Klar meinte ich das! So spät abends habe ich die Tasten vertauscht und nachher nicht nochmal Korrektur gelesen. Meinst du denn auch, dass GGH (oder wer auch immer) hier auf eigene Faust eine Anspielung eingebaut hat, ohne die englische Doppelbedeutung zu kennen?
Schwer zu sagen - sicher sprach er recht gut englisch, aber der Gag hört sich doch irgendwie nach Zufallstreffer an, in Tradition seines zeitweisen Stammregisseurs Brunnemann.
"Das Geheimnis der gelben Narzissen" ist eine deutsch-englische Coproduktion, die in zwei Fassungen mit teilweise unterschiedlicher Besetzung gedreht wurde. In der deutschen Fassung sind die Darsteller teilweise im O-Ton zu hören, andere sind synchronisiert. Zu letzteren gehörte die Darstellerin einer Wirtin, die im Gespräch mit Ling Chu (Christopher Lee) diesen einen "H****sohn" nennt. Dieses Schimpfwort ist mir in Synchros aus den Sechzigern bisher nur bei zwei Italowestern ("Zwei glorreiche Halunken" und "Spiel mir das Lied vom Tod") untergekommen. Hat es jemand sonst noch in einer Synchro aus dieser Zeit gehört?
Als am Ende von "Die Caine war ihr Schicksal" Greenwald angetrunken in die Feier nach dem Prozess platzt, den Offizieren ins Gewissen redet und sein Verhalten gegenüber Queeg bedauert, sagt er im Original "I feel sick about it". Die Übersetzung, dass er sich am liebsten "selbst ankotzen" würde, ist von der Wortwahl her zwar etwas drastischer, entspricht aber dem Inhalt. Kurz danach nennt er Keefer einen "Scheißkerl", während er im Original "nur" höhnisch meint, dieser sei "real healthy". Man bedenke, dass die Synchro von 1954 ist.
Das klingt nach H.G. Petersson als Dialogautor, der keine Scheu hatte, Straßensprache in seine Dialoge zu integrieren, wo es passend war (siehe "Der Mann mit dem goldenen Arm", als Frank wieder Drogen genommen hat: "Du bist doch wieder satt, Frankie!")
Angaben zum Dialogbuch konnte ich nirgends finden, aber bei der Ultra als Studio wäre Petersson natürlich denkbar. Regie führte jedenfalls Theodor Muehlen.
fortinbras
(
gelöscht
)
Beiträge:
29.05.2013 11:03
#97 RE: Ungewöhnlich "anstößige" Wortwahl in alten Synchros
Nachdem ich gestern erst "1984" gesehen habe (von 1955), fällt mir das gerade ein. Allerdings möchte ich "anstößige" Wortwahl mit "offen, direkt" ersetzen. Vielleicht weil es eine Literaturverfilmung war und Original Orwellscher Stoff-es ist häufig von "Sex" die Rede. Nicht nur vom Verbot von Liebe (die Partner werden ja von "Big Brother" nur nach politisch-medizinischen Kriterien zugeteilt), auch dem Verbot von Sex als reinen Lustakt. Das wird klar getrennt. Es gibt auch eine "Anti Sex-Liga". Da wurde keine verharmlosendere oder ausweichende Formulierung gefunden, was sicher nicht so schwer gewesen wäre. Ist jetzt kein besonders aufregender Beitrag.....
Als sich Robbins am Anfang von "An einem Tag wie jeder andere" darüber beschwert, dass er eine Flasche nicht öffnen könne, bezeichnet er diese in der Synchro als "Scheißding", was wohl der Unterstreichung dienen soll. Später im Film beschimpft Glenn Griffin (Humphrey Bogart) in einer Szene Mittelständler als "Scheißkerle" (OF: "Suckers").
Während Harry Hinkle (Jack Lemmon) in der Synchro des "Glückspilzes" "Scheiß auf das Korsett!" schnauzt, sagt er im Original lediglich: "It´s not the corset!"
Eine Synchro aus dem Jahr 1974 kann man nicht wirklich als alt (im Sinne des Threads) bezeichnen, trotzdem finde ich bemerkenswert, wie oft (ich habe nicht gezählt) in "Der Teufel führt Regie" das Wort "ficken" fällt.
In "Der letzte Zug von Gun Hill" legte F.A. Koeniger Anthony Quinn die Worte "Ach scheiß drauf!" in den Mund. Zwar wurde der Film erst 4 Jahre nach seiner Entstehung (man bedenke, ein Film eines Top-Regisseurs mit zwei damaligen Top-Stars) synchronisiert, aber das war immer noch 1962.
berti, dem gerade die Weisheitszähne gezogen werden und daher nicht selbst posten kann, hat mich gebeten anzumerken, dass DER LETZTE ZUG VON GUN HILL sehr wohl eine zeitnahe Synchro hatte, nämlich eine von 1959.
Falls du mit dem Top-Regisseur John Sturges meinst: ich finde, er wurde damals und wird auch heute noch sehr unterschätzt (wenn man überlegt, dass sogar ein bestenfalls durchschnittlicher Regisseur wie Delmer Daves damals hochgejubelt wurde, erscheint diese Geringschätzung noch grotesker). Sturges war ein brillanter Handwerker, mit einem großartigen Sinn für Bildkomposition und Tempo (meine allerliebste Sturges-Szene ist die, wo die zwei Banditen zu Pferde in DIE GLORREICHEN SIEBEN wie im Balett synchron zu Bernsteins wuchtiger Musik über mehrere Hürden springen - ich könnte mir diese Szene stundenlang anschauen). Durch Einfluss meines Vaters liebte ich als kleiner Bub Western über alles, aber in der Regel lösten Western bei mir (im positiven Sinne) eher ine entspannt-distanzierte Haltung aus. Die beiden großen Ausnahmen waren DIE PLÜNDERER und DER LETZTE ZUG VON GUN HILL. Beide Filme haben mich von der Dramaturgie her so gefesselt wie sonst keine anderen Western. Und seitdem finde ich auch Marquis auf Kirk Douglas ganz wunderbar, auch wenn einige hier in regelmäßigen Abständen über diese Kombination motzen.
Mehrere Quellen geben 1962 als Aufführungsjahr an - 1959 müsste mir erst jemand (auch berti) erst schriftlich belegen, da wohl noch Wolf Martini auf Quinn besetzt worden wäre (Geißler kam erst später zum Zug) und selbst Marquis für Douglas erst durch "Spartacus" aufs Tablet kam.
Gruß Stefan
edit: Habe gerade gesehen, dass sowohl auf wiki als auch auf ofdb 9.2.1960 als deutsche Premiere angegeben sind, also nach Martinis Tod und nach "Spartacus" - das erklärt es. Es scheint eine merkwürdige Uneinigkeit darüber zu geben, denn gerade bei diesem Film ist es mir schon früher aufgefallen, dass merklich abweichende Aufführungsdaten existier(t)en.
Mir war zuvor auch immer nur das bei Bräutigam genannte 1962 als Entstehungsjahr bekannt. Da ich den Film aber noch nicht kenne, habe ich mich nicht weiter damit beschäftigt. Bei Arne wird die deutsche Fassung auf 1959 datiert. In diesem Fall wäre es Geislers erster Einsatz auf Quinn gewesen, da dieser in "Warlock" noch von Martini gesprochen worden war. http://www.synchrondatenbank.de/movie.php?id=2815
Zitat von Stefan der DEFA-Fan im Beitrag #103und selbst Marquis für Douglas erst durch "Spartacus" aufs Tablet kam
Hatte Marquis ihn nicht bereits in den "Wikingern" gesprochen? http://www.filmgalerie-alpha60.de/film.p...=4606&listId=69 Da dort noch Wolf Martini (als Sprecher von Ernest Borgnine) dabei war, müsste diese Synchro noch vor der von "Gun Hill" entstanden sein.
@ berti: Huch, was machst du denn wieder hier, du musst dich doch schonen, Junge! Nimm dir ein Beispiel an fortinbras.
Ja, das Lexikon des Internationalen Films gibt auch den 19.2.1960 als deutsches Erstaufführungsdatum an, die Angabe 1959 bei Arne dürfte aber auch stimmen, da es höchstwarhscheinlich das Jahr der Synchroherstellung ist. Der Hinweis auf die "zeitnahe" Synchro stimmt auch, da LAST TRAIN FROM GUN HILL erst im Juli 1959 US-Premiere hatte (laut imdb).