Eine unvollständige Liste von wohl bereits zum Regelfall gewordenen "Sprachfehlern", die in "Käseblättern" wie im Deutschlandfunk wie auch in Synchros begegnen oder begegnen können ...:
1) bereits heute schon - statt: bereits heute - oder: heute schon
3) Das bestätigt auch XY. Statt: Das bestätigt XY. Oder: Das sagt auch XY.
4) Diese Aussage wiederholte auch XY. Statt: Diese Aussage wiederholte XY.
5) ... holte ihn seine Vergangenheit wieder ein. Statt: ... holte ihn seine Vergangenheit ein.
6) ... könnte unter Umständen ... (Peter Groeger in Animationsserie "The Brave and the Bold", Ep. "Das Totem") - statt: ... könnte ... - oder: ... kann unter Umständen ...
7) noch nie zuvor - statt: noch nie - oder: nie zuvor
8) Weitere Infos findet ihr auch im Internet. Statt: Weitere Infos findet ihr im Internet. Oder: Infos findet ihr auch im Internet.
9) X soll Y angeblich geschlagen haben. Statt: X soll Y geschlagen haben. Oder: X hat Y angeblich geschlagen.
10) Zu ähnlichen Einschätzungen kommen auch X und Y. Statt: Zu ähnlichen Einschätzungen kommen X und Y. (Oder: Zu diesen Einschätzungen kommen auch X und Y.)
Formulierungen, die "nur" überladen, aber nicht missverständlich sind (z. B. "bereits heute schon"), mögen ja Geschmackssache sein; aber dort, wo es um Bedeutungsunterschiede geht, wird´s problematisch, denn der Leser/Hörer muss dann raten, was gemeint ist ("X soll Y angeblich geschlagen haben." besagt nicht dasselbe wie "X hat Y angeblich geschlagen.", und "X hat Y das Buch wieder zurückgegeben." besagt nicht dasselbe wie "X hat Y das Buch zurückgegeben." bzw. "X hat Y das Buch wiedergegeben.").
Wo wir gerade bei "Sprachfehlern" sind: Mir geht es tierisch auf den Geist, dass immer mehr Leute der Meinung sind, "zeitgleich" und "gleichzeitig" könne man synonym gebrauchen. Vermutlich denken einige sogar, dass "zeitgleich" der bessere Stil ist.
Ein anderes Beispiel für einen unbewussten Umgang mit Sprache ist die falsche Verwendung von "scheinbar", wenn "anscheinend" gemeint ist - dadurch verkehrt sich die Aussage mitunter ins Gegenteil.
Zitat von ErikEin anderes Beispiel für einen unbewussten Umgang mit Sprache ist die falsche Verwendung von "scheinbar", wenn "anscheinend" gemeint ist - dadurch verkehrt sich die Aussage mitunter ins Gegenteil.
Diese häufige Verwechslung hat Bastian Sick in seiner Eigenschaft als Deutschlehrer der Nation schon öfter aufgespießt. Um Missverständnisse zu vermeiden, bin ich inzwischen dazu übergegangen, beide Ausdrücke möglichst zu vermeiden und sie je nach Kontext (z. B. durch "offenbar" oder "offensichtlich") zu ersetzen.
Ist mir zwar noch nicht in Synchros begegnet, "nervt" aber grundsätzlich: die Rente mit 67. Ich erkläre den Ausdruck zum Politiker-Euphemismus. Denn Rente mit 67 gibt´s ja wohl schon lange; neu und gemein(t) () ist jedoch die Rente ab 67 bzw. Rente erst ab 67.
>>>>Um Missverständnisse zu vermeiden, bin ich inzwischen dazu übergegangen, beide Ausdrücke möglichst zu vermeiden und sie je nach Kontext (z. B. durch "offenbar" oder "offensichtlich") zu ersetzen.<<<<
Ist das wirklich eine gute Lösung? Seinen eigenen Wortschatz einzuschränken (und damit meine ich nicht etwa Fremdwörter, Fachsprache oder eine besonders elaborierte Ausdrucksweise, sondern schlicht und einfach gutes Deutsch), um von irgendwelchen Denkfaulen/-unfähigen nicht missverstanden zu werden?
Ihr erweckt ja alle den Eindruck als würdet ihr alle perfektes Deutsch reden. Natürlich sollte man das von Gedrucktem erwarten, aber im Gefilmten soll ja die Realität nachgestellt werden und in der sieht es ja noch viel schlimmer aus: Ich weiß nicht wie oft ich (und natürlich nicht nur ich) Sätze anfange und nicht beende oder einfach nur mit viel "hier" und "äh" und "dingens" und "näh?" versetzte Satzbruchteiel von mir gebe. Ich finde das auch nicht schlimm - so isses numa halt! Sollte natürlich nicht überborden - lesen möchte ich das auch nicht unbedingt, aber gerade zum Einfühlen in ein "Spiel" passt es super. Ich werde nicht müde die Hesselbachs zu erwähnen - bei keiner Hörspielserie konnte ich mich je so einfinden wie im wirklich realitätsnahen Gerede der hessischen Kultfamilie. Und damit meine ich jetzt nicht unbedingt den Dialekt. "Sätze" wie "Och, och, och!?!" gibt es auch in anderen Regionen. Bloß nicht in Film.
Zitat von Erik>>>>Um Missverständnisse zu vermeiden, bin ich inzwischen dazu übergegangen, beide Ausdrücke möglichst zu vermeiden und sie je nach Kontext (z. B. durch "offenbar" oder "offensichtlich") zu ersetzen.<<<< Ist das wirklich eine gute Lösung? Seinen eigenen Wortschatz einzuschränken (und damit meine ich nicht etwa Fremdwörter, Fachsprache oder eine besonders elaborierte Ausdrucksweise, sondern schlicht und einfach gutes Deutsch), um von irgendwelchen Denkfaulen/-unfähigen nicht missverstanden zu werden?
In diesme Fall wäre es ja eigentlich keine "Einschränkung", da es Alternativen gäbe. Zusätzlich sehe ich die Gefahr, bei einer Diskussion über den korrekten Gebrauch von "scheinbar" und "anscheinend" oberlehrerhaft zu wirken.
- scheinbar - anscheinend - es scheint so - Scheinbar ist das kein Unterschied, anscheinend aber doch. Es scheint so, als hätte ich in der Schule nicht gut aufgepaßt!
Ist die Verwendung richtig? Ich setzte diese Formulierungen intuitiv ein, ohne erklären zu können, warum mir hier die eine und dort die andere treffender erscheint.
- offenbar - offensichtlich - Das gleiche Problem. Offenbar habe ich im Deutsch-Unterricht nicht viel kapiert. Offensichtlich macht das aber nichts, da ich in dieser Hinsicht nur selten korrigiert werde.
Falsches Forum dafür, aber trotzdem: danke für klärende Hinweise!
Kurze Erklärung - auf die Gefahr hin, oberlehrerhaft zu wirken: "Scheinbar" ist etwas so heißt, dass es nur so scheint, also nicht tatsächlich so ist. "Anscheinend" ist etwas so heißt, dass etwas allem Anschein nach, also vermutlich tatsächlich so ist. Ähnliche Bedeutung wie anscheinend haben offenbar und offensichtlich; ähnliche Bedeutung wie scheinbar haben vermeintlich oder vordergründig.
Zitat von Herr FrodoOder nochmal kurz und knapp: Bei "scheinbar" weiß man, dass es nicht so ist, bei "anscheinend" nicht.
So würde ich den Unterschied auch definieren. Neben dem bereits genannten Grund gibt es noch einen weiteren, dass ich die Verwendung der Worte "scheinbar" und "anscheinend" meide: Die Gelegenheiten, bei der ich auf die Unterscheidung in diesem Fall gestoßen bin. In "Die 12 Geschworenen" gibt es im Original eine Szene, in der Nr. 10 über den ANgeklagten sagt: "He don´t even speak correct English!", worauf in der (nicht in den USA geborene) Geschworene Nr. 11 verbessert: "Doesn´t!". In der Synchronisation übersetzte man die Belehrung durch "grammatisch", wo es korrekt "grammatikalisch" hätte heißen müssen. In der Bühnenfassung sagt Nr. 10 "Eine Schule kennt er scheinbar nur von aussen!", worauf Nr. 11 sagt: "Anscheinend!".
Wir entfernen uns hier ziemlich vom Thema dieses Threads, aber nicht ganz (siehe Fußnote):
Beim Schreiben denke ich niemals daran, ob eine Formulierung oder ein Wort richtig ist oder falsch. Vielmehr achte ich vor allem darauf, daß das, was ich ausdrücken möchte, deutlich hervortritt. Ob das immer gelingt, ist eine andere Frage, ich spreche hier von der Vorgehensweise.
Überspitzt gesagt: ich würde eine falsche Formulierung (ein falsches Wort) einer richtigen (einem richtigen) bewußt vorziehen, wenn das Gesagte dadurch deutlicher wird. Sagen wir mal: wie ein Maler den Himmel halt grün malt, um etwas Bestimmtes auszudrücken. Da kann man auch nicht sagen: "Das hat er falsch gemacht, das Bild ist schlecht, denn in Wirklichkeit ist der Himmel blau!"
Zitat Picasso: "Regeln sind wie Krücken, für den Behinderten sehr hilfreich, für den Gesunden völlig unnötig." Oder einfacher, Martin Hirthe für Jack Palance: "Wer sich an Regeln hält, der verliert."
Das ist natürlich kein Freibrief für Narrenfreiheit, aber in gewissem Maße darf man die Sprache schon so formen, wie man möchte, notfalls auch 'gegen die Regeln'. Denn die Sprache erwächt nicht aus den Regeln, sondern mit den Regeln versucht man, die Sprache nachträglich 'in den Griff' zu bekommen.
Schreiben mit dem Duden daneben ist für mich wie Malen nach Zahlen!
Gruß, kogenta
PS: Analog gilt das oben Gesagte auch für's Synchronisieren! Ist allzuoft nur noch Malen nach Zahlen.
Es geht doch wohl darum, Inhalte und Emotionen möglichst exakt und in Relation zum Original passend rüberzubringen. Dabei muss natürlich die ganze Palette von sehr rationaler bis hin zu stark emotionaler Ausdrucksweise benutzt werden - nur eines nicht: Die Filmfiguren sollten keinen Unsinn reden. Insofern triff auch der Einwand nicht, im Alltag würde man doch auch immer wieder unvollständige Sätze reden, sich verhaspeln, gedanklich vergaloppieren etc. Im Film (egal ob Kino oder TV - außer vielleicht bei manchen Daily Soaps) ist die Zeit begrenzt, in der eine Geschichte erzählt werden soll. Deshalb ist (bei einer hochwertigen Produktion) alles durchdacht, alles hat seinen Sinn; Zufälle - sofern sie nicht in die Dramaturgie passen - gibt es da nicht. Dies setzt selbstverständlich ein hohes Maß an Denkschärfe und entsprechende artikulatorische Fähigkeiten bei den Machern voraus (und natürlich auch emotionale Intelligenz). Mit Malen nach Zahlen hat das jedenfalls gar nichts zu tun. Und um zu entscheiden, ob man Regeln bricht, sollte man sie erstmal verstanden haben.
Zitat Deshalb ist (bei einer hochwertigen Produktion) alles durchdacht, alles hat seinen Sinn; Zufälle - sofern sie nicht in die Dramaturgie passen - gibt es da nicht.
Erik, ohne es zu wollen bestätigst Du hier, was ich mit Malen nach Zahlen meine. Die 'Macher mit der hohen Denkschärfe' nehmen alles vorweg, die anderen Beteiligten füllen nur noch möglichst effektiv die Felder mit der entsprechenden Zahl aus. Können Sie das nicht wunschgemäß, werden sie ersetzt; das Endergebnis bleibt dasselbe.
Sowas würde ich niemals als hochwertige Produktion bezeichnen, so teuer und so gut durchdacht sie auch sein mag! Leider kennen viele - vor allem Jüngere - nichts anderes mehr als diese Reißbrett-Entwürfe.
Wenn dagegen z.B. Werner Herzog mit Klaus Kinski im Dschungel dreht, ja, das ist eine hochwertige Produktion !!! Selbst wenn Herzog wie unlängst in Hollywood mit Nicolas Cage dreht, ist das für mich noch wesentlich hochwertiger als jeder James-Cameron- oder Peter-Jackson-Film.
Zitat Die Filmfiguren sollten keinen Unsinn reden. Insofern triff auch der Einwand nicht, im Alltag würde man doch auch immer wieder unvollständige Sätze reden, sich verhaspeln, gedanklich vergaloppieren etc.
Hier sind wir einer Meinung. Das Alltags-Kauderwelsch will ich keinesfalls auch noch in den Synchros hören!