Den Ansatz finde ich problematisch, weil du nachrückenden Generationen damit fast per se absprichst, noch irgendwie in der Tradition von Leuten wie Wolf gearbeitet zu haben. So als ob dann plötzlich alle von Brandt infiltriert worden wären. Ich finde man kann den "Schnitt" nur da setzen, wo deutliche neue Strömungen aufkamen (Brandt, Brunnemann). Ein Aussterben bestimmter Tendenzen und Traditionen erkennen zu wollen, halte ich hingegen für übertrieben.
Dann wäre natürlich die Frage, ob für dich als Begründer dieses Threads alle Beispiele aus der Zeit nach dem Auftreten von Brandt und Brunnemann (von denen bereits einige genannt wurden) hier "eigentlich" nicht hineingehören.
Mücke
(
gelöscht
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Beiträge:
29.11.2011 18:49
#78 RE: Ungewöhnlich "anstößige" Wortwahl in alten Synchros
Die Frage ist doch eigentlich nur, was für die jeweilige Zeit ungewöhnlich war...auch heute gäbe es sicher noch Dialoge, die ungewöhnlich anstößig wirken würden. Allerdings ist der Pool mit dem du noch schocken kannst deutlich geschrumpft.
Nö. Der Pool ändert sich stetig. Der war in den 70ern auch schonmal per se kleiner als in den 50ern. Aber ich habe ja hier keine Vorgaben gemacht, dass das auf Jahrzehnte begrenzt bleiben soll (weil das Schwachsinn gewesen wäre). Von "alten Synchros" habe ich nur deswegen geredet, weil ich es relativ absurd finde, sich über "anstößige" Entgleisungen in modernen Synchros auszulassen. Bei älteren Filmen hat das rückblickend hingegen was Amüsantes.
Wo man schon mal Hans Hesslings Satz "Das riecht hier aber nach Makkaronifressern!" aus der Erstsynchro von Asterix der Gallier erwähnt hat. In dem Zeichentrickfilm Jonas und der verschwundene Schatz schimpft der Schurke des Films seinen italienischen Handlanger "Du missgestalteter Sohn eines Makkaronibohrers."
Und als ich kürzlich mal wieder meine DVD Box von Kimba der weisse Löwe angesehen habe ist mir auch was zu Ohren gekommen. Es war in der Episode "Der Schrecken im Berg". Also folgendes Szenario: Der Heuschreckenschwarm, der in der Episode "Die Heuschreckenplage" in einer Höhle eingesperrt wurde bricht aus und eines der Tiere ist durch radioaktive Strahlung zu einem Riesen mutiert. Kimba bräuchte dringend die Hilfe der anderen Raubkatzen. Doch die sind durch den Verzehr der anderen Heuschrecken fett und nutzlos geworden. Bei diesem Anblick meint Kimba empört: "Welch trauriger Anblick. Fett wie die Eunuchen." Diese Bemerkung finde schon recht grenzwertig. Erstens weil die Gewichtszunahme eines Eunuchs nichts mit zu viel Essen zu tun hat und zweitens finde ich Eunuch ein eher unpassendes Wort für eine Kinderserie. Man stelle sich mal vor ein Kind hört das und fragt: "Was ist denn ein Eunuch?" Sollte man da wirklich reinen Wein einschenken: "Ein Mann dem der Pimmel entfernt wurde."
In "Die jungen Löwen" von 1958 sagt Wolfgang Lukschy für Dean Martin an einer Stelle, einer Fliegerbombe sei es "im Endeffekt scheißegal", ob sie einen Helden oder einen Feigling töte. An einer anderen Stelle ließ man einen amerikanischen Soldaten, der im Original nur niest, "Scheiße, sag´ich" murmeln.
Zitat Wo man schon mal Hans Hesslings Satz "Das riecht hier aber nach Makkaronifressern!" aus der Erstsynchro von Asterix der Gallier erwähnt hat.
Der Satz geht auch mir nicht aaus dem Kopf, schon deswegen, weil er von einiger Schreibern hier als harmlos angesehen wird. 1. Der Ausdruck ist aus meiner Sicht kein einfacher derber Kraftausdruck, sondern absolut politisch unkorrekt. Aber das ist subjektiv. 2. Objektiv problematisch ist, dass die Art von Sprache nicht zu den Asterix-Comics passt. Die Abweichungen treffen im Übrigen auf die nicht weniger misslungene Neusynchro zu. Obwohl man nur mutmaßen kann, wer z.B. sich die völlig unlustigen Namen ausgedacht hat (Scherzkeksus, Haudraufwienix etc.), stellt die Zweitfassung eine der schlechtesten Arbeiten des sonst genialen Arne Elsholtz überhaupt dar. 3. Am schlimmsten finde ich aber, dass der Ausdruck einfach falsch ist, da die Römer keine Italiener sind. In "Asterix in Amerika" stört mich dieser Beug auf das heutige Italien genauso (Pizza-Erde, Akzent), wenn auch dort keine Schimpfwörter in dieser Richtung fallen.
Zitat von Slartibartfast3. Am schlimmsten finde ich aber, dass der Ausdruck einfach falsch ist, da die Römer keine Italiener sind. Solche Anachronismen findet man sonst nicht bei Asterix.
Vielleicht meinte Heinrich Riethmüller, der damalige deutsche Zuschauer hätte solche Assoziationen? Dass Asterix unmittelbar nach diesem Wort die Römer verprügelt, macht die Sache auch nicht besser, sondern eher noch kritischer. Laut den deutschen Untertiteln der DVD sagt er im Original nur, dass es nach Römern riechen. Kann das jemand, der die Sprache beherrscht, bestätigen? Falls in Wirklichkeit bereits dort eine abfällige Bezeichnung fallen sollte, würde die Sache zumindest für Herrn Riethmüller etwas anders aussehen.
Aber nur "etwas". Der Wortlaut der UT ist völlig hinreichend. Ich möchte nochmal ausdrücklich die Entscheidung loben, das eine Neusychro erstellt wurde, aber nicht deren Umsetzung. Die Besetzung mit Zander und Pfitzmann stellte im Grunde eine frühe Promibesetzung dar, die Hessling und Ott in keiner Weise gerecht wird und die Dialoge sind auf Kleinkindniveau getrimmt. Dabei hatte sich damals der Stil der Comics längst etabliert und hätte sogar mehr als bei der Erstsynchro Vorbild sein müssen. Die Originaldialoge sind hier absolut sekundär.
Als James Bond (George Lazenby) zu Beginn von "Im Geheimdienst ihrer Majestät" in der Hotellobby von mehreren Gangstern entführt wird, kommentiert er das aus dem Off mit: "Machen wir ´n flotten Dreier!" Im Original sagt er: "Perhaps wie can make a foursome!". In verschiedenen Wörterbüchern wird "foursome" mit Quartett (beim Sport) übersetzt, und für diese Übersetzung entschied man sich auch bei den Untertiteln. Laut einigen Wörterbüchern kann "foursome" aber auch ein Slangausdruck für Gruppensex sein. Natürlich kann es sein, dass dem Dialogautor (Stefan tippte früher mehrfach auf GGH) diese "inoffizielle" Bedeutung bekannt war. Es könnte aber auch sein, dass er auf eigene Faust eine saloppe Bemerkung einbauen wollte, wie an einer anderen, öfter zitierten Stelle: "Beluga. Das hebt...die Stimmung!"