Keine Spoiler, nur ein Feeler. "Spectre" ist quasi "Skyfalls" lautstarker, etwas debiler Halbbruder, der in Sachen Grobmotorik echt was los hat und mit kindlichem Eifer lautstark Sachen kaputt macht. Könnte manche Erwartungen enttäuschen. Ich hatte keine - die wurden erfüllt. Die Halbbruder-Sache geht zwar nicht in die Hose, dafür an andere schmerzhafte Stellen, was unser Superagent aber - Brosnans unsichtbares Auto war dagegen der reinste Realitäts-Exzess - ohne mit der Wimper zu zucken wegsteckt. Apropos wegstecken, Belutschi hat einen komplett irrelevanten 5-Minuten-Gastauftritt, der eindrucksvoll zeigt, dass Craig ein beschissener Küsser sein muss. Ansonsten gibt's jede Menge Wendungen, die ich nicht verrate. Man kann Spaß haben.
Können wir uns darauf einigen, dass Sam Mendes ein beschissener Bond-Regisseur und Newman ein beschissener Bond-Komponist ist? Vermutlich nicht, viele finden Skyfall ja geil. Warum auch immer. Vielleicht hätte man bei Spectre lieber nicht wieder dreißig verschiedene Leute zum Drehbuch-Schreiben engagieren sollen? Action alleine und ein paar Referenzen an die Klassiker machen keinen guten Bond-Film. Casino Royale war genial, der umstrittene QoS viel besser als es manche Bond-Puristen behaupten und Skyfall ein schön gedrehter Film, wenn man seinen Verstand für die Dauer des Films komplett ausschaltet. Meine um 10 Minuten gekürzte und mit David Arnolds Casino Royale Soundtrack unterlegte Version von Skyfall ist jedenfalls deutlich guckbarer. Und wenn Bond bei mir das Casino in Shanghai betritt, ertönt sogar vollständig und originalgetreu der Bond-Theme. Was - Achtung Spoiler - Herr Newman im gesamten Spectre wieder nicht hinkriegt und dafür - Achtung Spoiler? - einen Großteil seines miesen Scores aus Skyfall wiederverwertet. Ich darf an dieser Stelle mal einen US-Kollegen zitieren: The biggest Bond-Villain in Spectre is Thomas Newman. Ha. Trotzdem ist Spectre - Und das ist kein Spoiler - unterhaltsam. Allerdings gleichzeitig voll verpasster Chancen. So wie Skyfall. Weil Mendes ein mieser Regisseur ist, jedenfalls dann, wenn es darum geht, das gedrehte Material am Schneidetisch zu einem funktionierenden Werk zusammenzufügen. Wie gerne hätte ich von Spectre und Skyfall das Rohmaterial! Und wie gerne würde ich hören, was Radiohead für Spectre als Titelsong produziert haben. Und bei der Gelegenheit würde ich auch direkt den Shirley Bassey/David Arnold Titelsong in Quantum of Solace einbauen, der einfach nur genial ist. So bleibt Casino Royale der perfekte Craig-Bond, der nahezu ohne Fehler ist. In meinen ziemlich unbescheidenen Augen.
Sehe ich ähnlich. Eine richtige Diskussion sollten wir aus Spoiler-Gründen aber tatsächlich vermeiden.
Mein Problem mit diesem Film ist nicht das ständige Knallen, Krachen und Wummern. Kind seiner Zeit, modernes Actionkino, blabla. Die ständigen Zitate - na gut, Fanservice. Auch die emsig düstere Musik, die wie aus dem Papierkorb von "Dark Knight" gestohlen wirkt, kann ich verschmerzen. Nicht mal das Eunuchen-Titellied nebst hässlichem Craig-Nackt-Vorspann kann mich gänzlich vergraulen.
Ich kann aber keinen Bond ernstnehmen, der quasi Captain America ist. Gegen einen Gegner anzutreten, der mal so eben Metallstangen durchschlägt, von dem geschätzt 20 Schläge auf die Rippen zu kassieren, und dann anschließend fidel ein Nümmerchen zu schieben... geht nicht. Ich hatte mal sieben gebrochene/angebrochene Rippen. Da durfte meine Freundin mich nicht mal geil ansehen, denn schon bei der kleinsten Gewichtsverlagerung durchzuckte mich Pein. Und von Blofelds Folter will ich gar nicht sprechen. Dem Schurken ausgeliefert sein und doch einen Weg finden - war bei Goldfinger tausendmal besser. Allerdings musste man sich dort nicht irgendwie schönreden, dass sich der Protagonist eigentlich gerade in Qualen auf dem Boden winden müsste, wenn man auch nur rudimentär die Kleinigkeit namens Realität bemüht...
Commander Bond ist hier Captain Bond, und näher an einem Marvelhelden dran als je zuvor. Das ist auf seine Weise nicht smarter oder unpeinlicher als die unsichtbare Karre.
Und wenn Blofeld sich dann als Mini-Me-Version von Sadist Szell aus "Der Marathon-Mann" entpuppt, gucke ich lieber den. Bei mir ist "Spectre" einen Tag später schlecht gesackt. Viel, viel Lärm um sehr, sehr wenig. Schulnote: 3 minus. Aber nur, weil... ach Scheiße, nee, ist doch 'ne 4. Craigs drittbester Bond.
Hast Du die deutsche Fassung schon zu sehen bekommen? Ist die für sich betrachtet gelungen? Skyfall war ja zudem auch da leider ein relativer Reinfall (ungelenk übersetzte Oneliner, völlig versemmeltes Timing der Sprecher außer der genialen Gisela Fritsch - Gott hab sie selig - etc...).
Original gesehen. Ich persönlich finde, dass Dietmar Wunder inzwischen fantastisch auf Craig liegt - und auch ein gutes Stück mehr Ironie einbaut als Craig. Der spielt hier so bewegt wie der Steinbeißer aus "Unendliche Geschichte", ergo dürfte Wunders Variante erneut vielschichtiger sein. Aber letzthin wird auch er wenig ausrichten können.
Ich will aber kein Fallbeil wetzen. Wenn man seine Erwartungshaltung ein wenig an die Kette nimmt, kann man zwei Stunden Mega-Radau erwarten, der immerhin wachhält - und für dessen Budget man geschätzt sieben Millionen Flüchtlinge ein Jahr lang hätte ernähren können. Nun ja.
Ich bin mal gespannt welche sprecherin man für den Kurzauftritt von Judi Dench genommen hat. Aus Kontinuitätsgründen sollte es hier schon jemand sein der nahe an Fritsch rankommt und keine eigene Dench Interpretation ist.
Ansonsten hört sich das an als wäre das mal wieder ein silly Bond wie ich ihn ehrlich gesagt in der ganzen grantigen Ernsthaftigkeit der Craig-Ära sehr vermisst habe. Und das sage ich als jemand der sowohl Casino Royale wie auch Skyfall mag. Aber Bond war für mich immer dieser Larger-than-life Charakter der mit unfassbaren Gadgets (lediglich das unsichtbare Auto war mir zuviel) durch die Welt zieht und trotz aller Prügel immer für einen doofen Spruch, nen Martini und ein frauchen :D zu haben ist. Eben alles ein bisschen "silly" ;) Spectre scheint wieder mal in die Richtung zu gehen wenn ich da von Bond Superman Attitüden lese etc. Wenn jemand ein nümmerchen schieben darf obwohl er körperlich eigentlich ein Wrack sein müsste dann doch wohl James Bond meine Herren :) Ich gehe in die Bond Filme sicher nicht wegen Realismus und gerade das locker leichte hat mir wie schon mal erwähnt in der Craig Ära bisher gefehlt obwohl ich ihn als Bond mag und eben auch sowohl Casino Royale sowie Skyfall gut finde. Aber jetzt wiederhole ich mich :)
Meine Lieblingsbonds waren immer Roger Moore und Pierce Brosnan was wohl erklären dürfte wieso ich Nonsens in Bondfilmen so positiv gegenüber stehe :)
Leider hatte Casino Royale eine ernstere, "realistischere", moderne Version von Bond eingeleitet - die Mendes hier komplett eintütet. Danke für Nichts.
Zitat von ronnymiller im Beitrag #629Leider hatte Casino Royale eine ernstere, "realistischere", moderne Version von Bond eingeleitet - die Mendes hier komplett eintütet. Danke für Nichts.
Das ständige Hin und Her zwischen Realismus und "Over the Top"-Bombast hat doch bei Bond schon lange Tradition. Das ist nun wirklich nichts neues.