Hier hat man wirklich die absolute Idealbesetzung gefunden. Einen anderen Sprecher, der die Rolle genau so hätte rüber bringen können, kann ich mir nicht vorstellen.
John Hustons "Die Bibel" ist natürlich eine andere Kategorie von Film, aber daran muss ich jetzt dauernd denken... Erich Schellow als Stimme Gottes, bzw des Erzählers, ist am Beginn dermaßen stark und intensiv, dass ich a) jedesmal aufs neue einen Bruch erlebe, wenn die normalen Sprechszenen beginnen und b) ich mir wünschen würde, Schellow spräche den gesamten Film über, statt Dialoge zu hören.
Arnold Marquis für Robert Mitchum in "Ein Köder für die Bestie" Die Mischung aus Vulgarität und Gerissenheit, unterschwelliger Aggressivität und Verschlagenheit ist unnachahmlich, das hätte niemand anderer so getroffen. Ein Lob für Regie und Sprecher, dass Marquis hier auf jedes Chargieren verzichtete und durch Zurückhaltung umso effektvoller klang. Höhepunkt ist die Szene in der Mitte des Films, in der Max Cady Sam Bowden erklärt, wie er sich an seiner Ex-Frau gerächt habe und anschließend die "chinesische Folter" beschreibt: weich und dreckig zugleich! Sein fieses, leises Lachen ist dem O-Ton frappierend ähnlich. Ich habe versucht, mir jemand anders in dieser Rolle vorzustellen. Curt Ackermann wäre sicher auch interessant gewesen, hätte aber die vulgäre Seite der Rolle nicht so gut getroffen, wahrscheinlich schon damals etwas zu "gesetzt" geklungen und Wolfgang Lukschy vom Stimmtyp her zu ähnlich gewesen, um als dessen Gegenpart zu funktionieren. Horst Niendorf wäre sicher auch interessant gewesen, zumal er damals oft "unterfordert" gewesen zu sein scheint. Aber Marquis war zweifellos die beste Wahl, auch wenn diese Rolle sicher dazu beitrug, dass er sich bei Mitchum fest etablierte, was nicht unbedingt nötig gewesen wäre.
Ebenfalls herausragend war übrigens Fritz Tillmann für Jack Kruschen als großspuriger Winkeladvokat Dave Grafton. Trotz der Kürze der Rolle (zwei Auftritte, die zusammen gerade mal fünf Minuten umfassen) bleibt er im Gedächtnis.
Zitat von MarkusZum "Meister": Ich verstehe nicht ganz, wo da für viele das Problem liegt.
Vielleicht sind manche da durch Bert Markus´ Kritik aus dem "Film-Echo" beeinflusst, die Bräutigam (S. 349) zitiert: "Während Mitchums hervorragendes zwielichtiges, neurotisches und transparentes Spiel im Original wirklich die Furcht und den Schauder vor einer menschlich und geistig nicht zurechnungsfähigen Bestie auf den Zuschauer übertrug, legt ihm die deutsche Dialogregie Sätze und Worte in den Mund (anstatt des zynisch-gefletschten ´Captain´, wenn er mit Bowden spricht, das affig-saloppe ´Meister´), die einen falschen Zungenschlag und damit Lacher erzeugen, die diese dramaturgische Schlüsselfigur entschärfen." Diesem Urteil muss man natürlich nicht zustimmen (siehe die bereits genannten Argumente).
Man sollte im DVD-Zeitalter nicht zu viel auf solchen Kritiken geben! Im Original nennt Cady Bowden in dieser Version nämlich keineswegs "Captain", sondern (wie später im Remake) "Counselor". Von einer sonstigen "Entschärfung" konnte ich hier auch sonst nichts feststellen.
Das ist zuallererst mal ein ganz herausragendes Theaterstück, das man leider kaum mehr zu sehen bekommt. Eine Frau so zwischen 35 und 40 ist lebensüberdrüssig. Sie wohnt mit ihrer etwas weltfremden und leicht schrillen Mutter zusammen. Dieser eröffnet sie eines Abends, sie werde sich heute noch umbringen. Was folgt, ist ein emotionales Meisterstück zum Lachen, Erschauern, Traurigsein. Komik und Tragik in einem Atemzug. Erstmals im Leben reden die zwei Frauen offen und ehrlich über ihr beider Leben, lieben und hassen sich. Der radikale Schluss ist bewundernswert. Das wurde in den späten 80ern mit Sissy Spacek und Anne Bancroft verfilmt. Ein sensibler und unprätentiöser Film. Susanna Bonasewicz und Bettina Schön haben dieses Zweipersonen-Stück schauspielerisch vollendet synchronisiert (unter der Regie von Lutz Riedel). Besser könnte es live am Theater nicht sein!
Wurde hier eigentlich schon Joachim Tennstedt für John Hurt in Der Elefantenmensch genannt?
Joachim Kerzel und Friedrich Schönfelder sind natürlich, wie immer gut, aber der absolute Star dieser Synchronisation ist für mich Joachim Tennstedt. Unglaublich, was der Mann da im Synchron-Studio geleistet hat. Einerseits natürlich wegen dem Keuchen und der durch die schwere Deformation des Protagonisten bedingte "verschleierte" Sprecherweise, die Tennstadt wie ich finde perfekt trifft und überhaupt nicht überdreht und dadurch ins lächerliche zieht, sondern sehr authentisch rüberbringt, andererseits jedoch, wegen seinem Schauspiel allgemein. Ich finde es genial, wie er hier die innere Gebrochenheit, aber auch die kurzen Momente der Glücks darstellt. Meiner Meinug nach eine der besten Leistungen eines Synchronsprechers überhaupt.
Dem Lob muss ich mich anschließen! Ich kenne Tennstedt sonst hauptsächlich in frecheren oder leicht aufsässigen Rollen. Im ELEFANTENMENSCH war er absolut grossartig. Habe bisher noch keine Rolle gehört, wo er so intensiv synchronschauspielern konnte. Sehr oft hatte er vielleicht die Chance wohl nicht bekommen. Wobei er damals ja noch kein Typecast a la Rourke, Gibson, etc war.
Justus Fritzsche für Donatas Banionis in "Solaris". Es soll wohl auch noch eine ältere DEFA-Synchro geben, wo Walter Wickenhauser Banionis spricht. Kann ich mir gar nicht vorstellen, aber da bin ich wohl auch die warme Stimme von Fritzsche gewöhnt, der hier perfekt passt. Auch die anderen Sprecher sind gut besetzt wie Dieter Bellmann, Siegfried Voß. Einzig Dagmar Dempe für Natalia Bondartschuk als 'Hari' find ich etwas fehlbesetzt. Da hätte es bessere Alternativen gegeben. Wenn auch die "üblichen Verdächtigen" aus Leipzig: Barbara Trommer, Astrid Bless oder gar Sibylle Kuhne.
Zitat von fortinbras im Beitrag #561*Tilly Lauenstein für Simone Signoret in "Anruf für einen Toten": Signoret als ehemalige KZ-Insassin, die keinerlei Empfindungen mehr hat, wird in ihren wenigen Szenen beeindruckend von Tilly Lauenstein synchronisiert. Ohne Drama, ohne Wehmut, so nüchtern und sachlich, daß der rein innere Schmerz der Figur perfekt rüberkommt.
Wie bereits erwähnt, habe ich den Film nun nach zwölf Jahren wieder gesehen. Dem Urteil über Frau Lauenstein kann ich nur zustimmen (unverständlich, dass mir ihre Leistung beim früheren Sehen nicht im Gedächtnis geblieben war!). Ebenfalls brillant war Wilhelm Borchert für James Mason als nüchtern seinen Beruf ausübender und durch seine gescheiterte Ehe frustrierter Schreibtischbeamter Charles Dobbs. Hervorheben möchte ich zwei Szenen: Den Zusammenstoß mit seinem Vorgesetzten, den er zunächst vergeblich von seiner Mordtheorie zu überzeugen versucht und sich dann zur Kündigung entschließt, was er mit einem bissigen Seitenhieb auf dessen Homosexualität ausdrückt. Wenig später trifft es ihn sehr, als er erfährt, dass seine Frau ausgerechnet mit seinem langjährigen Freund und Kollegen Dieter ein Verhältnis hat: innerhalb kürzester Zeit wechseln sich Bitterkeit, Schmerz, ohnmächtige Wut und Verzweiflung akustisch ab.
Ich habe mir überlegt, ob sonst jemand in dieser Rolle ähnlich beeindruckend gewesen wäre. Wolfgang Lukschy und Friedrich Schoenfelder passten für mich beide nicht so recht zu Mason (der eine klang zu schwer und der andere zu schmal und hell), Paul Klinger fand ich für ihn generell fehlbesetzt, Holger Hagen war einige Jahre später sehr passend, klang aber in seinen Synchronrollen aus diesem Jahrzehnt eher jünger als er war, weswegen er nicht so gut mit dem Rollenalter harmoniert hätte. Allenfalls Friedrich Joloff könnte ich mir hier gut vorstellen, zumal diese Rolle ein interessanter Kontrast zum Piratenkapitän Brown aus "Lord Jim" gewesen wäre, mit dem er sich kurz zuvor von Mason verabschiedet hatte. Das wäre dann wahrscheinlich auch seine letzte Synchronrolle in einem Kinofilm gewesen.
Zitat von berti im Beitrag #599[...]ein interessanter Kontrast zum Piratenkapitän Brown aus "Lord Jim" gewesen wäre [...]
??? (wo ist hier eigentlich das WhatsApp-Emoticon mit den aufgerissenen Glubschaugen, das so belämmert aus der Wäsche guckt?)
Apropos: ich habe kürzlich MORD AN DER THEMSE wieder gesehen, wo Borchert auf Mason als Watson zu hören ist. Wie immer passt er auch hier großartig zu dem wohl sympathischsten und menschlichsten Dr. Watson der Filmgeschichte (angeblich war diese Figurenzeichnung Masons Bedingung für die Annahme der Rolle), und zu dem überflüssigsten: auf diese Weise ist er völlig entbehrlich für die Dramaturgie. Das diametrale Gegenstück zum vertrottelten Nigel Bruce sozusagen. Aber als funktionsloses Ornament sind Mason und Borchert für Mason wunderbar.
Nach Borchert kommt bei mir an zweier Stelle Klinger: er lässt Mason männlicher erscheinen als all seine anderen Sprecher, sehr wirkungsvoll z.B. in TIARA TAHITI.
Zitat von John Connor im Beitrag #600(wo ist hier eigentlich das WhatsApp-Emoticon mit den aufgerissenen Glubschaugen, das so belämmert aus der Wäsche guckt?)
Zitat von John Connor im Beitrag #600Nach Borchert kommt bei mir an zweier Stelle Klinger: er lässt Mason männlicher erscheinen als all seine anderen Sprecher, sehr wirkungsvoll z.B. in TIARA TAHITI.
Wirkt er für dich mit ihm wirklich "männlicher" als mit Wolfgang Lukschy, der vielleicht nicht sonorer, aber doch tiefer und härter klang?