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Dieses Thema hat 117 Antworten
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 Off-Topic
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fortinbras ( gelöscht )
Beiträge:

26.10.2015 10:31
#91 RE: Nobody twangs it better Zitat · antworten

Danke für deine sehr passenden Worte.

Ich habe auch länger gebraucht, bis ich John Barrys Aussenseitertum erkannte. Das verblüffte mich sogar, da er ja schließlich zu den populärsten Filmmusikern gehörte und mehrfacher Oscar-Preisträger war.

Ein Musikwissenschaftler meinte einmal, dass es opportun sei, wenn man aus der Klassik käme oder vom Jazz. Denn beides sei "etabliert" und gelte als hochwertige Musik. Nur solle man niemals aus dem Bereich der Popmusik kommen, einerlei wie man diese gerade bezeichne. Dabei spiele es keine Rolle, ob man eine klassische Musikausbildung habe.

John Barry hatte eine fundierte, klassische Ausbildung. Scores wie "Der Löwe im Winter", die man als etwas ganz Besonderes lobte, als überraschende neue Facette und sich durchaus fragte, ob es einen Ghostwriter gab, waren für Barry vertrautes Terrain. Vertrauter als manche andere, leichter klingende Musik.

Aber er war Unterhaltungsmusiker und als solcher mit seiner Band sogar ein kleiner Popstar in Großbritannien. Seine ersten Filme waren mehr oder weniger Popmusik-Filme und nicht zuletzt die James Bond-Filme waren ein Pop-Phänomen.

Das alles schien Barry irgendwie immer ein klein wenig im Abseits zu halten. Vor allem das amerikanische Musikestablishment und die deutschsprachige Musikkritik behandelten ihn seit jeher etwas herablassend. Seine Oscars waren vor allem unter den amerikanischen Filmkomponisten umstritten. Barry selbst, ohne Namen zu nennen, berichtete auch einmal sehr erstaunt über Begegnungen mit bekannten US-Filmkomponisten und der herablassenden Haltung ihm gegenüber.

Aber letztendlich zählt wohl mehr die Zuneigung des Publikums und die hatte Barry auf jeden Fall.

fortinbras ( gelöscht )
Beiträge:

26.10.2015 17:13
#92 RE: Nobody twangs it better Zitat · antworten

Da habe ich noch ein bedeutsames Detail zu John Barry vergessen:

ab Ende der 1970er-Jahre bediente er sich verstärkt eines persönlichen Assistenten. Natürlich hatte er auch vorher seine Mitarbeiter, wie jeder umfangreich tätige Komponist und die setzte er auch ein, um ihnen etwas zu lernen.

Was sich aber zu jener Zeit veränderte, war in erster Linie, dass Barry seinem persönlichen Assistenten Kompetenzen übertrug, die er bis dahin stets alleine gemacht hatte. Barry orchestrierte seine Scores nicht mehr vollständig alleine, sondern verließ sich immer mehr auf seinen Assistenten, den jungen Komponisten und Dirigenten Nic Raine. Dieser sollte auch privat ein treuer Wegbegleiter Barrys werden und nahm später einige Tonträger mit SilvaScreen auf (allerdings war er bei weitem nicht so versiert wie Barry selbst).

"Moonraker" wurde von Barry "grundorchestirert", er machte Skizzen, wie es sein sollte, schrieb einige essentielle Noten dazu und auf Basis dieser orchestrierte Raine dann die gesamte Arbeit. Barry schrieb durchaus mehrere Stimmen, füllte diese mit Notizen an für seinen Orchestrator, der dann die aufwendige Arbeit umsetzte.

Zwischendurch konnte Barry schon die Arbeitslust wieder packen und er machte die Hauptarbeit selbst. Grund für diese Arbeitsteilung dürften Konzentrationsstörungen gewesen sein.

Zu dirigieren während der komplizierten Aufnahmeprozesse wurde ihm auch schon damals oft zuviel und Nic Raine übernahm das Einstudieren mit dem Orchester. Barry war jedoch immer anwesend und behielt die Kontrolle.

Raine war mit Barrys Orchestrationsstil dermaßen vertraut, dass der Komponist mitunter nur die Anweisung geben musste, Stück X in der Art von Y zu arrangieren.

Grundsätzlich ist diese Praxis nicht unüblich. Jerry Goldsmith orchestrierte nur sehr spezielle Scores und experimentierte dann beim Einspielen. John Williams war als Orchestrator weithin bekannt, seine eigenen Scores arrangierte er aber kaum jemals. Beide Komponisten verließen sich sehr auf ihre Orchestratoren, die ihnen einiges an Arbeit abnahmen.

Dass Barry selbst orchestrierte und mit den Musikern umfangreich die Partitur einstudierte, war durchaus nicht überall üblich und verwunderte zahlreiche Kollegen. Auch wenn er später einiges an der Arbeit delegierte, war er doch umfangreicher am Entstehungsprozess seiner Scores beteiligt als manch anderer Komponist. Howard Shore in etwa ist die Orchestration seiner Scores unwichtig und er läßt den Arrangeuren abseits einiger Grundnotizen viele Freiheiten.

Aber ehe ich wieder weit abschweife, jetzt mal Schluß. Beizeiten wird dann ins Weltall gestartet...

Silenzio
Moderator

Beiträge: 20.461

26.10.2015 17:32
#93 RE: Nobody twangs it better Zitat · antworten

Auch Danke für diese detaillierten Einblicke ins Schaffen von John Barry. Ein großer Filmkomponist. Abseits von Bond mag ich besonders seinen Score zu BODY HEAT. Für diesen Neo Film Noir fand er immer die passenden Klänge und die Musik funktioniert auch losgelöst vom Film prima. Man kann förmlich die knisternde Atmosphäre spüren, auch ohne die jeweiligen Bilder im Kopf zu haben.

John Connor



Beiträge: 4.883

26.10.2015 19:54
#94 RE: Nobody twangs it better Zitat · antworten

Sorry, dass ich den schönen Diskussionsfluss so rüde unterbreche, aber mit fortinbras‘ diszipliniertem Schreibtempo kann man ja gar nicht mithalten – ich stecke immer noch in den Sechzigern fest (in Sachen Bond auch mental, fürchte ich ).

Zitat von fortinbras im Beitrag #34
IM GEHEIMDIENST IHRER MAJESTÄT


Nach fortinbras‘ Kocian-Schelte im Nachbarthread trau ich mich ja gar nicht mehr, etwas Negatives zu GEHEIMDIENST als Film zu äußern, zumal ich mich oft genug darüber ausgelassen habe – nur so viel: die Wertschätzung für diesen Bond ist mir bis heute unbegreiflich geblieben. Aaaber: John Barrys Soundtrack ist über jeden Zweifel erhaben, er ist schlicht grandios, allen voran der Titelscore mit eingebautem Gänsehauteffekt!

Zitat von fortinbras im Beitrag #34
Mit "On Her Majestys Secret Service" schuf John Barry einen unglaublich aufregenden, innovativen, spannungsgeladenen und zugleich romantischen, verspielten Soundtrack. Er bot u.a. eine vollkommen neue Version des Bond-Themas, einen hervorragenden Lovesong, ein Weihnachtslied, ein vorwärtspreschendes Actionthema, das sogar dazu führte, nach drei Songs wieder eine Instrumentalnummer als Vorspann zu haben

Unterscheibe ich alles, mit einer Ausnahme. Denn ein Stück daraus gefällt mir nicht sonderlich, im Rahmen eines Bondfilms, um es etwas relativierend auszudrücken – und zwar dieses hier:
Zitat von fortinbras im Beitrag #34
… eine der schönsten Liebesballaden, die je in der Geschichte der U-Musik geschrieben wurde: "We have all the time in the world", unvergleichlich gesungen von Louis Armstrong.

Dass ich bis heute mit Armstrongs markanter und äußerst origineller Gesangsstimme nichts anfangen kann, ist freilich mein persönliches Problem, und tut nichts zur Sache, aber davon abgesehen meine ich auch, Armstrong …
Zitat von fortinbras im Beitrag #34
… habe keine Bond-Songstimme…

Wenn ich nämlich vom human touch-Hintergrund der Kooperation Barrys mit Armstrong abstrahiere und die Ballade in der vorliegenden Form rein unter narrativen Aspekten betrachte, so muss ich leider sagen, dass sie für mich weder für sich genommen funktioniert, noch als Untermalung der Romantik-Szenen (dass für mein Empfinden derlei Szenen in einem Bond-Film wie Fremdkörper wirken, steht auf einem anderen Blatt).

Die Neigung großer Künstler wie Barry zum Experiment, zum Austesten von Grenzen, ja zu künstlerischen Grenzüberschreitungen in allen Ehren, aber mit Armstrongs Stimme klappt der intendierte Effekt für mich überhaupt nicht.
Matt Munro z.B. mag nicht in derselben Klasse wie Armstrong agieren, aber FROM RUSSIA WITH LOVE funktioniert prächtig als Liebeslied, obwohl oder gerade weil Bonds Attitüde in dieser Szene jeglichem Postkartenkitsch Hohn spricht.

Zitat von fortinbras im Beitrag #34
Als Sourcemusik in den Schweizer-Szenen schrieb Barry zu Davids herrlichem Text den Song "Do you know how christmas trees are grown?", ein wunderbares Weihnachtslied mit viel Stimmung. […] Für die deutsche Synchronfassung wurde eine deutsche Version hergestellt unter dem Titel "Was träumt ein Weihnachtsmann im Mai?" und wurde von Katja Ebstein eingesungen. Der deutsche Text ist aber nicht so gut wie das Original.

Da gefällt mir Ebsteins Interpretation aber schon ein bisschen besser, wohl eine Sache des Erstkontakts – zumal die deutschsprachige Version als Sourcemusik ja besser zur Szenerie passt, finde ich.
Zitat von fortinbras im Beitrag #34
Ein Titelsong indes wurde für den Film nie geschrieben. Und ausgerechnet John Barry hatte die Idee, stattdessen eine neue Version des James Bond-Themas einzuspielen. Zuerst wurde das so konzipiert und neuerlich hatte Peter Hunt eine Überraschung für Barry: er solle das Arrangement schreiben und Maurice Binder werde seine Titelsequenz dann im Schnitt an die Musik anpassen. Das dritte von Barry für den Film komponierte Thema, noch ehe das neue Bond-Thema vorlag, war eine rasante Actionmusik, die während der Verfolgungen gespielt werden sollte. Peter Hunt hörte sich das an und die Melodie gefiel ihm so gut, dass er Barry fragte, ob er das nicht als Titelmusik nehmen wollte. Barry war von der Idee mehr als begeistert und so schrieb er für die Titelmusik eine spezielle Version mit einer markanten Intro.

Geniale Idee von Hunt, kongenial umgesetzt von Barry und Binder.
Zitat von fortinbras im Beitrag #34
Das "OHMSS"-Thema ist wohl neben dem Bond-Theme das einzige Stück innerhalb der Reihe, das Bond in allen Filmen hätte tragen können.

Und es gefällt mir genauso gut wie das Bond-Theme. Aber: ob es letztlich doch eine weise Entscheidung war, es auch Maurice Binders phantastischer Titelsequenz zu unterlegen? Die Titelsequenz mit den Filmschnipseln macht einen so richtig wehmütig, wie toll die vorangegangenen Filme der Reihe doch waren, dies umso mehr, wenn man den Anfangsschock mit dem neuen Bond noch gar nicht so richtig verarbeitet hat – und dann hört man das Stück auch noch mehrmals während des Films!
Zitat von fortinbras im Beitrag #34
Ein ausgezeichneter Film, der auch durch seine ausgezeichnete Musik punktet. Vielleicht der beste James Bond-Score, den John Barry überhaupt schrieb.

Deiner Bewertung des Films kann ich mich zwar nicht anschließen, was Barrys Score angeht, ist es wiederum etwas anderes. Der komplette Soundtrack war eine Zeit lang nach THUNDERBALL und YOU ONLY LIVE TWICE mein drittliebster Bond-Soundtrack. Seit kurzem ist es aber von DIAMONDS ARE FOREVER aus den Top 3 heraus gekickt worden – dazu aber später mehr.

fortinbras ( gelöscht )
Beiträge:

26.10.2015 22:45
#95 RE: Nobody twangs it better Zitat · antworten

@ John Connor:

Schreibdisziplin? Ich? Eher eine Schreibneurose, ausgehend vom Zwang, immer alles am besten vorgestern fertig zu haben. Hätte ich mehr Disziplin und Sorgfalt, müsste ich nicht immer mehrfach die Schlampigkeitsfehler meiner längeren Beiträge korrigieren.

Aber nun zu "Im Geheimdienst Ihrer Majestät". Meine Meinung zu dem Film habe ich gesagt, ich werde also nicht versuchen dich zu bekehren. Weder in Worten, noch in Taten (Daumenschrauben, Streckbank, Glüheisen).

Für einen Titelsong hätte Armstrong auf keinen Fall die richtige Stimme gehabt, das hätte nie und nimmer gepasst. Zuviel Romantik finde ich bei Bond auch störend, aber da "OHMSS" eben anders ist, funktioniert in dem Film für mich auch diese Liebesballade und Armstrong als Sänger. Ich bin selbst nur ein sehr oberflächlicher Kenner von Satchmo, weil das insgesamt nicht meine Musik ist. Aber eine Handvoll Lieder finde ich einfach toll, echte Evergreens und da zählt "We have all the time in the world" auf jeden Fall dazu (neben "What a wonderful world" und "High Society").

Die Titelmusik zählt für mich zum Besten, das es bei Bond je gab und wie ich schon schrieb, wäre dieses eine Stück auch für mich eine brauchbare Alternative zum James Bond-Theme gewesen. Dieses Thema und der virtuose Einsatz im Film ist schlichtweg hinreissend.

Barrys Biografin Eddi Fiegel war der Meinung (und ist es vermutlich noch), dass dieses Thema als Titelmusik einer Fernsehserie vermutlich berühmter geworden wäre, als es durch den Film der Fall ist. Darüber kann man diskutieren, aber es zählt auf jeden Fall zu Barrys besten Kompositionen generell und wurde ja auch nicht selten gecovert.

Was Coverversionen anbelangt, fand ich die großorchestralen Fassungen immer am wenigsten funktionierend. Dieses Stück war einfach für eine bestimmte Besetzung geschrieben und erzielte so die optimalste Wirkung. Das Thema nur von einem riesigen Orchester spielen zu lassen, erreicht diese Wirkung niemals. Vor allem die Neueinspielung von "Escape from Piz Gloria" für SilvaScreen als Tonträgerpremiere noch ehe das originale Album umfangreicher neu aufgelegt wurde, war voll daneben und klang einfach nicht wirklich gut.

Auf deine Eindrücke zu "Diamonds are forever" bin ich schon sehr gespannt!

smeagol



Beiträge: 3.901

27.10.2015 18:08
#96 RE: Nobody twangs it better Zitat · antworten

"Im Geheimdienst ihrer Majestät" ist definitiv ein grandioser Bondfilm: Von der Romanvorlage und auch dem Drehbuch, von der Action, von einigen Darstellern und auch der Musik. Der Film leidet meiner Meinung nach nur unter Lazenby (obwohl seine Action-Einlagen wirklich überzeugten) und teilweise den Kostümen (Lazenbys Outfits waren mir teilweise zu schrill) und manche Bauten zu bunt.

Am meisten aber nervt mich, dass der Film innerhalb der Filmreihe selbst nicht richtig funktioniert: Ich weiß, man wollte ihn statt "Man lebt nur zweimal" drehen (und dann wäre Connery zum Einsatz gekommen) und das hätte dem Film unheimlich gut getan.Nicht nur Connery (der aber besonders), sondern auch im Kontext der anderen Filme. Es ist einfach bescheuert, dass Blofeld Bond nicht erkennt - was soll das ?! Und daraus ergeben sich unweigerlich Brüche zu den anderen Filmen.

Also mit Connery wäre es einfach der bessere Film geworden und vielleicht sogar Connerys bester Bondfilm überhaupt, denn der Film hat unglaubliches Potential, das am Hauptdarsteller leider teilweise zerschellt. In der Synchro hat man wenigstens GGH (und der rettet ENORM viel), aber selbst die ist ja unverstümmelt und genießbar nicht mehr öffentlich zu bekommen.

fortinbras ( gelöscht )
Beiträge:

28.10.2015 13:45
#97 RE: Nobody twangs it better Zitat · antworten

Grundsätzlich stimme ich deinem Lob zu, auch einigen deiner Kritikpunkte.

Lazenby stört mich nicht wirklich, es war eben ein anderer Schauspieler. Im Kontext zur gesamten Reihe ist aber störend, dass sein einziger Auftritt als Bond eingepfercht ist zwischen zwei Connery-Filmen.

Dass man für Lazenby GGH nahm, ist für mich übrigens kein Pluspunkt. Ich finde es sogar etwas störend, eben weil es CONNERYS Bond akustisch darstellt und das für mich mit einem fremden Gesicht nicht funktioniert.

Mit "OHMSS" zuerst, hätte "Man lebt nur zweimal" definitiv eine großartige Fortsetzung nach Fleming-Vorlage gegeben. Die beiden Romane sind für mich Flemings Glanzstücke und vor allem die tiefschürfende Rache-Geschichte in "Man lebt nur zweimal" wäre unglaublich cineastisch gewesen. Das vermasselte man sich natürlich mit der verkehrten Anordnung der Filme.

Zu "Diamantenfieber" ist oft zu lesen, Bond würde sich am Tod seiner Frau darin rächen. Das ist Nonsens, denn dieser Film schließt direkt an "Man lebt nur zweimal" an und ignoriert "OHMSS" vollkommen. Dabei hätte diese Rache-Note sicher einiges hergegeben.

Dass Bond von Blofeld nicht erkannt wird, ist tatsächlich absolut unlogisch. Die im ursprünglichen Drehbuch angedachte Gesichtsoperation wäre eine Erklärung gewesen, aber dankenswerterweise ließ man davon ab. Die einzige Erklärung besteht in einem ironischen Kommentar aus dem Buch "Die James Bond-Filme" des Goldmann-Verlages: Blofeld war einfach so vielbeschäftigt, dass er nicht wusste, dass Bond nun von George Lazenby gespielt werden würde.

John Connor



Beiträge: 4.883

28.10.2015 20:40
#98 RE: Nobody twangs it better Zitat · antworten

Zitat von smeagol im Beitrag #96
"Im Geheimdienst ihrer Majestät" ist definitiv ein grandioser Bondfilm (...) Also mit Connery wäre es einfach der bessere Film geworden und vielleicht sogar Connerys bester Bondfilm überhaupt, denn der Film hat unglaubliches Potential, das am Hauptdarsteller leider teilweise zerschellt. In der Synchro hat man wenigstens GGH (und der rettet ENORM viel)...


Es ist ein zweischneidiges Schwert mit GGH auf Lazenby - einerseits wird der arme Kerl unnötig in eine Vergleichslage gedrängt, die so schon wie eine enorme Hypothek auf ihm lastet und ständig die Erinnerung an den Vorgänger wach hält; andererseits macht es den Film aber aus meiner (!) Sicht definitiv guckbarer. Außerdem: verglichen mit einem gewissen Bond-Darsteller ist Lazenby ja ein richtig sympathischer Charmebolzen.

Allerdings bin ich der Ansicht, dass GEHEIMDIENST mit Connery überhaupt nicht funktioniert hätte bzw. mit ihm ein gänzlich anderer Film entstanden wäre. Ein erfahrener Womanizer wie der Connery-Bond hätte sich nie und nimmer auf eine psychisch gestörte Frau eingelassen, geschweige denn für sie sein Junggesellendasein geopfert. Diese Prämisse hätte m.E. nur als Vorgeschichte der Bond-Figur funktioniert. Wie auch immer: dieses Beziehungsmodell, wie es GEHEIMDIENST auf geradezu masochistische Art zelebriert, steht dem etablierten Charakter des Film-Bonds diametral entgegen.

smeagol



Beiträge: 3.901

29.10.2015 11:09
#99 RE: Nobody twangs it better Zitat · antworten

Zitat von John Connor im Beitrag #98
Allerdings bin ich der Ansicht, dass GEHEIMDIENST mit Connery überhaupt nicht funktioniert hätte bzw. mit ihm ein gänzlich anderer Film entstanden wäre. Ein erfahrener Womanizer wie der Connery-Bond hätte sich nie und nimmer auf eine psychisch gestörte Frau eingelassen, geschweige denn für sie sein Junggesellendasein geopfert. Diese Prämisse hätte m.E. nur als Vorgeschichte der Bond-Figur funktioniert. Wie auch immer: dieses Beziehungsmodell, wie es GEHEIMDIENST auf geradezu masochistische Art zelebriert, steht dem etablierten Charakter des Film-Bonds diametral entgegen.


Ich verstehe, was du meinst - daher kann ich mir vorstellen, dass diese Storyline im Filmkanon des gewissen anderen Bonddarstellers vielleicht wirklich noch besser funktioniert. Ich werde nächste Woche sehen, ob man diese Handlungselemente aus OHMSS aufgegriffen hat oder nicht - es würde dort aus meiner Sicht sehr gut funktionieren.

fortinbras ( gelöscht )
Beiträge:

29.10.2015 11:36
#100 RE: Nobody twangs it better Zitat · antworten

Ich gehe mal wieder zurück zu John Barry und bringe einen Aspekt auf den Teppich, den ich interessant finde. Es handelt sich hier erneut um seine Aussenseiter-Position innerhalb des Filmkomponistenestablishments und dem Umgang "besserer" Musikkritiker mit seinen Werken.

Als A und O wird von diesen beiden Gruppen die klassische Musik betrachtet. Diese ist das Höchste, das Erstrebenswerteste und wer sich darin auskennt, der ist kompetent und gebildet.

Musikalisch gebildet zu sein war etwas, dass einige Komponisten und Kritiker John Barry absprachen und seinen Stil immer als Bemühung eines Pop-Mannes Richtung "großer Musik" einstuften. Das alles ist ziemlich unfair, allerdings liegt es sehr offen auf der Hand, warum es so ist. Einerseits wird es einem Komponisten häufig übel genommen, wenn er sein eigenes Süppchen kocht und Barry komponierte niemals nach der Erwartungshaltung des musikalischen Establishments. Weiters verweigerte sich Barry schlichtweg als Individualist der Vereinnahmung durch fremde, verstorbene und im Musikerolymp weilender Komponistengenies.

Viele Filmkomponisten haben trotz aller Erfolge das Bestreben, als Meister der klassischen Kunst wahrgenommen zu werden und konzentrieren sich primär auch sinfonische Arbeiten. Die ist mitunter extrem kompliziert, was bei Untermalungsmusik für einen Film an sich überflüssig ist, da kaum jemand diese Details wahrnimmt. Häufig ist der Einfluss von Wagner, Beethoven, Debussy, Richard Strauss oder sonst jemandem hörbar und vom Komponisten auch gewollt. Manche Komponisten wie John Williams verstehen es prächtig, ihren Stil mit dem Klang gewisser Klassiker zu vermischen. Das ergibt vertrauten Klang, ist etabliert und ungefährlich, bringt Akzeptanz und Bewunderung ein.

Williams ist der neoromantischen Musik verpflichtet, wie es bei vielen Komponisten der Fall ist. Es wird unglaublich viel von den Großen geborgt, fast plagiiert. Aus Holsts "Planeten" mit einem Schuß Richard Strauss ließe sich fast der gesamte "Star Wars"-Score herausfiltern. Bei James Horners prächtigen "Star Trek"-Scores war es nicht anders, er bediente sich fleissig an Vorhandenem und zwischendurch "wagnert" es ganz heftig.

Diese zwei Beispiele habe ich jetzt nicht negativ darstellen wollen, sondern nur exemplarisch herzeigen. Denn diese Kompositionsmethoden sind legitim und wirkungsvoll, gefällig und kommen an. Es ist also nichts Schlechtes darin, auch wenn vielleicht die große Abenteuerlichkeit fehlt.

Es gab auch Komponisten, die sowohl im Konzertsaal, als auch im Film zuhause waren (Walton, Rozsa) und wiederum eine eigene Kategorie darstellen, die allerdings zumeist vom Establishment positiv beurteilt wird, da man durch die "seriöse" Arbeit ja seine Reputation bekommen hat.

Dann gibt es aber eben auch Individualisten wie John Barry, die fernab dieser Kategorien arbeiten. Barry sah es nie als ein Bestreben an, einmal etwas für den Konzertsaal komponieren zu wollen. Hört sich seltsam an, aber DAS wird einem erfolgreichen Komponisten vom musikalischen Establishment tatsächlich übel genommen. Barry wollte nie eine Sinfonie oder Oper schreiben. Andererseits interessierte er sich auch nicht für filmfreie Jazz-Konzerte, wo reiner Jazz doch genauso intellektuell etabliert ist wie die seriöse Klassik.

Barry wählte für keinen seiner Filme einen etablierten Klang a la Wagner oder Strauss. Er spielte ja nicht mal mit dem vielen Filmkomponisten so geläufigen Gustav Holst. Das interessierte ihn nicht, selbst wenn er zu Filmen die Musik schrieb, die einen starken sinfonischen Klang brauchten.

Barry war es stets ein Bestreben, die eigene Handschrift zu finden, auszubauen und zu etablieren, ein Individum als Komponist zu sein. So wie es ja auch bei Ennio Morricone lange Zeit der Fall war, der sich vollständig dem Establishment der Musik verweigerte und nur an seinem Stil interessiert war.

Für einen Film wie "Der Löwe im Winter" studierte Barry mittelalterliche Musik, schrieb diese dann aber selbst und entwickelte einen Score für Orchester und Chor, der seinesgleichen suchte. Doch trotz Lob und einem Oscar fand dieser fantastische Score wenig Gefallen beim Establishment: allein die Titelmusik war keiner Gattung der klassischen Musik zuzuordnen, verweigerte sich bestimmten Regeln. Bombastische Bläser, Synthesizerverfremdung, düsterer Chorgesang mit moderner Kontrastierung, ungewöhnliche Streicherarrangements. Das war weder traditionelle, noch moderne Konzertmusik. Selbst mit etablierten Mitteln der Zwölftonmusik experimentierte Barry nicht, obwohl ihm die Technik vertraut war und er sie auch anwandte - aber eben nur dort, wo es passte.

Barry hatte ein klassisches Musikstudium, sah sich aber in erster Linie immer als "Filmkomponist" und schielte nie nach dem Konzertsaal. Er mochte es auch überhaupt nicht, wenn man bekannte klassische Musik in Filme einarbeitete - ausser als Source-Musik. Das alles wurde gerne ins Spiel gebracht, um John Barry als "nicht gesellschaftsfähig" einzustufen.

fortinbras ( gelöscht )
Beiträge:

29.10.2015 15:17
#101 RE: Nobody twangs it better Zitat · antworten

MOONRAKER - STRENG GEHEIM - Der Titelsong

Als es daran ging, die Musik und den Song für "Moonraker" zu schreiben, konnte John Barry noch immer nicht in Großbritannien arbeiten. Da der Film aber eine Co-Produktion mit Frankreich war, konnten Musik und Song problemlos dort aufgenommen werden. Selbst die berühmt-berüchtigten englischen Gewerkschaften konnten da keinen Einspruch anmelden. Also war es sehr zeitig fix, dass John Barry wieder zu Bond zurückkehren würde.

John Barry stellte von Vornherein klar, dass er weder einen Rock- noch einen Musicalsong für den Film schreiben werde. Was er bei "Der Mann mit dem goldenen Colt" hauptsächlich wegen Harry Saltzmans Veto nicht machen konnte, sicherte er sich vorab als Zusage: einen langsamen, getragenen Song, der nur Rücksicht auf den Film nehmen würde unbd auf sonst nichts. Barry war der Meinung, dass der unrealistische, seiner Meinung nach recht alberne Film unbedingt eine getragene Musik brauche, beginnend beim Titelsong.

So weit, so gut. Barry versuchte sich bereits an der Komposition, als Albert R. Broccoli mit einer großen Idee kam. Er hatte einen guten Freund, der ein bekannter Sänger und Schauspieler war und die James Bond-Filme mochte: Frank Sinatra. Dessen Adoptivtochter Nancy hatte bereits "You only live twice" gesungen. Wäre es nicht großartig, "The Voice" für den Titelsong zu gewinnen???

John Barry sah es sehr nüchtern: er hatte nichts gegen Sinatra und unter anderen Umständen hätte er gerne mit ihm zusammengearbeitet. Nur: Bond und Sinatra passten für Barry nicht zusammen. Sinatra würde niemals seinen Bond-Song singen, er müsste einen Sinatra-Song schreiben, den man zu den Haupttiteln hören würde. Profi, der er war, hätte er den Auftrag natürlich durchgezogen. Aber er versuchte, Broccoli davon zu überzeugen, dass Sinatra ein so starkes "Imperium" wäre, dass er Bond musikalisch schlucken würde. Barry meinte, dass ein Gastauftritt im Film ein netter Gag wäre, aber Frankie Boy sollte nicht den Titelsong interpretieren. Broccoli verstand Barry Einwände durchaus, hielt aber an Sinatra fest, der sich sicherlich anpassen würde.

Zunächst hieß der Titelsong "Think of me". In Hinblick auf Sinatra hatte man den Amerikaner Hal David engagiert, dessen Lyrics der Star bereits gesungen hatte. David hatte für Barry auch den Text zu "We have all the time in the world" geschrieben. Die Melodie zu "Think of me" entsprach ziemlich dem, was "Moonraker" war, nur dass die markanten Worte anders gelagert waren. Das für die Intro intensiv gespielte Motiv zur letztendlichen Textpassage "Where are you?" hätte die worte "Think of me" beinhalten sollen und den Auftakt machen.

"Moonraker" ist der Name eines bestimmten Segels auf alten großen Schiffen, bedeutete für Barry aber nichts und er wollte keinen Song dieses Titels schreiben und vermutete zu recht, dass Sinatra auch nur über etwas Reelles singen würde. Frankie Boy indes lieferte aber ohne Absicht Probleme: er stand unter Plattenvertrag und dort stimmte man nicht zu, bzw verlangte Unsummen an Ausleihgebühr (das hieß tatsächlich so!). Eon wollte das nicht tragen. Bis heute wird aber immer wieder behauptet, Sinatra selbst habe das vorgeschoben und in die Wege geleitet, da er auch fand, nicht passend für Bond zu sein, aber seinen Freund Cubby Broccoli nicht kränken wollte.

"Think of me" sollte nun an einen anderen amerikanischen Schmusesänger gehen. John Barry einigte sich mit Broccoli, Regisseur Lewis Gilbert und Broccolis nunmehr sehr am kreativen Prozess beteiligtem Stiefsohn Michael G. Wilson auf Johnny Mathis. Der hatte seine ganz große Zeit vorbei, war aber zumindest in den USA noch immer ausgesprochen beliebt und stellte etwas dar. Nur international war er sehr aus dem Rampenlicht verschwunden. Obwohl Mathis immer einen sehr liebenswürdigen Eindruck machte, verlief die Zusammenarbeit nicht sehr angenehm. Mathis gefiel einmal der Text nicht, dann wieder war die Melodie falsch. Barry war sich sicher, dass selbst der wirklich große Sinatra pflegeleichter gewesen wäre im Umgang. Mathis war eine Mimose und seine affektierte, etwas effeminierte Art war nicht jedermanns Sache. Er war auch umgeben von vielen Freunden ähnlicher Art, die er zur Stütze mitgebracht hatte. Barry forderte Mathis bei Probeaufnahmen auf, seinen "Weiberhaufen" bitte rauszuschicken. Das wurde als homophob eingestuft, was Barry jedoch nicht war. Und Mathis war nun noch kritischer als vorher.

Über das letztendliche Schicksal von "Think of me" sind nur widersprüchliche Aussagen bekannt. John Barry erzählte, dass das mit Mathis aufgenommene Material nicht brauchbar war und er den Anforderungen des songs nicht gewachsen war. Er ging auch nicht auf den Kompromiss ein, der mit Nancy Sinatra so hervorragend geklappt hatte: die Strophen und den Refrain getrennt aufnehmen. Mathis wollte durchsingen, was nicht klappte. Barry entschied sich dann, dass Mathis nicht singen würde. - Der Sänger hingegen betonte, dass ihm das Lied nicht gefiel und der Text keinen Anspruch hatte und er es Eon und John Barry untersagte, den Song zu verwenden. Laut ihm wäre das Lied fertig gewesen.

Das alles geschah noch relativ lange vor der Deadline zur Musikeinspielung. Inzwischen hatte die Führungselite bei Eon eine neue Entscheidung getroffen: nachdem der Vorgängerfilm einen Song hatte, in dem der Filmtitel nicht vorkam, sollte er nun wieder so heissen wie der Film. Hal David baute den Text um, teilweise entstanden vollkommen neue Lyrics. Barry und David einigten sich darauf, den nichtssagenden Begriff "Moonraker" im Sinne von "Mondfahrer" oder "Raumfahrer" zu verwenden.

Barry arrangierte den Song nun wieder etwas um, machte ihn orchestraler und idealer für eine stärkere Stimme. Der Song war stark streicherlastig und sehr lyrisch, auf klischeehafte Bond-Zutaten wurde verzichtet. Pop-Elemente gab es, diese waren aber sehr dezent eingesetzt. Während der Einleitung, den zwei Strophen und der kurzen "Bridge" war es einzig eine Triangel, die rythmische Percussion darstellte. Während des Refrains war ein Schlagzeug zu hören, jedoch ganz sachte und sanft. "Moonraker" war kein Popsong, aber auch keine opernhafte Arie - es hatte einen ganz eigenen Flair, gehörte aber eindeutig zur U-Musik. Barry verweigerte sich jeglichen starken Popelementen und das Ansinnen, etwas dem "Disco-Style" zu huldigen, der gerade in war, gab er eine Abfuhr.

Für den Abspann sollte der Song kürzer werden, man konnte aber nicht einfach den Titelsong gekürzt wiedergeben, wie es Marvin Hamlisch im Vorgängerfilm getan hatte. Also schrieb Barry einfach eine alternavtive Version des Titelsongs - mit exakt dem selben Text, nur kürzer und schneller. Da die getragenen, sinfonischen Arrangements so aber nicht wirkten, verpoppte er doch tatsächlich den Song. Es wirkte wie eine Ironie gegenüber dem Ansinnen, einen Up-to-Date-Song zu schreiben. Für den Abspann schien es Barry zu passen, für die Haupttitel fand er das deplaziert. Der Endtitles-Song hatte Elemente des Disco-Style, die aber primär auf einem Arrangement der solchen beruhten, Barry imitierte nicht einfach irgendwelche vorhandenen Kompositionen, er entwickelte seinen eigenen Zugang. Die Intro wurde verändert, Barry benutzte für diese, sowie als Hintegrundsstimme Elemente aus dem Score-Stück "Flight into Space". Die ersten Takte dieses Stückes wurden zur Songintro umadaptiert. Vom Originalarrangement übernahm Barry nur die "Bridge" und die kurzen Streicherglissandi, die auch im Hauptsong immer nach einem gewissen Taktsystem eingesetzt wurden. Diese Version schrieb Barry laut eigener Angabe innerhalb weniger Minuten, da es eine rein technische Angelegenheit war.

Barry hatte nun also beide Songversionen fertig, nur etwas fehlte noch: wer sollte das Lied denn nun singen? Barry hatte sich nebenbei auch mit dem Score beschäftigt und es war noch genug Zeit, wenngleich nicht mehr im Übermaß. Er musste zwischendurch nach New York reisen, wo er einen amerikanischen Interpreten nebenher ausfindig machen wollte. Er traf dort zufällig auf seine alte Freundin Shirley Bassey, an die er gar nicht gedacht hatte als Interpretin. Später wunderte er sich darüber, da dieser Song wie für sie gemacht schien. Barry räumte allerdings ein, dass er damals einen starken Bruch empfand gegenüber allem, was er früher für Bond komponiert hatte.

Shirley Bassey sagte aus zwei Gründen zu: wegen ihrem guten Verhältnis mit John Barry, ausserdem fand sie es einfach großartig, für Bond zu singen. Es sollte ihr dritter regulärer Bond-Titelsong werden. Sie ist bis dato die einzige Person, die es geschafft hat, mehr als einen Bond-Titel zu singen. Man machte schnell die Termine aus und Broccoli hatte bereits grünes Licht gegeben, fand die Idee sehr gelungen.

Für Shirley Bassey stellte sich aber nun eine gewisse Ernüchterung ein. Der Song selbst sagte ihr zu, sie fand die Melodie sehr schön, nur wurde ihr alles fix und fertig vorgesetzt. Sie brauchte nur mehr den Text zu singen. Diese Arbeitsweise war ihr vor allem zusammen mit John Barry neu. Sie verstand natürlich, dass alles ein Ergebnis des schwierigen Schaffensprozesses gewesen war, aber es fehlte ihr einfach etwas. Bei den anderen Zusammenarbeiten mit Barry wurde das alles live gemacht und sie war Teil des kreativen Prozesses, man experimentierte und versuchte da und dort etwas zu ändern, zu verbessern. Hier hatte sie also nur mehr zu singen, das gleich zweimal, da man die Tonspur mit ihrem Gesang nicht für beie Arrangements benutzen konnte. Shirley Bassey war damals nach wie vor gefragt, aber so ein Bond-Song, vor allem in dritter Runde, war eben etwas BESONDERES. Und genau das wollte die Sängerin auch für sich ausnutzen, Promotion machen und den Song in entsprechendem Ambiente vorstellen. Aber das war nicht möglich, es war nur mehr wenig Zeit bis zur Filmpremiere und man erachtete es in der Eon-Führungsetage als nicht zielführend. Das fiel damals in den Bereich von Michael G. Wilson. Barry versuchte zu intervenieren, erreichte aber nichts. Heutztage wird das Erscheinen eines Bond-Sonbgs medial zur Spitze getrieben und nervt mitunter schon. Bei "Moonraker" geschah aber nahezu gar nichts, ausser einer beiläufigen Pressemeldung - dabei wusste man das damals an und für sich schon auszunutzen. Immerhin, im Gegensatz zur heutigen Zeit, wurde "Moonraker" nicht schon medial breit zum besten Bond-Song aller Zeiten gekürt, wie es lange schon üblich ist.

Shirley Bassey sang hochprofessionell, aber es war einfach nicht "ihr" Lied. Sie war die dritte, wenn nicht genaugenommen vierte Interpretin und konnte sich nicht einbringen. In ihren vielen Live-Konzerten sang sie "Moonraker" nie, auch hatte sie den Titel nicht allzu gerne auf "Best of"-Alben und Alben-Neuverversionen nahm sie keine auf. Erst über 25 Jahre nach dem Erscheinen des Filmes sollte sie den Titel in einem Konzert erstmals live singen.

"Moonraker" war kommerziell als single kein besonderer Erfolg. Auch wurde ein Fehler bei der Erstveröffentlicvhung gemacht und die Versionen vertauscht, also wurde die poppige Endtitel-Fassung als Titelsong ausgegeben. Im Radio ist die getragene Haupttitel-Fassung des Songs mittlerweile des öfteren zu hören, vor allem in Nachtprogrammen. Die Popversion wird kaum je von einem Sender gespielt. Etwas vernachlässigt wird der Song noch immer, man behandelt ihn ein wenig stiefmütterlich. Er gehört zum "Bondiversum" dazu, aber nur selten wird seine wirkliche Qualität anerkannt oder herausgearbeitet. Er mag nicht sehr poppig sein und keine Musikphrasen haben, die man mit Bond verbindet. Nichts destotrotz ist "Moonraker", so nichtssagend der Text auch sein mag, ein kraftvoller Song. Lyrisch, getragen, erhaben und hervorragend gesungen. Läßt man den albernen Comic-Faktor des Filmes beiseite und hält sich die Unendlichkeit des Weltalls vor Augen, nimmt die zentrale Bedeutung der Geschichte ernst (die Eroberung des Weltalls, die Vernichtung der bestehenden Menschheit), dann ist "Moonraker" schlichtweg ein perfekter Song und drückt genau das aus, wofür die Essenz der Handlung steht.

Lammers


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29.10.2015 15:32
#102 RE: Nobody twangs it better Zitat · antworten

Zitat von fortinbras
Williams ist der neoromantischen Musik verpflichtet, wie es bei vielen Komponisten der Fall ist. Es wird unglaublich viel von den Großen geborgt, fast plagiiert. Aus Holsts "Planeten" mit einem Schuß Richard Strauss ließe sich fast der gesamte "Star Wars"-Score herausfiltern. Bei James Horners prächtigen "Star Trek"-Scores war es nicht anders, er bediente sich fleissig an Vorhandenem und zwischendurch "wagnert" es ganz heftig.



Definitiv. Besonders bei dem 1. Satz "Mars - Der Bringer des Krieges" kann man mehr als deutlich das dunkle Imperium heraushören. Ich habe meine Aufnahme mal am Geburtstag ein paar Gästen vorgespielt, da wir darauf zu sprechen kamen und alle haben zugestimmt.

Am meistens "gewagnert" hat allerdings Bernard Herrmann, was man an seinem "Vertigo"-Score hören kann. Inbesondere in den Fernsehfilm "Die fremde Frau" (ZDF 2003), wo der Score verwendet wurde (sehr passend !) fällt es sehr auf, da zum Schluss auch ein Ausschnitt aus "Tristan und Isolde" von Richard Wagner gespielt wird. Insofern ist "Vertigo" durchaus ein verfremdeter Wagner.

Überhaupt haben sich viele Filmkomponisten immer wieder klassischer Komponisten bedient, wie du schon bemerktest. Das letzte Beispiel, was mir untergekommen ist, ist der 3. Satz aus Tschaikowskys "Pathetique", an dem sich Erich Wolfgang Korngold für "Robin Hood - König der Vagabunden" bedient haben muss. Es klingt sehr stark danach; egal ob man sagt Tschaikowsky klingt nach "Robin Hood" oder "Robin Hood" klingt nach Tschaikowsky.

fortinbras ( gelöscht )
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29.10.2015 20:34
#103 RE: Nobody twangs it better Zitat · antworten

Holsts "Planeten", daraus vor allem "Mars", ist sicher die am Häufigsten verwendete klassische Musik innerhalb von Filmscores. Von Cliff Eidelman über James Horner zu John Williams und Hans Zimmer, da kam fast keiner vorbei. Simon Rattle, für den Filmmusik bekanntermaßen so ziemlich das Unterste in der Musikerhirarchie darstellt, weigerte sich ja bis vor drei, vier Jahren überhaupt, "Die Planeten" zu dirigieren, weil man da immer an Filme denken würde. In zahlreichen Interviews ließ er sich ja über diesen "Missbrauch" aus.

Für mich ist es durchaus legitim, aus der Klassik zu schöpfen und manche Komponisten eignen sich auch perfekt dazu. Der Opernpapst Marcel Prawy hat bei einer Diskussion unter elitären Musikanalytikern für Schrecken gesorgt, als er sagte: "Ich glaube, wäre Wagner später geboren, wäre er nach Hollywood gegangen zum Filmmusik komponieren." Wagner dürfte wohl häufiger als jeder andere Pate gestanden haben bei Filmmusiken, gerade seine Leitmotivtechnik dürfte zwangsläufig zu dieser Bewunderung führen.

Bernard Herrmann ist sicher ein Sonderfall. Bei ihm "wagnerte" es tatsächlich sehr oft, auch beherrschte er das Repertoire anderer Komponisten. Teile seines "Herr der drei Welten"-Scores könnten auch von Georg Friedrich Händel stammen. Herrmann wollte laut seiner Biografen ja immer lieber Dirigent und Konzertsaal-Komponist sein, mit Filmmusik als Übergang. Aber er hat die Filmmusik ja doch zu stark revolutioniert, um einfach wieder so zu verschwinden. Seltsamerweise ist er später häufig in jene Muster verfallen, die er gerne kritisierte und war nicht selten auch kitschig. Sein Anliegen war es sicher, der beste Filmkomponist generell zu werden. Leider führte das vor allem nach dem Bruch mit Hitchcock dazu, dass er seine Scores wichtiger nahm als den Film, für den er diesen schrieb und mitunter seine Kompositionen regelrecht aufdringlich wurden.

Interessant finde ich, dass Musikkritiker und -analytiker gerne Filmmusiken zerlegen in Richtung Klassik, dies aber respektvoll und mit Bewunderung für die Komponisten, sofern man das ihnen überlässt. Cliff Eidelman wurde verrissen für seine großartige Musik zu "Star Trek VI". Er nahm Holsts "Mars" auf Nicholas Meyers Wunsch als Vorbild für die Musik, benutzte aber eigentlich nicht mehr als den rythmischen Teil. Eidelman lieferte die Analyse vorab, was absolut nicht gut ankam.

James Bernard hatte einen Hang zu Debussy, Scriabin und Liszt. Sein Klavierkonzert für "Der Kuss des Vampirs" war ja auch eine Hommage an Liszt. Die Schiffs-Sequenz in "Nosferatu" war auch ganz schön "verwagnert". Insgesamt gehörte Bernard mit seinen Hammer-Scores aber auch zu jenen Komponisten, die einen eigenen individuellen Stil immer bevorzugten und sich nicht gerne an bereits bestehende Klassikwerke anlehnten. Der Musikwissenschafter David Huckvale hat es bei Bernard gemacht, Geoff Leonard bei Barry oder auch Richard Rodney Bennett: in Analysen herausgearbeitet, dass deren Musik insgesamt deutlich komplexer ist als jene der elitären Komponisten Hollywoods, die bevorzugt in klassischen Gewässern fischen (Steiner, Korngold, Williams, Horner, etc).

Beides ist legitim und wirkungsvoll, ich würde da niemanden gegeneinander ausspielen wollen. Nur der Umgang mit beiden Richtungen von Seiten des musikalischen Establishments lässt etwas zu wünschen übrig.

fortinbras ( gelöscht )
Beiträge:

30.10.2015 16:45
#104 RE: Nobody twangs it better Zitat · antworten

MOONRAKER - STRENG GEHEIM: Die Filmmusik

John Barrys Score zu diesem Film bekommt meist nur durchschnittliche Bewertungen und es ist häufig zu lesen, dass es sich hier um keinen besonders guten Filmsoundtrack handelt. Sieht man sich die Rezensionen genauer an, merkt man deutlich, dass es hier primär eine Entweder/Oder-Haltung gibt. Persönlich zähle ich mich zu jenen, die Barrys "Moonraker"-Score enorm schätzen und diese Musik für drastisch unterbewertet finden.

Woran kann es liegen, dass gerade dieser Score eher mau aufgenommen wird? Es ist jedenfalls Barrys erste Filmmusik für Bond, nachdem es zu einer Veränderung seiner Musik kam. Selbst gegenüber seiner letzten Bond-Arbeit "Der Mann mit dem goldenen Colt", die nicht zu seinen Höhepunkten zählt, kann man den Bruch erkennen: die Popelemente haben drastisch abgenommen, sind nahezu verschwunden, er ist nicht mehr so verspielt und statt Frechheit und Energie gibt es viel häufiger würdevolle, majestätische Musik. "Moonraker" ist auf jeden Fall ein gelungener Score zu einem nicht ganz so einfachen Film.

Ehe man sich mit den neuen Craig-Bonds am herkömmlich konventionellen Actionkino orientierte, gab es nur einmalig ein Anbiedern an externe Erfolge. Dank dem "Krieg der Sterne" war Science-Fiction wieder megamäßig "in" und dieser neue Hollywoodstil, den man später "Blockbuster" nannte, dominierte die Szene. Man hätte es nicht notwendig gehabt, da Bond schließlich Bond war, aber man wollte unbedingt auf den Erfolgskurs der Sternenkrieger gehen und so musste Bond ins Weltall. Der Film hat eine sehr ernste und düstere Hintergundsgeschichte, die allerdings streckenweise sehr albern aufgezogen wird. Man wollte auch zugleich den vorangegangenen Film in einigen Punkten imitieren. "Moonraker" ist für mich kein schlechter Film, ich hab ihn sehr gerne, aber man hätte ihn mit weniger Zugeständnissen an Hollywoods Sternenkino und mehr Eigendynamik zu einem deutlich besseren Film machen können. Drax hätte für seine Operation das Weltall nicht unbedingt notwendig gehabt.

John Barry war die erste Wahl als Filmkomponist. Da "Moonraker" eine englisch-französische Koproduktion war, konnte die Musik in Frankreich eingespielt werden, wo Barry problemlos arbeiten konnte. Großbritannien durfte er aus steuerrechtlichen Gründen zu Arbeitszwecken damals nicht betreten. Durch die Auslagerung der Musik nach Frankreich im Rahmen einer Koproduktion, ersparte sich Eon auch den Ärger mit den berühmt-berüchtigten englischen Gewerkschaften.

Wie John Barry berichtete, hatte er ein Gespräch mit der neuen kreativen Kraft, Michael G. Wilson. Dieser war ganz begeistert von Marvin Hamlischs "Bond 77" und wollte auch für den neuen film einen ähnlichen Pop-Stil und leichte, verspielte Musik. Auch Elektronik und Synthesizer wären wünschenswert, aber beides lehnte Barry kategorisch ab. Er war der Meinung, dass der Film streckenweise sehr albern wäre und eine solche Musik daher kontraproduktiv und viel zu zeitgeistig. Barry wollte sich auf den ernsten und düsteren Hintergrund konzentrieren und dem Film damit einen bodenständigen musikalischen Rahmen als Zusammenhalt geben. Mit dieser Entscheidung hatte er sicherlich recht.

"Moonraker", der Song, eignete sich natürlich in erster Linie als Liebesthema für den Film und fand als solches auch mehrere Einsätze. Hier ließ Barry vor allem die Streicher und Holzbläser die Melodie spielen, die zart und von vollendeter Schönheit ist. Bei Bonds Ankunft in Rio indes ließ er eine instrumentale Kurzversion des Songs spielen, genaugenommen exakt die Hälfte. Das in Speed-Up, unterlegt mit poppigen Elementen und einem Urlaubs-Flair, passend zu Rio. Innerhalb des Scores war es das einzige Mal, das Elemente von Popmusik verwendet wurden.

Das zentrale Thema des Filmes war "Flight into Space". Es ist eine Kombination aus Barrys vorangegangenen Space-Themen zweier Bond-Filme und seinem fulminanten "Journey to Piz Gloria" in "OHMSS". Keinesfalls ist es ein Plagiat, es verbindet nur die wesentlichen Grundelemente dieser beiden Themen. "Flight into Space" ist ein erhabenes, majestätisches Musikstück. Die verschiedenen ineinander verwobenen Motive sind alle von unglaublicher Einfachheit und gerade deshalb so wirkungsvoll. Die Orchestration ist ohne Schnörkel, also keine kleinen Triller da und dort, kein Einsatz eines besonderen Instrumentes für eine Milisekunde. Bläser, Streicher, Chor und Percussion. Der häufige Einsatz eines Chores war ein Novum in einem Bond-Film und sollte auch nicht wiederholt werden. Hier passte es perfekt, um die Unendlichkeit des Weltalls auszudrücken, ebenso wie die beiden Missionen, die es zu bewältigen galt. Das Stück ist würdevoll, erhaben, zwischendrin auch gefährlich und dann wiederum von schlichter Schönheit. Man kann sich schwer dem Zauber des Stückes entziehen, das vollkommen losgelöst von den Bildern ebenso berauschend ist und fast etwas von großorchestraler Meditationsmusik an sich hat.

Aus diesem Thema wandelte Barry weitere Stücke ab. Zum einen verwendete er die Percussionslinie vollkommen ident für einige andere Stücke, gelegentlich nur in einem anderen Tempo. Die Percussionslinie stellt auch eine Art Zusammenhalt der einzelnen Stücke dar, zusätzlich zu einer sehr einheitlich gehaltenen Gesamtorchestration. Aus dem "Flight into Space"-Thema entwickelte Barry die Musik für das Finale, den Kampf in der Raumstation und später noch beim Abschuss der Globen. Hier variierte er das Thema leicht, es ist aber deutlich erkennbar. Das Space Battle-Thema entwickelte er aus Hintergrundsstimmen des Haupt-Weltraumthemas, es ist ebenso getragen und würdevoll, erst zuletzt gesellen sich hier einige kleine Synthesizerverfremdungen ein. Für die gesamten Finalszenen verzichtete Barry zusätzlich auf das "Mickeymousing" und unterlegte ganze Szenen mit durchgehender Musik, ohne einzelne Schnitte zu berücksichtigen.

Eine weitere Variante einiger zentraler "Flight into Space"-Elemente sind beim Kampf auf den Gondeln oberhalb Rios zu hören. Das Stück ist früher im Film platziert als "Flight into Space", ist dennoch eine Variation daraus, da Barry dieses Thema gleich nach dem Song komponiert hatte. Die Cablecar-Fight-Musik ist eine typische Filmmusik, die mit den Bildern deutlich besser wirkt, als ohne. Auf dem Soundtrackalbum ist das Stück nicht unbedingt sehr markant und wirkungsvoll. Es braucht hier die Bilder dazu und das ist bei Filmmusik ja auch legitim. Zwischen den stakkatoartigen Motiven zum Kampf, wird von Barry eine kleine Melodie für Trompeten und Posaunen überlagert, die ich mal so zu erfassen versuche: Taaaaa, tatata-ta Taaaa. Hier arbeitete Barry ein klein wenig mit dem Bepop des James Bond-Themes. Die Musik zum Kampf mit der Schlange ist im Grunde auch dem Space-Thema entnommen, das ist sogar eines meiner Lieblingsstücke. Es beginnt abrupt ohne große Einleitung und erzeugt auf einfache, aber wirkungsvolle Weise Spannung. Das Stück ist sogar sehr clever, denn die Streichermotive sind ineinander verschlungen.

Das James Bond-Theme ist natürlich gleich zu Beginn in der Gunbarrell-Sequenz zu hören. Hatte Barry bei seinem letzten Bond-Einsatz die Gitarre aus dem berühmten Thema entfernt, ließ er jetzt auch das Schlagzeug aus der Orchestration heraus. Für die Percussion waren nun Schellen und Triangel zuständig, das Thema selbst wurde von Streichern gespielt und leicht kontrastiert mit Bläsern dann und wann. Abgesehen davon benutzte Barry das berühmte Thema nur zweimal im Film: während der Vortitelsequenz, wenn Bond und Beisser aus dem Flugzeug stürzen, untermalt es diese Actionszene. Es ist sehr peppig, unterstützt von einer starken Basslinie, aber nicht mehr mit wirklichen Popelementen unterlegt. Diese Grundorchestration sollte Barry in seinen kommenden Bond-Scores mit leichten Variationen beibehalten. In der Vortitelsequenz kontrastierte Barry das Thema mit einem fast fröhlichen Bläser-Streicher-Thema, das gut zum Himmel und dem Fliegen passte. Während der Actionsequenz in Venedig hatte das Thema noch einen Einsatz, hier wurde es etwas kontrastiert mit Johann Strauss, dazu aber später noch mehr. Auffallend ist, das Barry das Bond-Thema nur in komisch aufbereiteten Actionsequenzen anwandte, während er sonst auf alternative Musik setzte, ganz so als wäre das James Bond-Theme nichts als Comicmusik. Weitere Einsätze hat das Thema im Film nicht.

Musikalische Highlights sind u.a. Bonds Ankunft bei Drax, wenn vom Hubschrauber aus das Schloss zu sehen ist. Hier setzte Barry ein majestätisches Bläserthema an, kontrastiert von hohen Streichern. Barry borgte hier ein klein wenig bei seinem Finalstück in "Der Löwe im Winter". Von unvergleicher Schönheit ist das hauptsächlich für Streicher,chor und Bläser orchestrierte Thema, wenn Bond den Amazonentempel betritt. ein wenig chauvinistisch könnte man das Stück schon nennen, da es neben der Schönheit der Location auch die auftretenden Schönheiten darstellt. wie immer bei Barry ist das ausgesprochen wirkungsvoll.

Für die Szenen im Astronautenversuchslabor schrieb Barry spannende, wenn vielleicht auch etwas konventionelle Musik. Wenn Bond in der Zentrifuge ist, setzt Barry auf eher atonale Musik und bemüht sich, die überschreitende Schmerzgrenze musikalisch einzufangen. Für die Tötungsszene der Sekretärin mit dem Hund grub Barry etwas sein Hypnose-Thema aus "OHMSS" aus, aber orchestrierte es anders und sehr wirkungsvoll. Die spannungsfördernden Themen zwischendurch sind allesamt auf den ersten Blick konventionell, aber das dürfen sie auch sein und schließlich verfehlt keine Note ihre Wirkung. Hier ließ Barry düstere Bläser und Streicher erklingen, teilweise durch brummige tiefe Klaviertöne kontrastiert.

Zum letzten Mal in einem Bond-Film, und zum einzigen mal bei Roger Moore, war Barrys "007"-Thema zu hören, das auch bei einer eher humorvoll aufbereiteten Actionszene zu hören war und in der insgesamt leichtesten Orchestration zu hören war, es dominierten die Streicher ganz besonders.

Gegen den Willen John Barrys wollte wie im Vorgängerfilm Zitate aus klassischer Musik einbauen und ebenso andere Gags dieser Art verwenden. Ein Gag, den Barry selbst einbaute, waren die ersten Noten von Richard Strauss' "Also sprach Zarathustra" für das Jagdhorn. Allerdings ist das nicht für jeden deutlich nachvollziehbar. Für den musikalischen Code zum Eintreten in Drax Geheimlabor wollte Barry erneut und diesmal durchgespielt die markanten Strauss-Noten spielen, die man ja mit "2001" verband. Es wurden aber während des Endschnittes die bekannten Noten aus John Williams' "Close Encounters" benutzt. Als Filmthema, das größer zitiert wurde, entschied man sich für "Die glorreichen Sieben", dies in Abstimmung mit Barry, der das Stück eigens einspielte.

Größter Zankapfel war jedoch die Tritsch Tratsch-Polka in Venedig. Das Stück wurde als Temp-Track für den Rohschnitt benutzt und das gesamte Team hattesich regelrecht vernarrt. Barry fand, wenn schon Klassik, sollte es in Venedig doch besser Vivaldi sein. Er schlug auch vor, das James Bond-Theme oder "007" in barockem Gewande einzusetzen, aber man legte sich auf die Strauss-Polka fest. Barry war nicht besonders begeistert, machte das stück aber zum Teil seines Scores. Er machte aber kein Geheimnis daraus, dass es ihm nicht behagte. Ich persönlich finde es keinesfalls störend, es untermalt die Leichtigkeit der Szene durchaus passend - aber Barrys eigene Musik wäre sicher interessanter gewesen.

Bis heute wurde die Filmmusik noch nicht vollständig veröffentlicht. Das originale Soundtrackalbum beinhaltete knapp mehr als 30 Minuten des Scores. Für SilvaScreen wurde später ein kleiner Teil der fehlenden Musik neu eingespielt, allerdings reichte die Qualität der Aufnahme nicht an Barrys originale Einspielung heran. Die originalen Tapes des Scores wurden in Frankreich verschlampt und sind bis heute verschwunden. Kürzlich gab es ein Projekt, das Geld bringen sollte, um die fehlenden Stücke des Scores neu einzuspielen. Wie es damit derzeit steht, ist mir nicht bekannt. Ich sehe das auch etwas skeptisch, da nahezu alle von SilvaScreen bisher auf den Markt gebrachten Barry-Alben teils trotz gutem Orchester und Dirigenten reichlich steril wirkten.

"Moonraker" zählt für mich zu Barrys individuellsten Bond-Scores. Diesen erhabenen, fast düsteren und dann wieder so abenteuerlich-romantischen Klang mit viel Chor-Einsätzen kann man in keinem anderen Bond hören. In gewisser Weise war der Score sogar etwas rebellisch, da er weder die Popelemente jener Zeit benutzte, noch den durch John Williams neu geprägten Science Fiction-Musikklang. Barry blieb sich hier selbst treu und das Ergebnis ist meiner Meinung nach ein hervorragender Beitrag zur Bond-Reihe und auch zu Barrys Gesamtwerk.

James Bond will return in "For Your Eyes Only"...

Slartibartfast



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04.11.2015 18:03
#105 RE: Nobody twangs it better Zitat · antworten

Zitat
nachdem der Vorgängerfilm einen Song hatte, in dem der Filmtitel nicht vorkam, sollte er nun wieder so heissen wie der Film.


Wie ich schon geschrieben habe: THE SPY WHO LOVED ME kam im Text vor - nur nicht im Titel.

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