Bei den drei Stewart/Hitchcock-Arbeiten, die in den 80ern eine Neu-Synchro mit Siegmar Schneider bekamen, herrschte ja um die Originalsynchronisationen immer ein -auf gut wienerisch- "ziemliches G'riss'. Ich kenne davon keine einzige, allerdings scheint es mir, als hätten die Veröffentlichungen davon eher für Enttäuschung gesorgt. Blieben sie für euch alle hinter den Erwartungen zurück?
Bei "Cocktail für eine Leiche" stören mich die eingedeutschten Anreden, sprechertechnisch (und auch vom Klang her) ist die Erstsynchro der Zweitsynchro haushoch überlegen. Die Dialogbücher sind in etwa gleichwertig, mal ist die eine Übersetzung besser, mal die andere.
"Das Fenster zum Hof" ist in beiden Fassungen absolut gleichwertig, ich ziehe allerdings die Neubearbeitung aufgrund Erstkontakt vor.
Tja, "Vertigo"... Perfekt ist keine der drei Fassungen, aber die zweite ist noch die beste. In der Erstfassung killt Gisela Trowe jegliche Atmosphäre, und auch Wolfgang Eichberger bleibt - wie so oft - sehr blass. Der einzige, der in beiden Fassungen auf der Höhe ist, ist natürlich Siegmar Schneider himself. Über die dritte Synchro mit Sigmar Solbach (hat der die Rolle eigentlich wegen seines Vornamens gekriegt?) breiten wir mal den Mantel des Schweigens...
Am Besten von den Originalsynchros hat mir "Cocktail für eine Leiche" gefallen. Mich hat das mit den deutschen Anreden jetzt nicht gestört, obwohl mir es schon auffiel. Naja, MGM hat halt noch lange an den alten Formen festgehalten (auch noch 1963). Insgesamt ist hier von der Atmosphäre sowie vom sprechertechnischen her, wie schon Lord Peter schrieb, die Erstsynchro wesentlich besser. Man hat allerdings in einigen Szenen auch Dialoge entschärft. Zum Beispiel der Satz, dass der Amerikaner heute auf dem Schlachtfeld stirbt, wurde in der Fassung von 1983 entschärft; da heißt es, dass der Amerikaner heute als alter Mann im Bett stirbt. In der 1963er Fassung wurde hingegen die Bemerkung "So wie H...." entschärft, als sich über die Theorie des Übermenschen gestritten wird.
"Das Fenster zum Hof" ist in beiden Fassungen gelungen; einzig die Tatsache, dass Raymond Burr in der ersten Fassung von Walter Süssenguth gesprochen wird, bringt einen ins Grübeln, wie man auf diese Besetzung gekommen ist. Ansonsten gibt es an beiden Fassungen nichts zu beanstanden. Mir persönlich gefällt aber die erste Fassung etwas besser.
Zu "Vertigo": Die zweite Fassung ist immer noch die Beste, trotz des gießkannenartigen Tons (erinnert mich an alte ZDF-Serien aus den 80ern). Die erste Fassung fällt leider ziemlich ab, da Gisela Trowe Kim Nowak leider oft zu poltrig spricht und so nicht sensibel genug wirkt. Das hat mit Rita Engelmann doch besser geklappt. Leider wirkt sie etwas schwach für Judy Bartons erste Szene, aber davon abgesehen, war sie die beste Besetzung.
Zitat von Lord PeterWolfgang Eichberger bleibt - wie so oft - sehr blass. Der einzige, der in beiden Fassungen auf der Höhe ist, ist natürlich Siegmar Schneider himself.
Das ist wirklich sehr schade. Eichberger wirkt sehr unbeteiligt an der Sache (klingt sehr abgelesen), Langer ist ganz gut aber Schön war am Besten.
Wobei ich doch noch sagen möchte: So schlecht, wie die Erstsynchro hier schon mal geschildert wurde, ist sie nicht. Sie fällt gegenüber die Zweitsynchro aber leider doch spürbar ab. Und warum die Drittsynchro sein musste ? Keine Ahnung.
Beiden Urteilen habe ich im Prinzip kaum noch etwas hinzuzufügen. Beim "Fenster" kannte ich natürlich jahrelang nur die Zweitsynchro und hatte an die erste aufgrund der bekannten Besetzung sowie des Dialogautor recht hohe Erwartungen, die später nicht durch die Eindrücke anderer (oder meine eigenen) enttäuscht wurden. Beide Fassungen sind gleichermaßen hochwertig und haben nur wenige Schwächen (Süssenguths Besetzung in der einen, eine etwas sperrige Formulierungen in der anderen). Beim "Cocktail" würde ich die Erstsynchro von der Besetzung her vorziehen (wenn man von Paul Wagner absieht), die zweite verliert schon wegen ihres Klangs, aber auch, weil speziell Gauß chargiert und teilweise fast tuntig spricht, was Brandon eher zur Karikatur macht. Die zweite "Vertigo"-Fassung schlägt sowohl die von den Sprechern her enttuschende erste als auch die völlig überflüssige dritte um Länge. An die Neusynchro des "Fensters" reicht sie allerdings nicht heran.
Die Erstsynchro von "Cocktail für eine Leiche" ist auf der Blu-ray (auf der DVD ist nur die Neusynchro, die wiederum auf der Blu-ray fehlt), die Erstsynchro vom "Fenster zum Hof" ist nach aktuellem Stand nur unvollständig erhalten und im Handel nicht erhältlich.
"Cocktail" ja, wurde vergangenes Jahr auf Bluray veröffentlicht. Die Erstfassung von "Fenster zum Hof" und auch "Vertigo" nicht, nur höchstens in "privilegierten" Sammlerkreisen.
Erstmal Danke für die vielen "zweckdienlichen Hinweise" (der Geist von Eduard Zimmermann schwirrt gerade über mir). Leider kenne ich keine der alten Fassungen.
Gisela Trowe stelle ich mir nicht nur generell für Kim Novak sehr unpassend vor (schlimmer noch als Beate Hasenau), sondern besonders in dieser Rolle.
Warum man "Vertigo" ein drittes Mal synchronisiert hat, ist mir zwar schleierhaft, weil es absolut keinen Anlass dafür gab. Aber Sigmar Solbach finde ich generell für Stewart sehr passend und meiner Meinung nach hat er die Rolle in "Vertigo" ausgezeichnet gemeistert. Wobei: Siegmar Schneider ist definitiv die optimalste Lösung!
Es gab einen Anlass, wenn auch einen für Genießer alter Synchros indiskutablen: "Vertigo" wurde in 70mm und Dolby-Surround-Stereo neu ins Kino gebracht. Die Sprachaufnahmen von 1984 waren wohl nicht mehr verfügbar und man wollte sie nicht herausfiltern (obwohl das wohl gar nicht so problematisch hätte sein können, da die Musik doch eher leise abgemischt worden war und es bei der Surround-Mischung des englischen Originals ja auch so gemacht wurde).
Zitat von fortinbras im Beitrag #519Gisela Trowe stelle ich mir nicht nur generell für Kim Novak sehr unpassend vor (schlimmer noch als Beate Hasenau), sondern besonders in dieser Rolle.
Bevor die Erstsynchro erstmals gesichtet werden konnte, waren auch einige skeptisch, als ihr Name in einer Liste genannt wurde. Nachdem sich herausstellte, dass sie die Rolle wirklich sprach (und dabei die nötige Sensibilität völlig vermissen ließ) trauerten manche Margot Leonard oder Marion Degler nach (die ich mir beide in dieser Rolle hervorragend vorstellen könnte).
Stimmt, da wurde ja ein grosses mediales Fest aus dem Neustart des Filmes. Ich habe ihn so erstmals im ORF gesehen und dann auf Dvd. Allerdings, da man sonst auch jeden Sch... zusammenbringt, auch damals schon, hätte man sicher das mit dem Ton zustande bringen können. Kann man eh nicht ändern. Immerhin war die Lösung, ob sie einem gefällt oder nicht, sorgfältiger und behutsamer gemacht als die üblichen Ramsch-Neubearbeitungen. ---------------------------------------------- @ Berti:
Ich mag an sich Gisela Trowe und sie kann durchaus auch einfühlsam und still sein-aber in Verbindung mit einem speziellen Frauentyp. Und da passt Kim Novak schon wirklich nicht dazu. Da waren Margot Leonard und Marion Degler allererste Klasse, die ihr beide genau die richtige Atmosphäre gaben, die sie hatte. Sogar Edith Schneider funktionierte und in "Schöner Gigolo, armer Gigolo" war sogar Renate Küster reizvoll. Hallgard Bruckhaus passte nicht und outrierte stark (in "Mord im Spiegel" war es falsch, für Novak keine klassische Synchronstimme zu nehmen), ebenso war Beate Hasenau viel zu heftig für sie. Und genau so stelle ich mir Gisela Trowe vor. Bei dieser komplexen Rolle ist die Wirkung sicher noch vergröbert. Warum man sie wohl besetzte? Weil die Rolle zwischendurch etwas "verruchter" wirkte? Margot Leonard und Marion Degler hätten das sich beide gut geschaffen. Wobei ich Marion Degler fast einen kleinen Vorzug geben möchte.
Bei "Vertigo" ist Gisela Trowe als "Judy" ganz gut - als Madelaine aber eine Katastrophe. Insgesamt ist die 84er Synchro aber wirklich am stimmigsten, obwohl die Erstsynchro durchaus ihren Reiz hat. Was die Drittsynchro angeht: Hätte man diese Fassung (aufgrund der Musik!!) als Mehrkanalversion erstellt, so hätte ich das ja noch verstanden. Die Stereo-Variante ist nun aber nicht so überwältigend besser, so dass man sich die Drittsynchro hätte wirklich sparen können. Ich bin sogar ziemlich sicher, dass man mit ein wenig handwerklichem Gechick die 84er Synchro in eine Mehrkanalversion wandeln könnte und in den Passagen mit Musikuntermalung eine ganz gelungene Atmosphäre hinbekäme. Das wäre - wie ich finde - durchaus sinnvolles Unterfangen. So ist die Drittsynchro einfach überflüssig.
Bei "Das Fenster zum Hof" sehe ich indes eigentlich die Zweitsynchro vorn, denn von allen mir bisher bekannten Nach- oder Neusynchros, die nicht zeitgenössisch entstanden sind, klingt diese eindeutig am besten. Die Mischung ist superb gelungen und wenn man die Sprecher nicht eindeutig den 80ern zuordnen könnte, so würde diese Fassung wirklich als zeitgenössisch durchgehen. Und mir gefiel die ansonsten wunderbare Ursula Krieg einfach garnicht für Stella - Ingeborg Wellmann ist da viel besser (meiner Meinung nach) - wohingegen ich mit Süssenguth keine Probleme habe. Alle anderen Rollen sind ebenbürtig in beiden Fassungen (Klinger, Noelle, Schneider selbst) - das Dialogbuch der 84er Fassung ist meiner Meinung nach noch einen Tick besser.
Bei "Cocktail" gefallen mir beide Fassungen gut - nur kling die Neusynchro furchtbar steril und deshalb würde ich die Erstsynchro vorziehen.
Ich nehme auch an, dass man mit etwas gutem Willen den Synchronton der '84er-Fassung auf die restaurierte Version bekommen hätte. Trotzdem ich Sigmar Solbach gut finde, betrachte ich die dritte Fassung als überflüssig. --------------------------------------------- Wie schauts eigentlich in Deutschland mit Fernsehausstrahlungen aus? Ich habe weder Kabel noch Sat und bin darum wenig informiert. Im ORF habe ich bei den letzten "Vertigo"-Ausstrahlungen immer die Solbach-Fassung entdeckt, wenn ich kurz reinsah.
Übrigens passend zum Thread: Heute ist der Todestag gleich dreier Hitchcock-Darsteller, die zudem alle schwul waren (auch wenn Mr. Bates geheilt wurde...): O. E. Hasse (+1978), Anthony Perkins (+1992) und Raymond Burr (+1993).
Ich nehme auch an, dass man mit etwas gutem Willen den Synchronton der '84er-Fassung auf die restaurierte Version bekommen hätte. Trotzdem ich Sigmar Solbach gut finde, betrachte ich die dritte Fassung als überflüssig. --------------------------------------------- Wie schauts eigentlich in Deutschland mit Fernsehausstrahlungen aus? Ich habe weder Kabel noch Sat und bin darum wenig informiert. Im ORF habe ich bei den letzten "Vertigo"-Ausstrahlungen immer die Solbach-Fassung entdeckt, wenn ich kurz reinsah.
Übrigens passend zum Thread: Heute ist der Todestag gleich dreier Hitchcock-Darsteller, die zudem alle schwul waren (auch wenn Mr. Bates geheilt wurde...): O. E. Hasse (+1978), Anthony Perkins (+1992) und Raymond Burr (+1993).