Alle Biederstaedt-Episoden wurden zwischen Januar und Mai 1992 erstmals ausgestrahlt, und das in nahezu chronologischer Reihenfolge. Die letzte Schwarzkopf-Episode lief im Mai 1991. Meine Theorie wäre, daß man nach Schwarzkopfs Tod zunächst nur einen Nachfolger für die aktuellen Episoden suchte, da allerdings von den Amerikanern inzwischen das Staffelformat aufgegeben worden war und Nachschub nur noch sporadisch erfolgte, kam dann die Idee auf, auch die alten Folgen nachzuschieben. Ob man das allerdings auch mit Schwarzkopf gemacht hätte, würde ich mal bezweifeln, das hätte klanglich einfach nicht hingehauen, aber da man jetzt ohnehin den Sprecherwechsel hatte, ergriff man die Gelegenheit beim Schopfe.
Schade, daß man Biederstaedt nicht bis Serienende behalten hat, mMn war er deutlich besser als Sachtleben. Für die im Oktober 1992 erstmals auf deutsch ausgestrahlte Episode "Tödlicher Jackpot" stand Biederstaedt, wie es so schön heißt, nicht mehr zur Verfügung. War der Grund evtl., daß er einfach keine Zeit hatte? Während seine bisherigen Einsätze en bloc bearbeitet wurden, kam nun wahrscheinlich ein Anruf: "Hallo Herr Biederstaedt, wir haben einen neuen "Columbo", den wir nächste Woche ausstrahlen wollen, fahren Sie bitte morgen ins Studio." Und das paßte dann terminlich eben nicht...
Es war eindeutig ein Bruch mit den Hamburger Studios, die auch in anderen Fällen keine Aufträge von RTL mehr bekamen. Dass Neue Tonfilm den Münchner Biederstaedt nicht mehr besetzte, ist natürlich traurig.
Zitat von berti im Beitrag #123War er zu dieser Zeit tatsächlich noch Münchner?
Natürlich schon lange nicht mehr - Biederstaedt mag in München geboren worden sein, lebte aber schon seit langer Zeit im Norden, was man auch an seinen Einsätzen in hamburger Synchros erkennen kann. So ist es fast schon verwunderlich, dass er für die Neusynchro von "Detektiv Rockford" nach München geholt wurde - Kosten, die man wohl bei "Columbo" unbedingt sparen wollte (zumal seine Besetzung einiges an Kritik nach sich gezogen hatte).
Zitat von Stefan der DEFA-Fan im Beitrag #124(zumal seine Besetzung einiges an Kritik nach sich gezogen hatte).
Inwiefern Kritik? Störten sich viele Zuschauer (oder auch Kritiker) am Kontrast zwischen seiner Stimme und der von Schwarzkopf (obwohl der Bruch 1991 sicher nicht so groß, sondern eher im Verhältnis zu den früheren Folgen vorhanden war)?
Ja, solche Kritik gab es allerdings und ich kann sie bis zu einem gewissen Punkt nachvollziehen - auch wenn Biederstaedt durchaus Ähnlichkeit mit Schwarzkopfs später, kratziger Stimme hat, ist er vom Spiel doch recht weit entfernt und klingt oft zu wuchtig. Trotzdem kann ich persönlich mich besser an ihn gewöhnen als an Sachtleben. Eigentlich aber wäre Friedrichsen die beste Wahl gewesen und ebenso (mein persönlicher Vorschlag) Rolf Jülich.
Ob man auf Sachtleben kam, weil dessen Stimme und die von Schwarzkopf sich zumindest ähnelten, wenn sie laut wurden? Mir ist das vor einiger Zeit beim Vergleich der beiden Fassungen von "Schach dem Mörder" aufgefallen, als Columbo in der letzten Szene schreit. Bei Schwarzkopf hatte ich das schon früher in "Die Spur des Falken" bemerkt, wenn Joel Cairo hysterisch wird.
Ich glaube, man hat sich eher etwas an der Originalstimme Falks orientiert - außerdem hatte Sachtleben Falk schon mehrfach gesprochen. Eigentlich passt er ja recht gut, aber die Art und Weise stört mich irgendwie (und wohl auch viele andere) - er wirkt merkwürdig unsympathisch, meilenweit entfernt vom Täppisch-Naiven, das wir von Schwarzkopf gewohnt sind (egal, wie viel oder wenig das mit dem Original zu tun hat), was natürlich besonders bei den Neusynchros heftig ins Kontor haut.
Zitat von Stefan der DEFA-Fan im Beitrag #126Eigentlich aber wäre Friedrichsen die beste Wahl gewesen und ebenso (mein persönlicher Vorschlag) Rolf Jülich.
Ja, warum tat man nicht einfach das naheliegendste und reaktivierte den Ur-Sprecher? Kostenmäßig dürfte das eigentlich kein Problem gewesen sein, schließlich war "Columbo" ein absolutes Quoten-Zugpferd, und Biederstaedt war sicher auch nicht billig.
Jülich? Interessante Idee, er hätte das Kratzige von Falk mit der Tiefe von Schwarzkopf kombiniert. Aber man wollte ja wohl unbedingt einen bekannten Namen (was durchaus auch für Friedrichsen gesprochen hätte), keinen "Vielsprecher aus der zweiten Reihe".
Wenn schon Richtung O-Ton - Peer Schmidt wäre vielleicht auch eine Option gewesen, tiefer und weniger krächzig als Sachtleben (insbesondere in den letzten Folgen). Aber der hat zu der Zeit wohl nur noch wenig im Synchronbereich gemacht.
Ich weiß nicht, ob Schmidt seit Ende der 70er überhaupt noch synchronisierte. Und ich weiß auch nicht, ob sich seine Stimme nicht schon deutlich verändert hatte (als Vergleich habe ich nur die Reko von "Cartouche", in der er leider kaum noch zu erkennen war). Die Legende sagt, dass man Friedrichsen erwogen habe, aber er zu teuer war und wohl auch zu ausgebucht, da Anfang der 90er seine hohe Zeit als Zollfahnder Zaluskowski war. Und ein Argument war wohl auch, dass er in einigen Schwarzkopf-Folgen in Nebenrollen zu hören war (aber nach diesem Argument hätte man nie Ernst Meincke für Patrick Stewart engagieren können).
Ich weiß auch nicht, ob Friedrichsen wirklich besser gewesen wäre als Biederstaedt. In den ersten beiden Filmen ist Columbo noch aggressiver, er wird schon mal laut, usw. Da passte Friedrichsen hervorragend, da er Columbo auch deutlich herber sprach als später Schwarzkopf, mit dem Columbo immer so schön "harmlos" wirkte, was dazu führte, dass er von seinen Gegnern regelmäßig unterschätzt wurde. Das wäre bei Friedrichsen wohl nicht so überzeugend herausgekommen und bei Biederstaedt war es ja ähnlich. Mit ihm wirkte Columbo auch zu kraftvoll und energiegeladen. Es wäre nur mit Blick auf die Kontinuität ein Vorteil gewesen.
Ich glaube, da unterschätzt du Friedrichsen enorm, der ein hervorragender Komiker ist und die leisen Töne großartig beherrscht. Schauspielerisch hätte er es ohne Weiteres bewältigt und stimmlich garantiert gut gepasst.
In den beiden Pilotfilmen war Columbos Rolle auch von Peter Falk noch anders angelegt. Mag sein, daß Friedrichsen auch den "harmlosen" Columbo gut herübergebracht hätte. Als eine Fehlbesetzung empfinde ich Biederstaedt für die 70er Jahre Episoden. Viel zu kraftvoll, alt und aggressiv. Das wirkt auf mich immer sehr störend in den alten Folgen. Auf den späteren Columbo paßt er einigermaßen.
Zitat von Stefan der DEFA-Fan im Beitrag #132Ich glaube, da unterschätzt du Friedrichsen enorm, der ein hervorragender Komiker ist und die leisen Töne großartig beherrscht. Schauspielerisch hätte er es ohne Weiteres bewältigt und stimmlich garantiert gut gepasst.
Gruß Stefan
Es ging mir gar nicht so sehr darum, dass ich Friedrichsen nicht zutraue leise und ruhig zu sprechen - wenn er das nicht könnte, wäre er wohl ein lausiger Sprecher und Schauspieler. Ich denke aber doch, dass auch Friedrichsen nicht als Schwarzkopfs Nachfolger problemlos akzeptiert worden wäre, weil er Columbos erster Sprecher war. Er sprach damals einen noch deutlich anderen Columbo in zwei Filmen, die nicht direkt zur Serie gehören; den allseits beliebten Inspektor hatte Schwarzkopf geprägt und das hätte auch Friedrichsen nicht ohne weiteres kopieren können. Außerdem war auch Friedrichsen 20 Jahre gealtert (er sprach Columbo 1969 und 73) - hätte er auf den jungen Columbo 1991 noch gepasst? (Ich weiß, dass Biederstaedt 6 Jahre älter ist, aber das sagt ja bei Stimmen nicht unbedingt viel und ich habe Friedrichsen in den 90ern nicht im Ohr)
So schlecht ist Claus Biederstaedt meiner Meinung nach auch gar nicht, er spricht Columbo durchaus auch leise und ruhig und wirkt trotzdem wuchtiger und man wundert sich teilweise, dass er so oft vom Mörder für einen schusseligen Trottel gehalten wird. Ich komme in den alten Folgen mit Biederstaedt jedenfalls besser zurecht als mit Sachtleben, der das Schrullige zu sehr betont. Ich finde Biederstaedt auch nicht zu alt und aggressiv - eher zu sportlich. Es fehlt aber diese liebenswürdige Zurückhaltung und Beiläufigkeit, die Columbo irgendwie ausmachte und die Mörder in Sicherheit wähnen ließ. Das konnte auch Sachtleben nicht und Friedrichsen hatte davon in den zwei Filmen auch nichts.
Tja, nach Schwarzkopf konnte eigentlich JEDER andere Sprecher nur verlieren. Die Identifikation beim Publikum ging ja so weit, daß Zuschauer der ersten Biederstaedt-Folgen sich bei RTL beschwerten und die Erklärung, Schwarzkopf sei tot, nicht gelten ließen ("Der kann nicht tot sein, ich hab ihn doch eben noch GESEHEN!").
Mit Biederstaedt kann ich (rein subjektiv) gut leben, weil ich seine Stimme sehr mag und weil er nie versucht, Schwarzkopf zu imitieren, sondern Columbo seinen eigenen Stempel aufdrückt, ohne Falk zu verwässern. Aber viele mögen das halt nicht, wofür ich auch Verständnis habe. Durchaus möglich, daß Biederstaedt auch aufgrund der negativen Resonanz beim Publikum das Handtuch warf. Aber Friedrichsen und Sachtleben wäre es im direkten Anschluß an Schwarzkopf nicht anders ergangen. Rein schauspielerisch sehe ich bei Friedrichsen da aber keine gesteigerten Probleme, seine Stimme hätte Anfang der 90er auch noch für den jungen Columbo funktioniert.