KOCH Media hat seine Film noir-Collection ja jetzt um zwei DVDs erweitert: "Liebe gewinnt" und "Der schwarze Spiegel". Weiß schon jemand, ob die beiden Filme auch massakriert worden sind? Gleiches würde mich auch betreffs "Hölle der tausend Martern" von Schröder Media interessieren...
Habe nun in die "Jonny stiehlt Europa" (1932)-DVD reingehört, deren Ton von Holger Siedler bearbeitet wurde (siehe dieses Posting). Der Ton klingt sehr luftig, frisch und natürlich. Das sanfte Lichttonrauschen im Hintergrund trägt zur Atmosphäre bei. An manchen stellen ist leichtes Rauschatmen festzustellen, was aber kaum ins Gewicht fällt.
Die typischen bei quasi allen Mastern der Murnau-Stiftung zu findenden gravierenden Bearbeitungsfehler (gelöschte hochfrequente Details im Nutzsignal, abgehackte Silben beim Ein- und Ausschwingen von Wörtern, blubbernde/zwitschernde/metallische Digitalartefakte) sind hier glücklicherweise überhaupt nicht vorhanden.
Wurden auch bei den weiteren DVD-Veröffentlichungen aus der Reihe "Schätze des deutschen Tonfilms" ("Lumpacivagabundus" (1936), "Knockout - Ein junges Mädchen, ein junger Mann" (1935), "Spione im Savoy Hotel" (1932), "Der Hund von Baskerville" (1936),...) die Tonspuren von Holger Siedler bearbeitet?
Zitat von MückeKOCH Media hat seine Film noir-Collection ja jetzt um zwei DVDs erweitert: "Liebe gewinnt" und "Der schwarze Spiegel". Weiß schon jemand, ob die beiden Filme auch massakriert worden sind?
Würde mich auch interessieren. Vor allem würde mich auch interessieren, ob der Ton von Holger Siedler bearbeitet bzw. qualitätskontrolliert wurde. Es wäre auch sehr wünschenswert, dass das Label bzw. Masteringstudio die seltene Erstsynchro von "Spiel mit dem Tode" (1948) den Fans und Sammlern sobald als möglich in UNVERPFUSCHTER Form zugänglich macht.
Zitat von MückeBei Kinowelt würden mich Kaputtfilterungen wirklich wundern, aber vielleicht habe ich da was verpasst?!
Das Thema "kaputtgefilterter Ton bei Kinowelt-Releases" wurde schon in mehreren Threads thematisiert:
Fairerweise muss jedoch angemerkt werden, dass KEINESWEGS ALLE Kinowelt-Releases digital zerstörten Ton aufweisen.
Meine im "Brief einer Unbekannten"-Thread getätigte Aussagen, dass Criterion stets sehr sorgfältig bei Tonbearbeitungen vorgeht, muss ich leider zurücknehmen. Die Criterion-DVD von "Vampyr" (1932) bietet - wie schon andernorts erwähnt - einen viel zu stark denoisten Ton. Sehr enttäuschend. Vorbildlichst ausgefallen ist hingegen die Criterion-Klangbearbeitung von "Le million" (1931).
Noch ein paar Anmerkungen zur "Brief einer Unbekannten"-DVD von Kinowelt:
Das Masteringstudio hat nicht nur beim Umgang mit Denoisern geschludert, sondern auch beim Anlegen der dt. Tonspur ans Bild. So fehlt auf der DVD bei 23:50 ein deutscher Dialogsatz, der im TV noch vorhanden war (man sieht auch deutlich die Lippenbewegungen; die DVD-Tonspur bleibt an dieser Stelle jedoch stumm). Dieser fehlende Dialogsatz ist zwar nur ein leichter Fehler im Vergleich zur von der ersten bis zur letzten Filmsekunde irreparabel mit Denoisern zerstörten Tonspur, sollte aber natürlich nicht passieren.
Und wer sich ein Bild davon machen möchte, wie sehr die sog. "Restaurierung" den O-Ton ruiniert hat, dem sei der unter den DVD-Extras befindliche Videoessay von Tag Gallagher empfohlen. Hier werden einige kurze Ausschnitte aus dem Haupftfilm gezeigt, welche noch völlig unverpfuschten O-Ton aufweisen. Der sog. "restaurierte" O-Ton ist in Gegensatz zu den im Videoessay gezeigten Filmausschnitten VÖLLIG VERSEUCHT mit ekligen blubbernden und zwitschernden Digitalartefakten (exakt solche Artefakte kennt man auch zur Genüge von YouTube-Videos und Webstreams mit zu geringer Datenrate bzw. fehlerhafter Audio-Kompression).
Mücke
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10.02.2010 22:57
#94 RE: PETITION gegen die Zerstörung deutscher Synchronisationen durch technisch unsachgemäße Nachbearbeitung
Heute ist etwas passiert, was dem Kampf gegen die Zerstörung von Tonmaterial im Film nochmal eine völlig neue, bisher nicht bekannt gewordene Dimension verleiht und die Bedeutsamkeit der Thematik gewissermaßen mit dem Holzhammer an die Pforte schlägt:
In Mainz wurde heute in einem Kino der Cinestar-Kette William Dieterles erster deutscher Kinofilm nach seiner Rückkehr aus Hollywood "Die Fastnachtsbeichte" gezeigt, der hier einen ähnlichen Kultstatus zu genießen scheint, wie "Dinner for one" an Silvester (und in dem Rainer Brandt seine vielleicht beste Filmrolle (on-screen) spielte). Was geschah: Als der Film anlief begann er mit einem Logo der Murnau-Stiftung und ich bekam gleich einen Schreck. Der Vorspann hörte sich schon etwas eigentümlich plärrig an, aber ich dachte mir noch nichts weiter Böses dabei, doch dann ging es los: SCHON NACHDEM DER ERSTE RICHTIGE SATZ GESPROCHEN WAR(!!; denn mehr kommt an Dialog erstmal nicht wirklich) stellten sich beim Publikum Irritationen ein, weil man die Atmo in Grund und Boden gefiltert hatte. Und nachdem weitere Dialoge einsetzten, hagelte es von den Rängen Proteste (angefangen bei "Ist das ein Stummfilm, oder was?!"), die bis hin zu einem Sprechchor führten. Der Film wurde unterbrochen und neu gestartet. Diesmal etwas lauter gedreht, da dem Problem anders gar nicht mehr beizukommen war, doch da es die erste Rolle besonders hart getroffen hatte, half auch das nichts. Ich habe daraufhin das Kino verlassen (gemeinsam mit einem Mann, der sich bereits zum zweiten Mal beschweren ging) und sowohl einen Spalier stehenden Mitarbeiter, als auch kurz darauf den Vorführer auf das Problem verwiesen. Interessanterweise mokierte selbst der Vorführer den Ton noch zu einem Zeitpunkt, als er verhältnismäßig(!) schon wesentlich besser geworden war, weil man die Atmo einfach nicht hörte und dialogfreie Stellen praktisch ohne Ton zu "hören" waren (bzw. eben nicht zu hören waren). Da die weiteren Rollen einigermaßen gut erhalten waren, fing sich das Ganze weitgehend, wobei lautere Passagen durch unangenehmes Dröhnen und das nuancierte Spiel mit ansatzweisem Nuscheln eines Götz George z.B. trotzdem noch Probleme darstellten. Ich habe das Kinopersonal darauf angesprochen, dass man das der Murnau-Stiftung mal "nahe legen" sollte und sie wollten das offenbar auch machen. Weiß nicht, ob es nun noch dazu kommt, da die Filmrollen nach hinten raus ja nun zufälligerweise besser erhalten waren und dadurch der Eindruck aufkommen konnte, das Problem habe sich erledigt, aber zumindest der Vorführer hat es ja, wie erwähnt, auch noch zu einem späteren Zeitpunkt erkannt, dass da wirklich elementare Probleme am Werke waren. In jedem Fall hat das Ganze extreme Wellen geschlagen und mir ist es zum Glück gelungen auch den Grund dafür an den Mann zu bringen (da war, wie gesagt, auch jemand aus dem Publikum dabei). Filme dieser Qualität so rüde zu misshandeln ist echt ein künstlerischer Frevel höchsten Ausmaßes.
Mücke
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10.02.2010 23:16
#95 RE: PETITION gegen die Zerstörung deutscher Synchronisationen durch technisch unsachgemäße Nachbearbeitung
...und eh jetzt irgendwelche Leute "vom Fach" oder - noch schlimmer - vom Fan seit kurzem zum Fürsprecher oder Mitarbeiter irgendwelcher Label aufgestiegenen Konsorten behaupten, der Film hätte aufgrund seines Alters und seiner relativen Namenlosigkeit keinen Menschen interessiert, weswegen meine Ausführungen auch bedeutungslos seien: In dem Saal saßen, nach Aussage des Kinopersonals, etwa 300 Leute!
Ja - in der Tat. Die Reihe "Schätze des deutschen Tonfilms" in Coproduction mit BlackHill - Spirit Media wird von mir bearbeitet. Die digitale Bild-Aufbereitung macht Gürtler-Media. Der Ton und die editorischen Dinge ( Bonus-Film, Abspann etc. passieren bei mir im THS-Studio. Ich bemühe mich sehr behutsam mit dem Material umzugehen. Das Lichttonrauschen ist weniger was stört, sondern die oft heftigen "Rumpler" beim Schnitt. Diese werden über eine Spectralanalyse retuschiert und das geht nur manuell von Hand. Leider war bei Erstauflage des Hund von Baskerville der "Hund begraben" ,denn das Label hatte ausversehen die unbearbeitete Version veröffentlicht - naja - soll wohl bei der Nachpressung ausgebessert werden. Ein leichtes Denoising wird auch hier mit dem Noiseprint gemacht - aber halt mit einem Profiprogramm und absolut dezent. In der Regel dauert die Tonbearbeitung ein bis zwei Tage... besser als ein zu Tode gefilteter Ton...
Zitat von Stefan der DEFA-FanEs gibt eigentlich nur einen Unterschied - bei Koch gibt es eventuell die Chance, dass wir auch über das Forum eventuell Einfluss nehmen können, da bei diesem Label auch Fans am Werke sind (bitte diese Formulierung einfach mal so stehen lassen - auch wenn unsere Ansichten, was Tonqualität betrifft, vielleicht abweichen, sind sie trotzdem Fans - und nochmal: die Sherlock-Holmes-DVDs mit ihren verschiedenen Synchronfassungen und dem unbearbeiteten Ton sind ein klares Zeichen dafür).
Es hätte mich schon beinahe gewundert, wenn sich der herausragende Eindruck der Holmes-Boxen auch dem Inhalt nach bestätigt hätte. Mag sein, dass da betreffs der Synchros super Arbeit geleistet wurde (hab sie nicht alle durchgehört..., aber der Ansatz ist zumindest löblich...) und auch der Ton der OV wurde nicht kaputt gefiltert. Dafür jedoch wurde ein anderer Fehler gemacht, dem man ab und an mal begegnet - tendenziell etwas häufiger als kaputt gefiltertem Ton, aber m.E. ist das trotzdem Pfuscherei... Dieser Fehler verweist im Grunde auf die ursprüngliche Bedeutung des Wortes "synchron" zurück und tritt ironischerwese in den Originalversionen auf: Kurz gesagt...ich schaue gerade den dritten Film in Folge ("Perle der Borgia", "Stimme des Terrors", jetzt "Gefährliche Mission") und in mindestens zwei Filmen davon läuft der Ton über mehrere Minuten asynchron. Beim ersten hat sich das dann irgendwann wieder gegeben, mal sehen, wie es jetzt wird. Geht trotzdem gar nicht, sowas. Dass einem das nicht auffällt, ist tatsächlich noch absonderlicher, als dass man kaputt gefilterten Ton nicht bemerkt. Bei kaputt gefiltertem Ton mag man zweifelhafterweise noch behaupten können, man bräuchte da teilweise(!) ein geübtes Ohr um es rauszuhören, aber bei Asynchronität ist es eigentlich mit zwei Augen und zwei Ohren getan...und es muss dafür auch nicht soweit auseinander liegen, dass ein Wort erst über dem nächsten sichtbaren zu hören ist, um das Ganze deutlich zu merken. Schade. Im übrigen ist es völlig egal ob das Material möglicheweise so angeliefert worden ist. Diese Verschiebungen lassen sich an jedem Heimrechner problemlos korrigieren. Das geht technisch sogar noch wesentlich einfacher, als das Nachbearbeiten der "Tonqualität". Normalerweise bekommst du das sogar mit einem Anfängerschnittprogramm hin... Das einzig Tröstliche: Diese Fehler lassen sich wenigstens rückgängig machen, ohne dass man darauf hoffen muss, dass noch eine anders "geregelte" Kopie greifbar ist...
Zitat von Mücke Kurz gesagt...ich schaue gerade den dritten Film in Folge ("Perle der Borgia", "Stimme des Terrors", jetzt "Gefährliche Mission") und in mindestens zwei Filmen davon läuft der Ton über mehrere Minuten asynchron.
Wobei mir Fehler in Form von stellenweise auftretenden Bild-Ton-Asynchronitäten 100x lieber sind als Fehler in Form von kaputtgefilterten Tonspuren. Bild-Ton-Asynchronitäten lassen sich nachträglich problemlos und mit vergleichsweise geringem Zeitaufwand korrigieren, während man bei der sauberen Korrektur von zweiterem oft vor eine Hürde von Problemen gestellt wird, deren Behebung enorm viel Zeit beansprucht:
Da es sich bei Filterartefakten um irreparable Beschädigungen handelt, lassen sich diese natürlich nur rückgängig machen, indem man auf eine ungefilterte Audio-Quelle zurückgreift.
Bei einer Synchro, die z. B. vor 15-20 Jahren zuletzt mit unzerstörtem Ton im TV lief, ist es teils nicht einfach, an einen alten VHS-HiFi-Stereo-Mitschnitt überhaupt noch ranzukommen (Mono-Randspur-Mitschnitte sollte man grundsätzlich nur in äußersten Notfall verwenden, weil diese zumeist stark verrauscht sind und dumpf). Aber auch manche alten VHS-HiFi Stereo-Aufnahmen erzeugen Artefakte - v. a. in Form von Knacksern und Rauschfahnen (nachträgliches Entfernen dieser "VHS-Knackser" ist - sofern diese nicht zu stark auftreten - möglich, jedoch mit mühevoller zeitaufwändiger Kleinarbeit verbunden; nachträgliches Entfernen der Rauschfahnen wäre ausschließlich durch FFT/Denoiser-Einsatz möglich, was aber unweigerlich zu ekligen (viel gravierenderen) digitalen Filterartefakten führen würde).
Ich digitalisiere jeden alten VHS-HiFi-Stereo-Mitschnitt grundsätzlich vorsichtshalber ZWEIMAL, weil mir die Erfahrung gezeigt hat, dass nicht bei jeder Wiedergabe die VHS-Audio-Artefakte im selben Maße und an der selben Stelle auftreten.
Und wenn das alte VHS-Band zu sehr beschädigt ist, springt die VHS-HiFi-Stereo-Tonspur immer wieder zum Mono-Randspur-Ton über, was mit deutlichen Artefakten (Knacksern, Rauschen, Brummen) verbunden ist. In einem solchen Fall macht eine Digitalisierung dann natürlich überhaupt keinen Sinn mehr.
Und das saubere Anlegen des digitalisierten VHS-Tons ans DVD-Bild ist auch mit einem Zeitaufwand verbunden, den man nicht unterschätzen sollte (wenn Bild und Ton wirklich zu 100% synchron sein sollen, kann das - je nach Film - einige 100 Schnitte in der Tonspur erfordern!).
Mücke
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11.04.2010 23:58
#101 RE: PETITION gegen die Zerstörung deutscher Synchronisationen durch technisch unsachgemäße Nachbearbeitung
Um das Thema versauter O-Ton in den "Sherlock Holmes"-Boxen mal zu Ende zu führen. Ich hatte zwischenzeitlich mal den Eindruck, dass einem das Ganze möglicherweise nur dann auffällt, wenn man die Filme mit Kopfhörern (z.B. am Notebook) guckt - was schlimm genug ist, aber noch im Bereich des menschlichen Versagens tollerabel wäre -, aber heute hat mich "Juwelenraub" als letzter Film, den ich gesehen habe und damit durch war, doch noch eindeutig eines besseren belehrt und letzte Zweifel beseitigt. Der Ton liegt gerade bei diesem Film fast komplett nicht richtig synchron drüber und zwar so, dass man es sogar auf einem kleinen Mono-Fernseher mitbekommt, ohne direkt am Bild zu kleben und danach zu suchen. Sehr schade, denn ansonsten sind die Boxen von der Ausstattung her quasi alles, was man sich wünscht.
Der Ton von "Die 1000 Augen des Dr. Mabuse (D 1960) hatte bei der letzten ARD-Ausstrahlung auch eine kaputtgefilterte Tonspur.
Was ist eigentlich mit dem Ton von "Menschen im Hotel" (USA 1932 / Ausstrahlung 11.04.2010, 11:00 Uhr 3sat) ? Hat man da auch mit De-Noisern gearbeitet oder hat man den Ton analog bearbeitet ? Der Ton klingt zwar nicht digital gefiltert aber irgendwie schon ziemlich steril. Die deutsche Bearbeitung stammt von 1953 und nach dem MGM-Löwen ist ein dumpfes Knistern zu hören aber es rauscht nicht.
Zitat von MückeIch habe das Kinopersonal darauf angesprochen, dass man das der Murnau-Stiftung mal "nahe legen" sollte und sie wollten das offenbar auch machen.
Da hätte ich noch ein Beispiel: "Die vier Gesellen" von 1938, Ingrid Bergmans einziger deutschsprachiger Film, ist mittlerweile auch von der Murnau-Stiftung bearbeitet worden und wurde digital kaputtgefiltert.
Naja. Die Filme, von denen hier geredet wird, sind ja alle ruiniert worden. Ich hab hier ja mal eingangs eine Liste einführen wollen, aber es ist schwierig, das immer alles alleine oder mit Hilfe von 1-2 Usern am Laufen zu halten.
Bei der Ausstrahlung letzte Nacht mussten lt. meinen Ohren (bitte melden, wenn es nicht stimmt) auch "Große Freiheit Nr. 7" und "Der Mann, der Sherlock Holmes war" dran glauben. Bei letztem ahnte ich schon übles bei dem Logo der "Murnau-Stiftung" zu Beginn.