Zitat von MückeAls ich vor kurzem den Jeff Chandler-Film "Klar Schiff zum Gefecht"* von 1956 sah, war ich ziemlich überrascht, als Curt Ackermann aus Chandlers Munde in einer der besten Szenen, die auch im Trailer zu sehen ist, plötzlich was von einem "Scheiß-Flugzeug!" rumbrüllte. Nun gut...damals war es noch nicht üblich, dass 96% aller Flüche im Originalton durch "fucking" bekräftigt werden, aber trotzdem nehme ich doch an, dass Synchros seinerzeit öftermal die Ausdrucksweisen oder sowieso auch die Zweideutigkeiten des Originals abschwächten. Das Wort "Scheiße" im besonderen ist mir in älteren Synchros, m.E., sonst auch tatsächlich noch nie untergekommen. Zumindest nicht in 50er-Synchros oder älterem.
Im Original schreit Chandler an dieser Stelle übrigens "filthy plane" ("dreckiges Flugzeug"). In der Mitte des Films spricht ein Matrose während einer Strand-Szene von dem "Scheiß-Pazifik" und dem "Scheiß-Schiff" (OF: "lousy") und bezeichnet sein Bier als "pisswarm", während er im Original lediglich dessen Temperatur nennt.
Ich wollte für diese Frage keinen eigenen Faden aufmachen, deshalb schließ ich das einfach Mal an die obige Diskussion an: Hat sich eigentlich irgendjemand mal damit beschäftigt, wann es in der deutschen Synchronisation Usus wurde, "Fuck" aus dem Original zu übernehmen, statt es mit einem anderen Fluch einzudeutschen?
Es muss ja, unterbricht mich wenn ich gerade ältere "Fucks" vergesse, nach "Stirb langsam" passiert sein. Immerhin wurde uns dort noch die Schweinebacke präsentiert, die heutzutage sicherlich ein "Motherfucker" bleiben würde.
Ergänzend dazu noch eine andere Frage: Ich weiß ganz genau, dass in einer 90er-Komödie "Bitch" (das, sofern ich mich richtig erinnere in der gleichen Einstellung auch zu lesen war) noch als "(räudige?) Hündin" übersetzt wurde. Mehr weiß ich über den Film auch nicht mehr, aber ich hätte Lust, ihn mal aus Synchro-Sicht neu zu betrachten und die deutsche mit der englischen Tonspur zu vergleichen. Könnte ein ganz spannendes Untersuchungsobjekt sein. Hat zufällig jemand die gleiche Erinnerung und kann mir weiterhelfen?
In "Tim und Struppi im Sonnentempel" gibt es eine Szene, deren Doppeldeutigkeit mir erst neulich aufgefallen ist: Als der von Klaus Miedel gesprochene Stotterer im Hafen den Schul(t)zes von seiner Entdeckung erzählen will, stammelt er: "Ich Zeuge", woraufhin er die gereizte Antwort bekommt: "Ich weiß zwar nicht, was wo wie Sie zeugen wollen, aber wenn Sie nicht endlich Ihren Brotladen zumachen, dann werden Sie zum Zeugen kaum noch Gelegenheit haben!" Wenn der katholisch-konservative Herge von dieser doppelsinnigen Aussage erfahren hätte...
"Im Kreuzfeuer" wurde 1947 gedreht und erlebte seine deutsche Premiere Anfang 1973 im Fernsehen. Die Synchro gehört also gerade noch in die "klassische" Phase. Während Sergeant Montgomery (Robert Ryan) zu Beginn an einer Stelle schlicht sagt: "I never seen anything like these guys", wurde daraus in der deutschen Fassung "Solche A****geigen wie die sind doch einfach zum Kotzen!". Später fällt (ebenfalls ohne Bezug zum Original) das Wort "Scheißlokal".
In "Der Mann mit dem goldenen Arm" fällt an einer Stelle der Satz: "What´s money? Some to blow your nose on!" Übersetzt wurde das mit: "Was ist Geld? Damit wischt man sich bloß den Hintern!" An einer anderen Stelle ließ man Franz Nicklisch an einer im Original stummen Stelle (in Anlehnung an ein berühmtes Goethe-Zitat) "Küss mich mal!" sagen. Ein paar Szenen weiter (als die Pokerrunde platzt) fällt der Ausdruck "Scheißkerl", wo im Original ebenfalls gar nichts gesagt wird. Alles nicht besonders dramatisch? Die Synchro stammt aus dem Jahre 1956!
Den Film noir "Vor verschlossenen Türen" mit Humphrey Bogart habe ich noch nicht gesehen. Aber ich habe neulich gelesen, dass in der deutschen Fassung (1954) der Begriff "Nutte" vorkäme - zu dieser Zeit bestimmt keine Selbstverständlichkeit.
Hab mir kürzlich eine alte Bugs Bunny-Folge reingezogen, Synchro stammt aus den frühen 1970ern. Foghorn Leghorn (Martin Hirthe) meint da über die alte Henne Miss Prissy: "Das Weib ist wie die Autobahn von Hamburg nach Bremen, keine Kurven!".
Zitat von berti"Im Kreuzfeuer" wurde 1947 gedreht und erlebte seine deutsche Premiere Anfang 1973 im Fernsehen. Die Synchro gehört also gerade noch in die "klassische" Phase.
Woran machst du denn das fest?
Für mich endet die "klassische Phase" spätestens mit dem Moment, als Brandt und Brunnemann mit ihrer Art der Bearbeitung Beifall fanden und das auch imitiert wurde, denn Brandt und Brunnemann waren es letzten Endes, die den deutschen Synchronfassungen einen rabiateren Anstrich verpasst haben, der so gar nicht mehr zum klassischen "Schönreden" mancher Dialoge passen wollte - und das war vor 1973. 1973 hat Brandt ja schon sein eigenes Studio aufgemacht. Mit dem Moment wo die Blödelsynchro salonfähig wurde, war es mit der klassischen Phase zwangsläufig Essig. Ich weiß jetzt nicht, was der erste lupenreine Blödelsynchro-Film war, aber das dürfte so Anfang der 2. Hälfte der 60er gewesen sein.
Zitat von berti"Im Kreuzfeuer" wurde 1947 gedreht und erlebte seine deutsche Premiere Anfang 1973 im Fernsehen. Die Synchro gehört also gerade noch in die "klassische" Phase.
Woran machst du denn das fest?
Für mich endet die "klassische Phase" spätestens mit dem Moment, als Brandt und Brunnemann mit ihrer Art der Bearbeitung Beifall fanden und das auch imitiert wurde, denn Brandt und Brunnemann waren es letzten Endes, die den deutschen Synchronfassungen einen rabiateren Anstrich verpasst haben, der so gar nicht mehr zum klassischen "Schönreden" mancher Dialoge passen wollte - und das war vor 1973. 1973 hat Brandt ja schon sein eigenes Studio aufgemacht. Mit dem Moment wo die Blödelsynchro salonfähig wurde, war es mit der klassischen Phase zwangsläufig Essig. Ich weiß jetzt nicht, was der erste lupenreine Blödelsynchro-Film war, aber das dürfte so Anfang der 2. Hälfte der 60er gewesen sein.
Es ist natürlich schwer, so etwas klar zu definieren. Für mich persönlich endet sie 1973, weil um diese Zeit Leute wie Josef Wolf offenbar mit dem Synchronisieren aufhörten, F. A. Koeniger deutlich seltener Dialoge schrieb, und zunehmend auch eigentlich seriöse Regisseure und Autoren auf den Blödelzug aufsprangen. Sicher, das ist eine fragwürdige Definition, aber manche "ernsthafte" Arbeiten um 1970 haben für mich noch die Qualität der "guten alten Zeit". Ungefähr um 1973 herum würde ich deshalb von einer Art Generationswechsel sprechen.