Jetzt scherzen wir. In fünf Jahren sind wir okay damit. Glaubt ihr nicht?
Das macht aber Sinn.
Den wollen wir nicht vergessen, damit fing das Elend an. Über die sprachliche Macht des Synchronwesens und die damit einhergehenden Konsequenzen wird viel zu wenig diskutiert.
@Dubber: Anschließend an deinen letzten Kommentar passt meiner gleich perfekt dazu: Vor einigen Tagen habe ich in Bad Neighbours 2" gehört, wie Seth Rogens Rolle mit der Stimme von Tobias Kluckert) nach einem Disput über Kinder und dem Kinderkriegen plötzlich folgendes von sich gibt: "Fuck you! ich bin ein guter (afaik) Vater! Das muss nicht sein, richtig? Früher hat man schließlich auch passende Übersetzungs-Alternativen gefunden und verwendet- gerade In US-Komödien, wo f... in verschiedenen Varianten (gefühlt, oder nicht) in beinahe jedem zweiten Satz vorkam... In der Synchro von Drunkboat (die sonst ohnehin Einiges zu Wünschen übrig lässt) kommt dieses f...y... vor, ebenso in (mindestens?) zehn weiteren Movies - kein Verlust, dass ich sie kaum kenne... Mir ist dort sogleich ein Zitat beosnders ins Auge gesprungen, das (ich hier lieber nicht "sichtbar machen" will, und zwar aus:
Kann es sein, dass "Date" und "ein Date haben" in Synchros erst nach der Jahrtausendwende so richtig heimisch geworden sind? Noch in den 90ern wurde es nach meinem Eindruck noch meistens mit "verabredet sein", "Verabredung" etc. übersetzt. Und in den Jahrzehnten davor fand sich mitunter das inzwischen längst ausgestorbene "Rendezvous".
Um mal einen etwas älteren, verstaubten Beitrag auszugraben (finde das Thema aber durchaus interessant und diskussionswürdig):
Zitat von Taccomania im Beitrag #66Ich halte es durchaus für gerechtfertigt, die amerikanische Sprechweise ein wenig ins Deutsche zu übertragen. Es sind ja nun einmal Amerikaner, die wir auf der Leinwand sehen. Und die Filme spielen in Amerika und nicht in Ostwestfalen. Wenn also Ulrike Möckel völlig überdreht Meg Ryan spricht und sich nicht wie eine deutsche Hausfrau artikuliert, finde ich das völlig in Ordnung. Die etwas hölzerne Sprachmelodie, wie sie dem Deutschen beim normalen Gebrauch eigen ist, paßt nicht auf Gestik und Mimik amerikanischer Schauspieler. Stellt Euch vor, Thomas Danneberg würde John Travolta mit seiner normalen Sprechstimme synchronisieren, statt diesen amerikanischen Singsang zu imitieren. Oder Joseline Gassen spräche mit ihrer normalen deutschen Schauspielstimme Bette Midler. Amerikaner sind ein wenig hysterisch und müssen auch so synchronisiert werden.
Hmm... Ich will jetzt nicht mit der typischen "Früher war alles besser"-Keule kommen, aber mir ist nie untergekommen, dass z. B. in klassischen Synchronisationen der amerikanische Singsang übernommen wurde. Leute wie GGH, Arnold Marquis, Margot Leonard usw. haben ihre Synchronrollen IMHO so gespielt, wie sie diese auch vor der Kamera verkörpert hätten und es funktionierte super (bei G. G. Hoffmann allenfalls ohne Berliner Dialekt, aber ansonsten...). Die "hölzerne Diktion" der deutschen Sprache kann also mMn auf fremdsprachigen Schauspielern funktionieren, wenn man eine geeignete Entsprechung findet. Ich würde sagen, dass etliche Filme und Serien (bspw. Star Trek, James Bond) aus den 60er-/70er-Jahren durchaus als reine Hörspiele funktioniert hätten. Das kann man von modernen Produktionen nicht so ohne Weiteres behaupten. Bei denen ist oftmals der überzogene "Hollywood-Sprech", wie ich ihn spaßenshalber nenne, schon direkt herauszuhören. Das Problem der "Veramerikanisierung" besteht aus meiner Sicht eigentlich erst seit den 90er-Jahren. Eventuell haben wir aber auch unterschiedliche Definitionen von "amerikanischer Sprachmelodie". Oder wie hättest du das beschrieben? Ich lasse mich durchaus anderweitig überzeugen.
Zitat Bei der Synchronisation englischer Filme wird ja auch der leicht nasal-steife Duktus imitiert. Man denke nur an Monty Python.
Interessant. Bei Monty Python würde ich sogar wahrscheinlich zustimmen, aber was ist mit Synchronisationen französischer, italienischer und spanischer Filme etwa? Vielleicht muss ich mein Gehör diesbezüglich noch schulen, aber die Filme mit Bud Spencer und Terence Hill stechen für mich akustisch nicht unbedingt als italienische Produktionen heraus.
Ich kann mir manche Forums-User schwer als Eltern vorstellen. Würden vor Wut platzen, wenn die Kinder anfangen sie "Mum/Dad" zu rufen. Wird seit Jahren in Synchros fast nur noch so (nicht) übersetzt. Im Morgen- bis Nachtprogramm.
Mir fällt diese Veramerikanisierung in der Öffentlichkeit auf, wenn ich Schulkinder in der Bahn höre. "Meine Mum erlaubt mir das nicht."
Zitat von Koboldsky im Beitrag #112aber was ist mit Synchronisationen französischer, italienischer und spanischer Filme etwa? Vielleicht muss ich mein Gehör diesbezüglich noch schulen, aber die Filme mit Bud Spencer und Terence Hill stechen für mich akustisch nicht unbedingt als italienische Produktionen heraus.
Wobei es bei diesen Filmen (ebenso wie bei vielen Italowestern) streng genommen keinen Originalton gab: Selbst wenn die Schauspieler in englischer Sprache drehten, wurden sie oft von Muttersprachlern synchronisiert; daneben war es laut Thomas Bräutigam in Italien selbst bei heimischen Produktionen lange übliche, viele Schauspieler nachzusynchronisieren, wenn sie keine großen Stars waren.
Zitat von UFKA8149 im Beitrag #113 Mir fällt diese Veramerikanisierung in der Öffentlichkeit auf, wenn ich Schulkinder in der Bahn höre. "Meine Mum erlaubt mir das nicht."
Ist mir auch schon aufgefallen, allerdings nur Mum. Dad oder mein Dad habe ich tatsächlich noch nie gehört. Würde ich allerdings nicht auf die Synchros schieben, glaube einfach dass es in nem gewissen Alter uncool ist von "seiner Mami" zu reden. Die Kinder von meinen Nachbarn sprechen ihre Eltern immer mit dem Vornamen, das finde ich auch ziemlich kurios...
Zitat von Koboldsky im Beitrag #112 Hmm... Ich will jetzt nicht mit der typischen "Früher war alles besser"-Keule kommen, aber mir ist nie untergekommen, dass z. B. in klassischen Synchronisationen der amerikanische Singsang übernommen wurde. Leute wie GGH, Arnold Marquis, Margot Leonard usw. haben ihre Synchronrollen IMHO so gespielt, wie sie diese auch vor der Kamera verkörpert hätten und es funktionierte super (bei G. G. Hoffmann allenfalls ohne Berliner Dialekt, aber ansonsten...). Die "hölzerne Diktion" der deutschen Sprache kann also mMn auf fremdsprachigen Schauspielern funktionieren, wenn man eine geeignete Entsprechung findet. Ich würde sagen, dass etliche Filme und Serien (bspw. Star Trek, James Bond) aus den 60er-/70er-Jahren durchaus als reine Hörspiele funktioniert hätten. Das kann man von modernen Produktionen nicht so ohne Weiteres behaupten. Bei denen ist oftmals der überzogene "Hollywood-Sprech", wie ich ihn spaßenshalber nenne, schon direkt herauszuhören. Das Problem der "Veramerikanisierung" besteht aus meiner Sicht eigentlich erst seit den 90er-Jahren. Eventuell haben wir aber auch unterschiedliche Definitionen von "amerikanischer Sprachmelodie". Oder wie hättest du das beschrieben? Ich lasse mich durchaus anderweitig überzeugen.
Ich glaube, dass dieses Phänomen eher schon im Original vorliegt. Ein amerikanischer Film von bspw. 1965 klingt auch im O-Ton ganz anders als einer von 2005. Ich glaube einfach dass das der gute, alte Lauf der Zeit ist. "Entspannte" oder "lässige" (nach unserem Verständnis) Charaktere tauchen in Klassikern ja auch kaum auf. Damals ging es halt etwas gesitteter zu, sowohl optisch (vergleich zum Beispiel einfach mal die "Anzugträgerdichte" in älteren Produktionen, mit der aus Filmen und Serien der letzten 25-30 Jahre) aber vor allem auch sprachlich. Hinzu kommt die Prägung der amerikanischen Schauspieler durch das Theater, die damals noch viel präsenter war als heute.
Ab den 1980ern und dann ganz besonders ab der Jahrtausendwende hat sich das alles ein bisschen gedreht: man wollte lässiger und ungezwungener daherkommen. Zusätzlich begann in den 1990ern dann vollends das Zeitalter der großen Hollywood-Produktion. Kurze, auf den Punkt gebrachte Dialoge statt auschweifende "Labereien", Szene-auf-Szene statt langatmige 10-minuten Settings (stell einfach mal die Erzähltechnik- und perspektive von Star Wars III und IV komparativ nebeneinander). Es gab nun heroische oder gar pathetische Superhelden, die Identifikationsfiguren für Kinder sein sollten und die sich dementsprechend auch gerieren mussten: XYZ-Man kann allles, kennt keinen Schmerz, rettet New York/die Welt usw. Der soll natürlich auch so klingen und der Muhahaha-Bösewicht, der alles vernichten will erst recht.
Hinzu kommt natürlich auch die Technik. Wenn man nicht mit dem Partner oder dem Ensemble zusammen spricht, also nicht darauf reagieren kann, verfällt man leicht in so einen kleinen Sing-Sang. Bernd Rumpf sprach in seinem Media-Paten-Interview vor knapp sechs Jahren davon, dass er Liam Neeson in Star Wars I ansehen konnte, dass dieser Schwierigkeiten beim Spielen mit noch nicht final animierten CGI-Figuren hatte. ("Er machte etwas, was sonst nur schlechte Schauspieler machen, er macht vor jedem Satz ein [Anatmer]"). Ich behaupte, das was Liam Neeson da widerfahren ist, kann man einszueins aufs geixxte Synchron übertragen. Der Partner ist nicht da, also spricht man automatisch unnatürlicher.
Ich glaube das alles führt dazu, dass das heutige Synchron etwas künstlich oder aufgesagt klingt. Ich will das nicht beschönigen, ich selbst kritisiere diesen Synchronsingsang auch recht häufig und frage mich, wieso man in den 60ern noch natürliche Dialoge hört, 40 Jahre später aber Synchronsprech. Ich halte es aber vermessen, das immer nur den Sprechern in die Schuhe zu schieben, die Ursachen sind viel weiträumiger.
Der Hinweis auf die unterschiedliche Spielweise in Filmen/Synchros früherer Jahre und Zusammenhänge zwischen beiden ist sehr gut formuliert! Gerade deswegen können auch viele Jahrzehnte nach dem ursprünglichen Film entstandene Neu- oder Erstsynchros mitunter so unangenehm herausstechen, dass es zu einem deutlichen Bruch zwischen Bild und Ton kommt. Natürlich gibt es auch positive Gegenbeispiele wie "Frankensteins Höllenmonster" oder die schon oft gelobte Synchro von "Das Fenster zum Hof".
Du brauchst dich nicht zu entschuldigen! Ich hatte peinlicherweise wieder vergessen, dass diese Synchro (ebenso wie die dreier anderer Klassiker) damals für eine Wiederaufführung entstand.
Ich habe das Buch gerade nicht vorliegen, erinnere mich aber, dass Rolf von Sydow in seiner Autobiographie schreibt, er habe bei seinen Synchronregiearbeiten in den 50er Jahren (!) sehr darauf geachtet, dass die Schauspieler nicht wie im amerikanischen Original betonen. Das hat mich schon überrascht, denn in Synchros dieser Zeit habe ich das noch nicht wahrgenommen (und erwartet), Sydow schreibt aber, das sei verbreitet gewesen.