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Dieses Thema hat 126 Antworten
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 Allgemeines
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berti


Beiträge: 17.884

17.08.2020 08:31
#106 RE: Charakterveränderungen in der Synchronisation Zitat · antworten

Zitat von Koboldsky im Beitrag #105
[quote=berti|p7125373]Letztens habe ich einige Szenen mit Eddie Murphy im O-Ton erleben können und obwohl Kronberg (schon alleine wegen des enormen Altersunterschieds) rein stimmlich sehr weit vom Original entfernt war, kommt Murphy im Original mMn genauso rotzfrech rüber, wie er es mit Kronberg tut! Nur halt auf eine andere Art und Weise. Kronberg und Murphy haben zumindest in älteren Filmen eine ähnliche Art zu spielen gehabt.

Die eigentliche "Charakterveränderung" fand aus meiner Sicht erst mit Dennis Schmidt-Foß statt.

Sprich: Nur weil eine Stimme sehr weit weg vom Original ist, heißt das nicht automatisch, dass der Charakter verändert wird.

Das vielleicht nicht; aber jenseits der rotzfrechen Art hat Kronberg sich auch relativ bald eine bestimmte Sprechweise zugelegt, die so stark mit Eddie Murphy verbunden wurde, dass man ihn auch in den beiden ersten "Shrek"-Filmen besetzte.
Natürlich sticht Murphy im Original auch akustisch heraus, aber dort eher durch Afro-Slang, für den es in der Synchronlandschaft der 80er keine Entsprechung gab, weshalb Kronberg (oder die Regie) sich wohl dafür entschied, diesen speziellen Tonfall zu entwickeln.

Ludo


Beiträge: 1.329

29.09.2021 18:25
#107 RE: Charakterveränderungen in der Synchronisation Zitat · antworten

Ein ganz interessantes Beispiel ist hier mE Peter Matic´ für Scott Glenn in Schweigen der Lämmer. Obwohl Matic zwar typmäßig restlos auf das Gesicht passt, verändert er die Rolle nur durch seine eigene Stimmfarbe. Im O-Ton wirkt Glenns Spiel sehr selbstherrlich, anbiedernd (deswegen auch die „provokante Frage“ von Lecter) und sehr egoistisch, mit Matics Stimme verändert sich der Charakter Jack Crawford zu einem etwas versteift und weltfremd wirkenden aber dennoch irgendwie sympathischen Sonderling.

Ozymandias


Beiträge: 1.239

29.09.2021 21:16
#108 RE: Charakterveränderungen in der Synchronisation Zitat · antworten

Sehr schöne, passende Beschreibung.

Ludo


Beiträge: 1.329

29.09.2021 22:33
#109 RE: Charakterveränderungen in der Synchronisation Zitat · antworten

würde ja gerne mal wissen (ist aber vielleicht zu OT) wie man darauf kam ausgerechnet Matić zu besetzen, vor allem da er abseits von Kingsley nicht sooft im Synchronstudio stand.

berti


Beiträge: 17.884

30.09.2021 08:33
#110 RE: Charakterveränderungen in der Synchronisation Zitat · antworten

Zitat von Ludo im Beitrag #109
würde ja gerne mal wissen (ist aber vielleicht zu OT) wie man darauf kam ausgerechnet Matić zu besetzen, vor allem da er abseits von Kingsley nicht sooft im Synchronstudio stand.

Zum Zeitpunkt der Synchro waren seine Einsätze für andere Schauspieler noch nicht so selten; das wurden sie erst, als er (um 1994) von Berlin nach Wien zog. Siehe diese Liste:https://www.synchronkartei.de/sprecher/427/2
Wobei ich persönlich Jack Crawford mit seiner Stimme nicht unbedingt als "weltfremd" empfinde; als "versteift" (oder zugeknöpft) schon eher.

Ozymandias


Beiträge: 1.239

30.09.2021 09:02
#111 RE: Charakterveränderungen in der Synchronisation Zitat · antworten

Ich empfand ihn auch als Sonderling. Matic machte ihn schüchtern und dadurch gewinnend. Aufregende Interpretation.

Ludo


Beiträge: 1.329

30.09.2021 11:26
#112 RE: Charakterveränderungen in der Synchronisation Zitat · antworten

Finds auch sehr interessant, was allein die Stimmfarbe am Charakter alles ausmachen/verändern kann.

Und zu OT: Offenbar war dann SDL-Regisseur Horst Balzer ein Fan von Matic, wenn ich nämlich durch Matićs SK-Einträge scrolle, hatte er viele Einsätze (abseits von BK) unter Balzers Regie (Memphis Belle, Gib's ihm Chris, Mosquito Coast, Im Namen des Vaters usw.). Das erklärt dann wohl die Besetzung.

berti


Beiträge: 17.884

30.09.2021 12:51
#113 RE: Charakterveränderungen in der Synchronisation Zitat · antworten

Zitat von Ludo im Beitrag #112
Offenbar war dann SDL-Regisseur Horst Balzer ein Fan von Matic, wenn ich nämlich durch Matićs SK-Einträge scrolle, hatte er viele Einsätze (abseits von BK) unter Balzers Regie (Memphis Belle, Gib's ihm Chris, Mosquito Coast, Im Namen des Vaters usw.)

… und bei der Kinosynchro von "Amadeus" steht Balzer zumindest zur Debatte.

Nachtrag: Für Scott Glenns Rolle hätte ich mir auch Joachim Kerzel gut vorstellen können - was aus heutiger Sicht natürlich ein Fall von "Stammsprecher spricht Gegenpart" gewesen wäre.

Ludo


Beiträge: 1.329

30.09.2021 16:15
#114 RE: Charakterveränderungen in der Synchronisation Zitat · antworten

Ja Kerzel hätte bestimmt gut funktioniert - auch schön arrogant wäre vielleicht Christian Rode gekommen

Ludo


Beiträge: 1.329

30.09.2021 16:17
#115 RE: Charakterveränderungen in der Synchronisation Zitat · antworten

gelöscht

iron


Beiträge: 5.241

02.10.2021 20:51
#116 RE: Charakterveränderungen in der Synchronisation Zitat · antworten

Zitat von Ozymandias im Beitrag #111
Aufregende Interpretation.


So wird es höchstwahrscheinlich gewesen sein, (s)eine Interpretation unter Einfluss der Regie. Ich nehme an, dass sich dein Eindruck eben mehr dadurch, als durch seine bloße Stimmfarbe ergeben hat. Nicht zuletzt Dank ihr hätte er solch Verhalten von oben herab zumindest in anderen Synchronrollen sehr glaubhaft nachempfinden konnte (zumal er - mit Verlaub - keine besonders einschmeichelnd-sonores Timbre hatte.

Ozymandias


Beiträge: 1.239

02.10.2021 21:00
#117 RE: Charakterveränderungen in der Synchronisation Zitat · antworten

Hatte ich das geschrieben? Ich verstehe deinen Smiley nicht.

Sonor klang Matic nicht, einschmeichelnd aber durchaus, wenn er wollte. Matic war ein Ausnahmekönner, der konnte schlichtweg alles. Die Interpretation der Rolle geht selbstredend auf Horst Balzer zurück. Matic war das, was ein Schauspieler sein soll - ein Instrument. Balzer wusste exakt, was er wollte, und ließ die Sprecher exakt das abliefern. Eben gern auch komplett gegen den Strich gebürstet, aber letztlich voll auf den Punkt.

Ein Lutz Riedel beispielsweise hätte die Rolle viel erwartbarer gestaltet. Matic wiederum hätte auf Glenn in "The Keep" nicht gepasst, da war Riedel perfekt.

Wir merken: Balzer wusste, was ihm seine Werkzeuge liefern werden. Großer Könner.

iron


Beiträge: 5.241

03.10.2021 14:03
#118 RE: Charakterveränderungen in der Synchronisation Zitat · antworten

Ich habe "Interpretation" als Stichwort aufgegriffen/zitiert, als Antithese zu Ludo's Behauptung, nur durch seine Stimmfarbe sei die Rolle verändert worden und habe versucht, sie zu widerlegen (wobei ich mich zugegeben nicht mehr erinnern kann, wie Matic seine Synchronrolle genau anzulegen hatte...).
Eine gefühlsbetontere Sprechrolle von Peter Matic hatte ich leider nicht im Kopf, jedoch sein markantes Timbre habe ich mir längst gut eingeprägen können.:)

Zitat
Hatte ich das geschrieben? Ich verstehe deinen Smiley nicht.


Mit meinem Kommentar zu seiner Stimme wollte ich Matics schauspielerische Fähigkeiten und Leistungen nicht "runtermachen", das sollte das "Zwinker-Smiley" verdeutlichen.

iron


Beiträge: 5.241

07.10.2021 18:47
#119 RE: Charakterveränderungen in der Synchronisation Zitat · antworten

Kürzlich hatte ich die Gelegenheit, einen O-Ton Clip mit der deutschen Tonspur zu vergleichen. Ich empfand Glenns Auftreten zu Beginn der Dialogszene mit Jodie Foster eher als jovial; "Crawford" ermahnt Agentin Starling zwar zunächst mit etwas Nachdruck in seiner Stimme äußerst vorsichtig mit Hannibal Lecter zu sein, bleibt jedoch durchgehend ruhig im Ton. Peter Matic dagegen legt gleich in gestrengem Ton ihr gegenüber los, gegen Ende der Szene wechselt er dann jedoch in einen sanft (er)en Tonfall.
Beides passt zum Gesagten, aber der aggressivere Sprechweise harmoniert unterdessen imho. kaum mit seiner relativ etspannten Mimik. Das fiel mir nur so ein, nachdem du von "Gegen den Strich bürsten" in Zusammenhang mit Balzer geschrieben hast.

Als Alternative für Scott Glenn hätte ich komplett andersherum spontan zuerst an Norbert Gescher gedacht (falls er u.U. damals nicht noch zu jung auf ihm gewirkt hätte, aber das gehört in den entsprechenden Faden.

Ludo


Beiträge: 1.329

24.04.2022 12:40
#120 RE: Charakterveränderungen in der Synchronisation Zitat · antworten

Zitat von Lammers im Beitrag #34
In "Taxi Driver" gibt es eine wesentliche Charakterveränderung bei Travis Bickle (Robert DeNiro). Während er in der deutschen Fassung sehr ruhig ist merkt man ihm in der Originalfassung seine Verstörtheit, die er durch das Vietnam-Trauma erlitten hat, deutlich mehr an und man ahnt vielleicht noch offensichtlicher, dass irgendwann etwas Schlimmes passieren wird.


Ich hol das mal hervor, da es mir gerade ins Auge stieß. Ich wollte eigentlich zu was anderem schreiben und scrollte um Doppelungen zu vermeiden nochmal schnell durch die Beiträge.
Da ich den Film zufällig Freitagabend wieder gesehen habe und meine Eindrücke noch recht frisch sind - ich fand Brückner garnicht mal so charakterverändernd und 'ruhig'. Er wirkte auf mich sehr verunsichert und hilfesuchend, auch durch seine oft wegbrechende Stimme und dieses Verschlucken von einzelnen Buchstaben machte er auf mich zumindest auch in der DF den Eindruck, als würde er sich am liebsten mal stundenlang irgendwo ausheulen wollen.


Jetzt aber zu meinem eigentlichen Teil:
Es kommt ja recht häufig vor, dass Sprecher auf einem Schauspieler ausgetauscht werden und oft ist dieser Wechsel auch mit einer generellen Charakterveränderung verbunden. Mir fiel das bei Kenneth Branagh kürzlich besonders auf, da die beiden Hauptakteure Ulrich Matthes und Martin Umbach Branagh in der deutschen Fassung doch sehr unterschiedlich, eigentlich gegenteilig herüberkommen lassen. Ich weiß nicht wie ihr das seht, aber Matthes' Branagh kommt für mich immer recht zugeknöpft und brav herüber, er wirkt weltgewandt, gleichwohl aber auch ein bisschen bieder, nicht nach Stock-im-Arsch aber irgendwie eher konservativ. Umbachs Interpretation verleiht ihm eine viel größere Präsenz, mit ihm wirkt Branagh lockerer, entspannter, ausladender und vor allem cooler. Nur seltsamerweise wirkt er mit Umbach überhaupt nicht britisch sondern eher amerikanisch, was bei Matthes so nicht der Fall war. Seht ihr das auch so? (bin bei KB übrigens pro Umbach)

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