"Goldeneye" war immerhin ein konsequent durchgezogener Versuch, einen neuen Bond-Klang zu finden. So wenig ich das mag, verdient es doch eine Anerkennung.
Gleichzeitig demonstriert es aber auch die Unsicherheit der Bond-Produzenten, was sie mit James machen sollen. Musikalisch warf man mit "Goldeneye" alles über den Haufen, im Film brachte man viel zu viel Feminismus unter und trotzdem klaute man aus allen alten Bond-Filmen fast unverschämt etwas zusammen. "Goldeneye" ist für mich als Film insgesamt schwer verdaulich.
Aber man besann sich ja eines besseren, zumindest musikalisch.
Ich glaube, es ist nicht unbedingt notwendig, John Barrys Stil zu kopieren, um einen guten Bond-Score zu kreieren. Da gibt es viele Wege, aber ein paar Grundregeln sollte man beachten und die über Bord zu werfen, ist fatal. Dazu zählt eine bestimmte Leitmotivtechnik und auch, das die Melodie des Titelsongs oder Phrasen daraus, unbedingt Bestandteil des Scores sind.
In einem hast du mich aber, glaube ich, falsch verstanden. Thomas Newmans Musik empfinde ich als keine Bereicherung für Bond. Es ist für mich konventionelle Standardfilmmusik ohne Ecken und Kanten, keinesfalls das Gegenteil.
Es stimmt, der "Skyfall"-Score hatte einen etwas bondigeren Klang zwischendrin. Aber das alleine macht noch keinen guten Score. Das hört sich in den betreffenden Passagen eher so an wie die Versuche diverser Komponisten der 60er-Jahre, in Bond-Ablegern der Musik ganz vorsichtig einen Touch 007 zu geben. Thomas Newman müsste eigentlich nicht vorsichtig sein, aber das ist sicher nicht seine alleinige Schuld.
Filmmusik muss nicht kommerziell verwertbar sein und für jedermann anhörbar, auch wenn häufig daraufhin gearbeitet wird. Aber man kann sich die Soundtrackalben zu den Bond-Filmen immer wieder anhören, sie funktionieren ganz ohne Bilder. Zumindest viele - leider sind die Scores der letzten Filme, auch "Skyfall", auf CD nicht wirklich hörenswert. Da fehlt eine Persönlichkeit, Originalität und mehr.
Kurz zu den Vorspännen, die bei Bond ja Kult sind und ich es durchaus schön finde, dass man dies nicht abgeändert hat (mir fehlt der klassische, schöne und in sich abgeschlossene Vorspann als Visitenkarte eines Filmes im modernen Kino sehr). Da hat sich eine positive Entwicklung gezeigt, die aber eigentlich auch wieder ein Widerspruch sind. Anfangs, bei den Brosnan-Filmen, übertrieb man es maßlos mit den digitalen Vorspännen und musste richtig protzen, was man an dem Narrenkastl alles animieren kann. Mittlerweile sind sie wieder klassischer und dezenter geworden, aufregender. Aber im Widerspruch zum Film stehend, was das alles wieder eigenartig verzerrt.
Ehrlicherweise muss ich am Ende gestehen, dass ich Thomas Newmans Musik zu "Skyfall" zusammen mit den Bildern nicht ganz erleben konnte. Ich hatte schon Mühe, nach der hochgradig lächerlichen Vortitelsequenz dran zu bleiben, die mehr Action und Thriller bot, als ihr gut tat und geradezu beängstigend humorlos war. Ich habe den Film nur bis knapp über die Hälfte gesehen, ich fand den unerträglich und seelenlos. Schlimmer als die zwei Vorgänger. Immerhin fiel der Film durch seine Leichenstarre nicht in Peinlichkeiten ab wie "Stirb an einem anderen Tag".
Zitat von fortinbras im Beitrag #46"Goldeneye" war immerhin ein konsequent durchgezogener Versuch, einen neuen Bond-Klang zu finden. So wenig ich das mag, verdient es doch eine Anerkennung.
Das stimmt vielleicht. Ich habe auch eher aus meiner Erinnerung heraus argumentiert und da ist es halt schon zwiegespalten ausgefallen. Es hat aber schon etwas gefehlt, weswegen ich mich nicht so richtig festlegen will, was den Soundtrack angeht. Zudem klingt der Soundtrack doch irgendwie auch nach den 90ern.
Zitat von fortinbras im Beitrag #46Ich glaube, es ist nicht unbedingt notwendig, John Barrys Stil zu kopieren, um einen guten Bond-Score zu kreieren. Da gibt es viele Wege, aber ein paar Grundregeln sollte man beachten und die über Bord zu werfen, ist fatal.
Er hat aber durchaus einen hohen Wiedererkennungswert, weswegen man durchaus sowas ähnliches komponieren kann, was dem Zuschauer gefällt. Ob es notwendig ist, oder nicht, steht auf einem anderen Blatt. Den Zuschauer würde es aber bestimmt freuen, sowas in beispielsweise modernisierter Form zu hören.
Zitat von fortinbras im Beitrag #46Dazu zählt eine bestimmte Leitmotivtechnik und auch, das die Melodie des Titelsongs oder Phrasen daraus, unbedingt Bestandteil des Scores sind.
Stimmt, und soweit ich das sehe, wird sowas heute auch allgemein seltener angewandt, woran man sehen kann, dass sich das Kompositionsprinzip im Allgemeinen doch geändert hat. Bei James Bond und bei anderen modernen Blockbustern (die mir auf die Schnelle jetzt nicht einfallen) wird sowas aber noch gemacht.
Zitat von fortinbras im Beitrag #46In einem hast du mich aber, glaube ich, falsch verstanden. Thomas Newmans Musik empfinde ich als keine Bereicherung für Bond. Es ist für mich konventionelle Standardfilmmusik ohne Ecken und Kanten, keinesfalls das Gegenteil.
So habe ich das auch nicht gemeint. Ich wollte damit lediglich ausdrücken, dass mir der Soundtrack gefallen hat, weil er so einen James-Bond-Wiedererkennungswert hat, gleichzeitig aber auch neue Elemente mit einbringt. Es gab schon schlechtere Soundtracks in James-Bond-Filmen, insofern geht es mit Thomas Newman meiner Meinung nach doch wieder ein bißchen aufwärts.
Zitat von fortinbras im Beitrag #46Ich habe den Film nur bis knapp über die Hälfte gesehen, ich fand den unerträglich und seelenlos. Schlimmer als die zwei Vorgänger. Immerhin fiel der Film durch seine Leichenstarre nicht in Peinlichkeiten ab wie "Stirb an einem anderen Tag".
Echt ? Ich war, zumal ich schon länger keinen aktuellen James-Bond-Film mehr gesehen hatte, weil die Bonds mit Pierce Brosnan immer schlechter zu werden schienen, positiv überrascht. Ich habe ihn mit dem Sohn meines Nachbarn geguckt, bin ohne Erwartungen an die Sache rangegangen und der Film hat mich überzeugt. Außerdem fand ich Javier Bardem als Gegenspieler Silva echt klasse. Klar, die Vortitelsequenz bot eine Menge Action, aber das ist doch auch James Bond. Peinlich fand ich das gar nicht.
Natürlich entwickelt sich alles, auch die Filmmusik - mal vorwärts, mal rückwärts. Es gibt relativ wenige Bereiche, in denen noch eine eher traditionelle, stark leitmotivische Kompositionstechnik gefragt ist. Dazu zählen die "Star Wars" und "Indiana Jones"-Filme, auch "Star Trek" gehörte in diesen Bereich, auch wenn die grauenvollen Neuauflagen musikalisch auch eher in Blockbusteractionlärm übergehen und Hans Zimmer-Klang imitieren. Bond gehörte auch lange dazu, mittlerweile aber nicht mehr wirklich. Einige Filme, aber nicht alle, der Spielberg-Factory gehören auch dazu, wenn John Williams das macht. Der hat noch ein paar Sonderrechte. Mit der Filmmusik ging es eigentlich in den 80ern schon stark bergab, als übermäßiger Synthesizerklang und Popsongs bedeutsamer wurden, als künstlerisch wertvolle Scores. Es gab aber hier noch etwas mehr Parallelexistenzen wie heute. Einige aktuelle Filmkomponisten halten ja nicht mit Kritik hinter der Hand, dass fast jeder Produzent einen kommerziell verwertbaren Soundtrack will, der niemandem weh tut und den man bequem als "Bügelmusik" benutzen kann. Aber das ist auch ein großes, breites Thema, das ich jetzt nicht länger auswalzen will. Und zur Musik von "Goldeneye" werde ich im betreffenden Beitrag einiges schreiben.
Die Brosnan-Bonds sind extrem uneinheitlich, der erste ist verkrampft und nur dort gut, wo er aus großen Vorbildern klaut. Der zweite ist wie ein übriggebliebener Moore-Bond, der nicht ernstzunehmen ist, sich aber erschreckend ernst nimmt. Der dritte hatte wiederum einige Härten und eine gute Grundgeschichte, aber litt auch unter viel zu komplizierten Nebenhandlungen und einem fehlenden roten Faden. Der vierte indes ist der vielleicht peinlichste Bond überhaupt, das war geradezu grotesk, so als wollte man Bond zertrümmern und abschießen. Persönlich war für mich auch Brosnan schrecklich, da wären mir viele bessere Schauspieler eingefallen - auch wenn ich ihn so ganz sympathisch finde.
Klar, Sction gehört zu einer Vortitelsequenz bei Bond. Ich fand nur, dass bei "Skyfall" das vollkommen übertrieben wurde, das endete ja überhaupt nicht mehr und vor allem wurde das todernst präsentiert ohne auch nur ein Fünkchen Humor. Was Bond da durchmacht, zuletzt im Wasserfall, das ist schlichtweg Marke Superheld a la Spiderman, das ist nicht James Bond. Dass Ähnliches früher funktionierte, lag am Humor und der Ironie, die einem signalisierte: Bloß nicht ernst nehmen! Aber dieser Ernst und die Leichenstarre der Hauptfigur machen für mich die neuen Bonds nicht interessant. Entweder sollte so eone Sequenz damit enden, dass man Bond mit blutig geschlagenem Schädel am Flussufer findet, wenn schon Realismus oder aber er macht es so, dass sich das Sakko zu einer Schwimmweste aufbläst und raucht dann gemütlich eine Zigarre. Aber das dreht sich jetzt alles im Kreis, also konzentriere ich mich jetzt wieder auf die Musik.
Nachdem "Diamonds are Forever" angekündigt wurde, ging das Unvorstellbare weiter: Sean Connery würde nicht mehr James Bond sein. George Lazenby hatte sich geweigert, den Vertrag für weitere Bonds zu unterschreiben, also suchte man einen neuen Darsteller. Unter den vielen Schauspielern, die vorsprachen, war übrigens auch...George Lazenby! Dieser hatte entgegen seiner Vorstellungen keine große Karriere gemacht, aber Eon lehnte ihn kategorisch ab. Der neue James Bond hieß John Gavin. Relativ kurzfristig wurde für eine damals unerhörte Gage von einer Million Dollar steuerfrei plus einer Gewinnbeteiligung und der Garantie für Filmprojekte seiner Wahl Sean Connery wieder an Land gezogen. Gavin kassierte seine Gage dennoch und hatte auch eine kleine Gewinnbeteiligung ausgehandelt, mit der er heute noch eine nicht unbeträchtliche Summe verdient (die karitativen Zwecken zukommt).
Während der Phase mit John Gavin wurde auch überlegt, einen neuen Komponisten an Bord zu holen. Bevorzugt werden sollte in Hinblick auf den Hauptdarsteller ein amerikanischer Komponist. Jahre später brachte man Jerry Goldsmith und John Williams ins Gespräch als Auswahl, die aber beide dementierten. Gerüchten zufolge soll Lalo Schifrin ein Kandidat gewesen sein, der jedoch ablehnte. Viele Jahre später, als man fälschlicherweise in Umlauf brachte, Michael J. Lewis hätte einen abgelehnten Score zu "Goldeneye" komponiert, erwähnte er, dass er einmal in Zusammenhang mit Bond seinen Namen gelesen hätte, eben zu "Diamonds", aber gefragt habe man ihn nie und er selbst habe sich an späteren Filmen nie in die Auswahl gebracht. Ein amerikanisches Filmmusikmagazin berichtete vor langen Jahren, dass offenbar Jerry Fielding zu einem Gespräch nach London fliegen sollte. Fielding wäre eine interessante Wahl gewesen.
Aber alles kam anders. Sean Connery kam zurück und man entschloss sich, den Vorgängerfilm zu ignorieren. Auch wenn immer wieder zu lesen ist, dass Bond zu Beginn des Filmes Blofeld sucht, um sich zu rächen, so trifft das nicht zu - "Diamantenfieber" war die Fortsetzung zu "Man lebt nur zweimal". Guy Hamilton sollte alles im "Goldfinger"-Stil inszenieren. Das ist insgesamt unverkennbar, auch wenn der Film letztendlich nicht an das Vorbild herankam. Nun führte kein Weg vorbei an John Barry. Den wollte Hamilton, den wollte Connery.
John Barry is back in action again. Zuerst entwickelte er natürlich einen Titelsong, entsprechend dem Filmtitel. Don Black schrieb den Text, der nicht unbedingt sehr effektiv war, aber seinen Zweck erfüllte. Später wurde oft gesagt, dass Paul McCartney es ablehnte, den Titelsong zu singen, da er zeitlich verhindert wäre. Einerseits hätte McCartney alles liegen und stehen lassen, um einen Bondtitel zu singen. Andererseits ließ Barry nie Zweifel daran, dass der Song von Vornherein für eine Frauenstimme konzipiert war, denn das Lied sollte etwas lasziv und dekadent klingen und bei einem Mann wäre vor allem das Laszive kaum akzeptiert worden. Möglich ist aber, dass man bei Eon einmal daran dachte, McCartney an Bord zu holen, als der Film noch im Planungsstadium war.
Barry hatte von vornherein Shirley Bassey im Ohr als Interpretin des Songs. Sie hatte in der Zwischenzeit einige Erfolge gefeiert, aber war gerade in einer kleinen Flaute, weswegen Barry sich darauf einstellte, um sie kämpfen zu müssen. Da man aber auf die sichere "Goldfinger"-Nummer gehen wollte, nahm man seinen Vorschlag ohne zu zögern sofort an.
"Diamonds are forever", wie ich im Erstbeitrag schon schrieb, mein ganz persönlicher Faorit unter allen Bond-Songs, sollte ein kleiner Klassiker werden. Er brachte akzeptable, aber nicht überragende Chartplatzierungen, wurde aber insgesamt sehr beliebt und überdurchschnittlich oft im Radio gespielt. Zahlreiche Orchester coverten es bereits kurz nach der Entstehung und heute ist es öfters im Radio zu hören, als manch anderer Song der Reihe, der in den Charts erfolgreicher war. "Diamonds are forever" ist eine fantastische Komposition von viel Eleganz, unüberhörbarer Dekadenz, ist geheimnisvoll und aufregend, dabei aber erstaunlich ruhig, als würde er es geradezu zelebrieren. Mit Xylophonen und Vibraphon sollte das Glitzern der Edelsteine musikalisch umgesetzt werden, was hervorragend gelang und zu einem Markenzeichen des Songs wurde. Für sämtliche Veröffentlichungen wurde übrigens immer nur die Singleversion benutzt. Die ungekürzte Filmfassung erschien erstmals 2003 auf der CD mit dem vollständigen Score. Hier beginnt der song mit einem kleinen Tusch und die Intro ist länger. Ansonsten unterscheidet sich der Song nur ganz minimal von der Singleversion. Bei den ersten Worten, die Shirley Bassey singt, ist zweimal ein kleiner Klarinetteneinschub zu hören - auf der Singleversion fehlt das. Ansonsten sind die Fassungen ident. Die geheimnisvolle Grundmelodie wird abgelöst durch einen etwas leidenschaftlicheren Refrain. Für die Übergänge benutzte Barry elegante, aber etwas lautere Bläsereinsätze, die einiges an dekadenten Lifestyle signalisieren. Gegen Ende wird das Lied dann heftiger, wenn die Bassey in die Schlusspassage kommt. Innerhalb des songs änderte sich sonst nur einmal die Grundorchestration - wenn Shirley Bassey die dritte Strophe singt (Wobei gesagt werden muss, dass die erste ohne Refrain in die zweite übergeht), dann ist der gesamte Rythmusbereich etwas dynamischer. Barry platzierte den Song auch von Vornherein für den Abspann. In Italien war das Lied in der ursprünglichen Kinofassung nicht Englisch zu hören, sondern in der Landessprache - gesungen von Shirley Bassey. Die sprach nicht Italienisch, hatte aber sehr viel Gespür für diese Sprache und phonetisch bereits andere Aufnahmen gemacht. Das Resultat kann sich hören lassen, wurde aber auch nur in der Singlefassung veröffentlicht: https://www.youtube.com/watch?v=6eTtTSpn9ao
Harry Saltzman fand das Lied ordinär und nicht geeignet für einen Film, der auch Kinder und Jugendliche unterhalten sollte. Er versuchte, das Lied loszuwerden, aber es half nichts - er wurde überstimmt und zudem hatte Barry diesmal Sonderrechte. Aber auch später, nachdem er aus der Reihe ausstieg, betonte er noch häufig, wie grauenvoll er diesen unanständigen Song gefunden habe. Barry meinte dazu nur einmal etwas ironisch, dass es weit verbreitet sei, Wasser zu predigen und Wein zu trinken.
Für sein "Shaken And Stirred"-Projekt coverte David Arnold den Song und modernisierte ihn sehr geschickt, ohne ihm seine Elegenaz zu nehmen. David McAlmont hört sich aber trotz kräftiger Stimme eher wie jemand an, der in einer Travestieshow auftritt und mal ganz politisch unkorrekt ausgedrückt, mir persönlich ist diese Fassung etwas zu klischeehaft schwul.
John Barry hatte hier von Vornherein die Zusage, den Musikschnitt überwachen zu dürfen und das letzte Wort dazu zu haben. Ausnahme wäre gewesen, hätten der Score oder der Song keinen Gefallen gefunden. Erstmals wurde hier absolut nichts von fremder Seite eingeschnitten, hinzugefügt oder entfernt.
John Barrys Score hüpft hier wie bei keinem anderen von einer Musikart zur anderen, wie es sonst nirgendwo der Fall war. Auf dem Soundtrackalbum ist das zwischendurch gewöhnungsbedürftig, allerdings ist ein erheblicher Teil davon im Film als Sourcemusik zu hören und nicht Teil der eigentlichen Filmmusik. Vereinzelt erfüllen die Titel durchaus beide Funktionen, die Homogenität zerfällt aber auf CD ein klein wenig. Es wäre hier beispielsweise sinnvoller gewesen, zunächst den richtigen Score chronologisch auf Tonträger zu bringen und im Anschluss daran die Source-Titel, die trotz vieler Unterschiede in sich wiederum aber deutlich geschlossener sind. Als Sourcemusik schrieb Barry gleich zwei leicht unterschiedliche Versionen seines Titelsongs, allerdings sind die so raffiniert im Film eingesetzt, dass sie zeitgleich filmmusikalische Dramaturgie haben. Insofern passen diese durchaus in den eigentlichen Score. Weiters gehören zu diesen Titeln alle Musikstücke, die in Las Vegas zu hören sind, also die popigen Big Band-Nummern rund um die Shows, zu dem auch "Q's Trick" gehört oder die sehr schöne Nummer "Circus, Circus", die beim Anmhören sofort romantische Assoziationen erweckt. Für die Trauermusik im Krematorium schrieb Barry ein großartig scheinheilig und heuchelnd klingendes Stück, das auf Knopfdruck ertönt und perfekt zu Mr. Slumbers Gesicht und Gebaren passt. Wie genau es Barry mit der Qualität seiner Sourcemusik nahm, hört man auch an dem Stück, das man während der kurzen Szene am Flughafen hört, wo Bond auf Felix Leiter trifft. Das soll so etwas wie ein Stück aus dem Radio sein. Auch wenn es im Film nur auszugsweise zu hören ist, hat Barry es voll durchkomponiert und wie fast alle Source-Themen wäre es stark genug, als Hauptmelodie einen eigenen Film zu tragen. Barrys Vielseitigkeit ist in keinem Bond-Film dermaßen spürbar wie in diesem, auch wenn einem das beim Ansehen des Filmes nicht bewusst wird, da die Sourcemusik dort ganz anders wirkt als auf dem Musikalbum.
"Diamonds are forever" ist natürlich als sogenanntes "Love Theme" unverzichtbar, allerdings klingt es eher lasziv und sexy, weniger romantisch. Zudem war es als leicht spöttischer Trauermarsch zu hören, wenn die Diamanten im toten Mr. Franks unterwegs sind. Gelegentlich arbeitete Barry die ersten Noten des songes in den Score ein, also die reine "Diamonds are forever"-Passage. Wichtiger als die eigentliche Melodie war jedoch die Hintergundstimme mit dem das Glitzern darstellendem Klimpern. Diese Notenfolge kam während das ganzen Scores immer wieder vor und war häufig in vollkommen anderer Orchestration zu hören. In "Bondsmells a rat" etwa wird es sehr bedrohlich und laut eingesetzt, ganz ohne "Glitzertouch", wenn Bond vor der Kanalreinigungsmaschine flüchtet.
Das originale James Bond-Theme, das ausser in "Goldfinger" in allen filmen zu hören gewesen war, kam nicht mehr in Verwendung. Für die Gunbarrel benutzte Barry wie üblich eine neue Orchestration. In der Vortitelsequenz ließ er das Bond-Theme in neuer Orchestration mit Vamp und Riff ganz klassisch spielen, wenn sich Bond in seiner typischen Art vorstellt. Später war das Stück noch zu hören, wenn Bond mit dem Hoovercraft nach Holland fährt. Hier ließ Barry langsam den Vamp aufbauen und spielte dann die Riffpassage ein, allerdings wieder in einer vollkommen neuen Orchestration. Die Riffpassage ließ er in ihren einzelteilen nicht mehr von einer ganzen Instrumentengruppe durchspielen. Das "Dangdangdang Dang" wurde von einer Instrumentengruppe begonnen und von einer anderen beendet, leicht überspitzt und zu einem tollen Effekt geführt. Wenn Bond in Whites Villa eindringt, wo er auf Klopfer und Bambi trifft, gibt es eines der interessantesten Musikstücke des Scores zu hören. Es wird "Diamonds" in einer sehr kantigen, spannungsfördernden und nicht eleganten, eher leicht rauhen Fassung gespielt und in das Stück hinein das James Bond-Thema gearbeitet. Der Riff wird von einer Gitarre gespielt, aber elektronisch etwas verzerrt und auf relativ hohem Ton. Ansonsten ist im Film nur sehr selten der Vamp zu hören, so etwa wenn Bond auf Blofelds Bohrinsel eintrifft. Der Score ist insgesamt stark und "bondig" genug, um ohne das Thema auszukommen.
Wiederkehrende Themen sind die "verwandten" Stücke, die für Handgreiflichkeiten und motorisierte Action stehen. In der genial durchkomponierten Vortitelsequenz, die trotz comichaftem Mickeymousing vollkommen in sich geschlossen ist, hört man am Ende, wenn Bond mit dem vermeintlichen Blofeld kämpft, ein zackiges, hartes Musikstück, das Handgreiflichkeiten und Schmerz ausdrückt. Es ist später auch zu hören, wenn Bond im Aufzug mit Franks kämpft, während der Auseinandersetzung mit Bambi und Klopfer und zuletzt ist eine leicht abgeänderte Version im Finale, als er den beiden Killern den Garaus macht. Die Orchestration ist dabei stets ident, das Stück jedoch jeweils in einen vollkommen anderen Rahmen eingewoben. Von der Orchestration her gleich und aus Passagen des "Prügel"-Themas weiterentwickelt ist ein Actionthema, das zu hören ist, wenn Bond aus dem Forschungszentrum mit dem Moonbuggy ausbricht und es ist erneut zu hören bei der Verfolgungsjagd in Las Vegas.
Ein zentzrales musikalisches Motiv ist das Thema für "Mr. Wint und Mr. Kidd", das den ganzen Film über zu hören ist. Es klingt schlangenhaft, gefährlich, aber auch ziemlich schwul. Die Musik wurde in jüngerer Zeit durchaus kritisch hinterfragt und man warf nicht nur dem Film Schwulenfeindlichkeit vor, sondern auch Barry. Aber das ist alles nichts weiter als Beschäftigungstherapie für ein gewisses Klientel - in Barrys Score wirkt das einfach fabelhaft. Das Thema wird nicht nur gespielt, wenn man das schwule Killerduo sieht, Barry lässt es auch immer anklingen, wenn eines der Opfer gefunden wird oder als sich etwa Bond durch ihr Zutun in einem Kanalrohr findet. Im Finale benutzt Barry sein Prügel-Thema, bereichert es aber um das Killer-Thema und lässt dies in kurzen, hohen Tönen einspielen, was die Sache sehr wirkungsvoll untermalt.
Weitere Höhepunkte im Score, der von vielen kurzen oder längeren Spannungsthemen durchzogen ist, die mal ernst, mal ironisch sind, sind durchaus noch zu finden. Hierzu zählt ein neues Weltraum-Thema, das in Grundzügen dem "Capsule in Space"-Thema aus "Man lebt nur zweimal" entspricht. Dezente, dumpfe Percussion, geheimnisvolle Streicher, ein bläserdominiertes Hauptmotiv darüber und statt der Harfen ist das "Diamantenglitzern" zu hören. Das Stück ist aber anders strukturiert als das ältere Thema und besitzt eine andere dramaturgische Funktion. Und dann ist die herrliche Szene, in der Bond in einen Sarg gesteckt und in den Ofen des Krematoriums geschoben wird. Aus dem eigentlich als Sourcemusik beginnenden Trauermarsch aus der Retorte wird dann eine spannungsgeladene Requiemparodie mit Chor, das jüngste Gericht ankündigenden Streichern und sonoren Bläsern.
Für das etwas lahm geratene Finale verwendete John Barry zum vierten Mal in einem Bond-Film sein "007"-Thema. Im Finalkampf mit Blofeld war es in einer angenehm leichten und ironischen Form zu hören. Die Grundstruktur übernahm Barry allerdings von der Albumversion aus "Thunderball".
"Diamonds are forever" hat einen grandiosen, perfekten Song und einen vielseitigen Score, der voller Überraschungen und Spielereien steckt, die man erst nach und nach entdeckt. John Barrys Stil sollte sich während der 70er-Jahre verändern, worüber ich noch detaillierter schreiben werde. Seine Scores für die Moore-Bonds waren vom Grundton her etwas ganz anderes und deutlich angepasster an den Mainstream auf den ersten Blick. Es sollte erst 1987 bei "Der Hauch des Todes" wieder so sein, dass ein innovativer Klang gefragt war und diesen bot er auch. Aber das ist eine andere Geschichte und soll heute nicht erzählt werden.
Zitat von fortinbras im Beitrag #1Das "James Bond-Theme" dürfte wohl die berühmteste Filmmusik weltweit sein, die auch ganz konkret mit einer Figur oder Filmreihe in Verbindung beracht wird. Mögen Melodien wie "Moon River", "Love Story" oder "Laras Theme" aus "Dr. Schiwago" für sich genommen noch so bekannt sein, die Verbindung zu einem Film oder einer Figur ist bei weitem nicht so stark gegeben.
„Lara’s Theme“ war zumindest bei mir die erste Filmmelodie, die ich kennenlernte, lange bevor ich den Film sah: die Miniatur-Gondel meiner Oma spielte diese Melodie, wenn man sie aufzog – ich mochte sie aber damals schon nicht. „As Time Goes By“ gehörte wohl auch in diese Reihe - Eastwood in IN THE LINE OF FIRE brauchte ja nur die ersten Takte zu klimpern, um Renee Russo seine romantischen Absichten ironisch zu subkommunizieren.
Zitat von fortinbras im Beitrag #1Müsste ich einen Bond-Titelsong auswählen, den ich auf die berühmte Insel mitnehmen dürfte, so wäre dies "Diamonds are forever". Hervorragende Struktur, exzellente Orchestration, schöne Melodie, sehr elegant, dabei durchaus lasziv, richtig sexy und 100% Bond!
Eine Entscheidung zu treffen zwischen YOU ONLY LIVE TWICE und DIAMONDS ARE FOREVER fiele mir sehr schwer – letzteren ziehe ich GOLDFINGER aber doch vor.
Zitat von Lammers im Beitrag #2Von diesem Song gibt es übrigens einen tollen Remix, den ich bei dieser Gelegenheit nicht vorenthalten wollte.
Ich muss mich Stefan anschließen, ich finde diese Version grässlich!
Zitat von fortinbras im Beitrag #3Die erste LP, die ich mir in meinem Leben kaufte, war der Soundtrack zu "The Living Daylights". Ich bekam damals 200 Schilling Taschengeld. Bei Libro gab's die LPs günstiger. Eigentlich wollte ich "Goldfinger", aber die kostete 199 und ich wollte ja was anderes auch noch. Aber die 149 für "The Living Daylights" waren drin, auch wenn es sehr viel war in der Relation. Da wurde ich dann richtiger John Barry-Fan, über diesen entwickelte ich dann eine Leidenschaft für Filmsoundtracks. Natürlich hatte ich vorher schon immer gerne auf Film- und Fernsehmelodien geachtet, aber das dann war der Startschuss.
Als Sprössling eines Western-Narrs war der Startschuss bei mir THE MAGNIFICENT SEVEN von Elmer Bernstein – der war auch der erste Filmkomponist, den ich mir auch namentlich merkte. Mein Vater schenkte mir auch eine Tonbandkassette mit berühmten Westernmelodien – da wurde mir dann erstmals bewusst, dass neueingespielte Versionen so ganz anders klangen als die OST- bzw. Source-Versionen, richtig schlimm nämlich. So bin ich dazu übergegangen, die Melodien mit dem Mikrophon direkt vom Fernseher aufzunehmen (und später von den Videokassetten). Einer der ersten Filmsongs, die ich auf diese Weise aufnahm, war GOLDFINGER – aber nicht in der von Bassey performten Fassung, sondern in einer von einem Travestiekünstler dargebotenen (Lockwood?), weil ich zuvor in der TV-Zeitung gelesen hatte, dass dieser Song in der Sendung vorkommen würde (wie ich später feststellte, war es doch die ‚Bassey-Fassung‘, es war nämlich Playback). An die beiden weiteren Stücke auf der Kassette erinnere ich mich noch, es waren: „Into Miami“ aus GOLDFINGER und „Switching the Body“ aus THUNDERBALL (letztere Melodie sorgt noch heute bei meiner Schwester für wohlige Schauer, weil ich dazu auf ihren Beinen immer Krabbelbewegungen einer Tarantel simuliert habe; ich muss das damals wohl mit der Szene aus DOKTOR NO vermengt haben). Später dann, als ich mir die LPs leisten konnte, stand ich vor einem Dilemma: am besten gefiel mir das back front-Covermotiv von DR NO – aber nachdem ich alle Alben im WOM angehört hatte, entschied ich mich für GOLDFINGER, weil es der erste Bond-Film, den ich gesehen hatte. Danach sah ich MAN LEBT NUR ZWEIMAL und holte mir dann den dazugehörigen Soundtrack (der noch heute mein Lieblings-Bondsoundtrack ist).
Zitat von fortinbras im Beitrag #3Auweiah, ich schreibe dem armen Forum ja ein weiteres Kapitel meiner Memoiren...
Jaaa, du solltest dich was schämen!
Zitat von fortinbras im Beitrag #11Im Laufe der Jahre sollte es gelegentliche Querelen geben, wer denn nun der eigentliche Urheber des James Bond-Theme sei.
Zitat von fortinbras im Beitrag #13Im Laufe der Jahre wurde immer wieder diskutiert, wer nun den Löwenanteil der Komposition des Themas eingebracht hätte.
Zitat von fortinbras im Beitrag #13In Fachkreisen gilt John Barry als Urheber des Themas, auch wenn man es offiziell immer Monty Norman zuschreiben wird.
In der Anfangsphase von WER WIRD MILLIONÄR, als die Show noch richtig populär war, dachte ich mir immer: wenn es eine Quizfrage gibt, die zu stellen sich die Leute niemals trauen würden, dann ist es die nach dem Urheber des Bond-Themes! Ich weiß nicht, ob diese mittlerweile doch noch gestellt wurde, aber auf dieses riskante Spiel würde sich keine vernünftige Redaktion einlassen.
Zitat von fortinbras im Beitrag #14Liebesgrüsse aus Moskau
Verglichen mit den nachfolgenden Barry-Soundtracks kein sehr großer Wurf, aber das Titellied ist sehr schön, die Musik zu den Opening Titles ist großartig, „Girl Trouble“ und „007“ ebenso. Dass der Film selbst aber von Barrys musikalischer Untermalung enorm profitiert, steht natürlich außer Frage.
Ich möchte den Score zu "Liebesgrüße aus Moskau" nicht missen, es wäre auch nicht fair, ihn mit Barrys späteren Bond-Werken zu vergleichen. Immerhin befand sich der gute 007 cineastisch hier ja auch noch in einem Entwicklungsprozess. Jedenfalls zeigte Barry, das so ein Film eine richtige und dramaturgisch gut konzipierte Musik brauchte. Obwohl Barry nach Istanbul miteingeladen wurde, um ähnlich wie Monty Norman in Jamaika Lokalkolorit einzufangen, hätten seine orientalischen Einschübe in der Musik auch aus einem simplen Lehrbuch stammen können oder aus Anhören bestehender Aufnahmen. Den Aufwand hätte es nicht gebraucht - und Barry nutzte ihn ja auch mit einigen Produktionsmitgliedern für ausschweifende Besuche in Bars, Museen und horizontal orientierten Etablissements.
Lokalkolorit musikalisch in Scores einzuarbeiten, gab es immer - aber das war auch ein gefährliches Unterfangen, das mitunter in die Hosen gehen konnte. Zuviel davon wirkte schnell klischeehaft, auch nahm es der Musik mitunter ihre dramatischen Möglichkeiten. Vor allem in Hollywood wurde das ja bis zum Exzess durchgezogen.
Barry spielte gerne mit musikalischem Lokalkolorit, das durchzieht viele seiner Filmmusiken, auch ausserhalb von Bond. Aber bereits bei "Liebesgrüße" hat er sehr genau gewusst, wo die Grenze liegt und wann aus musikalischen Anleihen Kitsch und Klischee wird. Generell benutzte er so gefärbte Musik immer nur dann, wenn sie nahezu 100% zum Hintergrund passte oder eben er flocht entsprechende Instrumente in seinen Gesamtscore ein.
Es ist ja schon in den 70ern nach und nach ein Tabu geworden, musikalisch Lokalkolorit einzuarbeiten und wenn, durfte es meist nur 100% echte Folklore sein. Das reduzierte natürlich auch die Romantik, die dem Eskapismus anhaftet. David Arnold hat in "Die Welt ist nicht genug" mit orientalischen Klängen den Score etwas bereichert und das funktionierte auch sehr gut.
Warum solche musikalischen Einschübe auch diskriminierend sein sollten und Vorurteile schüren würden, habe ich nie verstanden - aber das ist einer der Hauptgründe, warum man von diesen Musikpraktiken abkam. Vermutlich wurde durch das gehäufte Weglassen solcher Elemente kein einziger Mensch von Vorurteilen, Klischeegedanken oder Rassismus geheilt.
Das Vermischen von Lokalkolorit mit dem Bond Thema ist auch immer wieder ein schöner Zug - den man Thomas Newman vielleicht mal erklären sollte. Ob russisch angehaucht, ob japanisch oder, wie Arnold es in DAD gemacht hat, kubanisch - funktioniert eigentlich immer. Und ist eigentlich der eleganteste Weg, zwei Dinge unter einen Hut zu bringen (den Bond früher immer geworfen hat): Zu zeigen wo man ist und um wen es geht. EINFACHER gehts einfach nicht... aber da Eleganz seit Craig ja auch nicht mehr zu Bond gehört, müssen wir für sowas wohl auf den nächsten Bond-Darsteller hoffen.
Ich mag das in Filmmusiken generell sehr gerne, wenn man Musik einwebt, die etwas mit der Gegend zu tun hat, in der der Film spielt. Immer geht es nicht, schweizerische Volksmusik in den Score zu "OHMSS" einzubauen, das wäre schrecklich gewesen. Aber auch dort, wenn man mit Bond auf den Piz Gloria reist, gibt es eine Form von Lokalkolorit. Die Musik dazu hört sich an wie aus einem Reisefilm oder einer Dokumentation und ist stark bläserlastig, wie eben die Folklore in der dortigen Gegend. Musik zu Bergen wurde immer in einer gewissen Art präsentiert, die auch eine Art Ersatz-Folklore darstellt. Das war auch eine gute Idee von John Barry, das einzuarbeiten.
Man muss ja nicht so übertreiben, wie es beim "Traumschiff" der Fall ist. Aber es ist schön, wenn Musik, die man mit einer gewissen Gegend verbindet, auch in einen Filmscore Eingang verbindet. Gelegentlich kommt das heute schon noch vor, so ist das nicht. Aber in der Mainstream-Filmmusik wird es meist als veraltet betrachtet und im Arthaus-Film ist es beinahe tabu, da muss ein "Native-Composer" her und die Figuren aus der Gegend kommen, die Handlungsorte alleine rechtfertigen die Musikfärbung nicht.
Bill Conti hat griechische Musikzitate auch sehr schön in seinen Score eingebaut. Wenn man Melinas düsteres Gesicht sieht und griechische Klänge dazu, hat das einen Symbolcharakter - es wirkt fatalistisch im Sinne einer klassischen griechischen Sage. Es ist eine Hommage an Griechenland, keine musikalische Verarschung. Contis Musik ist ein Kapitel für sich, aber die griechischen Einschübe waren auch wirkungsvoll.
Bei Michael Kamen in "Lizenz zum Töten" passten die lateinamerikanischen Klänge grundsätzlich auch gut, nur wurden sie irgendwann etwas exaltiert und so dominant, dass sie von Bondmusik ablenkten (auch wenn das Bond-Theme sehr präsent war). Kamens Liebe zu lateinamerikanischer/spanischer Musik war vielleicht etwas zu ausgeprägt, da ging es mit ihm durch.
Fällt mir gerade ein, vor drei Jahren war ich mal im Schönbornpark bei einer Musikveranstaltung und da spielte eine Zigeunerkapelle vier Bond-Titel exakt in ihrem ungarischen Folklorestil. Das war ausgesprochen witzig und originell. "Goldfinger", "You only live twice", "All Time High" und "Goldeneye" waren so zu hören. Eingerahmt wurde es von einigen Takten des James Bond-Themes. Also viel Gefidel und das Dangdangdang-Dang kam vom Hackbrett. Irrer Klang!
Zitat von fortinbras im Beitrag #53Fällt mir gerade ein, vor drei Jahren war ich mal im Schönbornpark bei einer Musikveranstaltung und da spielte eine Zigeunerkapelle vier Bond-Titel exakt in ihrem ungarischen Folklorestil. Das war ausgesprochen witzig und originell. "Goldfinger", "You only live twice", "All Time High" und "Goldeneye" waren so zu hören. Eingerahmt wurde es von einigen Takten des James Bond-Themes. Also viel Gefidel und das Dangdangdang-Dang kam vom Hackbrett. Irrer Klang!
Da fällt mir ein, dass wir in meinem letzten Laiensinfonieorchester, wo ich 12 Jahre mitgespielt habe, in dieser Zeit bei zwei von unseren Konzerten das James-Bond-Theme gespielt als Zugabe gespielt haben. In unserem Falle hatten wir auch keine E-Gitarre und das "Dangdangdang-Dang" (schöne Lautmalerei ) wurde von einigen Holzbläsern (Oboen und Klarinetten) übernommen. Spaß gemacht hat es in jedem Fall.
Warum ich diesem Song ein eigenes Kapitel widmen will, liegt an Harry Saltzman. "Live and let die" ist geradezu exemplarisch für sein Gebaren rund um Musik.
Der Wikipedia-Artikel zum Song beginnt damit, dass die Produzenten Broccoli und Saltzman Paul McCartney beauftragten, ihn zu schreiben. Aber selbst im Rahmen der beschönigten offiziellen Dokumentationen und Berichte wird gerne die Vorgeschichte erzählt. Und die ist etwas skurril.
Der neue Bond hieß Roger Moore, das war das eine Novum. Das andere war der unumstößliche Fakt, dass John Barry den Produzenten einen Korb gab. Er war zur Zeit, als man wegen einem Song anklopfte gerade bei der aufwendigen Arbeit zum Filmmusical "Alice im Wunderland". Im Anschluss daran hatte er das Musicalprojekt "Billy", das ab 1974 ein Riesenhit wurde und es gab den Film "A Dolls House". Barry konnte nicht, er wollte aber auch nicht - er war stinksauer auf Saltzman, der "Diamonds are forever" stark abgelehnt und häufig schlecht gemacht hatte. Es nützte nichts: John Barry und James Bond würden diesmal getrennte Wege gehen.
Wer sollte nun den Titelsong schreiben? Während einer Beratung kam der Vorschlag Paul McCartney. Das ließ Harry Saltzman aufhorchen und er teilte der erstaunten Runde mit, dass McCartney ihn kontaktiert hätte und anbot, für einen nominellen Betrag von 1 Pfund einen Bond-Song zu schreiben. Auf die Frage, warum er das nicht früher sagte, meinte Saltzman, er wisse nicht, ob McCartney geeignet sei, erfolgreich genug, um bestehen zu können und ob er auch etwas von der Arbeit für einen Film verstünde.
Zuerst herrschte Stille und als Saltzman meinte, er habe sich bei McCartney nicht gemeldet, da ja dauernd jemand wegen Songs anfrage, hämmerte sich jeder auf den Schädel. Broccoli meinte, dass es auf keinen Fall schlecht sein könne, was McCartney liefern würde und dieser wäre auch nach dem Ende der Beatles enorm erfolgreich und es wäre eine große Ehre, sein Angebot überhaupt bekommen zu haben.
Also kontaktierte man McCartney wieder und der nahm alles vollkommen gelassen. Er hat den Song scheinbar wirklich nur für die geforderte nominelle Gage gemacht, allerdings dürften die Tantiemen ihm in kurzer Zeit ein schönes Sümmchen eingebracht haben. Den Text schrieb er zusammen mit seiner Frau Linda.
McCartney brachte erstmals Rockelemente in einen Bond-Song und obwohl er Sänger war, wollte er unbedingt einen wiederkehrenden, dominierenden Instrumentalteil. Dies auch deshalb, weil er sehr begeistert war von der Titelmusik zu "OHMSS". McCartney hätte sehr gerne mit John Barry zusammengearbeitet, dieser Wunsch konnte aber nicht erfüllt werden.
McCartney war ein ausgezeichneter Songschreiber, aber kein rundum ausgebildeter Musiker und Arrangeur. Er bat George Martin um dessen Mitarbeit. Martin war Musikproduzent, Arrangeur und Dirigent mit fundierter Ausbildung und hatte an einem erheblichen Teil der Beatles-Alben mitgearbeitet und war auch bei deren Filmen dabei. John Lennon machte sich später einen Sport daraus, auf Martin herumzuhacken, während McCartney ihn sehr schätzte. Die Behauptung, dass Martin die Beatles erst gemacht habe und ohne ihn deren Songs kaum gewirkt hätten, ist sicher nicht wahr und wurde von Martin selbst auch nie behauptet. Neutral betrachtet muss aber gesagt werden, dass er nicht unerheblichen Einfluss hatte, dass er bei den Arrangements stark mithalf, einen individuellen Klang zu erzielen. Aber das ist ein umfangreiches Kapitel und gehört nicht zu James Bond.
George Martin produzierte den Song, arrangierte ihn für ein Orchester und brachte zahlreiche von McCartney gesummte oder gepfiffene Passagen in Form. Schließlich wurde der Song von Paul McCartney und den Wings aufgenommen.
Bei Eon wurde das Stück nun fix und fertig präsentiert, so wie man es heute kennt. Und das im Grunde kostenlos.
Harry Saltzman hörte es zuerst und stellte die Frage: "Wer soll das denn jetzt singen?" Saltzman beharrte auf einer Frau und Martin nahm eine Alternativversion mit der Soulsängerin B. J. Arnau auf. Deren Stimme ist während des Filmes zu hören, wo das Lied live gesungen wird.
Saltzman wurde überstimmt und das Lied blieb so, wie es geliefert wurde. Maurice Binder konzipierte und schnitt seinen großartigen Vorspann nach der Musik.
Das Lied wurde ein überragender Erfolg in jeder Hinsicht und ist bis heute der meistgecovertste Bond-Song überhaupt. Kaum eine Rockband kommt ohne ihn aus, "Guns'n'Roses" hatten sogar einen richtigen Erfolg damit. Für "Shaken and Stirred" coverte es David Arnold und ließ es von Chrissy Hinde singen.
Trotzdem gilt für viele "Live and let die" als Beginn der kommerzialisierten und rein poporientierten musikalischen Seite von James Bond, die ein Gesamtkonzept über Bord wirft. Das ist nur indirekt richtig, denn der Song wurde Teil des Scores und somit eine perfekte Einheit.
Erstmals in der Geschichte der James Bond-Filme wurde ein Titelsong für den Oscar nominiert. Ob es daran lag, dass Bond nunmehr auch für die merkwürdige Academy salonfähig war oder weil man mit Paul McCartney erstmals einen Komponisten und Interpreten hatte, der auf der ganzen Welt bekannt war und selbst ein Phänomen der Popkultur, lässt sich wohl schwer sagen.
Saltzman brüstete sich übrigens gerne damit, McCartney "geholt" zu haben. Den Song mochte er trotzdem nicht. Für ihn gab es immer nur das James Bond-Theme.
Zitat von fortinbras im Beitrag #17"Goldfinger" wurde in seiner Rohform die Basis für den Score und die Stimmung. Mit seiner größer werdenden Arbeit für ein üppigeres Orchester wurde auch der Song "größer". Markantere Basslinie und Perkussion, ausgeklügelte, aber beeindruckend unkomplizierte Gegenstimmen. Barry sollte und wollte einen Popsong schreiben, der dem Zeitgeist entsprach. Aber wie von selbst wurde das Lied ein Gegenteil davon. Es war aber genau das, was der Film brauchte und dennoch topmodern, aber auch zeitlos!
Zitat von fortinbras im Beitrag #17Bei der Aufnahme des Songs war Barry mit der Einleitung nicht zufrieden. So wie wir sie heute kennen, mit dem markanten "Taaa-Taaaa - dadadadadaaaa", entstand sie in einer 20minütigen Kaffeepause und Barry arbeitete die ungeheuer simplen zwei Eröffnungsnoten mehrfach im Song ein. Die Wirkung war phänomenal.
In der Tat: Der Titelsong zu GOLDFINGER ist für mich zwar vielleicht nicht der schönste Bond-Song (das wären DIAMONDS ARE FOREVER und YOU ONLY LIVE TWICE), aber kein anderer Bond-Song bewirkt bei mir beim Anschauen des Films so viel Gänsehaut wie dieser – wenn Bond am Ende der pre-title-Sequenz die Tür zuschlägt und der erste Takt des Songs wie das Geräusch des Türzuschlagens klingt, das ist unbeschreiblich. Der Song fängt die Frechheit, das erstarkte Selbstbewusstsein der Macher, den neuen Weg, den die Reihe mit diesem Film eingeschlagen hat, perfekt ein. Er gilt völlig zu Recht als der der typischste, als der ultimative Bond-Song.
Zitat von fortinbras im Beitrag #18Der gesamte Score wird vom "Goldfinger"-Thema dominiert.
Und die schönste Variation davon ist für mich „Alpine Drive“ (das hat ein bisschen auch persönliche Gründe bei mir: GOLDFINGER war der erste Bond-Film, den ich mir im Kino anschaute, im Karlstor, Kino 4 [Dank an Slarti für’s Schließen von Erinnerungslücken), und als ich in den Saal kam, lief der Film schon und es war genau diese Autoverfolgungsszene in den Alpen, die ich sah).
Und wenn ich mir das GOLDFINGER-Album vergleichsweise seltener anhöre als meine 3 Favoriten, und stattdessen die Musik lieber beim Betrachten des Films genieße, hat das weniger mit der Qualität des Albums an sich zu tun, sondern weil die Musik in der Symbiose mit dem Film ihre vollste Wirkung entfaltet bei mir. Ich glaube nämlich, dass keine andere Bond-Musik so sehr mit den Bildern verschmilzt, so sehr synchron mit diesen ist, so perfekt die visuelle Komponente begleitet, wie diese hier.
Zitat von fortinbras im Beitrag #19Barry hatte andere Spione für seine Karriere nicht notwendig und schlug zahlreiche lukrative Angebote aus. Unter anderem die Musik zu "L-Der Lautlose", die letztendlich Lalo Schifrin komponierte und mit "The Liquidator" einen ziemlich bondigen Song lieferte, einzigartig und mit Sinn für Ironie gesungen von Shirley Bassey!
Ja, ich finde auch, dass dieser Song die beste Bond-Imitation ist, die ich kenne, wobei ich das mit der Imitation ausdrücklich positiv meine.
Zitat von fortinbras im Beitrag #20Erst als der Filmscore schon zur Hälfte eingespielt war und nicht mehr allzuviel Zeit blieb, entschieden sich Broccoli und Saltzman auf einen Vorschlag der United Artists hin, den Song abzulehnen. Sie beharrten darauf, dass er so heissen solle wie der Film - "Thunderball".
Ich finde, das war eine absolut weise Entscheidung. Ich mag den verworfenen Titelsong "Mr. Kiss Kiss Bang Bang" zwar auch sehr, in der Warwick-Version sogar am liebsten, aber der finale Song ist besser, bondiger, passt perfekt zur Titelsequenz und vermittelt auch mehr … hmmm … wie soll man sagen: Aqua-feeling. Wenn man sich etwas näher mit den Lyrics beschäftigt, ist der Song ja schon recht ungewöhnlich: da schwärmt ein Mann auf eine unmissverständlich laszive Art von Bond, aber allein Tom Jones‘ kräftig-heisere Stimme ist der größte Attraktionsfaktor des Songs, der noch heute zu meinen drei liebsten Bond-Songs gehört.
Zitat von fortinbras im Beitrag #21Barry selbst ganz nüchtern: "Feuerball verlangte viel Lärm und so habe ich viel Lärm geschrieben." Das ist natürlich sehr ironisiert dargestellt. Der Film hat einen Actionscore, der seinesgleichen in der Geschichte des Kinos sucht
Zitat von fortinbras im Beitrag #21Für die Unterwasserszenen schrieb Barry sehr getragene, langsame und geheimnisvolle Musik, häufig durchzogen von sonoren, lauten Bläsern. Der Film hat auch ein "Gefahrenthema", das in Bezug auf die Bomben eingesetzt wird. Es ist ein aus Streichern und Bläsern sich aufbauendes Motiv, das im ganzen Film wiederkehrt.
Es gibt ja ein paar Leute, die sich bei THUNDERBALL über die vielen, langen Unterwasserszenen beklagen, aber ich finde diese einfach nur toll – und das hat in allererster Linie mit Barrys Untermalung dieser Szenen zu tun. Man muss sich diesen Film wirklich mal im Kino auf der großen Leinwand anschauen, wo die atemberaubenden Unterwasserszenen in Kombination mit der Musik einen einfach nur überwältigen – das ist die moderne Fortführung des Balletts.
Meine Lieblingsstücke aus dem Album, die auch losgelöst vom Film am Besten funktionieren, sind: „Cafe Martinique“ und „Search for the Vulcan“.
Zitat von fortinbras im Beitrag #21Der Score war bis zuletzt perfekt durchkomponiert: der Vamp und der Riff, in feinem Pizzicato gespielt, leiteten den Schluß ein. Das ist im Film zu hören. Wenn Bond und Domino gerettet werden, setzte ursprünglich eine großorchestrale Version der Riffpassage ein und mündete in die sich wiederholende Thunderball-Fanfare während des Abspannes. Davon blieb im Film nichts: Peter Hunt ersetzte die Schlußmusik mit dem klassischen Bond-Thema, nachdem Saltzman dieses vermisst hatte. Barry war sehr frustriert darüber.
Völlig zu Recht, wie ich finde. Der Einsatz der Musik kommt hier zu abrupt, als ob einer panisch in allerletzter Sekunde die Platte auflegen würde, wie ein DJ, der beinahe seinen Einsatz verpasst häte.
Zitat von fortinbras im Beitrag #21Von Barrys vielen Bond-Songs wurde niemals einer für den Oscar niminiert, auch keine seiner Filmmusiken. Das Phänomen "James Bond" wurde vermutlich deshalb über Jahrzehnte weitgehendst von der Oscar-Jury ignoriert, weil es trotz amerikanischer Vor- und Mitfinanzierung schlicht und einfach englisch und europäisch war in seinem Ursprung.
Dass man Barry diese Art von formeller Auszeichnung versagte, ist traurig und auch höchst ärgerlich, aber ich weiß nicht, ob das tatsächlich der letztlich ausschlaggebende Grund war, ich vermute eher eine Art kulturkritischen Standesdünkel gegenüber dem Pop-Phänomen Bond, über das die zeitgenössische Kritik ja auch fast unisono die Nase rümpfte.
Das Album zu THUNDERBALL war jedenfall früher im Wechsel mit YOU ONLY LIVE TWICE dasjenige, das ich am häufigsten hörte, bis es in letzter Zeit von DIAMONDS abgelöst wurde.
Deinen Beitrag habe ich wieder mit großem Interesse gelesen, Mr. Connor. John Connor.
Der Score zu "Goldfinger" ist tatsächlich in einer unverwechselbaren Einheit mit den Filmbildern. Bei anderen Soundtracks der Reihe entstehen trotz Kenntnis der Filme häufig vollkommen eigenständige Bilder, wenn ich sie höre. Bei "Goldfinger" ist das nicht so, das liegt an der von dir genannten Symbiose.
Das habe ich mir auch schon gedacht, wie amüsant es ist, dass Tom Jones so über einen anderen Mann singt. Aber es schien keinen gestört zu haben, ausserdem sprach (sang) er ja nur aus, was viele Männer empfanden, aber nicht zugegeben hätten: wie sehr sie Bond bewundern und gern wären wie er. Aber da könnte man ja vielleicht glauben, dass...
Betreffend "L - Der Lautlose" hätte mich natürlich gewundert, wie John Barry eine musikalische Persiflage auf sich selbst komponiert hätte. Es war wohl sehr weise, das nicht zu machen. Lalo Schifrin hat im Grunde alles perfekt gemacht: rundum eine Imitation. Anders hätte das auch gar nicht gewirkt. Sogar den Text des Songs hat man "straight" geschrieben. Dadurch und dass der Song von Shirley Bassey gesungen wird, erzielte man eigentlich den viel besseren und lustigeren Effekt, als hätte man da was auf komisch gemacht.
Ich habe "Feuerball" einmal auf der Leinwand gesehen. Die Kopie war anregend zerkratzt. Da kamen mir die Unterwasserszenen überhaupt nicht zu lange vor und die Wirkung zusammen mit Barrys Musik ist famos. Auf dem Fernsehschirm klappt das nicht so ganz, da wirkt es zu lange. "Feuerball" ist zu 100% ein KINOfilm. Er verliert einiges durchs kleinere Bild.
Früher dachte ich übrigens, man hätte das Bond-Theme nur in der deutschen Fassung am Ende eingespielt. Ich kannte den Film nur so und als 1992 die lange Suite auf CD erschien mit unveröffentlichter Musik, war ja Endtitle zu lesen und ich dachte, das wäre im Original so. Als ich mir dann 1996 einige Bonds aus einer nur englische Filme führenden Videothek auslieh, war ich erstaunt, dass dieser ausgesprochen dürftig eingeschnittene Patzer tatsächlich dem Original entspricht.
Jetzt habe ich beinahe deinen letzten Beitrag übersehen...!
Wie fühlst du dich als Mit-Interpret des James Bond-Themes? Der Bruder eines Bekannten spielt im Orchester der TU Wien, die nahmen das Thema auch mal ins Programm. Bei den Proben wäre viel gekichert worden, aber letztendlich hat Bond alle kleingekriegt.
Von den zig Versionen, die man mit richtig großem Orchester einspielte, fand ich immer die am Besten, die auf die Gitarre verzichtet haben. Die Wirkung des Originales ist ja Live nicht durchzuführen, das war ein spezieller Effekt, den ich ja im betreffenden Beitrag geschildert habe. Mag sie noch so verstärkt sein, eine Gitarre ist vorm großen Orchester irgendwie verloren.
Die guten Orchesterversionen kommen allesamt ohne Gitarre aus und das Thema funktioniert trotzdem ganz prächtig! John Barry selbst hat ja später, als er standardisierte Orchester benutzte, beim Bond-Theme auch vollkommen umgesattelt. Mit Gitarre klappts nur so richtig bei kleiner Besetzung.
Das "Dangdangdang Dang" ist leider nicht meine Idee, ich hab nur alles andere als Lautschrift verzapft. Roland Shaws erste LP mit Bond-Covers (bis dato eine der besten dieser Sparte) hatte das besagte "Dang...." aufgedruckt. Aber es trifft die "Twang"-Technik am Besten, die Barry von Vic Flick umsetzen ließ.
Zitat von fortinbras im Beitrag #57Der Score zu "Goldfinger" ist tatsächlich in einer unverwechselbaren Einheit mit den Filmbildern. Bei anderen Soundtracks der Reihe entstehen trotz Kenntnis der Filme häufig vollkommen eigenständige Bilder, wenn ich sie höre. Bei "Goldfinger" ist das nicht so, das liegt an der von dir genannten Symbiose.
Es ist aber generell so, dass man bei jedem Barry-Stück denkt: ja, das passt exakt zu dieser Szene, genau so muss eine Szene im All musikalisch untermalt sein, in der eine Rakete gekapert wird usw... Entweder (er)fand Barry also zu jeder Szene die 100%-ig passende Musik, oder die jahrelange, wiederholte Rezeption der klassischen Bonds mit Barrys Musik sozialisiert einen so, dass man sich bei fast jeder filmischen Szene denkt: so muss es eigentlich im All klingen, so muss es unter Wasser klingen... Oder aber: es stimmt beides - Barrys Musik war immer atmosphärisch stimmig, und er hat das filmmusikalische Gespür Vieler unbewusst, aber nachhaltig geprägt.
Zitat von fortinbras im Beitrag #57Das habe ich mir auch schon gedacht, wie amüsant es ist, dass Tom Jones so über einen anderen Mann singt. Aber es schien keinen gestört zu haben, ausserdem sprach (sang) er ja nur aus, was viele Männer empfanden, aber nicht zugegeben hätten: wie sehr sie Bond bewundern und gern wären wie er. Aber da könnte man ja vielleicht glauben, dass...
Hehe, ja: "So he strikes ... da-da-da-damm ... like Thunderbaaaall" Also, ich hatte schon als kleiner Bub keine Probleme zuzugeben, dass der Connery-Bond der Innbegriff des Männlichen ist. Apropos: Irgendjemand schrieb mal in einer frühern Diskussion über den Bond-Charakter, dass die Rollenanlage, wie sie in den klassischen Filmen propagiert, ja zelebriert wurde, heute regelrecht anachronistisch wirken würde, vor allem das angebliche Machogebaren der Figur sei out of date. Nichts könnte falscher sein (oder dieser eine User kennt die Filme nur aus zweiter Hand): der spielerische, lockere Umgang dieser Bond-Figur mit Frauen, mit seinen Gegnern funktioniert heute noch als attraktives männliches Idealbild, mehr jedenfalls als das Dandyhafte (des Moore-Bonds), das Dressmanhafte (des Brosnan-Bonds), das Neurotisch-Psychotische (des Craig-Bonds) - und Barry fand zu dieser Figur immer den pefekten Sound; und deshalb beeindrucken seine Soundtracks der klassischen Ära noch heute. Insofern stimmt die eingangs getätigte Aussage schon ein bisschen, aber mit einer Umkehrung: es ist nicht der Barry-Sound, der zum heutigen Bond nicht mehr passen würde, es ist der heutige Bond, der dem Barry-Sound leider nicht mehr entspricht.
John Barry war indirekt durchaus in das Projekt involviert. Vor allem Broccoli und Guy Hamilton war es wichtig, musikalisch nichts falsch zu machen und Barry dürfte es sicher geschmeichelt haben, dass man auf seine Meinung wert legte. Man holte sich Tipps und Barry empfahl relative Newcomer (und eine ganze Dekade jünger als er): Howard Blake und John Cameron. Beide hatten erst relativ wenig Erfahrung in der Branche, aber bereits für Aufsehen gesorgt.
Durch den starken Song eines so renommierten Musikers veränderte sich die Ausgangssituation natürlich etwas, man dachte nun doch daran, einen bekannteren Komponisten zu wählen. Bei Barry wurde erneut angefragt, ob er die Arbeit übernehmen würde, lehnte den Score abermals aus Zeitmangel ab. Er gab aber einen goldrichtigen Tipp, auf den seltsamerweise keiner gekommen war: da George Martin die Arrangements zum Song schrieb, bereits Bond-Erfahrung als Produzent des Songs "Goldfinger" hatte und nebenbei ein erfolgreicher Komponist, Arrangeur und Dirigent war mit Filmerfahrung, wäre es doch dumm, nicht ihn zu nehmen.
Also ging der Auftrag an George Martin, mit damals etwas über 46 Jahren bis zu Thomas Newman der älteste Neueinsteiger in die Reihe.
Martin betonte häufig ironisch, dass den halben Score Guy Hamilton geschrieben hätte. Der Regisseur war jedenfalls zu umfassenden Gesprächen zugegen und sie überlegten gemeinsam, welchen Musikstil man haben wolle und wo unbedingt Musik sein sollte. In diesem Rahmen hatte Martin natürlich viel Freiheit, war aber wie die meisten Filmkomponisten sehr dankbar für die Anweisungen. Meistens erspart dies spätere Experimente und nicht selten wurden jene Scores von Regisseuren abgelehnt, die Komponisten vollkommen alleine ließen.
"Bond meets Hammer Horror" wurde teilweise zum fertigen Film gesagt und tatsächlich sagte Hamilton, er hätte in den gruseligen Szenen einen Hammer-Touch erzielen wollen. So komponierte Martin für diesen hervorragenden, rundum gelungenen Thriller eine entsprechende Musik, die die Welt Bonds ebenso einfing wie die ungewöhnlich starken Horrorelemente. Vor allem hier griff der Komponist auf die Instrumentalsequenz des Titelsongs zurück.
Martin benutzte in Absprache mit McCartney den Song im Score. Eine Mitarbeit lehnte dieser ab, da er sich für nicht kompetent genug hielt, richtige Filmmusik zu schreiben. Martin hatte im Prinzip freie Hand, aber für ihn war es unumstößlich, dass der Song Bestandteil des Scores werden müsse.
Martin benutzte aus dem Song selbstverständlich den dominanten instrumentalen Teil, zumeist in Horrorszenen bei besonderer Spannung, teilweise aber auch bei Höhepunkten von Actionszenen. Weiters benutzte er eine meistens von Holzbläsern gespielte Fassung der "Live an let die"-Notenfolge. Diese wurde häufig ironisch eingesetzt. Die drei sich aufbauenden Noten, ehe der Titel gesungen wird, nahm Martin mehrfach als Überleitung oder Kontrast in seinem Score. Die prägnanten, bläserdominierten zwei Noten, die nach jedem gesungenen "Live and let die" kamen und die Instrumentalpassage atmosphärisch einleiteten, benutzte er als eine Art "Terror"-Thema nach bewährter Hammer-Methode, wenn Voodoo im Film zu sehen war.
Das James Bond-Theme war in keinem Film davor oder danach so präsent wie hier. Es gibt kaum ein Stück, in dem nicht Teile daraus zu hören sind. Allerdings benutzte er meistens nur den Vamp, den er als tragende Haupthintergrundsstimme einsetzte. Die Gunbarrel begann mit einer Neufassung des bekannten Themas, aus den vier Noten des Vamp machte er aber durch "musikalische Bindestriche" acht, was John Barry später auch teilweise anwenden sollte. Der Riff wurde auf Gitarre gespielt, aber mit Bläsern kontrastiert. Erstmals in einem Bond-Film war am Ende der Gunbarrel die originale Coda des Themas wieder zu hören, nur statt der markanten Schlusseinzelnote kam eine Bläserphrase, die direkt zur UN führte. Das James Bond-Theme kam einmal länger als solches vor. Martin ließ es mit der Intro beginnen, verlängerte den Vamp aber deutlich und ließ hier den Bepop kurz mit Flöten anklingen. Die Riffsequenz blieb traditionell mit Gitarre, aber wieder mit Bläsern kontrastiert. Der Bepop begann nach einer zurückhaltenden Vamp-Überleitung und wurde nur zweimal gespielt, ehe eine Bridge aus Violinglissandi kam, die zum Thema zurückführte. Am Ende wurde der Riff aber nicht mehr mit den prägnanten Endnoten gespielt. Martin fand großen Gefallen an Barrys Intro: Dada-damm, Dada-damm, dada dadada. Fast die gesamte zweite Hälfte des Stückes "Whisper who dares" spielte mit dieser Passage, auch gab es im Score gelegentlich einige Spielerei damit. Martin wunderte sich übrigens, dass Barry niemals die markante Intro innerhalb eines Scores für sich genommen als Erkennungsmerkmal für Bond nahm, denn sie wäre genauso markant und mit ihm verbunden wie der Rest des Stückes. Die E-Gitarre nahm Martin aber ebenso getrennt auf wie Barry, wenngleich mit anderer Spielmethode - so wirkte der Effekt besser. Live war das kaum zu erzielen.
Im Stück "Bond meets Solitaire" baute Martin ein neues, markantes Thema für Streicher ein, dass im gesamten Score stets dann erklingt, wenn man über dem Vamp den riff oder Bepop des Bond-Themes erwarten würde. Dieses anregend mysteriöse Thema ist ein wichtiges Leitmotiv. Gelegentlich wurde es auch mit Gitarre dargeboten und war ein wesentliches Element der ungewöhnlichen Liebesszenen zwischen Bond und Solitaire.
Insgesamt ist Martins Stil an typische Barry-Eckpfeiler angelehnt: Streicher, Bläser, Percussion und Gitarre. Letztere aber eher als Hintergrundinstrument. Dem Zeitgeist entsprechend war der Score etwas funkig und sehr poporientiert, arbeitete sehr stark mit Phrasen und stellte diese über Melodien. Diese Methode hatte übrigens besonders Lalo Schifrin angewandt und zu Beginn der 70er mit dem Riesenerfolg von "Dirty Harry" merh als salonfähig für den Film gemacht. Der Score wirkt auch heute noch frisch und kräftig, obwohl er über vier Jahrzehnte alt ist. Trotz gewisser Passagen gibt es im Score kein einziges Musikstück, das rein orchestral ist: Funk und Pop-Elemente sind immer und in allen Stücken zu hören. "Live and let die" ist strenggenommen der einzige wirkliche Popsoundtrack der Filmreihe. Bill Conti zeigte sich übrigens sehr beeindruckt von diesem Score und ließ sich zu seinem Popklang inspirieren, allerdings war er wiederum dann doch eine Spur zu zeitgeistig. George Martins Musik ist zeitloser, wirkungsvoller und hat vor allem ein Gesamtkonzept und wird von Orchestration und vor allem dem Vamp zusammengehalten.
Für die Voodoo-Szenen kam natürlich entsprechender musikalischer Mummpitz, auch für Easy Listening-Anklänge wurde gesorgt, z. Bsp. in "St. Monique". Für musikalische Gags war auch gesorgt, so mit der Verwendung von Traditionals bei den Begräbnisszenen. Erstmals gab es auch Referenzen an klassische Musik: während der Boot-Verfolgungsjagd wurde von Martin kurz Wagners Hochzeitsmarsch eingebaut, das Thema der Voodooshow benutzte einige Noten aus Katchaturians "Säbeltanz" und in "Trespassers will be eaten" ist gegen Ende eine Bridge zu hören, die sich typischer Bach-Überleitung bedient.
Den teils sehr markanten Streicherklang erzielte Martin durch zwei "Tricks": einerseits ließ er die Streicher elektrisch verstärken, wie es bei der E-Gitarre üblich war. Weiters ließ er die Musiker mit einem verstärkten Bogen an der verkehrten Seite der Brücke spielen. Dieser Trick war schon sehr alt, wurde aber kaum angewendet. Für Musiker ist das teils anstrengend, wenn es länger gespielt werden muss und die Saiten reissen relativ rasch, was ein ziemlicher Mehraufwand ist. Der erste Komponist, der das in seinen Filmmusiken bis zum Exzess trieb war nicht Bernard Herrmann in "Psycho", sondern James Bernard in den "Quatermass"-Filmen. Bernard wandte diese Technik in sämtlichen seiner effektiven Scores an. Da die Hammer-Filme durchaus den Weg zu James Bond ebneten, ist es natürlich amüsant, dass Bernard, John Barry und der Agent selbst alle die Initialen "J.B." tragen.
Für mich eine der allerbesten besten Bond-Filmmusiken und als solche die einzige nicht von Barry komponierte, die wirklich neben den seinen bestehen kann und dabei keinesfalls eine Kopie ist. Mein Favorit im Score ist das Stück "Trespassers will be eaten". Es ist exemplarisch für den Score, baut vollkommen auf verschiedene Rythmuslinien auf, spielt mit wiederkehrenden musikalischen Phrasen, hat eine kantige Basslinie und klingt sofort nach Bond, auch wenn der Vamp erst gegen Ende eingesetzt wird. Anstelle des Riffs, der hier zu den Bildern gepasst hätte, ist erneut das "Bond meets Solitaire"-Thema zu hören, aber auf Gitarre gespielt.
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