Zitat von Slartibartfast im Beitrag #180Wer sich mal das Original ansieht, wird merken, das Kim Novak hier die eigentliche Fehlbesetzung ist. Ihre Stimme geht überhaupt nicht.
Ob die von Hitchcock bekanntlich ursprünglich eingeplante Vera Miles treffender gewesen wäre? Wir werden es nie erfahren ...
Wenn man im "Fenster zum Hof" den Text des Briefes an Thorwald ("What have you done with her?") sieht, murmelt in der Neusynchro Siegmar Schneider "Was haben Sie mit Ihrer Frau getan?", während diese Stelle in der älteren stumm ist. Auf Anfrage wurde früher erwähnt, dass in der Kinokopie hier ein Blatt mit deutschem Text eingefügt wurde. Kann es sein, dass dies bei der Szene mit den Baumringen in der Mitte von "Vertigo" ebenfalls so war? Denn 1984 und 1997 hört man Schneider bzw. Solbach eine Übersetzung der einzelnen Schildtexte vorlesen, während diese Stelle 1959 ohne Text blieb.
Das "leise Knacken" beim ersten Schnitt und danach noch einen Wechsel der Tonhöhe beim zweiten konnte ich jetzt auch hören. Aber ohne den Hinweis wäre mir das gar nicht aufgefallen.
Bis Seite 7 habe ich es geschafft, diesen repitativen und öden Thread zu lesen, in dem teilweise eine "Gschaftlhuberei" vorherrscht, die sämtliche Betroffene nicht gerade sympathisch macht und die wirklich interessanten Beiträge irgendwo untergehen.
Trotzdem grabe ich das aus, auch wenn ich wenig Neues zu bieten habe. Ich kenne nunmehr alle drei Synchronfassungen dieses Filmes und habe zu jeder meine Meinung.
Originalsynchronisation hin oder her, die von 1959 schadet dem Film mehr, als daß sie ihm nützt. Mir fehlt hier nicht nur die Atmosphäre für den Film, die Synchronisation entzieht ihm jegliche Feinfühligkeit und behandelt ihn wie einen Durchschnittskrimi, der nach Schema F geschnitten ist. Siegmar Schneider ist in Ordnung, aber es ist auf keinen Fall eine seiner besten Arbeiten für Stewart. Wolfgang Eichberger ist auch ok, aber gerade ins Zeug haut er sich nicht. Sigrid Lagemann für Barbara Bel Geddes ist der einzige Lichtblick. Gisela Trowe für Kim Novak - also, warum dann nicht gleich Arnold Marquis für James Stewart? Nicht nur, daß die Trowe schon gar nicht zu Kim Novak passt, sie passt auch nicht zur "verruchteren" Ausgabe der "Doppelrolle". Diese Frau dröhnt ohne jegliches Gefühl in die Figur hinein und es ist für mich die schlechteste Leistung, die diese durchaus hochgeschätzte Sprecherin erbracht hat. Ganz zu schweigen davon, daß diese Fehlbesetzung auch mit dem Hinweis auf die veränderte Novak nicht erklärbar und rational nachvollziehbar ist.
Die Fassung von 1984 ist die für mich optimale. Sie ist schlichtweg perfekt. Schneider trifft Stewart perfekt bis in die kleinste Nuance, Rita Engelmann wird der Rolle auf eine Art gerecht, wie es Margot Leonard geschafft hätte. Das Dialogbuch ist der 59er-Fassung vorzuziehen, auch die Synchronregie ist deutlich dichter und wird der Vorlage absolut gerecht. Horst Schön ist der beste von allen drei Bösewicht-Stimmen. Diese Synchronisation ist eine wahre Sternstunde, nicht nur der Hitchcock-Filme.
Die neueste Fassung mit Sigmar Solbach ist für mich, der nicht unbedingt auf solche Neuversionen abfährt, ein Paradebeispiel dafür, wie eine Neusynchronisation klingen kann, wenn man nur will und sich bemüht. Slartibartfast hat hier leider vergeblich versucht, die Qualität dieser Arbeit auf ihren richtigen Platz zu hieven. Innerhalb der fast intoleranten Ablehnungswelle haben sich leider nur wenige gefunden, die wirklich differenziert dazu geschrieben haben. Diese Fassung ist gemessen an ihrer Entstehungszeit ein Glücksfall, auch wenn ihre reale Notwendigkeit etwas für das subjektive Empfinden ist.
Solbach passt generell sehr gut zu James Stewart, zudem hat er ein unglaubliches Gespür für ältere/alte Filme und spielt die Rolle glaubwürdig. Martina Treger gibt einem ein ungefähres Gefühl, wie es mit Marion Degler gewesen wäre - die ja auch eine dunklere Stimmfärbung als die Leonard hatte. Natürlich wäre 1996 auch Rita Engelmann noch problemlos durchgegangen. Norbert Langer war nicht so beeindruckend wie Horst Schön, aber besser als Wolfgang Eichberger. Daß man, leider bis auf die oft erwähnte Schlußsequenz, sich an das Dialogbuch von 1984 hielt, ist auch eine Wertschätzung an diese.
Für mich ist hier ganz klar die 1984er-Fassung die Nummer Eins, gefolgt von der aus dem Jahre 1996. Und so leid es mir für die Puritaner tut, zu denen ich manchesmal auch gehöre (das variiert): "Vertigo" ist einer der Handvoll Fälle, in denen die originale Kinosynchronisation einfach ein Fehlgriff war und dem Begriff "Debakel" sehr nahe kommt.
Zitat von fortinbras im Beitrag #188Sigrid Lagemann für Barbara Bel Geddes ist der einzige Lichtblick.
Nicht der von dir (und vielen anderen) geschätzte Alfred Balthoff als Untersuchungsrichter? Sein Monolog ist für mich (wie schon geschrieben) der größte Pluspunkt dieser Fassung.
Balthoffs Auftritte sind immer ein Höhepunkt für sich - besonders wenn er Richter spricht!
Aber ich habe mich bei meinen Ausführungen ausschließlich auf die zentralen vier Schauspieler/Figuren konzentriert und bei denen ist in der Erstsynchronisation einzig Sigrid Lagemann ein Lichtblick. Die hätte vermutlich besser zu Kim Novak gepasst als Gisela Trowe, nebenbei bemerkt.
Wie ist Arte eigentlich mit der Fehlstelle der 84er-Synchro (1. Verabschiedung Scotties von Judy) verfahren? OmU, oder wurde die Stelle aus der Neusynchro eingefügt (wie auf der BD)? Oder haben die gar eine vollständige Kopie erwischt?