Serienjunkie75 im Beitrag #180Und was kam nach KoQ eigentlich noch aus Hamburg?
Spontan fallen mir da nur eine paar Arte-Serien (Jekyll, und noch eine andere Sci-Fi Serie mit Andreas Wilson, deren Name mir gerade entfallen ist) in, und die Hamburg/Berlin Mischsynchros von Desperate Housewives und Dr. House.
War es nicht generell in den 70er-und-80er-Jahre-Serien so, dass man auf Kinder, jetzt mal die "Cosby Show" ausgenommen, generell lieber erwachsene Frauen besetzt hat? Einfach aufgrund von deren Sprecherfahrung? Ich bin bis heute überzeugt, dass Christa Häussler, die erste Stimme von Laura in "Unsere kleine Farm", bereits deutlich älter war, als sie sie synchronisierte. Man hört richtig, wie sie ihre Stimme in der Rolle in die Höhe drückt und eine kindliche Sprechweise imitiert (klingt sehr nach ihrer Zeichentricksprechrolle in "Pinocchio").
Ähnliche Irritationseffekte gibt es in der Serie "Fünf Freunde", wo Ute Rohrbeck für Jennifer Thanisch (Anne) zu hören ist, die im Grunde auch viel zu alt bzw. erwachsen klingt.
Zitat In "Die 12 Geschworenen" gibt es im Original eine Szene, in der Nr. 10 über den ANgeklagten sagt: "He don´t even speak correct English!", worauf in der (nicht in den USA geborene) Geschworene Nr. 11 verbessert: "Doesn´t!". In der Synchronisation übersetzte man die Belehrung durch "grammatisch", wo es korrekt "grammatikalisch" hätte heißen müssen.
Leider tat man das nicht, jedenfalls nicht in der Synchro der Farbversion: Dort wiederholt der Migrant einfach den korrekten(!) Satz seines Vorgängers, als wolle er die herablassende Bemerkung über die Ausdruckweise des Angeklagten unkommentiert für sich selbst sprechen lassen. Schlechte Lösung, wenn's überhaupt eine sein sollte.
Zumindest eine nahe liegende Lösung, wenn auch vielleicht etwas plump, hätte es gegeben: "Er tut nicht mal richtig Englisch sprechen." - "Er spricht nicht einmal richtig Englisch." Es gibt genug Leute, die allzu üppig das Hilfsverb "tun" gebrauchen, so wäre diese Variante nicht weit hergeholt. Späte Antwort auf einen Kommentar, aber ich habe ihn erst jetzt gelesen.
Zitat von Stefan der DEFA-Fan im Beitrag #185Späte Antwort auf einen Kommentar, aber ich habe ihn erst jetzt gelesen.
Ganz im Gegenteil: Es ist erfreulich, wenn eine aufgeworfene Frage aus der Vergangenheit noch beantwortet wird!
Zitat von Stefan der DEFA-Fan im Beitrag #185Zumindest eine nahe liegende Lösung, wenn auch vielleicht etwas plump, hätte es gegeben: "Er tut nicht mal richtig Englisch sprechen." - "Er spricht nicht einmal richtig Englisch." Es gibt genug Leute, die allzu üppig das Hilfsverb "tun" gebrauchen, so wäre diese Variante nicht weit hergeholt.
Eine kleine Anmerkung dazu: Statt "Englisch" und als Alternative zum Synchronesischen "unsere Sprache" würde sich vielleicht auch in richtigen Sätzen" anbieten. Die Formulierung mit "tut" würde sich tatsächlich anbieten, zumal Arne Elsholtz sie mal in einer Synchro untergebracht hat:https://www.youtube.com/watch?v=dTrL0EHey8k
Ich hatte mir schon länger vorgenommen etwas in diesem interessanten Thread zu schreiben, daher:
Was mich an alten Synchros immer stört ist diese ewige glattgebügelte, verklemmte Ausdrucksweise. Wenn in älteren Filmen (ich sag mal 1950-1990) mal richtig im O-Ton weggeledert wurde, behalf man sich im deutschen mit diesen typischen abgeschwächten Ersatzwörtern, die damals wie heute kein Mensch verwendet hätte, wenn er bspw. richtig sauer war. Ich weiß nicht warum die Regisseure/Autoren da immer so prüde waren, das wirkt wie mit angezogener Handbremse gesprochen. Wortkreationen wie "Mistsau" oder "verdammt" anstelle von "bastard" oder "fucking" finde ich einfach nicht schön anzuhören, es klingt einfach so unnatürlich steif. Es wurde mir einfach zu viel zensiert oder weggelassen, Anspielungen auf NS-Vergangenheit oder sexualisierte Sprache wurde entweder sinnentstellt oder entschärft wiedergegeben.
An heutigen Filmen (so ab Mitte 2000ern) stört mich ganz besonders diese eingefahrene Besetzungspolitik. Man hört, vor allem in großen/wichtigen Filmen aus Berlin, immer nur noch dieselben 15-20 Leute und die Einteilung in Hauptrollen-, Nebenrollen-, und Klischeebesetzung folgt auch immer demselben Muster, alles 0815, nur nach Schema F. Ich könnte jetzt schon mit fast 90% Wahrscheinlichkeit Wetten abschließen, wer in den Blockbustern der nächsten Jahre mitsprechen wird, wie die Rollenverteilung ist und auf welchem Rollentyp wer zu hören sein wird. SprecherInnen wie Dirk Bublies, Johannes Berenz, Matthias Klages, Willi Röbke oder Marina Köhler hört man kaum in Hauptrollen wichtiger(!) Blockbuster, während andere bis zu 10!!! Schauspieler fest akkumulieren oder in Nebenrollen bis zum Exzess verbrannt werden und damit einem in jedem 2ten Film ins Ohr springen. Klar, auch in den 70/80ern hört man GGH oder Danneberg in vielen Filmen, aber irgendwie empfinde ich damalige Besetzungen trotzdem als ausgefallener/variabler. Da waren auch oft mal Theaterschauspieler bzw. eher synchronuntypische vor dem Mikro zu hören, z.B. Uwe Friedrichsen oder Elmar Wepper. Wann war zuletzt eine eher synchronfremde Person vor dem Mikro? Kommt vielleicht mal bei Cierpkasynchros vor, sonst aber fast nie.
Münchener hört man in Blockbustern auch immer seltener (klar der Standort hat derzeit nicht mehr den Nimbus früherer Tage) aber anstatt mal Münchner ins Synchronepizentrum Berlin herüberzuholen um ein bisschen Farbe in die standardisierten Berliner Synchros reinzubringen, wurden und werden Münchner Kombis sehr gerne durch furchtbar beliebige oder mehr oder weniger passende Berliner Sprecher einfach dreist ersetzt (Nolte/Piper, Dunst/Maire, Bakula/Hoegel, Skarsgård/Kronberg, Hackman/Neugebauer) ... die "Liste der übergangenen Münchener" ist lang. Es muss ja noch nicht immer eine feste Kombi sein, man könnte die Sprecher ja einfach nur der Ausgefallenheit willen mal rüberholen, es gibt so viele Schätze in anderen Synchronstädten zu heben, für Hamburg gilt dasselbe. Aber nein, man besetzt lieber die eigene Synchrongruppe rauf und runter bis es nicht mehr geht, egal ob Sprecher XYZ schon auf x-anderen Schauspielern zu hören ist. Andere Sprecher wie Nicolas Böll oder Marco Kröger und andere werden aus irgendwelchen verleihpolitischen oder sonstigen Gründen immer bewusster gemieden, dass es beinahe einer Verschwörung gegen sie gleicht; und oft durch furchtbar beliebige Sprecher ersetzt. Bei Böll/Phoenix oder Böll/Cavill nervt mich das bis heute, besonders weil die Ersatzbesetzung mE entweder überhaupt nicht passt oder die Kreativität einer weißen Raufasertapete besitzt.
Ohne jetzt den Abgesang auf die Synchronbranche aufziehen zu wollen; so richtig toll finde ich aktuelle Synchros eigentlich nicht mehr. Sie sind ordentlich gemacht keine Frage, aber sie sind oftmals total öde und langweilig besetzt, mit immer ungefähr derselben handvoll Sprechern und meist mit vorhersehbarer (stereotyper) Rollenverteilung/ähnlichen Besetzungsmustern. "Auf Nummer Sicher" eben, man will keine Experimente (mehr) wagen. Auch in meinem Bekanntenkreis fragen mich schon Leute, warum man "immer nur noch dieselben Leute hört". Ich weiß es nicht.
Liegt es daran, dass immer mehr von 'außen' Einfluss genommen wird? Vertraut man gewissen Sprechern mehr als anderen, will man keine Münchener haben? Wo sind die Joachim Kunzendorfs oder die Andreas Fröhlichs unter heutigen Regisseuren? Die einfach mal was wagen oder überregional besetzen? Die Synchronfassungen spannend machten...solche Leute fehlen.
Zitat von Ludo im Beitrag #188Wenn in älteren Filmen (ich sag mal 1950-1990)
Wow, das ist ja mal 'ne Zeitspanne. In diesen 40 Jahren gab es mehr als eine deutliche Veränderung in Stil und Art der Synchronisation, die alle über einen Kamm zu scheren, finde ich problematisch. Zumal es solche Worte wie "Bastard" in z.B. den 50ern kaum und "fucking" definitiv gar nicht gab.
Ok, ich weiß was du meinst, ich bezog mich jetzt eher auf den Enstehungszeitraum der Synchros und da empfinde ich die deutsche Fassung oftmals im Vergleich zum O-Ton wesentlich gediegener und abgeschwächter.
Liegt vielleicht auch daran, dass dieses Wort 'fucking' wortwörtlich übersetzt schon zu beleidigend wirkt (verfickt, bspw.).
Zitat von Ludo im Beitrag #190Ok, ich weiß was du meinst, ich bezog mich jetzt eher auf den Enstehungszeitraum der Synchros und da empfinde ich die deutsche Fassung oftmals im Vergleich zum O-Ton wesentlich gediegener und abgeschwächter.
Liegt vielleicht auch daran, dass dieses Wort 'fucking' wortwörtlich übersetzt schon zu beleidigend wirkt (verfickt, bspw.).
Zum Wort "fucking" will ich meinen, dass es nur begrenzt Sinn ergibt, dieses immer und gar wörtlich zu übersetzen. Jedenfalls merke ich das, wenn ich mal probeweise mit englischem Untertitel schaue. Man kann nicht jedes Mal ein "verdammt", "scheiß(e)", "verfickt" reinklemmen, da das viel deplatzierter wirkt, als ein "fucking", das überall ohne große Bedeutung eingestreut wird. Mittlerweile benutzt man dieses Wort allerdings schon im deutschen Sprachgebrauch. In meinem viel fluchenden Freundeskreis jedenfalls.
Zitat von Ludo im Beitrag #188Was mich an alten Synchros immer stört ist diese ewige glattgebügelte, verklemmte Ausdrucksweise. Wenn in älteren Filmen (ich sag mal 1950-1990) mal richtig im O-Ton weggeledert wurde, behalf man sich im deutschen mit diesen typischen abgeschwächten Ersatzwörtern, die damals wie heute kein Mensch verwendet hätte, wenn er bspw. richtig sauer war. Ich weiß nicht warum die Regisseure/Autoren da immer so prüde waren, das wirkt wie mit angezogener Handbremse gesprochen. Wortkreationen wie "Mistsau" oder "verdammt" anstelle von "bastard" oder "fucking" finde ich einfach nicht schön anzuhören, es klingt einfach so unnatürlich steif. Es wurde mir einfach zu viel zensiert oder weggelassen, Anspielungen auf NS-Vergangenheit oder sexualisierte Sprache wurde entweder sinnentstellt oder entschärft wiedergegeben.
Man sollte dabei aber auch auf die sprachlichen Begebenheiten dieser Epochen Rücksicht nehmen. Die damaligen Synchros sind schließlich auch ein Produkt ihrer Zeit. Das man heutzutage nicht mehr so redet ist klar. Wie es damals so war kann ich nicht wirklich beurteilen. Da weiß ich nur, dass es bei weitem weniger Anglizismen als heutzutage gibt. Je nachdem hatte man da schlicht ein anderes deutsches Wort für genommen. Da wurde auch für "Donut" ein deutsches Ersatzwort verwendet, weil man in Deutschland wohl nicht so richtig wusste was das war (wie z.B. "Krapfen" "Full Metal Jacket").
Zudem muss man das ganze differenzierter Einteilen. Zwischen den Dialogen aus den 50er/60er und etwa 70er/80er liegen für mich da schon Welten. Gefühlt waren für mich etwa die Zügel bei den Dialogen in den 80er deutlich lockerer. Bin da aber kein großer Experte um das wirklich richtig beurteilen zu können. Da können andere, die sich mit den Synchros dieser Zeit besser auskennen wohl mehr zu sagen.
Edit: Wo ich vorhin auf den Punkt Anglizismus zu sprechen komme. In heutigen Synchros hat das massiv zugenommen und das finde ich wiederum weniger gut. Wenn etwa in einer mittelalterlichen Fantasyserie wie "The Witcher" der Protagonist auch im deutschen ständig "Fuck" flucht oder in "Kung Fu Panda", einer Animationsserie die ganz klar in China spielt, der dicke Panda Po ständig seinen Vater mit "Dad" anspricht dann stört das schon. Da wird mir mittlerweile zu viel ohne Sinn und Verstand aus dem Englischen übernommen. In der Hinsicht finde ich die älteren Synchros tatsächlich stimmiger gemacht.
Zitat von Nyan-Kun im Beitrag #192m deutschen ständig "Fuck" flucht oder in "Kung Fu Panda", einer Animationsserie die ganz klar in China spielt, der dicke Panda Po ständig seinen Vater mit "Dad" anspricht dann stört das schon. Da wird mir mittlerweile zu viel ohne Sinn und Verstand aus dem Englischen übernommen. In der Hinsicht finde ich die älteren Synchros tatsächlich stimmiger gemacht.
Das nervt mich auch immer tierisch. Da frage ich mich manchmal echt ob man das tatsächlich so 'cool' findet oder über Anweisungen von oben erhält. Ich sag nur "Harvester" aus Dune. Das hätte es früher wirklich nicht gegeben. Daher finde ich auch, dass die Synchronisation - aus Fansicht - früher besser/bzw. 'interessanter' war, schon allein wegen der Besetzungspolitik. Um bei "Dune" zu bleiben, warum nahm man nicht zB. Alexander Duda für Dave Bautista wie in "Guardians of the Galaxy"? Wäre wesentlich origineller gewesen...
Zitat von Ludo im Beitrag #188Wortkreationen wie "Mistsau" oder "verdammt" anstelle von "bastard" oder "fucking" finde ich einfach nicht schön anzuhören, es klingt einfach so unnatürlich steif.
Ich finde es ganz reizvoll, Synchros aus früheren Jahrzehnten unter dem Gesichtspunkt zu studieren, wie man bestimmte Formulierungen auch übersetzen kann. Brandt und Brunnemann waren in Sachen Wortschatz enorm kreativ (auch bei "seriösen" Arbeiten), aber auch Elsholtz ließ sich da oft etwas einfallen. In "Beverly Hills Cop" z. B. übersetzte er "F*** you, man!" mit "Ich piss´ Ihnen gleich an die Birne!". Sicher kamen in diesen Zeiten auch Formulierungen vor, die man heute nicht mehr benutzen würde. Aber ob das wirklich für heutige Synchros spricht? Manchmal ist es interessant, darauf zu achten, wie viele Varianten es z. B. bei "it doesn´t make sense" gibt: "leuchtet nicht ein", "reimt sich/passt nicht zusammen", "unbegreiflich", "nicht logisch", etc.
Harry Rowohlt sagte einmal: "Ich werde nicht dafür bezahlt, dass ich Sandwich mit Sandwich übersetze, sondern mit 'Klappstulle'." Diese Phantasie ist heute leider weitgehend verloren gegangen. Und darum ziehe ich ältere Dialogbücher (sofern sie nicht heftig verfälschen) vor (von den Charaktersprechern mal ganz abgesehen).