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Dieses Thema hat 156 Antworten
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 Allgemeines
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VanToby
Forumsleiter

Beiträge: 42.582

10.04.2014 19:37
#46 RE: "Entspann dich!" macht keinen Sinn: Schlechte Bücher - darüber könnte man einiges sagen ... Zitat · antworten

Zitat von Isch im Beitrag #39
"Er wird verteidigt von einem der prominentesten und farbigsten Anwälten Atlantas - Benjamin Matlock" - Aua.


Ja, und wo ist da jetzt das Problem?

benmatlockfarbig.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

John Connor



Beiträge: 4.883

10.04.2014 22:13
#47 RE: "Entspann dich!" macht keinen Sinn: Schlechte Bücher - darüber könnte man einiges sagen ... Zitat · antworten

Die Aufforderung "Entspann dich!" ist semantisch eine so vorbildliche Lebenseinstellung, dass eventuelle stilistische Einwände hierbei völlig null und nichtig sind.

"Macht Sinn" macht für mich absolut Sinn - bis jetzt hat mir niemand einen überzeugenden Grund dafür nennen können, warum man das nicht sagen dürfen soll, und z.B. "das leuchtet ein", "das passt zusammen/gut" oder andere sinnverwandte Sprüche vorziehen sollte - am ehesten würde ich hier für das Feuersteinsche "Hmmm, klingt vernünftig!" als Synonym plädieren.

Was an "Konsistenz" falsch sein soll, ist mir ebenso ein Rätsel!??

Die ekelhafte Begrüßungsformel "Hey!" geht allerdings gar nicht, hier schlage ich als Alternative das heute in einem anderen Thread zur Sprache gebrachte "Ahoj!" vor (zumal es meiner Lieblingsbegrüßung "Ahoy-hoy" doch recht nahe kommt).

Mein aller-allerliebster Anglizismus ist aber "einmal mehr" - im Alltag sag ich das zwar überhaupt nicht, aber beim Schreiben kenne ich kein anderes Vokabular, das an jener Stelle besser passen würde (Zum ersten Mal bewusst aufgefallen ist mir das vor Jahren in der Audrey Hepburn-Biografie von Norbert Stresau, der es offenbar nicht oft genug in seinen Texten unterbringen konnte; in Synchros ist mir das bislang aber nicht untergekommen, wenn ich mich richtig erinnere. Das Feuilleton trägt wohl auch nicht unwesentlich zu dieser begrüßenswerten Bereicherung der deutschen Sprache bei, mindestens aber zur Zirkulation von irgendwo aufgeschnappten, unterm Strich überwiegend sympathischen Lehnwörtern).

Dubber der Weiße


Beiträge: 5.422

10.04.2014 22:17
#48 RE: "Entspann dich!" macht keinen Sinn: Schlechte Bücher - darüber könnte man einiges sagen ... Zitat · antworten

Berti, deine Nachbarn haben kein Licht mehr. Anscheinend steht jemand auf ihrer Leitung.

Am Ende des Tages zählt nur, dass ihr beim Diskutieren alle einen guten Job macht. Und das macht ihr ja. Carry on.

berti


Beiträge: 17.876

11.04.2014 09:09
#49 RE: "Entspann dich!" macht keinen Sinn: Schlechte Bücher - darüber könnte man einiges sagen ... Zitat · antworten

Zitat von John Connor im Beitrag #47
"Macht Sinn" macht für mich absolut Sinn - bis jetzt hat mir niemand einen überzeugenden Grund dafür nennen können, warum man das nicht sagen dürfen soll, und z.B. "das leuchtet ein", "das passt zusammen/gut" oder andere sinnverwandte Sprüche vorziehen sollte

Wäre ein Grund nicht einfach, dass es genügend andere Formulierungen gibt, so dass sprachlich keine Lücke existiert, die durch einen "Sprachimport" geschlossen werden müsste?

berti


Beiträge: 17.876

11.04.2014 09:10
#50 RE: "Entspann dich!" macht keinen Sinn: Schlechte Bücher - darüber könnte man einiges sagen ... Zitat · antworten

Zitat von John Connor im Beitrag #47
Mein aller-allerliebster Anglizismus ist aber "einmal mehr" - im Alltag sag ich das zwar überhaupt nicht, aber beim Schreiben kenne ich kein anderes Vokabular, das an jener Stelle besser passen würde

Auch nicht Formulierung wie "erneut", "schon wieder", "wie so oft", "mal wieder", "wieder (ein)mal" etc.?

John Connor



Beiträge: 4.883

11.04.2014 13:14
#51 RE: "Entspann dich!" macht keinen Sinn: Schlechte Bücher - darüber könnte man einiges sagen ... Zitat · antworten

Zitat von berti im Beitrag #49
Wäre ein Grund nicht einfach, dass es genügend andere Formulierungen gibt, so dass sprachlich keine Lücke existiert, die durch einen "Sprachimport" geschlossen werden müsste?


Lücken im Wortschatz der importierenden Sprache waren noch nie ein notwendiger oder hinreichender Grund für Übernahmen.

Man muss sich das doch so vorstellen: Sprache wird tagtäglich unendlich oft variiert/erweitert (auch und gerade durch "Fehler"), ohne dass uns das bewusst wäre. Die meisten dieser Variationen werden negativ selektiert (nicht angenommen, nicht akzeptiert...), nur ein winzig kleiner Bruchteil positiv selektierter Variationen wird schließlich dem bestehenden Wortschatz zur Wiederverwendung hinzugefügt - durch Massenmedien -, um danach irgendwann wieder "vergessen" oder tatsächlich häufig aktualisiert/verwendet zu werden.

Die Gründe, warum jene Variationen Erfolg haben, andere aber nicht, sind zahlreich: Bequemlichkeit der Verwender, sprachökonomische Erwägungen, Innovationslust, Freude am Sprachspiel, unreflektierte Übernahmen, Mittel der Distinktion, Demonstration der (erwünschten) Miliezugehörigkeit etc., freilich auch Lücken im alten Spracharchiv, neue Dinge/Objekte/Sachverhalte, die bezeichnet, auf den Begriff gebracht werden wollen.

So ist das nun mal, damit müssen die (Sprach-)Kritiker sich abfinden (oder eben nicht) - viel dagegen tun können sie jedenfalls nicht.
Auf der anderen Seite: Der "schlechte" Stil der "anderen" kann natürlich auch eine Chance bedeuten: man kann dann selbst durch "besseren" Stil individuell positiv auffallen.

Zitat von berti im Beitrag #50
Auch nicht Formulierung wie "erneut", "schon wieder", "wie so oft", "mal wieder", "wieder (ein)mal" etc.?


Hmmm, mal seh’n (Zitate aus Stresaus oben erwähnter Hepburn-Biographie, "einmal mehr" ersetzt durch deine [Synonym-Vorschläge]):

„[Mal wieder] bildet darin Paris den Hintergrund für eine frivole Liebesgeschichte.“ (S. 76)

„Charade vereinte Audrey Hepburn [wie so oft] mit Stanley Donen…“ (S. 110)

„Audreys achtzehnter Film spielt [schon wieder] in Paris…“ (S. 110)

„“[Wieder (ein)mal] lässt man sie hier den Part einer jeune fille spielen…“ (128)

„[Erneut] stimmte die Leinwandfigur mit der realen Person scheinbar bis aufs i-Pünktchen überein…“ (146)



Also, so gesehen würde ich sagen: eigentlich nicht … ähm, ich meine: nicht wirklich!

berti


Beiträge: 17.876

11.04.2014 14:23
#52 RE: "Entspann dich!" macht keinen Sinn: Schlechte Bücher - darüber könnte man einiges sagen ... Zitat · antworten

Zitat von John Connor im Beitrag #51
Hmmm, mal seh’n (Zitate aus Stresaus oben erwähnter Hepburn-Biographie, "einmal mehr" ersetzt durch deine [Synonym-Vorschläge]):

„[Mal wieder] bildet darin Paris den Hintergrund für eine frivole Liebesgeschichte.“ (S. 76)

„Charade vereinte Audrey Hepburn [wie so oft] mit Stanley Donen…“ (S. 110)

„Audreys achtzehnter Film spielt [schon wieder] in Paris…“ (S. 110)

„“[Wieder (ein)mal] lässt man sie hier den Part einer jeune fille spielen…“ (128)

„[Erneut] stimmte die Leinwandfigur mit der realen Person scheinbar bis aufs i-Pünktchen überein…“ (146)



Also, so gesehen würde ich sagen: eigentlich nicht … ähm, ich meine: nicht wirklich!


Und wie siehst es damit aus?
"(Erneut/wieder einmal) bildet darin Paris den Hintergrund für eine frivole Liebesgeschichte."
"Charade vereinte Audrey Hepburn (erneut) mit Stanley Donen."
"Audreys achtzehnter Film spielt (wie so oft) in Paris."
"(Erneut) lässt man sie hier den Part einer jeune fille spielen."
"(Wie so oft) stimmte die Leinwandfigur mit der realen Person scheinbar bis aufs i-Tüpfelchen überein."

Wirklich nicht?

iron


Beiträge: 5.237

11.04.2014 23:07
#53 RE: "Entspann dich!" macht keinen Sinn: Schlechte Bücher - darüber könnte man einiges sagen ... Zitat · antworten

Zitat von John Connor im Beitrag #47


"Macht Sinn" macht für mich absolut Sinn - bis jetzt hat mir niemand einen überzeugenden Grund dafür nennen können, warum man das nicht sagen dürfen soll


Warum ist eigentlich für dich "macht Sinn" sinnvoll? (Versteh meine Frage bitte nicht als Vorwurf, sondern es wäre ein interessanter Punkt, weshalb so viele diese Redewendung benutzen (m.Mn. sicher nicht bloß aus reiner Gedankenlosigkeit) und was sie für sie so interessant macht. Vielleicht wird diese Floskel so ähnlich wie "Sinn geben", oder "Sinn stiften" aufgefasst ( nicht nur auf Religion bzw. Mtaphysik bezogen).

Zitat
Die ekelhafte Begrüßungsformel "Hey!" geht allerdings gar nicht, hier schlage ich als Alternative das heute in einem anderen Thread zur Sprache gebrachte "Ahoj!" vor (zumal es meiner Lieblingsbegrüßung "Ahoy-hoy" doch recht nahe kommt).



Dieses "Ahoj" wird so viel ich weiß nur im Tschechischen als lockere Begrüßung gleichbedeutend mit unserem "Hallo" verwendet. Diese Begrüßung wäre doch in einem amerikanischen Film recht merkwürdig. Sonst gehört dieser Gruß in die Seemannssprache und in Filme mit Schiffen, Kapitänen und Matrosen.
Erst kürzlich habe ich in der deutschen Serie "sturm der Liebe" mitbekommen wie ein junger Mann und eine junge Frau einander mit "Hey" begrüßt haben.


Schlimmer als manche andere Übernahmen aus dem Englischen finde ich es, wenn gegen die deutschen Grmmatik in Synchros oft "in was" oder "mit was" gesagt wurde und wird. Das ist aus Synchronitätsgründen sicher überflüssig. Mir scheint das habe ich aber in den letzten Jahren nicht mehr so oft gehört. Es würde lippensynchron bestimmt sehr gut funktionieren, beispielsweise "in what" mit "worin" zu übersetzen.

fortinbras ( gelöscht )
Beiträge:

12.04.2014 22:28
#54 RE: "Entspann dich!" macht keinen Sinn: Schlechte Bücher - darüber könnte man einiges sagen ... Zitat · antworten

@ Dubber der Weiße:

Mein Vergleich dieses Threads mit der überflüssigen Akribie mancher Finanzamtsabteilungen war rein ironisch gemeint, auch wenn es mir offensichtlich nicht gelang, das so zu kommunizieren. Es liest sich trockener und anders, als es gemeint war - weil ich mir absolut bewußt bin, daß ich in vielen Dingen sehr detailliert bin. Das steht mir frei, wie jedem anderen auch - nur deine Anspielung fand ich deplaziert.

Mag sein, daß ich den Schauspieler-Threads nicht unbedingt Biografien vorne anstellen müßte. Aber mir ist es wichtig - und in diesen erfasse ich essentielle Dinge der betreffenden Person, egal welcher politischen Einstellung oder sexuellen Orientierung sie ist. Bei den Sprecher-Threads bin ich natürlich im Übermaß detailliert und bei manchen Künstlern ist eben gerade auch die sexuelle Orientierung oder die politische Einstellung ein wesentlicher Bestandteil des Lebens (Hasse, Joloff, Balthoff, Fiedler).

Ich finde auch vieles dämlich und überflüssig: in welchen Ländern welcher Film zwei Millisekunden länger lief, ob drei Sekunden in falschem Superdolbymegadingsbumssurroundstereomonoquaotschologischer Abmischung laufen oder nicht. Oder eben Diskussionen woie über "Entspann dich!", es sei denn man macht's besser als Thread über die allgemeine Veränderung der Umgangssprache, etc.

Deine Kritik steht dir zu, die Anspielung fand ich jedoch überflüssig und deplaziert. Weil sie offenbar entweder eine direkte Spitze war oder einen Wunsch zum Ausdruck bringen sollte, man möge gewisse Dinge nicht erwähnen. Im Grunde ist es mir echt zu blöd, da jetzt auch noch so lange drüber zu schreiben. Aber ignorieren will ich's nicht.

VanToby
Forumsleiter

Beiträge: 42.582

12.04.2014 23:57
#55 RE: "Entspann dich!" macht keinen Sinn: Schlechte Bücher - darüber könnte man einiges sagen ... Zitat · antworten

Zitat von fortinbras im Beitrag #54
Oder eben Diskussionen woie über "Entspann dich!", es sei denn man macht's besser als Thread über die allgemeine Veränderung der Umgangssprache, etc.


Nein, das wäre nun gerade die absolut unsinnigste Art, die Sache anzugehen, die leider immer noch von fortdauerndem Unverständnis zeugt.

Es geht hier NICHT um die Veränderungen der Umgangssprache, die hier angeprangert werden sollten.

Es geht hauptsächlich darum, dass dieselben englischen Phrasen immer wieder IN IGNORANZ DES KONTEXTES durch dieselbe synchrondeutsche Phrase ersetzt wird, die obendrein in vielen(!) Fällen per se schon keine schöne deutsche Phrase ist.

Natürlich gibt es auch einmal Situationen, in denen "Entspann dich!" passt. Aber das ist nur in seltenen Fällen dann der Fall, wenn es auf Englisch "ReLAX!" heißt.

Es ist diese stupide, schematische 1:1-Übersetzung englischer Phrasen, die uns nervt. Ein Automatismus ohne jedes Gefühl für Sprache und Situation.


Wer nicht

1. versteht, dass Übersetzungen immer kontextgerecht sein müssen
2. die Eigenarten seiner eigenen Sprache (oder sagen wir lieber vorsichtig: des Deutschen) kennt - unabhängig von den Fachbegriffen

soll sich bitte hier einfach heraushalten und den Thread nicht durch dämliche Kommentare aufblähen, welche die wesentlichen Punkte von Wilkins, mir u.a. schlicht ignorieren.

Zudem finde ich es irgendwie bezeichnend, wie immer wieder Leute zu denken scheinen, die Alternative zum einen Schwachsinn kann immer nur der gegenteilige Schwachsinn sein. Nur so kann ich mir erklären, wieso man aus den Aufruf, doch bitte einmal *dosiert* - d.h.: überhaupt erst einmal - Wörter wie "halt" u.ä. zu verwenden, die Gutheißung von "halt"-Gestammel ableiten kann.


Wenn es überhaupt um Umgangssprache geht, dann nur insofern, als dass sich Synchrondeutsch immer häufiger sogar - siehe Wilkins' Ausführungen - in einigen Punkten von der Umgangssprache WEGbewegt, andererseits dieses aber sehr wohl einen Einfluss auf die Umgangssprache haben *kann*, da nun einmal viel Fernsehen und Film konsumiert wird und solche Phrasen irgendwann einmal hängen bleiben. Dabei ist dann auch wiederum weniger zu kritisieren, dass es nun auf einmal neue Phrasen gibt, sondern dass EINE Phrase eine ganze Palette von früheren Ausdrucksmöglichkeiten verdrängt. Das bringt Armut in eine Sprache.


Eines stimmt mich aber hoffnungsvoll: Als ich die Tage Neuntklässler fragte, was sie im Sinne von "Relax!" sagen würden, wurde überlegt: "Entspannen ... entspann dich! ... neee! Das sagt man nicht". Es kamen dann als bessere Vorschläge "Chill mal!" (ist mir auf gleiche Weise sympathisch wie Wilkins) und "Bleib (mal) ruhig (, Alter)!".
Es geht doch.


Zum Rest: Ich schätze deine schillernden Biographien sehr. Aber Dubber ist nicht der erste, auf den es manchmal so den Eindruck macht, als wäre die Aufspürung einer eventuell auffälligen sexuellen Orientierung mindestens dein persönliches Sahnehäubchen, maximal im schlimmsten Falle das eigentlich Wirkliche, was in deiner Filterung einen Menschen ausmacht und erwähnenswert macht. Das ist, auch wenn nicht beabsichtigt, wieder nur eine Form der Diskriminierung.

Wilkins


Beiträge: 4.451

13.04.2014 02:00
#56 RE: "Entspann dich!" macht keinen Sinn: Schlechte Bücher - darüber könnte man einiges sagen ... Zitat · antworten

@Toby: Danke. Ich hatte schon befürchtet, ich kämpfe hier gegen Windmühlen.

@Fehmi: Aus dem Kontext gerissen, passen die vorgeschlagenen "Einmal mehr"-Alternativen m.E. schon rein.

John Connor



Beiträge: 4.883

13.04.2014 13:40
#57 RE: "Entspann dich!" macht keinen Sinn: Schlechte Bücher - darüber könnte man einiges sagen ... Zitat · antworten

Zitat von VanToby im Beitrag #55
Es geht hier NICHT um die Veränderungen der Umgangssprache, die hier angeprangert werden sollten.


Du, lieber Thread-Ersteller, bist nicht ganz unschuldig daran, dass die Diskussion auf diesen Nebenpfad rüber geschwappt ist. Ich zitiere aus deinem Initial-Beitrag:

Zitat von VanToby im Beitrag #1
Niemand, aber auch wirklich niemand, der nicht gerade wie ein pseudocooler Vollidiot wirken will, sagt "Entspann dich!".


ElEf und Gabriel haben diese Sottise, wie ich übrigens auch, auf die Sprachgewohnheiten des Alltagsmenschen bezogen und mit Recht ablehnend darauf reagiert. Und du hast daraufhin den Eindruck, dass du gegen stillose Sprachvergewaltiger generell zu Felde ziehst, nicht nur bestätigt, sondern sogar Öl ins Feuer gegossen:

Zitat von VanToby im Beitrag #16
Zitat von ElEf im Beitrag #15
Also, ich sag ganz oft "entspann dich". Und ich hör das ziemlich oft.


Na bitte, das bestätigt doch nur meine obige Theorie.



Wie auch immer, eines muss man sich dabei immer vor Augen halten: der Alltagsmensch kann sprechen, wie er will, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Bei jemandem aber, der als professioneller Sprach-Produzent Geld damit verdient, gelten andere Regeln. Er ist dadurch quasi zum Abschuss freigegeben.

Nun scheinst aber ausgerechnet du auf der anderen Seite die Alltagssprache, die Umgangssprache gegen das „Synchronesisch“ auszuspielen. Daran stört mich zweierlei.
Zum einen scheinst du zu ignorieren, dass wir es hier mit zwei unterschiedlichen Sprachdiskursen zu tun haben. Warum eigentlich soll die Sprache der „Ästhetik“, die nicht selten bewusst stilisiert, sich an der „Alltagssprache“ orientieren? Sollen wir jetzt etwa die ganze Gattung der Lyrik abschaffen, nur weil man der Alltagssprache nicht konsequent in Reimen spricht? (Statt dessen sollten wir hier im Forum einen Reim-Thread eröffnen. Jawohl, das sollten wir!)

Zum anderen haben die Synchrondrehbücher auch der Goldenen Ära der 50er Jahre sich auch nie programmatisch an der Alltagssprache orientiert – und sie können trotzdem (oder gerade deswegen?) großen ästhetischen Genuss bereiten. Selbst in den B-Movies der Sonntagsmatinees (die hauptsächlich minderjährige Zuschauer adressierten) sprachen heavies wie Jack Palance aus dem Munde von Lukschy oder Borchert so, als ob sie den großen Stilisten der Belletristik Konkurrenz machen wollten. Wohlgemerkt: in der Vorlage sprachen diese meist langweilig-banales 08/15-Englisch.
Oder ein Gegenbeispiel aus jüngster Zeit, das sich wohl an einer vermeintlich authentischen Jugendsprache orientieren wollte, in mir aber nur Brechreiz hervorgerufen hat: THE AMAZING SPIDER-MAN.

Das größte Manko dieser Diskussion ist aber dies: es gibt nun mal keine verbindliche Stillehre (heute weniger denn je!). Es ist eben das markanteste Kennzeichen des Stils, dass man etwas auch ganz anders ausdrücken kann. Solche Diskussionen wird es im Falle von grammatikalischen Verfehlungen nicht geben, weil es hier eben ein verbindliches Regel-Set gibt. Man kann alternativ nicht sagen: „Ich gehe in die Kino.“ Und trotz Kaya Yanar oder Erkan & Stefan wird die Alternativ-Grammatik der Kanak Sprak („Gehst du mit Kino?“) höchstwahrscheinlich nicht zu Revisionen des Regel-Sets führen.

Bei Stilfragen ist das eben anders:

Zitat von Wilkins im Beitrag #2

Ich denke..
Ähnlich wie die dem ersten Beispiel muss man nicht jedes "I think/you think" mit "ich denke/denkst du" übertragen
Da fällt mir wieder FAMILY GUY ein -> Brian:"Denkst du, du hast die Haut dafür?". Daraus hätte man auch ein "Meinst du", "Glaubst du" oder "Findest du" machen können.


Hier kann man sämtliche Alternativ-Vorschläge mit gutem Grund in Zweifel ziehen:
"Meinst du" kann man ablehnen, indem man sagt, dass es hier doch nicht um Meinungsbekundung geht.
"Glaubst du" kann man zurückweisen, weil hier z.B. religiöse Konnotationen mitschwingen.
"Findest du" kann man ausschlagen, weil man ja nichts gefunden habe, was man zuvor gesucht hätte usw.
Aus all diesen Varianten würde ich tatsächlich „Ich denke“ vorziehen, weil der Ausdruck genau das trifft: einen Denkprozess.


Damit keine Missverständnisse aufkommen: Ich finde Threads wie diesen gut. Man kann über alles diskutieren. Relevant für ein Synchronforum ist dieser Thread allemal. Und man kann dem Thread-Ersteller in seiner Diagnose tendenziell Recht geben (was ich auch tue), seine Argumente aber trotzdem für nicht überzeugend halten (wie ich es ebenfalls tue). In diesem Fall geht das aber wohl nicht anders. Sobald man mit Alternativen kommt, die man für „besser“ hält, ist man selbst angreifbar und setzt sich selbst der Kritik aus.

Man könnte aber auch weitergehen und nach den strukturellen Ursachen für diesen Negativ-Trend (den ich auch so sehe) in der gegenwärtigen Synchronlandschaft fragen. Negativ freilich im Vergleich zu früher (oder?).
Zum einen habe ich den Eindruck, dass in den 50ern, 60er, meinetwegen auch in den 70ern, Leute am Werk waren, die Sprach-Profis im besten Sinne des Wortes waren. Rekrutiert wurden –so scheint’s - überwiegend nur die, die es „drauf“ hatten. Heutzutage dagegen scheint man Hinz und Kunz, ob sie nun die dafür nötige Qualifikation mitbringen oder nicht (wohl eher nicht), mit Übersetzungen zu betrauen – ganz gleichgültig, wie gut ihr Deutsch ist, egal ob ihre Englischkenntnisse über Schulenglisch-Niveau hinausgehen oder nicht.

Zum anderen scheint die seit 10-15 Jahren grassierende Option, sich jeden Film auf DVD (oder auf Filmportalen) auch „im Original“ anschauen zu können, eine Hinwendung zum englischsprachigen Satzbau, Sprachrhythmus und –duktus enorm zu begünstigen.
Was deren unterstellte Unkenntnis früher (idealerweise) eine sinngemäße Übersetzung möglich machte, würde heute jeden durchschnittlichen Zuschauer ermutigen, sich als Sprachkritiker aufzuspielen.
Der größte Feind guter Synchronbücher heutzutage ist aber … die Untertitelungspraxis!!! Gerade hier scheint man sich einerseits einer wortwörtlichen Übersetzung zu befleißigen, andererseits aber Unterschiede im Satzbau und Sprachrhythmus völlig zu ignorieren. Die Dubber ahmen hier etwas nach, was die Subber verzapft haben. Das ist meine These.

Grüße,
Fehmi

VanToby
Forumsleiter

Beiträge: 42.582

13.04.2014 14:07
#58 RE: "Entspann dich!" macht keinen Sinn: Schlechte Bücher - darüber könnte man einiges sagen ... Zitat · antworten

Zitat von John Connor im Beitrag #57
Nun scheinst aber ausgerechnet du auf der anderen Seite die Alltagssprache, die Umgangssprache gegen das „Synchronesisch“ auszuspielen. Daran stört mich zweierlei.
Zum einen scheinst du zu ignorieren, dass wir es hier mit zwei unterschiedlichen Sprachdiskursen zu tun haben.


Das siehst du falsch. Die Argumentation, Sprache verändere sich doch eh ständig und jeder rede eben anders - offensichtlich ein Bezug auf die Alltagssprache - und deshalb sei das von mir Angeprangerte auch in Synchros absolut in Ordnung, stammt nicht von mir. Im Gegenteil hatte ich selber bereits vor zwei Seiten geäußert, "eine deutsche Fassung [solle] im Ansatz immer etwas literarisch sein".

Ich bezweifle nur allerdings, dass eine solche Literarik bzw. literarische Ästhetik entsteht, indem man geistlos das Original nachäfft und dabei vielfältige Möglichkeiten durch eine Einheitsphrase verdrängt.


Man muss aber nun etwas genauer sein: Es war schon immer die große Fähigkeit der sog. mimetischen Kunst (seit, sagen wir mal, dem Hellenismus), sehr ungefiltert alltagsnah zu wirken, in Wirklichkeit jedoch ziemlich durchdacht und - unauffällig! - verkünstelt zu sein. Denke mal z.B. an SEINFELD: Das sind viele Alltagsgeschichten, die einem irgendwie aus dem eigenen Leben bekannt vorkommen und zwar, das ist der Geniestreich daran, einer breiteren Masse von Menschen. Natürlich sieht jedermanns Erfahrung etwas anders aus, aber die geschickte Erzählweise lässt eine breite Anschlussmöglichkeit zu, die mitunter auf den Einzelnen sogar so wirkt, es sei *speziell* für ihn geschrieben worden. Es liest sich so einfach, ist aber schwer zu schreiben. Und was für das Narrative gilt, gilt auch für die Sprache: Gerade in Sitcoms bzw. Comedy sollte sich die Sprache natürlich schon am Alltag *orientieren*, gleichwohl ihn nicht ungefiltert weitergeben, weil das kein Mensch aushalten würde. (Sogar der Extremfall STROMBERG ist ja sehr pointiert getextet.)

Von daher würde ich es ja gerade in einer Sitcom voll und ganz akzeptieren, wenn "Entspann dich!" eine weit verbreitete Alltagsfloskel wäre, die von Menschen aus, vorsichtig gesprochen, mehreren sozialen und intellektuellen Schichten gleichermaßen für die Situation des englischen "Relax!" verwendet werden würde. Dies ist meiner bescheidenen Beobachtung nach aber nicht der Fall.

Für mich versagt die Phrase "Entspann dich!" als Standardübersetzung von "Relax!" also *sowohl* auf literarischer Ebene *als auch* auf der Ebene der Alltagsnähe.

berti


Beiträge: 17.876

13.04.2014 14:42
#59 RE: "Entspann dich!" macht keinen Sinn: Schlechte Bücher - darüber könnte man einiges sagen ... Zitat · antworten

Zitat von John Connor im Beitrag #57
Hier kann man sämtliche Alternativ-Vorschläge mit gutem Grund in Zweifel ziehen:
"Meinst du" kann man ablehnen, indem man sagt, dass es hier doch nicht um Meinungsbekundung geht.
"Glaubst du" kann man zurückweisen, weil hier z.B. religiöse Konnotationen mitschwingen.
"Findest du" kann man ausschlagen, weil man ja nichts gefunden habe, was man zuvor gesucht hätte usw.
Aus all diesen Varianten würde ich tatsächlich „Ich denke“ vorziehen, weil der Ausdruck genau das trifft: einen Denkprozess.

Allerdings kann "Meinst du" auch ausdrücken, ob jemand eine Meinung zu etwas entwickelt hat.
"Glauben" kann man auch jenseits religiöser Bekenntnisse, wenn man zu einer bestimmten Überzeugen gelangt ist.
Und "finden" kann man auch die Lösung eines Problems/Antwort auf eine Frage, nach der (der Lösung/Antwort) man zuvor in Gedanken gesucht hatte.
Dass alle diese Prozesse gedanklich sind, dürfte klar sein, weshalb dies nicht ständig durch ")ich denke/Denkst du?" betont werden müsste, so dass alternative Formulierungen hier durchaus ihren Sinn und ihre Berechtigungung hätten.

VanToby
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13.04.2014 14:46
#60 RE: "Entspann dich!" macht keinen Sinn: Schlechte Bücher - darüber könnte man einiges sagen ... Zitat · antworten

Zitat von berti im Beitrag #59
Dass alle diese Prozesse gedanklich sind, dürfte klar sein, weshalb dies nicht ständig durch ")ich denke/Denkst du?" betont werden müsste, so dass alternative Formulierungen hier durchaus ihren Sinn und ihre Berechtigungung hätten.


Danke, berti. Vor allem geht es zum gebetsmühlten Male nicht darum, die eine Formulierung per Suchen+Ersetzen durchgehend gegen die andere auszutauschen, sondern die Vielfalt des Deutschen sinnvoll ausnutzen und Abwechslung zu schaffen.
(Wobei, wie gesagt, die Montonie des Originals hier mMn Teil des Humors ist und mir damit zum Teil auch im Deutschen gerechtfertigt scheint.)

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