Zitat von Markus im Beitrag #120Ich habe das Buch gerade nicht vorliegen, erinnere mich aber, dass Rolf von Sydow in seiner Autobiographie schreibt, er habe bei seinen Synchronregiearbeiten in den 50er Jahren (!) sehr darauf geachtet, dass die Schauspieler nicht wie im amerikanischen Original betonen. Das hat mich schon überrascht, denn in Synchros dieser Zeit habe ich das noch nicht wahrgenommen (und erwartet), Sydow schreibt aber, das sei verbreitet gewesen.
Das hängt sicher auch davon ab, was man als "amerikanisch" wahrnimmt. Zu einer Zeit, als viele deutschsprachige Schauspieler (besonders die, die viel Theater spielten) noch eine sehr "theatralische" Diktion hatten oder Wert auf eine extrem "saubere" Aussprache legten, wurde der Kontrast zur Spiel- und Sprechweise der amerikanischen Originaldarsteller vielleicht noch stärker empfunden. Sein Buch "Der Regisseur. Ein autobiografisches Tagebuch" habe ich vor ein paar Jahren mal (dank der Fernleihe) vorliegen gehabt, die von dir erwähnte Aussage ist mir leider nicht in Erinnerung geblieben.
Zitat von berti im Beitrag #121Das hängst sicher auch damit zusammen, was man als "amerikanisch" wahrnimmt. Zu einer Zeit, als viele deutschsprachige Schauspieler (besonders die, die viel Theater spielten) noch eine sehr "theatralische" Diktion hatten oder Wert auf eine extrem "saubere" Aussprache legten, wurde der Kontrast zur Spiel- und Sprechweise der amerikanischen Originaldarsteller vielleicht noch stärker empfunden.
Vielleicht sogar umgekehrt, dass von Sydow das amerikanische Original (Verschleifung, Nuscheln, eher locker-entspanntes Sprechen) als für deutsche Ohren ungeeignet empfand und die deutsche, theatergeprägte Synchronisationsweise bevorzugte. Mir fällt nämlich oft auf, dass älte Synchros (vor 1965) gerne mal ein wenig steifer und biederer im Vergleich zum Original sind, was Sprache und Sprechweise angeht.
Zitat von Ludo im Beitrag #122Vielleicht sogar umgekehrt, dass von Sydow das amerikanische Original (Verschleifung, Nuscheln, eher locker-entspanntes Sprechen) als für deutsche Ohren ungeeignet empfand und die deutsche, theatergeprägte Synchronisationsweise bevorzugte.
Genau das meinte ich; allerdings war mein Beitrag etwas ungünstig formuliert.
Zitat von Taccomania im Beitrag #66 Stellt euch vor Thomas Danneberg würde John Travolta mit seiner normalen Sprechstimme synchronisieren, statt diesen amerikanischen Singsang zu imitieren. Oder Joseline Gassen spräche mit ihrer normalen deutschen Schauspielstimme Bette Midler. Amerikaner sind ein wenig hysterisch und müssen auch so synchronisiert werden.
Ich würde sagen, dass etliche Filme und Serien (bspw. Star Trek, James Bond) aus den 60er-/70er-Jahren durchaus als reine Hörspiele funktioniert hätten. Das kann man von modernen Produktionen nicht so ohne Weiteres behaupten.
Auf Youtube gibt es mehrere Folgen von Startrek-TOS/Raumschiff Enterprise mit der originalen Tonspur, ohne Bilder. Ich musste feststellen, für mich funktioniert es insbesondere in den dialogfreien Szenen nicht richtig, sie unbearbeitet und ungekürzt eins zu eins zu übernehmen und das Ergebnis dann einfach "Hörspiel" zu nennen. Es können außerdem Szenen vorkommen, die man ohne visuellen Eindruck nicht nachvollziehen kann (ohne auf das "Kopfkino" verzichten zu müssen) und gerade da hätte ich mir eine Erzählerstimme gewünscht (ähnlich wie in den EUROPA-Hörspielen mit Norbert Langer in dieser "Rolle".
Stimmen wie diejenigen von Joseline Gassen (wenn ich an ihr Interwiew mit den Mediapaten denke), oder Thomas Danneberg (rückblickend) könnte ich mir durchaus mit ihrer normalen stimme vorstellen. So sehr unterscheiden sie sich für mich nicht von ihrem "Synchronmodus" - kommt imho nur auf die Rolle an.
@berti: Zumindest Anthony Quinn in "la Strada" und Fernandel in der "Don Camillo"-Filmreihe wurden mW. lediglich fremdsynchronisiert, weil sie kein Italienisch konnten. @koboldsky: Ich nehme an, die Sache mit dem "amerikanischen Tonfall" ging schon früher, spätestens in den 80ern los, wenn ich mich nur an Serien wie Dallas und den "Denver Clan", oder an (Sitcom)-Serien usw. zurückerinnere, die sich in meinen Ohren kaum bis gar nicht in Bezug auf den Sprachduktus von heutigen vergleichbaren Serien unterscheiden.
Ja gut, da habe ich mich etwas blöd ausgedrückt, aber was ich eig. sagen wollte: Wenn ich nur die deutschen Stimmen höre und dabei das Bild weglasse, könnte ich mich nicht entscheiden, ob "Raumschiff Enterprise" eine amerikanische Produktion ist oder nicht. GGH, Weicker, Schott und Co. haben alle keinen "coolen Duktus" drauf, wie man ihn heutzutage oft in US-Blockbuster-Synchros hört. Zumindest nicht, was man heute darunter versteht.
(Hätte zur relativ ernsten/"blassen" Atmosphäre der Serie auch gar nicht gepasst und ich finde auch gut, dass dies bei der Nachsynchro von 2004 weitestgehend berücksichtigt wurde.)
Wolltest du vielleicht eher schreiben und meintest du ein "Hörrate-Spiel", bei dem es zu erraten ist, woher ein Film oder eine Serie kommt? Als richtiges Hörspiel würde ST-ToS mMn. eben wirklich nur sehr bedingt funktionieren.
Zitat von Markus im Beitrag #120Ich habe das Buch gerade nicht vorliegen, erinnere mich aber, dass Rolf von Sydow in seiner Autobiographie schreibt, er habe bei seinen Synchronregiearbeiten in den 50er Jahren (!) sehr darauf geachtet, dass die Schauspieler nicht wie im amerikanischen Original betonen. Das hat mich schon überrascht, denn in Synchros dieser Zeit habe ich das noch nicht wahrgenommen (und erwartet), Sydow schreibt aber, das sei verbreitet gewesen.
Das hängt sicher auch davon ab, was man als "amerikanisch" wahrnimmt. Zu einer Zeit, als viele deutschsprachige Schauspieler (besonders die, die viel Theater spielten) noch eine sehr "theatralische" Diktion hatten oder Wert auf eine extrem "saubere" Aussprache legten, wurde der Kontrast zur Spiel- und Sprechweise der amerikanischen Originaldarsteller vielleicht noch stärker empfunden. Sein Buch "Der Regisseur. Ein autobiografisches Tagebuch" habe ich vor ein paar Jahren mal (dank der Fernleihe) vorliegen gehabt, die von dir erwähnte Aussage ist mir leider nicht in Erinnerung geblieben.
Jetzt habe ich noch einmal nachgelesen: Es geht um die Aufnahmen zu "Ein Herz und eine Krone", bei denen Rolf von Sydow erstmals Synchronregie führte (S. 52ff.). Ihm sei beim Hören der Sprachaufnahmen aufgefallen, "dass die Schauspieler unwillkürlich die Sprachmelodie des amerikanischen Originals übernehmen, die Satzenden häufig in der Schwebe lassen und den Duktus des Deutschen damit verfälschen". Er habe daher darum gebeten, die Dialoge so zu sprechen, "wie sie mir mein vom Funk geschultes Ohr vorgibt". Dies habe die Sprecher erst irritiert, aber danach habe es von den Verantwortlichen der Columbia und auch vom Feuilleton Lob dafür gegeben (die entsprechenden Passagen sind leider unangenehm eitel). Natürlich muss man sich fragen, ob das, was 1953 als "amerikanisch" empfunden wurde, einige Jahre (oder Jahrzehnte) später auch noch so wahrgenommen worden wäre.
Es würde mich interessieren.ob Synchros aus den 50er, oder frühen 60er-Jahren, die Rolf von Sydow beanstandet hätte, heute noch existieren, um sie mit heutigen DF vergleichen und sich (resp.mir) eine Meinung dazu bilden zu können.
Aus heutiger Sicht mag seine damalige Sicht der Dinge für manche unter uns möglicherweise wie "Jammern auf hohem Niveau" erscheinen...!
Irgendwie musste ich spontan gerade an Margot Leonards Performance für Judy Garland in "Der Zauberer von Oz" denken, die für deutsche Ohren vielleicht bereits ein bisschen "amerikanisch-hysterisch" (soll um Gottes Willen nicht abwertend klingen) geklungen haben könnte. Dort passte es aber IMHO stark zur Rolle.
Zitat von iron im Beitrag #129Aus heutiger Sicht mag seine damalige Sicht der Dinge für manche unter uns möglicherweise wie "Jammern auf hohem Niveau" erscheinen...!
Wahrscheinlich; bei einem Fernsehbeitrag aus den 70ern zum Thema Synchronisation beklagte sich a manche über den immer größeren Zeitdruck. Ähnlich amüsant wirkt es aus heutiger Sicht, wie Horrorfilme der 50er/frühen 60ern, die heute problemlos um 20:15 Uhr laufen könnten, damals von der Kritik als "ekelerregend", "pervers", etc. niedergemacht wurden (diese Art von Kritiken werden im "Lexikon des Horrorfilms" von Ronald M. Hahn und Volker Jansen oft zitiert.
Würde mich interessieren, ob IHR ALLE zwischen der Arbeit eines Dialogbuchautors, der Germanistik studiert hat, und einem, der durch Vitamin B ohne Studium reingekommen ist, einen Unterschied feststellen könnt?
Wie ist das mit Tobias Neumann? Wenn ich mich recht entsinne, ist er im Vergleich zu den anderen Autoren ein Sprachpurist.
Dann hätte er in Dune aber nicht "Harvester" oder "Freak" schreiben dürfen. Bei OUATIH sind mir auch einige Anglizismen im Gedächtnis geblieben. Vom deplatzierten "fair" in Game of Thrones mal abgesehen😜.
Ich wusste gar nicht, dass es tatsächlich so viele Dialogbuchautorinnen und -autoren gibt, die Germanistik studiert haben. Ein Studium der Germanistik ist zudem kein Garant für einen sehr guten Wortschatz und Umgang mit der deutschen Sprache.
Vielmehr habe ich heutzutage das Gefühl, viele Dialogbuchautorinnen und -autoren machen sich das Leben einfach, indem sie lieber das Original beibehalten und sich gar nicht erst die Mühe machen, nach einer guten deutschen Alternative zu suchen. Zudem merkt man vielen Dialogbüchern an, dass der Autorin oder dem Autor schlicht viele Synonyme oder deutsche Entsprechungen nicht bekannt sind, was ich eher semihilfreich finde. Denn dies zeigt, dass deren Wortschatz und Kenntnis ihrer eigenen Muttersprache begrenzt ist. Ein Studium ist für eine solche Kenntnis nicht essenziell.
Vielmehr hat es was mit Interesse an Sprache und entsprechendem Eigeninteresse zu tun. Wer nicht liest und sich auch sonst nicht für die eigene Sprache interessiert, der hat es natürlich schwerer im Schreibprozess. Und wenn sie oder er dann auch noch gehalten ist, sich möglichst ans Original zu halten, die Labiale zu beachten und unter Zeitdruck steht, dann verwundert es mich nicht, dass dabei schnell ein holpriges und ungelenkes Dialogbuch voller Anglizismen und amerikanischer Grammatik herauskommt.