Ehrlich gesagt, fand ich den Spruch bei den "Außerirrdischen" weniger offensichtlich. Ohne die frühere Diskussion im Forum hätte ich Schiffs Gruß vielleicht überhört, da er es sehr schnell sagt. Natürlich ist er mehrdeutig, da sowohl Gaswerke als auch von diesen geschickte Monteure alltäglich sind. Aber der Spruch in Kombination mit diesem Kontext und dieser Zeit lässt nur die eine Deutung zu. Welcher Teufel Brunnemann geritten hat, ist natürlich was anderes.
Zitat von NorbertRainer Brandt hat Synchronisation eben bis zur Vergasung betrieben.(An die Berufsgutmenschen: Die Redewendung "bis zur Vergasung" hat nichts mit den Gaskammern der Nazis zu tun, sondern ist ein Begriff aus der Physik!)
Ich hatte gehofft, der vor einigen Jahren ausgebrochene Streit um diese Redewendung würde nicht wieder hochkochen ... Mittlerweile gibt es zu dieser Formulierung (und ihrer Herkunft) übrigens bereits einen eigenen Wikipedia-Artikel: http://de.wikipedia.org/wiki/Bis_zur_Vergasung Demnach fand schon vor vielen Jahrzehnten ein Streit darüber statt. Wer Wolf Schneiders Bücher und Artikel kennt, weiß, dass er alles andere als ein "Berufsgutmensch" ist. Aber die Bedenken gegen diese Redewendung gehört zu den wenigen Sprachtabus, die er für "legitim" hält.
Nachdem ich den Film neulich erstmals komplett gesehen und bei dieser Gelegenheit die drei Synchros miteinander verglichen habe, wollte ich demnächst etwas mehr dazu schreiben, sobald die nötige Zeit dafür vorhanden ist. Vorab eine Frage zu einer Rolle, die in der Sprecherliste bisher nicht erfasst ist: der General, der im Hotel seinen Geburtstag feiert In der Zweitfassung spricht ihn Siegmar Schneider (bei Rainer Brandt eher ungewöhnlich, aber dieser besetzte Schneider auch in der "Filzlaus"), aber wer ist es bei Brunnemann und in der Drittsynchro (wo "natürlich" auch teilweise O-Ton zu hören ist)?
Wirklich sehr lobenswert, dass Kinowelt es geschafft hat, die verschiedenen Fassungen hierzulande gemeinsam herauszubringen! Ob es nach der australischen DVD mit der Drittsynchro einen Aufschrei gab, der die Verantwortlichen dazu bewegt hat? Die Schnitte sind ein Thema für sich, auf das ich besser in einem gesonderten Beitrag zu sprechen komme. Ansonsten habe ich wirklich Schwierigkeiten, mich zwischen der ersten und zweiten Fassung zu entscheiden. Die ältere hat natürlich mit Fritz Tillmann und Heinz Drache (obwohl dessen Rolle kaum etwas hergibt) die charismatischeren Stimmen, Benno Sterzenbachs Selbstsynchronisation ist ein weiterer Pluspunkt. Arnold Marquis klingt hier wunderbar leichtfüßig-verspielt, wodurch die Naivität und Hilfsbereitschaft der Rolle genial eingefangen wird, Gerd Martienzen ist ganz in seinem Element. Aber dafür die Kürzungen ... Teilweise fragt man sich wirklich, was das sollte! Das Verzichten auf die Mehrsprachigkeit ist ambivalent: in einigen Szenen wurde es ganz gut überspielt (etwa im Dampfbad), bei anderen macht es sich unangenehm bemerkbar (dazu später ein separater Beitrag in einem anderen Thread). Die Zweitsynchro fällt natürlich besonders dadurch auf, dass man versuchte, die Sprachprobleme zwischen Engländern und Franzosen zu integrieren. Dadurch waren Klaus Höhne, Rainer Brandt und Uwe Paulsen gezwungen, ihre Dialoge größtenteils oder durchgehend englisch zu sprechen, was besonders Paulsen und Höhne recht gut gelang; Brandt spricht zumindest den Rang "Lieutenant" korrekt britisch aus, was selbst damals in Synchros nicht selbstverständlich war (siehe "Luftschlacht um England"). Dadurch, dass man die Verständigungsschwierigkeiten diesmal nicht aussparte, gewinnt besonders der Dialog zwischen Stanislas und MacIntosh einiges an Komik, da Ersterer versucht, sich trotz seines (sehr) begrenzten Vokabulars zu verständigen. Dafür fällt unangenehm ins Gewicht, dass man aus Achbach einen brüllenden Deppen machte, was sich bereits bei seinem ersten Auftritt im Opernhaus zeigt, als er zunächst nur in abgehackten, unvollständigen Sätzen spricht. Clasens Besetzung wundert mich sehr: Ansonsten ist er mir bisher nur in Nebenrollen aufgefallen, er scheint nie zur "ersten Liga" gehört zu haben. In vielen Synchros hört er sich an, als ob Wolfgang Lukschy zu der Zeit, als er noch weniger "kernig" klang, versucht, wie Arnold Marquis zu chargieren. Wenn Sterzenbach nicht verfügbar war: Warum nahm Brandt nicht Martin Hirthe? Der war in seinen Synchros öfter dabei, lag vom Klischee her nahe und hätte mit dem Gesicht harmoniert. Martienzen ist hier so gut wie zuvor, dafür hört sich Marquis deutlich "schwerer" an und scheint sehr viel stärker zu chargieren, um auf diese Weise "leichter" zu klingen. Dass man sich bei der Kombination stärker auf die Erstsynchro stützte, erscheint mir (trotz des häufigen Verzichts auf die Sprachprobleme) vertretbar, da die Hauptrollen überwiegend besser besetzt sind; neben den bereits genannten Namen sagt mir auch Margot Leonard einen Tick mehr zu als Almut Eggert. Eine Kuriosität: Die Szene, in der Achbach Cunningham verhört, liegt hier durchgehend in der Erstsynchro vor. Wählt man dagegen im Menü diese, wechselt das Verhör (als der deutsche Offizier mit den Bildern hereinkommt) zum O-Ton. Besetzungsmäßig würde ich die Zweitsynchro allenfalls bei einigen kleinen Nebenrollen vorziehen: Beim Zoowärter passt Edgar Ott für mich besser zum Gesicht, bei der älteren Nachbarin wirkt die Situation noch "peinlicher", wenn diese mit der SEHR damenhaften Stimme von Ursula Krieg spricht, Siegmar Schneider für den General klingt auch etwas besser als der mir bisher unbekannte "Vorgänger", ebenso wie Joachim Kemmer im Vergleich zu Kurt Mühlhardt. Was die Dialoge angeht, haben sich Brunnemann und Brandt beide gleichermaßen zurückgehalten und sind nur selten "erkennbar": Der eine klingt bei Formulierungen wie "Auf Wiedersehen - aber es eilt nicht!" und "Außer Besen nichts gewesen" durch, der andere beim nächtlichen Streitgespräch, als Stanislas und Augustin auf Fahrrädern unterwegs sind. Die dritte Fassung war eigentlich überflüssig, da bis auf eine Sequenz der Film leicht durch Kombinationen durchgehend deutsch zu hören wäre. Michael Pans Chargieren passte zwar "eigentlich" zur Rolle, aber man vermisst trotzdem schmerzlich Martienzen. Im Falle von Bourvil war ich bereits durch Stefans Begeisterung vorbereitet, aber trotzdem hat mich beeindruckt, wie überzeugend leichtfüßig er hier klingt. Dabei wirkt er nicht zu alt, obwohl er bei den Aufnahmen schon ein Mittsechziger war! Marie Bierstedt ist ein weiterer Pluspunkt, dabei war Meinckes Dröhnen sogar noch schlimmer als das von Clasen, zumal man hier sehr oft auf O-Ton setzte, was auch bei den übrigen deutschen Rollen für einen Bruch sorgte. Bei den Fliegern scheinen für die synchronisierten Dialogen tatsächlich Muttersprachler eingesetzt worden zu sein, die dem Original aber teilweise recht nahe kamen. Bei Terry-Thomas ist allerdings auffällig, dass dessen Sprecher beim Namen MacIntosh (anders als TT selber, Höhne und Tillmann) die erste Silbe nicht "Mäck" sondern "Mack" ausspricht (vielleicht ein regionaler Dialekt?). Ansonsten kam mir der Verdacht, dass die Macher dieser Version die Brandtfassung kannten oder zumindest von deren Besetzungen wussten. Denn sowohl Flechtner als auch Kluckert auf jeweils zwei Schauspieler zu besetzen, die optisch nicht viel gemeinsam haben, aber 1975 von Grote bzw. Ott synchronisiert wurden, ist ZU auffällig.
Was die Kürzungen angeht, so dienten diese bei der Erstfassung sicher oft dazu, den Film zu straffen oder Stellen zu vermeiden, bei denen sich die Sprachprobleme nicht überspielen ließen (etwa im Speisewagen). Aber warum man die beiden Streitgespräche zwischen den Protagonisten (als sie von den Engländern kurz verlassen wurden und beim nächtlichen Radeln durch die Stadt) herausschnitt, wüsste ich zu gern! Dadurch geht einiges an Typenkomik verloren. Bei der Zweitfassung wäre die Frage, ob diese vielleicht nicht mehr vollständig erhalten ist, was sich wohl nur anhand der Angaben zur Länge in einem Jahrbuch oder Filmprogramm beantworten ließe. Denn warum sollte man die Szene im Kasperletheater, von dem als Treffpunkt zuvor (anders als in der Erstsynchro!) ausdrücklich die Rede war, entfernen? Oder die "Enttarnung" von Sir Reginald im Lazarett, die der Grund dafür ist, dass er und MacIntosh dieses wieder verlassen müssen? Und bei Cunningshams Verhör gab es auch keinen Grund, die ersten Sekunden zu schneiden. Im Bonusmaterial und auf Youtube gibt es einen Wiederaufführungstrailer, der mit dem französischen bei der Szenenwahl überwiegend übereinstimmt. Auffälligerweise enthält er mehrere Szenen, die bei der früheren Synchro fehlten (weshalb es interessant wäre, ob diese vielleicht einen anderen Trailer hatte), aber auch eine (Bouvet und Sir Reginald in deutscher Uniform im Park), die in dieser Version fehlt. Vor einigen Jahren hieß es, die zweite Fassung sei gerüchteweise in den späten 80ern auf Tele 5 gelaufen und kurz vor der Kirch-Pleite im Archiv gesichtet worden. Weiß jemand, ob sie tatsächlich irgendwann einmal ausgestrahlt wurde? Und jenseits davon: Der Film war bekanntlich auch in Deutschland ein enormer Erfolg. Ob bei der Wiederaufführung in einem Programm oder der Presse explizit erwähnt wurde, dass man die Mehrsprachigkeit des Originals (die dort für einige Komik sorgt) nun teilweise zu integrieren versucht hatte?
Die kurzen geschnittenen Stellen sind definitiv Materialfehler, es gibt da noch weitaus mehr Stellen, an denen hörbar Sekunden des Tons gedoppelt wurden, nur betraf es hier keine Dialoge, sondern nur Laute. Bei der Szene im Kaspertheater ist es zumindest merkwürdig, dass offenbar die komplette Szene nicht mehr aufzutreiben war - auf der einen Seite ergibt die Handlung an der Stelle wenig Sinn, wenn sie fehlt, auf der anderen müssten bei Materialfehlern doch wenigstens Fragmente verblieben sein. Trotzdem tendiere ich zu der Ansicht, dass die beiden geschnittenen Szenen ursprünglich in der Fassung enthalten waren und in der aufgetriebenen Kopie so stark beschädigt waren, dass sie nur noch sinnlose Fetzen enthielten und deshalb ganz entfernt wurden, weil es das Publikum sonst irritiert hätte. Die Ausstrahlung auf Tele5 halte ich für eine Ente - auf VHS kam ja die alte Fassung heraus, aber unter dem neuen Titel, so dürfte Tele5 auch diese Fassung ausgestrahlt haben. Wäre es nicht so, wäre die neue Fassung viel früher wieder "aufgetaucht". Außerdem - gab es Tele5 in den späten 80ern überhaupt schon?
Zitat von Stefan der DEFA-Fan im Beitrag #97gab es Tele5 in den späten 80ern überhaupt schon?
Ab 1987/88 schon, am 31. Dezember 1992 stellte dieser Sender dann seinen Betrieb ein, um im neuen Jahrtausend wiederzukehren.
Wärest du auch der Meinung, dass aus Brandts Sicht Hirthe für Sterzenbach und Miedel für Terry-Thomas (dieser Gedanke kam mir nachträglich) eigentlich naheliegender gewesen wären?
Da bringst du mich etwas in die Bredouille - naheliegend wären sie durchaus gewesen, aber zumindest Clasen gehörte durchaus zum Brandt-Pool und wäre stimmlich nah an Sterzenbach, wenn er nicht so unsympathisch chargiert hätte. Höhne war großartig für Terry-Thomas, aber wenn ich einen anderen Sprecher (von Tillmann abgesehen) am liebsten für ihn gehört hätte, dann einen, der ohnehin am Film beteiligt war: Tony Herbert. Und für Sterzenbach hätte ich viel lieber (auch als Hirthe) einen ebenfalls im Film vertretenen gehabt, den ich eigentlich eher in die Brunnemann-Mannschaft eingeordnet hätte: Siegmar Schneider. Eben wegen ihrer Beteiligung an der Synchro hätte ich sie als weitaus naheliegender empfunden.
Entschuldigung wegen der Bredouille! Hätte Schneider nicht viel zu schmal für den stattlichen Sterzenbach geklungen? Ich weiß, dass er sehr vielseitig war, aber abgesehen von dem Kommissar in "Rabbi Jacob" habe ich ihn kaum für "kräftigere" Schauspieler erlebt. Clasen habe ich auch in Brandt-Synchros gehört (etwa am Beginn von "Nobody ist der Größte"), aber dieses ist die einzige Hauptrolle, die ich von ihm kenne. Was das Chargieren betrifft: Wir dürfen froh sein, dass Marquis bereits "vergeben" war. Sonst hätte Brandt eventuell ihn besetzt. Höhnes Besetzung ist wirklich auffällig: In Berlin kann er durchaus wegen eines Engagements gewesen sein, aber gerade Brandt setzte bei größeren Rollen kaum auf jemand von "außerhalb". Du hattest vor einiger Zeit bereits eine Theorie geäußert:Sprecher-Wohnort(wechsel) etc. Ich hätte auch eine: Ob es vielleicht ein Kriterium war, dass jemand in der Lage war, längere Passagen überzeugend auf Englisch zu sprechen? So würde sich auch erklären, dass Brandt nicht wieder Jurichs besetzte, der ansonsten in seinen Synchros regelmäßig zu hören war und sich in den knapp zehn Jahren seit der Erstsynchro kaum verändert hatte.
Es ist verblüffend, auf wie viele Schneider mit seiner eigenwilligen Stimme passte (analog zu Werner Peters, den man aufgrund seiner eigenen Statur eher für korpulente Schauspieler besetzte, der aber auf schlanke, ja drahtige genauso passen konnte) - auch für den im Alter wuchtigen Charles Gray war er absolut überzeugend. Er hätte Sterzenbach nur etwas vollmundiger sprechen müssen und wäre dessen Originalstimme mindestens so nahe gekommen wie Clasen.
Zitat von berti im Beitrag #96Oder die "Enttarnung" von Sir Reginald im Lazarett, die der Grund dafür ist, dass er und MacIntosh dieses wieder verlassen müssen?
Sie müssen nicht, sondern sie wollen das Lazarett wieder verlassen, nur eben getarnt. Es gäbe ja auch sonst keinen Grund für Reginald, auf englisch zu antworten, gerade er, der als Einziger der Engländer die Oberschwester versteht und problemlos die französischen Zahlen wiederholen kann.
Schneider hat in "I Claudius" für Stratford Johns gesprochen - korpulent und zwischen cholerisch und hysterisch schwankend. Fand ich völlig überzeugend.
Zitat von berti im Beitrag #94 Vorab eine Frage zu einer Rolle, die in der Sprecherliste bisher nicht erfasst ist: der General, der im Hotel seinen Geburtstag feiert In der Zweitfassung spricht ihn Siegmar Schneider (bei Rainer Brandt eher ungewöhnlich, aber dieser besetzte Schneider auch in der "Filzlaus"), aber wer ist es bei Brunnemann und in der Drittsynchro (wo "natürlich" auch teilweise O-Ton zu hören ist)?
Bei Brunnemann war es Wolfgang Amerbacher, der auch in zig anderen Kleinstrollen zu hören war.
Zitat von Stefan der DEFA-Fan im Beitrag #102Es gäbe ja auch sonst keinen Grund für Reginald, auf englisch zu antworten, gerade er, der als Einziger der Engländer die Oberschwester versteht und problemlos die französischen Zahlen wiederholen kann.
Allerdings würde sie ihn wohl an seinem Akzent erkennen.