Das "Himmel, Arsch und Zwirn" in "Vera Cruz" wurde schon erwähnt - wobei er "Wolkenbruch" sagt, nicht "Zwirn" - seltsamerweise aber nicht, dass Ackermann/Lancaster gleich zu Beginn grinsend sagt "scheissegal" - und das 1955. Nicht zu vergessen der Satz "Mensch, hat die was in der Bluse!" Eine Ultra-Synchro - würde mich nicht wundern, wenn hier H.G. Petersson zugeschlagen hätte.
In "Unter Verdacht" bezeichnet Cora Marshall die Freundin ihres Mannes im Original als "low creature", in der deutschen Fassung (von 1950!) dagegen deutlich drastischer als "Hure".
Ebenfalls 1955 fiel in "Rififi" das Wort "Scheiß-Gesundheit" - das ging wohl auf das Konto von Hans-Helmut Kirst (neben Kurt Hinz als Dialogautor genannt). Und ein freundliches (tatsächlich!) "Halt's Maul!" ist auch zu hören
Hatte dieses Wort überhaupt etwas mit der Vorlage zu tun, oder würdest du tatsächlich sagen, dass er das Original an dieser Stelle einfach "umgedichtet" hat?
Während in der Originalfassung von "Die Rache der Pharaonen" ein Kutscher lapidar meint "Times being what they are!", spricht er in der Synchro von "beschissenen Zeiten". Für 1959 durchaus ungewöhnlich, erst recht, wenn es Walter Bluhm ist, der so redet.
Zitat von Markus im Beitrag #2Nicht mehr ganz die keusche Zeit, aber die berühmte Szene von "Leoparden küsst man nicht" mit Erik Schumann/Cary Grant im Schlafrock: "Weil ich plötzlich schwuuul geworden bin!"
In der Filmliteratur wird übrigens gelegentlich spekuliert, ob "gay" in diesem Zeitkontext noch "wunderlich/exzentrisch" bedeutete. Zumindest konnte man sich wohl bei der Zensur darauf berufen. Und der Doppelsinn wurde dennoch verstanden.
Die deutsche Erstaufführung dieses Films war 1966, was die Sache gleich doppelt besonders macht. Zunächst war Dialogautor Ebinger hier anscheinend auf dem neuesten Stand, da das Wort "gay" erst Mitte der 60er "offiziell" die heutige Bedeutung bekam und damals noch gelegentlich im "älteren" Sinne verwendet wurde (etwa im 1965 herausgekommenen "Narrenschiff" oder einer 1966 erstmals ausgestrahlten Folge von "Ein Käfig voller Helden"); davor war es (ähnlich wie "Musical" oder "sophisticated") als Code verwendet worden. Daneben handelte es sich im damaligen deutschen Kontext natürlich noch um ein tabuisiertes Wort, das Welten von dem heutigen Gebrauch als Eigenbezeichnung entfernt war und daher krass gewirkt haben dürfte. Der 1961 herausgekommene "Teufelskreis" war der erste englischsprachige Film, in dem Wörter wie "homosexual" und "queer" (mit der Bdeutung von "schwul") im Dialog fielen; in der deutschen Fassung (wie mir jemand mitteilte, der diese kennt) wurde dagegen beides nur mit "anders" übersetzt. Die früheste Synchro, in der mir das Wort "homosexuell" untergekommen ist, wäre die von "Der Kandidat", die nur ein paar Jahre danach entstand. Daher dürfte es in "Leoparden" vermutlich das früheste Beispiel dafür sein, dass "schwul" in einer Synchro gesagt wurde.
Zitat von Markus im Beitrag #2Nicht mehr ganz die keusche Zeit, aber die berühmte Szene von "Leoparden küsst man nicht" mit Erik Schumann/Cary Grant im Schlafrock: "Weil ich plötzlich schwuuul geworden bin!"
In der Filmliteratur wird übrigens gelegentlich spekuliert, ob "gay" in diesem Zeitkontext noch "wunderlich/exzentrisch" bedeutete. Zumindest konnte man sich wohl bei der Zensur darauf berufen. Und der Doppelsinn wurde dennoch verstanden.
Wobei schon 1953 in einem amerikanischen Lexikon als Beispiel auch "homosexual" angegeben war. Das stand zumindest mal bei YouTube in einer Gegenüberstellung der deutschen Fassung und der Originalfassung, die ich zusammengeschnitten habe, in den Kommentaren.
Ähnliche Beispiele nennen auch der deutsch- und englischsprachige Wikipedia-Artikel über das Wort: https://de.wikipedia.org/wiki/Gay https://en.wikipedia.org/wiki/Gay Im Film wurde es allerdings noch lange danach ohne diese Bedeutung benutzt; der älteste mir bekannte "moderne" Gebrauch (bzw. zugleich ein Spiel mit der wechselnden Bedeutung) in einem Hollywoodfilm wäre "Frühling für Hitler" von Mel Brooks.
In "Vom Winde verweht" gibt es eine Szene, wo es Aufgrund des Kriegszustandes ein Problem ist, den Arzt zu holen, da die Frau von Scarlett O'Haras (Vivien Leigh) verflossener Liebe kurz davor ist, ein Kind zu holen. Das führt zu einer Auseinandersetzung zwischen Scarlett und dem Hausmädchen Prissy (Butterfly McQueen) infolge welcher Scarlett sie mit einem "Halt's Maul !" anfaucht. Das ist eine Verschärfung gegenüber des Originals. Hier ist nur "Stop it !" zu hören. Die etwas derbere Äußerung passt zwar irgendwie zu Scarlett, die ohnehin einen miesen Charakter hat, andererseits ist sie für diese Zeit (der Film ist von 1939 und wurde 1952 synchronisiert) doch echt ungewöhnlich.
Man wollte dabei wohl den Mundschluss berücksichtigen. Außerdem finde ich die Verschärfung insofern nlicht unangemessen, als sie das Verhältnis der Sklavenhalterin zu ihrer Sklavin noch drastischer zeigt.
Am Anfang von "Dr. Seltsam" bezeichnet Heinz Engelmann (für Sterling Hayden) die Lage als "ziemlich beschissen" (OF: "pretty hairy"). Später wird Werner Schwier für Slim Pickens auch mitunter ziemlich derb ("Himmel, A**** und Zwirn/Wolkenbruch", etc.).
In "Der Flug des Phoenix" sagt Siegmar Schneider/James Stewart in einer Szene über seinen Freund, dieser sei Navigator bei einer Fluggesellschaft "am A**** der Welt".
In "41 Grad Liebe" nahmen die hamburger Sprecher 1960 auch kein Blatt vor den Mund: "Ich habe mir mein Scheiß-Bein gebrochen!" - "Das ist ja wirklich zum Kotzen!"