Zitat von Lammers im Beitrag #103wie z.B. die "Nobis" bei "Casablanca" (EA 1952) oder "prokino" (lt. Ofdb) bei "Rom, offene Stadt" (EA 1961; ok, das ist ein italienischer Film).
Das sind in beiden Fällen nicht die Erstverleiher, die beiden Firmen gab's damals noch gar nicht. "Casablanca" wurde selbstverständlich auch in Deutschland 1952 von Warner Bros. verliehen.
Gererell sollte man vielleicht noch bemerken, dass als Begründung für solche "Zensurmaßnahmen" in der Regel angegeben wurde, dass das Thema Nazideutschland im Täterland zu ernst sei, um in Unterhaltungsfilmen behandelt zu werden. Ob solche Aussagen nur vorgeschoben waren, lässt sich heute recht schwer beurteilen. Wobei diese Ansicht durchaus auch vom Publikum vertreten wurde. Ich kann mich z.B. an Leserbriefe erinnern, in denen Filme/Serien im TV-Programm kritisiert wurden, in denen das Thema Nazis "als Aufhänger für bloße Unterhaltung verharmlost werde" (so der ungefähre Wortlaut). Wobei gerade im Fernsehen die Programmmacher ja seinerzeit solche Folgen ohnehin schon häufig aussortiert haben.
Insgesamt betrachtet kann man wohl sagen, dass international angekaufte Filme, die in rein deutschem Verleih liefen und verfälscht wurden, ebenso Fernsehserien/-filme mit verändertem Inhalt, zu Lasten der einheimischen Verantwortlichen fallen. Aber sämtliche betroffenen Filme aus Major-Studios waren definitiv auch von dort "gesteuert". Also tragen die auch ihren Teil zur Verantwortung bei. Aber besonders Nazis in Unterhaltungsfilmen sah man so nicht gern für den deutschen Raum. Selbst wenn es so kuriose Spielereien waren wie in "Was gibt's neues, Pussy?". Falls diese Geschichte nicht ins Reich der Legenden gehört, soll Fritz Langs "Im Geheimdienst" ja in so vielen Schnittfassungen für regionale Märkte von Hollywood aus bearbeitet worden sein, um "veränderte" Synchronisationen zu ermöglichen. Ähnliches soll Hitchcocks "Auslandkorrespondent" widerfahren sein. In beiden Fällen lassen sich die Filme ja deshalb nur mehr schwer rekonstruieren nach den wirklichen Intentionen der Regisseure. Bei ganz ernsten Filmen war's natürlich anders. Aber Horsts Argument, Nazis aus "Unterhaltungsfilmen" zu verbannen, ist sicher hieb und stichfest.
Ich würde zu gerne mal die alte Fassung von "Casablanca" sehen und wäre gespannt, wie der Film dann insgesamt wirkt. Ist mir bis heute leider nicht gelungen
Zitat von smeagol im Beitrag #108Ich würde zu gerne mal die alte Fassung von "Casablanca" sehen
Wer nicht? Aber bisher hat sich leider niemand gemeldet, der diese Synchro mal selbst gesehen hat. Verschollen dürfte sie aber nicht sein, da sie 2004 in Berlin öffentlich gezeigt werden konnte.
Erstmal allgemein: es ist schön, dass es in diesem Forum auch solche Diskussionen gibt, die neben Begeisterung auch politischen Gehalt, historischen Hintergrund und Debattierfähigkeit ohne Wehleidigkeiten haben!
Die Ur-Synchronisation von "Casablanca" gibt's mit Sicherheit noch. Wenn sie 2004 mal gezeigt wurde, dürfte sie kaum verschollen sein. Ausserdem gab's mal das Warner interne Projekt, beide Synchronfassungen in einer Dvd-Special Edition zu veröffentlichen. Allerdings wurde das fallengelassen, vielleicht wegen Angst vor Negativpresse oder der Reaktion der Öffentlichkeit. Als würde das einen Riesenskandal geben... Eine anspruchsvolle Dvd-Edition mit Filmen dieser Art, die gut kommentiert werden und beide Fassungen beinhalten, die würden sicher nicht in den Verdacht kommen, wieder "Geschichtsverfälschung" zu machen.
Zitat von fortinbrasAber sämtliche betroffenen Filme aus Major-Studios waren definitiv auch von dort "gesteuert". Also tragen die auch ihren Teil zur Verantwortung bei. Aber besonders Nazis in Unterhaltungsfilmen sah man so nicht gern für den deutschen Raum. Selbst wenn es so kuriose Spielereien waren wie in "Was gibt's neues, Pussy?".
Oder ein anderes harmloses Beispiel, was ich in einem anderen Thread schon mal genannt habe: In "Über den Dächern von Nizza" erzählt John Robie (Cary Grant) H. H. Hughson (John Williams) von seiner Haushälterin, die mal einen deutschen General erwürgt habe, worauf Hughson ein entsetztes Gesicht macht. In der deutschen Fassung wurde aus dem deutschen General ein Tiger im Zirkus ("Sie hat mal einen Tiger im Zirkus erwürgt").
Zitat von fortinbras im Beitrag #110Die Ur-Synchronisation von "Casablanca" gibt's mit Sicherheit noch. Wenn sie 2004 mal gezeigt wurde, dürfte sie kaum verschollen sein. Ausserdem gab's mal das Warner interne Projekt, beide Synchronfassungen in einer Dvd-Special Edition zu veröffentlichen.
Schade, dass man 2008 die Chance für die BluRay-VÖ nicht genutzt hat . Das wäre eine gute Möglichkeit gewesen, da eine BluRay ja ein vielfaches an Speicherplatz ggüber einer DVD bietet.
Die Veröffentlichungen sind international, und außerhalb des deutschen Sprachraums dürfte das Interesse an der verfälschten und stark gekürzten ersten deutschen Fassung von CASABLANCA noch geringer sein als bei uns.
Naja, Ausnahmen bestätigen die Regel. Bei "Arsen und Spitzenhäubchen" berücksichtigte man bei Warners auch beide Fassungen. Das Problem ist, dass manche großen Studios, vor allem aber Warner, sehr renitent sind und es nur selten einem anderen Label ermöglichen, gewisse Spezialausgaben anzufertigen. Manche Filmen werden abgetreten, aber bei so einem Knüller wie "Casablanca" dürfte das kaum je der Fall sein. Ich habe mal Arte angeschrieben zum Thema, da man ja einen Themenabend machen könnte. Das wäre zwar in- und extern schon öfters angeregt worden, allerdings sei es nicht möglich, die Rechte daran zu bekommen.
Zitat von fortinbras im Beitrag #114Naja, Ausnahmen bestätigen die Regel. Bei "Arsen und Spitzenhäubchen" berücksichtigte man bei Warners auch beide Fassungen. Das Problem ist, dass manche großen Studios, vor allem aber Warner, sehr renitent sind und es nur selten einem anderen Label ermöglichen, gewisse Spezialausgaben anzufertigen. Manche Filmen werden abgetreten, aber bei so einem Knüller wie "Casablanca" dürfte das kaum je der Fall sein. Ich habe mal Arte angeschrieben zum Thema, da man ja einen Themenabend machen könnte. Das wäre zwar in- und extern schon öfters angeregt worden, allerdings sei es nicht möglich, die Rechte daran zu bekommen.
ARSEN UND SPITZENHÄUBCHEN war eine speziell deutsche Veröffentlichung, CASABLANCA hingegen eine internationale. Arte wäre für eine Ausstrahlung der alten deutschen Fassung von CASABLANCA ohnehin der falsche Ansprechpartner, da der Sender ja für Deutschland und Frankreich da ist und die Franzosen wohl mit der alten Fassung wenig bis gar nichts anfangen können.
Nachdem ich in der Zwischenzeit einige weitere Bogart-Filme gesehen habe, wollte ich etwas ergänzen. Arnold Marquis war in "Die schwarze Natter/Das unbekannte Gesicht" nicht Fisch noch Fleisch. Aber die ganze Synchro wirkt durch die Archivmusik (von der einige Themen auch in "Tote schlafen fest" zu hören sind!) und Margot Leonard für Lauren Bacall etwas merkwürdig. Gottfried Kramer mag zwar im Prinzip ein guter Bogart-Sprecher gewesen sein, aber in "Die wilden Zwanziger" habe ich Joachim Kemmer schmerzlich vermisst. Bogey wirkte in diesem Film vom Gesicht her eben noch ziemlich jung und glatt, während Kramer sein damaliges Alter nicht überspielen konnte. Dafür hätte ich ihn in der wahrscheinlich kurz danach entstandenen Synchro von "Des Teufels Pilot" (anstelle von Kemmer) oder auch im "unbekannten Gesicht" (wenn diese Synchro einige Jahre später und in Berlin oder Hamburg gemacht worden wäre) vorstellen können. Mit dem etwas älteren Bogart hätte er sicher besser harmoniert, beim jüngeren war Kemmer unschlagbar. Vor ein par Jahren schrieb Stephen Folgendes:
Zitat von Stephen im Beitrag #13die latente Agressivität, die bei Bogart immer ein bisschen durchscheint
Interessanterweise hat gerade Wolfgang Lukschy dieses Phänomen in "An einem Tag wie jeder andere" perfekt rübergebracht. Man vergleiche seinen Einsatz dort mit vielen seiner steifen Heldenrollen aus diesem Jahrzehnt oder auch mit Marquis furchtbarem Rumpoltern in der "Spur des Falken"!
Ich hab gestern "Haben und Nichthaben" von DVD gesehen, und dabei fiel mir auf, dass 1 Satz anscheinend geflickt wurde. Als die Gestapoleute gegen Ende in Bogarts Zimmer kommen und ihn die Schergen durchsuchen, sagt er: "Bin unbewaffnet.", aber nicht mit Kemmers Stimme. Hat jemand eine alte Aufnahme und kann sagen, ob der Satz für die DVD ersetzt wurde oder ob das schon immer so war (vielleicht wurde der Satz schon damals in der Dispo vergessen)?
In meiner TV-Aufnahme fehlt diese Szene. Nachdem Bogart die beiden Frauen ins Nebenzimmer geschickt hat (dabei sagt Bacall: "Geht in Ordnung, Chief!"), kommt ein harter Schnitt, bei dem man merkt, dass etwas ausgelassen wurde: einer der drei Männer hinter Bogart lacht auf, nachdem er ihn offenbar durchsucht hat. Der erste Satz nach Bacalls Spruch stammt von Bogart: "Um was geht's?".